Siebenbürger Bote, Januar-Juni 1851 (Jahrgang 61, nr. 1-103)

1851-05-30 / nr. 86

« — Meran, 18. Mai. Dieser Tage stellte sich der Heine Graf von Meran an die Sorge der­­ Jungichligen - Compagnie, Schüler aus den Normalklassen, und machte einen Uebungsmarsch in das nahe gelegene Graith, wo er sie bewirthete, Gestern Vormittags­­ kam die Bande des Kaiser­­­Jäger- Regiments an. Abends wurden die Butterthaler Schügen feierlich empfangen und an die Schießstätte begleitet. Heute Vormits­tags geschah dasselbe mit den Bogner Schüsen und ihrer Kapelle, mit den Brunnern und Bafleyern. «,— sich, Heute begann Das Festschießen — „das Hausschiegen von Schön­­na“ genannt, und der Festzug geschah genau nach der gedruckten Ver­­ordnung. Um den Fahnent­urm, wo die CE. Johann, Rainer, Hein­­rich, die Gräfin von Meran und alle hohen Gäste sich befanden, schaar­­ten sich die Schügen = Kompagnien mit den­ Musikkapellen: der­ Mera­­ner, des Kaiserjäger-Regiments, der­ Bogner, der Partregim­er 2. fammt den herrlichen­ Bettgaben. Erzherzog Johann hielt eine herzliche Anz­­rage ganz im­ Sinne seines­­ Briefes im Laufschreiben und brachte aus ein prächtigen Trinfhorn einen. Toast dem Kaiser, unterm Vaterlande Tirol und allen. Schügen. Unser Schügenmeister. danfte in wenigen Worten und­ tausendstimmiges­­ Freudengeschrei und der Ruf: „Es lebe Erzherzog Johann!” durchbebte die Lüfte. Dieser­ brachte noch: ein Les behoch seinem Bruder. Rainer aus und füßte ihn, wobei Die Augen vie­­rer in­ Thränen. [chwammen, ] E83 wurde darauf: noch­ ein Hoch der Gräfin und dem­ Grafen­­ von Meran gebracht, und dann unter dem Klange der Mufti und dem Knallen der Böller das Kaiserlied ange­­stimmt, nach­­ dessen Abfingung, die Bettgaben in den Saal gebracht wurden und Erzherzog Johann die Schäßenkompagnien­­ musterte. Eine unzählige Menge Menschen war. zugegen und alles Hocherfreut: Bett, 15. Mai. Man spricht..so, lange von­ einer Sache, bi sie denn endlich Doch geschieht, . sagt ein altes Sprichwort. Seit Ent­­warnung­ der Revolution ist­ die Colonisationsfrage in den­ Journalen fast stereotyp geworden, und, sie ‚scheint eine unerwartete Lösung zu fin­­den.­­ Die Grundbefiger selbst, von denen man glaubte, sie­ würden aus nationalen Rücksichten, jeder ‚Einwanderung,­­selbst dann, wenn sie ihnen durch­ Ablösung unbefugter Gründe um splendide, Preise Bortheile ger­währt, abhold sein, scheinen sich jet. Dieser­ Angelegenheit warm anneh­­men zu­ wollen und ‚die Einwanderung­­ selbst unter ihren Schuß zu nehmen, wenigstens ‚sind mehrere Gutebefiger entschlossen, ihre Gründe unter­ annehmbaren Bedingnissen in P­arcellen an Kolonisten abzutreten. Es konnte auch nicht anders Frommen , ja­ je mehr die Leidenschaft er­­haltet und eine ruhigere Erwägung Plaß greift. Desto sicherer wird der Eigenthümer brach liegender Ländereien erkennen, daß die Herbeiziehung fremder Kräfte nicht nur für ihn, sondern auch für das Vaterland vor= theilhaft, — ich möchte fast sagen, eine Lebensfrage ist. — Was ist Ungarn und was könnte es sein? Viele Meilen des fruchtbarsten Bor­dens liegen brach, an. Austrocknung der Sümpfe­ und Moräste, Ein Dämmung der Flüsse und so Urbarmachtung­­ der Ländereien an ihren Ufern denkt Niemand, weil so lange schönes Aderfeld unbenugt liegt, es fast Thorheit wäre, durch viele Anstrengung der, Natur, noch eine­­n breit abgewinnen zu wollen. Und in welchem­ vernachlässigten uftande ist Die Deconomie ? Lutterfräuter, werden nicht gebaut, meilenz - große Ben dienen nur zur Weide. ‚Scheunen rennt man nur in wenig Gegenden, welche Marie Körnerfrüchte mag, was jährlich dadurch zu