Pester Lloyd - esti kiadás, 1944. március (91. évfoyam, 49-73. szám)

1944-03-01 / 49. szám

Preis 16Fillér 91. Jahrgang Budapest, Mittwoch, I. März 1944 Nr* ^ ss PESTER LLOYD ABENDBLATT ' AUSLANDSCHAU ...- 1. MÄRZ -----------—­Die Lage der Neutralen Befaßt man sich mit der Lage der Neutralen, so ist die Schweiz zumeist nicht miteingerechnet, eben weil gerade die Neutralität der Schweiz keineswegs problematisch ist. Die Schweiz hat das Glück, daß ihre Neutralität von allen 'Seiten respektiert wird und daß man an sie auch keine Zumutungen stellt, denen die übrigen Neutralen fast fortlaufend ausgesetzt sind. Heute steht hingegen das Problem der Neutralität im Osten und im Westen wie auch im Norden offen. Die Frage der türkischen Neutralität hat in den letzten Tagen eine Zu­spitzung erfahren, die kaum überboten werden kann. Bekanntlich haben die Alliierten in den letzten Wochen einen starken Druck auf die Türkei ausgeübt dahingehend, daß sie ihren im englisch­türkischen Vertrag eingegangenen Ver­pflichtungen jetzt nachkommen soiltc. Die englisch-türkischen Generalstabs­besprechungen sind bekanntlich ergeb­nislos verlaufen, weil die Türken ihre bisherige Haltung nur gegen entspre­chende und vertragsmäßig festgesetzte militärische Sicherung aufzugeben be­reit waren. Es kam zu einer Spannung zwischen den beiden Mächten, die auch von den Russen tüchtig ausgenützt wurde, indem sie die Türken mit aller­lei Vorwürfen überhäuften. Dann trat •eine gewisse Ruhepause ein, man sprach Sogar von einer Entspannung, die übri­gens auch darin zum Ausdruck ge­langte, daß weder Churchill, noch einige Tage nach ihm Außenminister Eden das türkische Problem berührten. Es war aber übereilt, daraus einen Schluß auf tatsächliche Entspannung zu ziehen. Inzwischen haben nämlich die Times einen Artikel über die Hal­tung der Türkei veröffentlicht, worin den Türken deutlich zu verstehen gege­ben wurde, daß sic nach dem Kriege keine nennenswerte Rolle spielen wer­den, auch in Balkanangelegenheiten nicht, falls sie nicht rechtzeitig an der Seite der Alliierten in den Krieg ein­­treten würden. Dieser Artikel hat in der Türkei einen Sturm der Entrüstung her­vorgerufen. Die führenden türkischen Publizisten haben in den großen Tages­blättern Stellung genommen und ihre ganze dialektische Kunst ««gewendet, um die Alliierten davon zu •überzeugen, es sei das Selbstverständlichste auf der Welt, wenn die Türkei von ihrer gegen­wärtigen Haltung auch weiterhin nicht abweiche. Wenn man lediglich aus die­sen äußeren Erscheinungen Folgerun­gen ziehen wollte, so müßte man an­­nehmen, daß die Türkei vielleicht noch im letzten Augenblick in den Krieg cin­­trilt, jedoch nur in dem Falle, wenn für sie damit kein untragbares Maß mili­tärischer Rjsken eintritt, wie dies gegen­wärtig offenkundig der Fall wäre. Mit Spanien haben sich sowohl Churchill als auch Eden in ihren Re­den befaßt, woraus eindeutig hervor­geht, daß die britische Regierung nach wie vor entschlossen ist, ihre Forde­rungen Spanien gegenüber nufrecht­­zuerhultru. Spanien ist den Angel­sachsen bereits weitgehend entgegen­gekommen, hat es doch manche ihrer Wünsche erfüllt. Nichtsdestoweniger scheint die Regierung in Washington das Ölembargo Spanien gegenüber hoch immer nicht aufheben zu wollen. Man wünscht nämlich noch, daß Spa­nien alle Lieferungen an Deutschland, die irgendwie dem deutschen Kriegs­apparat dienlich sein könnten, ein­stelle. Es dreht sich dabei zum großen Teil um das Wolfram, das zur Her­stellung von Edelstahl erforderlich ist. Die dritte Partei in Kanada Wie in