Pester Lloyd - reggeli kiadás, 1941. április (88. évfolyam, 75-97. szám)
1941-04-02 / 75. szám
MITTWOCH, 2. APRIL 1941 — 1 I PESTER ILOYD AVANTGARDISTEN ODER KLASSIKER Die Zeit schreitet unaufhaltsam an uns vorbei; schnell wird alles zur Vergangenheit. Das Vergangene ist aber nicht gleichförmig. Die Zeit verwüstet vieles, vieles wertet sie um; so manche Lichter löscht sie vollkommen aus, andüre wieder läßt sie hell aufflam• men. Nach weichen Gesetzen sie dabei handelt, bleibt anscheinend ewig unenträtselbar. Auch die Künstler und Denker, die mit ihr scheinbar in Bündnis stehen, vermögen ihr Geheimnis nicht zu lösen. Es gibt Dichter, die ihre Werke bewußt für den Augenblick bestimmen und doch Unvergängliches schaffen; es gibt aber auch solche, und wie zahllose, die ihr ganzes Leben für die Unsterblichkeit ihrer geistigen Kinder einsetzen, von der „dankbaren Nachwelt“ aber nie wieder entdeckt werden. Ja, man wifd aus der Zeit nie klug. Ein jeder Dichter wirft — wie Schiller sagte — sein Werk in die schweigende Zeit hinaus, ohne zu wissen, ob und wann es wirken, neues Leben spendend auferstehen wird. Eins scheint aber doch festzuslehen. Eine jede menschliche Schöpfung, vor allem aber die Werke des Geistes und der Kunst, müssen unentrinnbar ins gewaltige Massengrab der Jüngstvergangenheit treten: dies ist die Schwelle, wo ihr ewiger Tod oder ihr neues, historisches Leben beginnt. Deswegen erscheint es immer ein wenig gewagt, Werke, für die sich eine eben überwundene Periode heiß interessiert hat, etwas vorzeitig wieder hervorzuholen. Was unlängst zündete, kann heute lächerlich wirken. Was einst glänzte, kann sich bald als Rauschgold enthüllen. Nicht der Geschmack allein ändert sich mit den Jahren, auch die Werke selbst müssen dem Scheidewasser der Zeit slandhalten. Die Theateraufführungen der letzten Monate haben uns dieses Problem wieder in voller Schärfe vor Augen geführt. Sheldons „Romanze“, einst ein Riesenerfolg im Lustspielthealer, ist ein Musterbeispiel des empfindsamen Problemdramas der „Moderne“; Arzybascheifs „Eifersucht“, einst Mittelpunkt heißester Auseinandersetzung, bedeutete für unsere Väter den Höhepunkt des veristischen psychologischen Bühnenschrifttunis; Swend Borbergs „Zirkus juris“, diese eigenartige moderne Moralität, hätte vor zwei, drei Jahrzehnten, in der Glanzzeit der modernen Russen und Italiener, als eine beispielhafte Schöpfung expressionistischer Bestrebungen auch in Budapest allgemeines Aufsehen erregt. In diesem Jahre blieb aber der Erfolg aus. Die Aufführungen waren nicht schlechter, als vor Jahrzehnten, die Stücke selbst wirkten aber überholter, als ihre viel älteren Vorgänger. Gewiß: nicht nur einstige Avantgardisten werden mit der Zeit zu Akademikern, auch die Werke, die einst stürmisch umstritten waren, können manchmal die Festungen der „offiziellen ‘Kulturpolitik“ erobern. Ihr Zauber ist aber bereits hin; sie wirken nun verwelkt, der Glanz aber, den nur die überwundene Zeit verleihen kann, fehlt ihnen noch. Sie sind uns noch zu nahe, um zeitentrückt wirken zu können, die Worte aber, mit denen sie die Fragen des Heute beantworten, empfinden wir h|reits nicht mehr als die unsrigen. Vgr Jahrzehnten konnte das Problem, ob ein Seelsorger eine Schauspielerin heiraten soll, sehr interessant sein, die dramatisierte Seelenanalyse einer nur gefallsüchtigen, mit dem Feuer kalt und grausam spielenden Frau konnte höchst aufregend wirken, die Desillusion, die sogar die grundlegenden Wahrheiten der bürgerlichen Weltanschauung fragwürdig, ja lächerlich zu machen verstand, konnte anmaßend und herausfordernd erscheinen. In den vergangenen Jahrzehnten