Schul- und Kirchen-Bote, 1877 (Jahrgang 12, nr. 1-11)

1877-07-01 / nr. 7

157 Hierauf hielt Herr Direktor Böhm aus Plagwih einen Vortrag über Schul­­feste, wobei er folgende Punkte aufstellte: 1) Schulfeste im engeren Sinne sind solche Werte, welche die Erheiterung der Kinder zum Zweck haben. 2) Die Abhaltung solcher Hefte ist wünschenswert,­a­­um der Kinder millen; es wird dadurch in diesen Froh­­sinn, Lust und Liebe zu Schule und Lehrer, Ordnung und Anstand und das Gefühl der Zusammengehörigkeit und Gleichheit gemwccht. Schulfeste sind ferner wünschenswert, b) um der Eltern willen; bei ihnen wird Achtung und Liebe für Schule und Lehrer gefördert, auch finden sie Gelegenheit, das Betragen ihrer Kinder mit dem anderer zu vergleichen. Schulfeste sind c) in der Hand des Lehrers auch ein treffliches Erziehungs­­mittel; man muß Sculfeste vom Betragen der Schüler abhängig machen. 3) Die gegen die Schulfeste geltend gemachten Bedenken, a) daß sie die Kinder zur Eitelkeit und Pußsucht verleiteten, bei ihnen den Hang nach Vergnügungs- und Genußsucht hervorriefen und dieselben oft wochenlang vor und nach dem feste zerstreuten, b) daß sie den Eltern große Ausgaben und den Lehrern viel Mühe verursachten, sind theils nicht stichhaltig und theils nicht so fehmvermiegend, um den Wegfall der Feste zu be­­dingen. Oeffentliche Aufzüge mit Bahnen, Schärpen 2c. sind bei Schulfesten nicht zu um­­gehen. Für Erquidung der Kinder ist Sorge zu tragen. Auch Prämien, in Kleinig­­festen bestehend, dürfen nicht fehlen; jedes Kind erhalte davon möglichst gleichviel. Das delt muß gut vorbereitet sein; Geld, Spielraum, Zugordnung, Prämien 2. müssen vorher beschafft und geregelt sein. Geeignete Leute aus der Gemeinde müssen alle Helfer und Helferinnen gewonnen werden, für ein Fest, wobei man mit rathen und thaten kann, hat man auch offene Hand. Man schaffe einen Ordnungs-, Bau-, Vergnügungs­­und Finanz-Ausschuß. Ferner sind vorher passende Spiele auszuwählen. Die Spiel­­pläne werden abgegrenzt und uumerirt. Eine Festpolizei hat für die nöthige Ordnung zu sorgen. Das Tanzen ist nicht zu gestatten. Das eft werde beschlossen mit einer kurzen Rede. Zu­m wünschen ist, daß der Tag nach dem Feste freigegeben wird. — Sol­eßlich empfiehlt Redner auch Spaziergänge (Klaffenweile) und Schülerreifen wie in der Schweiz, wodurch Vaterlandstunde und Vaterlandsliebe befördert werden. Die Farbenblindheit. In der Stadt Barth haben einige Lehrer der dortigen Volksschule es unternommen, die Schuljugend einer auf diesen Fehler des Gesichts­­sinnes gerichteten Untersuchung zu unterwerfen. Von den 15 vorhandenen Schulklaffen, welche 816 Schüler und Schülerinnen enthalten, wurden die obersten acht (fünf Knaben- und drei Mädchen­) Klaffen einer eingehenden Prüfung unterzogen. Das Ergebnis war insofern ein höchst merkwürdiges, als unter 162 Schülern vier farbenblinde (also unter 40 einer) gefunden wurden, während unter 143 Mädchen sein einziges entdeckt werden konnte, welches nicht im Stande ge­wesen wäre, die Farben der einzeln und zusammen dorgezeigten Zettel scharf zu unterscheiden. Als gänzlich farbenblind erwies sich unter jenen vier Knaben einer,dieser vermochte nur Schwarz und Weiß,Hell und Dunkel,nicht aber Roth und Grün, Blau und Gelb zu u­nterscheiden.Bei den drei übrigen wurde nur theilweise Farben-­ blindheit,und zwar Rothblindheit,constatirt,d.h­.sie verwechselten fortiwährend Roth und Grün.Blaublindheit(Unempfänglichkeit gegen Blau und Gelb)wurde nicht gefunden,—den oben erwähnten Fall einer gänzlichen Farbenblindheit ausge­­nommen.—Auf die jüngeren und geistig weniger entwickelten Kinder konnte sich die Untersuchung nicht erstrecken,da die Kenntniß der Farben,selbst bei ganz normal gebautem Auge,verhältnißmäßig spät und sch­wer erworben wird.Mancher Knabe von 11 oder 12 Jahren wurde Anfangs für farbenblind gehalten,bis sich bei mehrfach wiederholter Prüfung herausstellte,daß sein Farbensinn vollkommen normal war,und daß die von ihm begangenen Mißgriffe lediglich aus einer mangelhaften Kenntniß der sprachlichen Bezeichnungen hervorgingen. (Hannov.L.und Forstw.-Vereinsbl.) 14

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