Großbritannien und in den Vereinigten Staaten, herrscht auch in Kanada das Zweiparteiensystem. Hier haben sich bisher die Liberalen und die Fortschrittlichen Konservativen in der Macht abgelöst. Bei den allgemeinen Wahlen in 1935 trat eine neue Partei auf den Plan, die sich Cooperative Commonwealth Federation nannte und es auf acht Mandate brachte. Sie wurde nicht allzu sehr beachtet, zumal cs ja immer kleinere Splitterparteien gab und man nicht allsogleicb feststellen konnte, ob sie sieh denn zu einer ernsten Partei auswachsen werde. Und dies um so we­niger, als sie drei Jahre vor den allge­meinen Wahlen, in 1932, gegründet worden ist. Hatte sie ins Zentralparla­ment auch nur 8 Vertreter entsenden können, so stieg ihr Einfluß in den Pro­­vinzparlamenten zusehends. Heule hat sie sich bereits einen nennenswerten Einfluß auf die parteipolitische Gestal­tung Kanadas verschafft und man rech­net mit einem bedeutenden Vorstoß bei den nächsten Wahlen, die bereits über­fällig sind. Es handelt sieh um eine im wesent­lichen sozialistische Partei, die die Wirtschaft des Landes einer demokra­ Stellungnahme der türkischen Presse gegen die englischen Beschuldigungen Qk zwei Türke^srtikel der Times einmütig zögetehnt Ankara, 1. März (MTI) Der zweite Artikel der Times über die englisch-türkischen Regelungen und die politische Spannung, hat in der türkischen Presse neuerlich heftigen Wi­derspruch ausgelöst. Die türkischen Publi­zisten beschuldigen das große englische Blatt, daß es die Regeln einer freien Dis­­klission nicht einhallc und seine schweren Einwände gegen den türkischen Bundes­genossen wahrscheinlich auf Grund n’cht­­entsprcchender Informationen zum Aus­druck bringe. Es sei zu befürchten, daß die Polemik «m Verlaufe solcher Prcsse­­mitteilungcn an Schürfe noch zunehmen könne, was den Interessen der Alliierten überhaupt nicht diene, sondern nur das Wasser auf die Mühle der feindlichen Pro­paganda treibe. Ycni Sabah .stellt eiUtiiuschf'fest, welch unwürdiger Druck auf den kleinen neutra­len Staaten laste, Tanin fordert eine Er­klärung der türkischen Regierung zu den englischen Beschuldigungen. Am schärfsten antwortet neuerdings der Überzeugungsire ne Englandfreund Yalmán in den Spalten des Yatan, in einem sehr langen Artikel, in dem er die Entwicklung der englisch-türkischen Beziehungen neuer­lich einer Analyse unterzieht. Die englisch­­türkische Freundschaft — schreibt er — ist den Anstrengungen von 20 fahren ent­sprungen. Wir können mit Bedauern fest­­steilen, daß es unter unseren englischen Freunden Deute gibt, die das Wesen dieser Freundschaft nicht verstanden haben, den Geist der englisch-türkischen Freundschaft nicht zu erfassen vermögen und an einein Tage dig Früchte der Anstrengungen von 20 fahren vernichten wollen. Er hofft aber, daß die Meinung der weniger klar sehen­den Engländer neben der billig und ge­recht denkenden Mehrheit der englischen Nation verschwinden und auch der jetzsgc kleine Sturm vorübergehen werde, ohne Schaden anzurichten. Yalman weist dann die Behauptung des Abgeordneten der Ar­beiterpartei Strauss entschieden zurück, als oh sich die türkische öffentliche Meinung gegen die Engländer gewendet hülle. Die türkische Außenpolitik sei auf festen Prin­zipien aufgebaut, die sich unter dem Ein­druck der Ereignisse nicht ändern. Das Die spanischen Lieferungen erfolgen auf Grund früherer Verträge, und Ge­neral Franco dürfte es nicht einerlei sein, ob er die eingegöngenen Ver­pflichtungen Deutschland gegenüber einhält oder nicht. Es ist interessant zu vermerken, daß cs den