haben jedoch unsere äußere und innere Welt, der Geschmack und das Lebensgefühl des europäischen Menschen so gewaltige Erschütterungen und Umwälzungen erlebt, daß die empfindsame Stimmungsduselei, der ätzende Frauenhaß, die Ernüchterung und Bitterkeit, die uns aus den erwähnten Stücken entgegenströmt, im Vergleich mit der Wirklichkeit, der wir täglich begegnen, bereits als der sclial-süßliche Duft entschwundener glücklicher Zeiten anmutet. Wir wissen es: Nicht der Gegenstand, nicht das Problem allein machen es bei den Kunstwerken aus. Nicht die Gegenstände und die Probleme sind vergänglich, sondern die Art ihrer Behandlung. Das Lebensgefühl, das sich in den Schöpfungen der Kunst verdichtet, die menschlichsittliche Haltung des Dichters, die auch dort wirkt, wertet und formt, wo sie gar nicht ausgesprochen wird, die Art und Weise der Darstellung, die das scheinbar Unwichtige zum Bedeutenden zu erheben und auch auf engstem Raum Monumentales zu schaffen vermag, das undefinierbare Walten der Persönlichkeit, das allem von Menschenhand Geschaffenen den rätselhaften Zauber der Einmaligkeit verleiht — diese Motive und Kräfte machen erst aus dem „Thema“ ein „Werk“. Hierin liegt aber auch die Gefahr für jeden Avantgardismus — dessen gewaltige entwicklungsgeschichtliche Verdienste wir übrigens ganz und gar nicht in Abrede stellen wollen. Das Neue muß sich gewöhnlich mit verknöcherten Formen, mit versteiften Weltanschauungen auseinandersetzen und dabei überschätzt es auch selbst oft das Formale und Weltanschauliche. Wenn es aber siegreich zum Akademismus geworden ist, stellt es sich zu leicht heraus, daß der Reiz der neuartigen Formen schnell verblassen, der Schwung der weltanschaulichen Auseinandersetzung ... bald abbröckeln kann. Es wird uns dann klar, daß nicht die Schale, sondern der Geist den letzten Sieg entscheidet, daß nicht der Stil, sondern die Manier vergänglich ist und nur echter, tiefer menschlicher und dichterischer Gehalt dem alles mit sich reißenden Strom der Zeit zu entrinnen vermag. Und dann stellt man sich immer wieder unwillkürlich die Frage: Was wollen wir lieber sehen, verwelkte Avantgardisten, oder die guten alten Klassiker? Beurteilung der Krise durch die WilhelmstraRe Berlin, 1. April (Mil) In Berliner politischen Kreisen wird festgestellt, daß sich die Lage in Jugoslawien von Stunde zu Stunde schwieriger gestaltet. Die Tatsachen stehen zu den jugoslawischen Erklärungen und Berichten, die die Lage etwas zu mildern oder zu beschönigen trachten, in schärfstem Gegensatz. In der Wilhelmstraße wurde erklärt, daß die deutschfeindliche Richtung in Jugoslawien auch weiterhin und ständig zunehme unc.' Ausmaße erreicht habe, die eine politische Beurteilung nicht mehr zulassen Nach der Auffassung der Wilhelmstraße habe der Belgrader Aufenthalt des britischen Außenministers Eden und des Chefs des Generalstabs Dill die Lage vollends vergiftet. Unter solchen Umständen hält man es in deutschen politischen Kreisen für wahrscheinlich, daß die deutsche Presse ihre bisherige Zurückhaltung bald aufgeben und sich mit den Ereignissen in Jugoslawien in entsprechender Tonart beschäftigen werde. Die Dienstag-, blätter beschränken sich noch immer auf die einfache Mitteilung der Meldungen über die Verfolgungen der Deutschen, sie bringen ihre Empörung bloß in fetten Schlagzeilen zum Ausdruck. Es ist möglich, daß die amtliche Stellungnahme der deutschen Regierung zu der Lage in Jugoslawien bald zur Veröffentlichung gelangt. An zuständiger deutscher Stelle wird betont, daß der deutsche Gesandte in Belgrad sich zur Berichterstattung nach Berlin begeben habe. Seine Abreise