Grunde gehen, daß man die Fechtung nicht vor­­ den Einflüssen der Witterung sringt, wie viele­ Menschen könnten, von der nicht geringen Meßenzahl Leben, Die, bei­ der, Ausarbeitung auf welchem, kaum etwas geebnetem Boden dem Eigenthümer verloren. gehen? — Durch die BVerz­­ehrung der Arbeitskräfte wird eine rationelle Bodenkultur angebahnt, denn mit den Bedürfnissen muß si auch der Fleiß und die Thätigkeit steigern. . Man besorge nicht, daß dann ‚auch der Noth und dem Elende eine Brühe gebaut würde, bei noch einmal so starfer Bevölkerung ist Ungarn vor Diesen Leiden noch immer so sicher, wie sept. Bisher ließ man die Natur unbeschränkt walten, man wird ihre Broduktivität poten­­eiren, wenn man ihre Kräfte regelt und neue weht.. So­ gern wir die Kolonisten daher ankommen sehen, so fordern­ wir Doch von ihnen als conditio sine­­ qua vor einer gastlichen Aufnahme, daß sie weder zu dem lebensmüden, verzweifelnden P­roletariate gehören, noch in einer ratio­nellen, Oeconomie weniger als Anfänger seien. Agram, 23. Mai. Der EE Generalconsul für Bosnien und Haiveddin Pascha, sind nach Sarajevo zurückgekührt. Travnik überfägt von gefangenen Insurgenten, darunter Mehmed Bascha, Bishevic, Ali Bey, Dizinic und die Kapitäne von Majdan, Krupa, Nowi. Gerüchte über Fazli Bafha’d Verhaftung erreulicten. Man sagt sehr über Lau­­igkeit­ der Zivilbeamten in Abstellung alter Gebrechen.­­ Die Herzego­­wina erhielt durch Ismail Pascha’d von Prizgen Ernennung zum Ber­eir eine von Bosnien selbstständige Verwaltung. Ausland. Paris, 22. Mai. Die Legislative hat die auf die Verfassungs­­revision­ bezüglichen Anträge Morind und Moulind in Erwägung zu ziehen beschlossen. Girardin erklärt den Straßenkampf für unvermeid­­lich, wofern die Republik gefährdet würde. 23. Mai. In der Legislative beantragt Dampiere die Bestätigung der Wahlen im Landes- Departement. Girardin greift dieserhalb Faus­cher sehr heftig an, welcher energisch antwortet. Barsche erklärte, das Kabinet stehe solidarisch für Saucher ein und macht daraus eine Kabi­­nettfrage.­ Nach heftiger Scene erfolgt die Betätigung der Wahl. Die Tagesordnung­ ward mit 372 gegen 233­ Stimmen angenommen. Paris, 20. Mai. » Die heutige Sigung der Nationalversamm­­lung wars wieder ‚ungemein stürmisch, und zeigte einerseits die Undulds­­amkeit der Ordnungspartei gegen die manchmal­ nicht ganz unbegrüns­deten­ Forderungen der Linken, andererseits aber auch die maßlose Hefs­tigkeit und den unparlamentarischen Takt der Mitglieder der extremen Parteien. Der Sachverhalt war folgender: Ein Theil der politischen Gefangenen wird bekanntlich­­ in Belleisfe verwahrt und erfreuet sich dort­ seiner allzu menschlichen­ Behandlung. Litischen Freunde suchten te fest: längerer­e Zeit die öffentliche Meinung für sich zu interessiren, damit man einmal gegen dieses Verfahren protestire. So schreibt z. B. der bekannte Barbes, daß er mit 19 Kameraden in­ die unterirdischen Scheffer geworfen wurde, weil sie si aus Brettern, die ihnen angehört, Heine Tifche gemacht, um an denselben zu arbeiten und zu schreiben. Dies­ hätten: Die Aufseher: nicht dulden wollen und als­ man: ihre­ Tifches entfernen' wollte,­­widerlegten " sich dem die Gefan­­­genen, worauf fies in Dies unterirdischen Keffer geworfen wurden. Diese und­ viele ähnliche Details veranlaßten endlich ein Mitglied der Mons­tagne, Herrn Esquirog, der Nationalversammlung ein Bild dieser Ver­handlung der Gefangenen in den lebhaftesten­­ Farben zu enttwerfen und ihre Einsprüc­he zu Gunsten derselben zu reflamiren. Wie Dies nun bei den meisten­­ Interpellationen der Montagne Sitte ist, ergehen