Alliierten 'gar nicht darum geht, das etwa frei­zuwerdende spanische Wolfram selbst zu erhallen, da sie den gleichen tech­nischen Zweck mittels des Molybdän erreichen können. Die politische Haltung Portugals zu den Kriegführenden ist eigentlich we­niger problematisch, aber trotzdem nicht endgültig. Es hat den Angelsach­sen durch die Überlassung von Stütz­punkten auf den Azoren wertvolle Dienste erwiesen. Es hat aber, genau so wie Spanien, mit Deutschland Han­delsabkommen abgeschlossen, die ein Dorn im Auge Londons und Washing­tons sind. Auch hier dreht es sich vor­wiegend um Wolfram und Eden hat in seiner letzten Rede erklärt, daß Verhandlungen mit der portugiesischen Regierung über die Einstellung dieser Lieferungen im Gange seien. Bei der Behandlung der Lage der Neutralen kann Schweden unter kei­nen Umständen vergessen werden. Die Entwicklung im Norden hat naturge­mäß auch in Schweden die höchste Aufmerksamkeit ausgelöst. Die schwe­dische Diplomatie scheint sich ins Zeug gelegt zu haben, um weitere Komplikationen tunlichst zu verhin- 1 dern. Nichtsdestoweniger sind in .der türkische Volk messe der englischen Freundschaft heute genau den Wert bei wie früher. Für den jetzigen Zwischenfall sei eine kleine Gruppe gewisser englischer Personen verantwortlich. Was die Behaup­tung des diplomatischen Schriftleiters des Daily Herald anbelange, wonach die Tür­kei nur darauf warte, daß England ihr helfe, wenn sie in Not geraten sollte, je­de rh nicht geneigt sei, sich in gewagte Un­ternehmungen einzulnssen, nimmt Yalman mit Bedauern zur Kenntnis, daß man die englische öffentliche Meinung in einer der Wahrheit kraß widersprechenden Weise informiert habe. Die englische Regierung habe dir Tür­kei eine einseitige Garantie Angeboten, die die Türken nicht angenommen haben, son­dern sie haben einen bilateralen Vertrag * dt einer Klausel über gegenseitige Hilfe­leistung abgeschlossen. Es habe eine Zeit gegeben, da für England Bereits altes ver- I Ten zu sein schien. Die Türken haben aber auch zu dieser Zeit an der Seite Eng­lands aitsgeliarrt. Obwohl wir keine Waffen hatten — "ixte Yalman fort —, haben wir eine Mil­lion Menschen Unter die Fulwen gerufen und so schwere finanzielle Opfer gebracht, daß das Land in die allcrschwerste wirt­schaftliche und finanzielle Krise geraten Nt. Jahre hindurch haben wir die schwer­sten Riskeji auf unserer nackten Schulter itagen, hat doch Churchill selbst türki­schen Journalisten in London erklärt, daß die Türkei England den möglich größten Dienst erwiesen habe. Wir haben die Risken also auf uns genommen und Dienste geleistet. Wie kann man da.s an einem Tage anerkennen und am nächsten Tage in Abrede stellen? Was erwarten d'e Times von ihrem Artikel eigentlich von uns? Die Angelsachsen haben uns wohl Kriegsmaterial geliefert, aber in gewissen Sparten insgesamt nur einige Prozente der versprochenen Mengen. Wenn jetzt das englische Zettungsorga» uns in den Krieg zu treiben beabsichtigt, scheint es zu sagen: Wir sind fetzt in Italien und an anderen Fronten beschäftigt, zieht also die deut­schen Kräfte nun auf euch Daß türkische Städte zugrunde gehen, Hunderttausend« von Türken sterben, das 1st für sie nicht letzten Zeit wiederholt Bomben über schwedischem Gebiet abgeworfen wor (len, ein deutliches Zeichen dafür, in welch exponierter Lage sich das Land gegenwärtig befindet. wichtig. Ist es die Hauptsache, daß das Leben von einigen lausend oder hundert Engländern geschont werde? Wir schätzen die Engländer sehr hoch ein. Doch bewerten wir jedes einzelne Mit­glied unserer: eigenen