bedeute nicht den Abbruch der diplomatischen Beziehungen. denn der deutsche Geschäftsträger bleibe weiter in Verbindung mit der jugoslawischen Regierung. Es sei aber natürlich, daß die Tatsache' der Abreise des deutschen Gesandten aus Belgrad auf eine sehr ernste Krise liinweise. „Cuirde Ryssie“ Kölnerwasser die Neuheit der Smart Perfumery Italien bekundet größte Zurückhaltung Born, 1. April (DNB) In hiesigen politischen Kreisen wird von neuem fest gestellt, daß Italien den weiteren Verlauf der Ereignisse in Jugoslawien mit größter Zurückhaltung verfolge. Zu den einzelnen antiitalienischen Zwischenfällen, die sich in verschärftem Ausmaß in den letzten Tagen ereignet haben, ist der italienische Gesandte beauftragt worden, bei der jugoslawischen Regierung Einspruch zu erheben, ohne daß jedoch bisher ein allgemeiner formeller Protest erfolgt ist. Man betont hier, daß es jetzt Sache der jugoslawischen Regierung sei, die unerläßlich gewordene vollständige und befriedigende Klärung ihrer Haltung gegenüber den Achsenmächten herbeizuführen. (MTI) Rom, 1. April (DNB) Die jugoslawische Gesandtschaft in Rom wird durch ein starkes italienisches Truppenaufgebot geschützt. (MTI) Heine Bestätigung des Eden-Besuchs in Belgrad Belgrad, 1. April (Avala) In gut unterrichteten jugoslawischen Kreisen weiß man nichts davon, daß der britische Außenminister Eden und Generalstabschef Dill in Belgrad eingetroffen seien und sich dort aufhielten. (MTI) Oer deutsche Gesandte in Belgrad unterwegs nach Berlin Berlin, 1. April Wie man in hiesigen politischen Kreisen erfährt, ist der deutsche Gesandte in Bel......... grad zum Zwecke der Berichterstattung unterwegs nach Berlin. Er wird voraussichtlich im Laufe des Tages hier eintreffen. (MIT) Der OKW-Bericht meldet: Vier englische Flugzeughallen in Brand gesetzt Berlin, 1. April (DNB) Die Luftwaffe versenkte bei bewaffneter Aufklärung im Seegebiet um England aus einem Geleitzug heraus . ein Handelsschiff von 1000 BRT und beschädigte ein anderes großes Handelsschiff schwer. Beim Tiefangriff von Kampfflugzeugen auf einen Flugplatz in Südengland wur■den vier Hallen schwer getroffen und gerieten in Brand. Weitere Bombenangriffe richteten sich gegen die Hafenanlagen von Falmouth. Bei Luitkämpfen über dem Kanal wurden zwei britische Flugzeuge abgeschossen. Fernkampfartillerie des Heeres beschoß in den Nachmittagsstunden kriegswichtige Ziele in Dover mit beobachteter Wirkung. Während der Nacht griffen Verbände der Luftwaffe die Hafenanlagen von Hull und Great Yarmouth erfolgreich an. Ausgedehnte Brände verursachten schwere Zerstörungen. Im Hafen von Great Yarmouth geriet ein Schiff in Brand. In Nordafrika bekämpften deutsche Sturzkampffliegerverbände mit guter Wirkung Feldbefestigungen und Ansammlungen britischer Panzerkräfte mit Bomben schweren Kalibers. Der Feind warf in der letzten Nacht mit schwächeren Kräften Spreng- und Brandbomben in West- und Nordwestdeutschland. In einer mittleren Stadt Nordwestdeulschlands entstand stärkerer Gebäudeschaden. Bei Bielefeld wurden die Krankenanstalten von Bethel zum zweiten Male innerhalb weniger Wochen bombardiert. Ein Volltreffer zerstörte hier ein Krankenhaus. Dabei wurden zahlreiche Personen getötet oder verletzt. Vorpostenboote schossen zwei, Flakartillerie eines der angreifenden Flugzeuge ab. In der Zeit vom 16. bis 31. März verlor 3 der Feind 55 Flugzeuge und elf Spcrrballone. Während der gleichen Zeit gerieten 21 eigene Flugzeuge in Verlust. <~MTl) Berlin, 1. April (DNB) In den Mittagsstunden des heutigen Tages haben deutsche Kampfflugzeuge einen stark belegten Flugplatz an der englischen Südküste im