fi Die Redner dieser Partei ,gewöhnlich in den Heftigsten Anklagen ge­­gen die Regierung und Schwächen, dadurch im vorhinein Die Kraft ihrer Argumente­ gehört, betheuert: zumeist die­ Unschuld und die Reinheit­ der V­erwals­tungsbehörde, die Majorität, welche ihrerseits dem Minister eine Freund­­lichkeit erweisen will, nimmt eine Tagesordnung an, die allen Fragen ein Ende macht und nachdem man sich deshalb heftig angefeindet, endigt die Sigung gewöhnlich in der­ größten­ Aufregung. So ging es an heute und obgleich einzelne Redner das Verlangen der Montagne nicht unbillig fanden, wurde zur einfachen Tagesordnung übergegangen. Dies ist Alles, was heute von bedeutenden Vorfällen zu melden ist. Brüsfel, 19. Mai. Der Borfigende der Abgeordnetenkammer, Herr Verhaegen wurde gestern in’s Schloß berufen. Die Unterredung desselben mit dem König soll­ zwei Stunden gewährt, und Herr Ver­­haegen ausführlich Die Gründe entwicelt haben, durch welche er ver­­hindert sei, neues Gabinet­ zu bilden. . Der König, heißt es, habe darz ee Heren Dumon-Dumortier, dem Präsidenten des Senate, ges­chidt. Der Nachteitt des Ministeriums darf keineswegs einer kleinlichen Empfindlichkeit wegen einer erfahrenen Zurückweisung zugeschrieben­­ wer­­den. Die Sammer hat, indem sie der Verwaltung wehrte, die Duelle zu öffnen, aus welcher dem Schage eine Mehreinnahme von fünf Mil­­­ionen Fr. erwachsen wäre, deutlich an den Tag gelegt, daß sie nicht diejenigen ‚Verbesserungen gutheißen wolle, zu welchen diese fünf Mil­­lionen bestimmt waren. Dadurch sah­ sich, wie wir bereits vorgestern erwähnten, das Ministerium in die Unmöglichkeit verfegt, die ursprüng­­liche Richtung seiner Verwaltung einzuhalten, und­ so verlangte er denn seine Entlassung. .­­ London, 20.. Mai. Die Stellung des Kabinets ist eine in der englischen Geschichte fast beispiellose. Sir Robert Peel, welcher in ber­legten Jahren sonderbarer Weise als eine wichtige Stage des Kabinetes betrachtet wurde, war es jedoch nur insofern, als er durch die Mess­nungsgenossen, die er der einen oder der andern Partei zur Verfügung stellen konnte, in den wichtigsten Beagen den Ausschlag­ gab und in seiner­ staatsmännischen Klugheit er angemessener fand, zum Heile des Landes lieber den Gegner als die ehemaligen Freunde, die Toried, zu unterfrügen. Seit seinem­ Tode sind die Whigs weder mächtig genug, sich im Amte mit Fertigkeit zu behaupten, noch ist ihr Ansehen so geschwächt, daß­ die Protektionisten es angemessener fänden, sich selbst ans Ruder zu stellen. Lord Stanley betrachtet sich zwar fon jegt als baldiger Nachfolger Lord Johns, aber er gibt sich einstweilen das Ansehen Die Phigs zu protegiren und so lange es Sr. Lordschaft belieben werde, im Amte zu belassen. Auffallend zeigte sich dies demüthigende Verhält­­niß in der gestrigen Sigung des Oberhauses, in welcher der Marquis von Landsdowne die zweite Lösung der Einkommensteuerbill beantragte, worauf Lord Stanley erklärte, daß er für­ die Borterhebung der Eink­­ommensteuer dies Jahr nur aus Noüdsicht auf den Kredit der Negier­­ung stimme, der sonst erschüttert würde; allein er protestirt gegen die Einkommensteuer als ein Mittel zur Entwicklung­­ des Freihandels und zur Ermunterung des Simports fremder Erzeugnisse. Die Bild wurde übrigens im Verlaufe der Sigung genehmigt. Auch in der Sigung des Unterhauses zeigte sich ein Abnehmen des gouvernementalen Einflusses. Es war nämlich die Comitefigung über die Titelbill an der Tageds Durch Briefe an ihre os Der. Minister, in­ dessen Refsort die fragliche Angelegenheit f _

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