Volkes ebenso hoch — setzt Yalman fort. Wir kämpften Jahr­hunderte hindurch und jetzt zaudern wir keinen Augenblick, wenn es gilt, unser Blut zu opfern. Eine Nation aber, die keine Machtbestrebungen hat, und nur die Herr­schaft der Gerechtigkeit und des Rechts in der Welt sehen will, kann das Risiko eines Krieges für die gemeinsame Sache nur dann auf sich nehmen, wenn es auch entsprechend gerüstet ist. Was aber die Überlassung der Stütz­punkte anbetrifft, so sóit der englische Journalist es zur Kenntnis nehmen, daß das türkische Volk nicht zu den Nationen gehört, die Stützpunk, e überlassen; denn sollte sich die Türkei entschließen, für den Erfolg einer Sache in die Schranken zu treten, dann werde sie mit ganzer Kraft kämpfen und nicht bloß ihr üeniet ab­­treten. Die Bagatetlisierung der Gefai'.r von Luftangriffen aber bedeutet die Unter­schätzung und Bezweiflung der Intelligenz des türkischen Volkes. Uns, so heißt es, stehen die italienischen Entwicklungen und das Beispiel der Insein der Ägäis vor Augen, wir sahen von unseren analolischen Küsltn, wie sicii die deutschen Flugzeuge zu Hunderten in die Schlachten um Leros und Rhodos einmischten. Yalman betont schließlich, daß die Times die Regeln der freien Diskussion nicht einhnlte. Die türkischen Blätter brin­gen stets die englischen Pressemeinungen, während die türkischen Antworten in der englischen Presse keinen Platz erhielten. Man würde ein solches Verhalten von den Meistern der freien Diskussion, von den Engländern, am wenigsten erwarten. Im Aksam setzt Abgeordneter Sadam aus­einander, daß die Behauptung der Times. wonach eine nicht kri eg f ü hr ende Türkei sich nach dem Kriege keines solchen Ansehens erfreuen könne wie die kriegführenden jugo­slawischen oder griechischen Alliierten, für die Türken überhaupt nicht an-spornend oder beruhigend sei. Die erwähnten beiden unglücklichen Länder seien angegriffen worden und wären gegenüber der unver­gleichlich größeren Kraft zusammenge­brochen. Die englische Hilfe sei minimal gewesen, und auch England habe sich da­mals in einer sehr zweifelhaften Lage be­funden Die Regierungen Jugoslawiens und tischen Kontrolle unterwerfen, gewisse Hilfsquellen sozialisieren und be­stimmte öffentliche Dienste national^ sieren will. Die große Zuversicht dieser Partei hinsichtlich ihrer Aussichten bei den nächsten Wahlen, wird von Ken­nern der Lage weitgehend geteilt, ob­zwar es fraglich erscheint, ob sie cs zu einer arbeitsfähigen Mehrheit bringen wird. Der Name der Partei symbolisierte die Absicht, zu einem Verband ver­schiedener Parteien zu werden, die für das kanadische Commonwealth (eine Bezeichnung für den auf föderativer Grundlage beruhenden kanadischen -Staat) Zusammenarbeiten. Taktisch wollte sie die Farmer- und Arbeiter­bewegung auf einen gleichen Nenner bringen. Obzwar Farmer und Arbeiter nicht die gleichen wirtschaftlichen In­teressen haben, gelang es der Partei dennoch, unter den beiden Gruppen Fuß zu fassen. Sie führten nämlich das Argument ins Treffen, daß Farmer wie Arbeiter in gleicher Weise unter einem Wirtschaftssystem zu leiden haben, das in zunehmendem Maße monopolisti­schen Charakter annimmt. Die neue Partei hat einen Entwicklungsgang durchgemacht, der vielfach an jenen der britischen Labour Party erinnert. Sie hat vor allem all jene Elemente hinter ihrer Fahne vereinigt, die den Gang der kanadischen Wirtschaft miß­trauisch verfolgt und neue Wege ge­sucht haben. Die Commonwealth Fedei-ation ist in mehrereu Provinzparlamenten be-

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