überraschenden Tiefangriff aus lö Meter Höhe mit vernichtender Wirkung getroffen. Zwei große Hallen mit anschließenden Unterkünften und Baracken wurden mit Bomben mittleren und schweren Kalibers belegt und völlig zerstört. Mindestens 12—14 Bomber, sowie 8—10 Jagdflugzeuge sind am Boden mit Sicherheit zerstört worden. Mit weiteren Beschädigungen und Zerstörungen ist bei der einwandfrei beobachteten starken Brandwirkung des Angriffs zu rechnen. Die beteiligten Kampfflugzeugs sind sämtliche zu ihren Stützpunkten zurückgekehrt. (MTI) Busgedehnte Brände im Hafengebiet von Kuli Berlin, 1. April In der Nacht zum 1. April war, wie DNB ergänzend erfährt, die große ostenglische Hafenstadt Hull wieder das Ziel eines wuchtigen deutschen Angriffs. Zähllose Brandbomben und beträchtliche Lasten von Sprengbomben gingen auf das Hafengebiet und andere kriegswichtige Anlagen im Industrieviertel von Hull nieder. Ausgedehnte Brände im Hafengebiet, vor allem in den großen Holzlagern und den großen Anlagen der Mühlenindustrie, erhöhten die durch Sprengwirkung angerichteten Zerstörungen. Auch Geat Yarmouth wurde in der vergangenen Nacht von deutschen Luftstreitkräften heftig angegriffen. Die Bombenabwürfe richteten an den Hafenkais und den Entladeeinrichtungen umfangreiche Zerstörungen an. Ein in hellen Flammen stehender Frachtdampfer trieb steuerlos im Hafenbecken. Auch über Great Yarmouth waren ausgedehnte Brände zu heobachten. (MTI) Einflug der RAF in Holland Amsterdam, 1. April (DNB) Am Montag nachmittag und in der Nacht zum Dienstag flogen einige englische Flugzeuge nach den Niederlanden ein. Hiebei wurden eine Anzahl Splitterbomben geworfen. Sie fielen zum größten Teil auf freies Feld, so daß kein Schaden erstand. Bei einer Nordseeinsel warfen die Engländer Bomben, dié alle ins Wasser fielen und keinen Schaden anrichteten. An einer anderen Stelle wurde von einem Flugzeug aus geringer Höhe ein Fährschiff aus Maschinengewehren beschossen. Auf dem Schiff' befanden sich ausschließlich holländische Zivilisten. In einem anderem Ort wurden durch Splitterund Brandbomben vier Wohnhäuser vernichtet und einige andere Häuser beschädigt. Eine Splitterbombe traf einen Neubau. (MTI) Irlands Sorgen Dublin, 1. April (DNB) Ministerpräsident De Valera sprach in Limerick über die Nahrungsmittellage in Irland. Er erklärte, daß der Weizenmangel ein beträchtliches Ausmaß erreicht habe und wies darauf hin, daß Eire im weiteren Verlauf des Krieges einer Lage gegenüberstehen könnte, die einer vollkommenen Blockade der Einfuhr gleichkäme. Es seien keine Reserven vorhanden. Wenn die Ernie unter dem Durchschnitt läge und die Lieferungen nicht ausreichend seien, wäre das Volk dem Hunger ausgesetzt. (MIT) ( Heimkehr des „Zwerg 7“ Berlin, 1. April (INB) „Zwerg 7“, das kleinste Minensuchboot der deutschen Kriegsmarine aus einem Küstensicherungsverband der norwegischen Westküste ist, von Norwegen kommend, in einem deutschen Hafen eingetroffen und hat die Fahrt auf der Elbe und der Havel fortgesetzt. Es soll am Mittwoch in Berlin eintreffen und mittags 12 Uhr 30 vor dem Oberkommando der Kriegsmarine am Tirpitz-Ufer festmachen. Die aus einem Bootsmaten und fünf Matrosen bestehende Besatzung wird dem Oberbefehlshaber der Kriegsmarine Großadmiral Raeder eine besondere Meldung und den Gruß der norwegischen Westküste überbringen. Versuchter Einflug der RAF Berlin, 1. April (DNB) In den Nachmittagsstunden des heutigen Tages versuchten einzelne feindliche Flugzeuge in das Küstengebiet bei Brest einzufliegen. Deutsche Jagdflugzeuge schossen hiebei zwei zweimotorige Flugzeuge ab. Eigene Verluste sind nicht eingetreten. (MTI)