Schul- und Kirchen-Bote, 1871 (Jahrgang 6, nr. 1-12)

1871-07-01 / nr. 7

Nieriplinarmittel der Schule- Vortrag,gehalten in den Versammlungen des Mediascher Schullehrer-Zivergvereins am 29. März und 3. Mai 1871. Es könnte auf den ersten Blick anmachend erscheinen, daß ich, der Neuling, es wage, über ein Thema zu sprechen, dessen allseitige Ergründung jahrelange Pratts voraus­­fegt, ein Thema, über welches selbst ältere wohlerfahrene Lehrer mit sich nicht im Neinen sind, und ich sehe das wohl ein. Aber theild das Bedürfnis, mir selbst far zu werden über die beste Einrichtung der Disciplin in meinen Schulstunden, theild der Gedanke, dass er viel­­leicht manchem meiner Herrn­kollegen nicht unerwünscht sein dürfte, von einem Augen­­zeugen zu erfahren, wie die Schuldisziplin gehandhabt wird,von derjenigen Sraction deut­­scher Lehrer, die ihre Pädagogik mit Vorliebe die wissenschaftliche nennt, und endlich der Wunsch, damit eine Anregung zu geben zu weiterer specialisirender, weil mehr erfah­­rungsgemäßer Behandlung meines Thema’s: diesed Bedürfniß, dieser Gedanke und dieser Wunsch geben mir den Muth, mit meiner heutigen Arbeit vor Sie zu treten. Aus eigener Praxis gesammelte und zur Theorie verarbeitete Erfahrungen stehen mir natürlich nur in geringerem Maße zu Diensten, weder mehrjährige, noch inten­­sive; ich war demnach mehr auf die Lecture der einschlägigen Schriften angewiesen und aus ihr habe ich in der That das meiste und werthvollte Material für meine Abhandlung geschöpft. Daher fordern es Ehrlichkeit und Brauch, vorerst meine hites­sarischen Hülfsmittel zu nennen. Ich zähle sie auf in absteigender Linie nach Maß­­gabe ihrer quellenmäßigen Bedeutung für die folgenden Erörterungen. Es sind diese: Liller: „Die Regierung der Kinder. Für gebildete Eltern, Lehrer und Studierende.“ — Stoy: „Meber Haus­ und Schulpolizei. Ein Vortrag, gehalten im wissenschaft­­lichen Verein zu Berlin ac." — „Diademetum für die Praktikanten des pädagogischen Seminars zu Leipzig. Herausgegeben von mehreren älteren Praktikanten 1870,” und mein Kollegienheft zu Ziller’s Vorlesungen über „allgemeine Pädagogik“. Manche trefflichen Winse und Nachweise verdanfe ich auch: Kehr: „Die Praxis der Rolls­­tule." — 8. Schmidt: „Die Geschichte der Erziehung und des Unterrichts.” — Dem im Jahre 1849 vom f. f. Ministerium des Cultus und Unterricht“ herausgegebenen „Entwurf der Organisation der Gymnasien und Realschulen in Oesterreich.” und endlich dem „Schul- und Kirchenboten für das Sach­senland.” „Die Geschichte der Erziehung,” sagt Stoy, „Iehrt, hab wie in seinen Göttern, so auch in feinen Schulen und in feiner Schulzucht ich der Mensch abbildet”, und wir können diesen Sat ohne Anstand unterschreiben. Mögen auch in verschiedenen Zeiten die Disciplinarmittel der Schule wo so verschieden gewesen sein, in Einem Punkte blieben sie sich doch stets gleich, nämlich darin, daß sie Kinder ihrer Zeit waren, und für und Nachfahren sind sie gar treue Abbilder derselben. Ungeschlacht müssen doch die Anschauungen und Gefühle der Menschen gewesen sein in den Tagen des Alb­erttums, wo zu­dom der griechische Sklave als sogenannter Pädagog mit der scutica, ferula und virga ein eisernes Schulregiment führte und selbst der Kleinen Unaufmerksamkeit ein förmliches „Serben der Haut” folgte, während dagegen mit Necht als Zeichen milder gewordener Sitte, indes oft auch als Ausflug eines falschen Philanthropinismus, gelten können diejenigen Tendenzen der Neuzeit, welche gar eine kj

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