Siebenbürger Bote, Juli-Dezember 1852 (Jahrgang 62, nr. 104-207)

1852-09-17 / nr. 148

733 binden, indem­ er dabei beharrt daß selbst die Unterhandlungen mit Oesterreich erst nach der Reconstituirung des Zolvereins, nicht vor ders­­elben begonnen werden. Während die Darmstädter Verbündeten so mit gebundenen Händen Preußen gegenüberstanden, darf man nit vers­effen daß sie auf der andern Seite doch Eingehen auf Preußens Verlangen alle­ Bortheile verlören welche ihnen von Oesterreichs Seite dargeboten werden. Das Schlußprotokoll der Wiener Zollkonferenz er»­lärt sehr bestimmt, daß die Faiferl, Negierung si durch die damals von ihr abgegebene und von den bei der Wiener Zollkonferenz vertre­­tenen Regierungen angenommene Erklärung nur „so lange als gebun­­den betrachtet als nicht die Verträge über die Erneuerung oder Neug­estaltung des Zollvereins abgeschlossen sind.” Wenn fonady die Darms­tedter Verbündeten fest, dem Berlangen Preußend nachgebend, zu der Meconstituirung ded Zollverein die Hand bieten, endgültig Darüber zu Berlin abschließen, ohne daß sie zuvor auch der durch das besagte Schlußprotokoll der Wiener Zollkonferenz ihrerseits der Fall­ österr. Regierung gegenüber übernommenen Verpflichtung, dahin wirken daß diese Verträge (iegt der Zoll- und Handelsvertrag zwischen Oesterreich and den Staaten des Zollvereins auf den Grund der zu Wien übers eingenommenen Entwürfe) gleichzeitig mit jenen über die Erneuerung oder Neugestaltung des Zollvereines zu Stande­kommen, Genüge ges­cheiftet hätten, so wäre die natürliche und nothbrendige Folge, daß die von der Faiferl. Regierung ihnen gegenüber übernommenen­­ Verbind­­lichkeiten erleihen, und damit die Hoffnungen auf die­ unschägbaren Bortheile welche das Zustandekommen einer innigeren handelspolitischen Verbindung mit Oesterreich ganz Deutschland und ihren Staaten und­ besondere eröffnet, zu­nichte gemacht waren. Die Bedeutung und Trag­­weite dieses leiteren Bedeukend wird niemand verkennen, und es ist wohl natürlich, daß dasselbe in den Entschlüffen, welche die Darmstädter Verbündeten nun zu fassen haben werden, vorzugsweise s­chwer wiegen wird. Diesen Entschlüffen haben wir natürlich nicht die Anmaßung vor­­greifen zu wollen ; aber das glauben wir alle unsere innigste Meberzeus­gung aussprechen zu dürfen, daß b dieselben unter allen Umständen mit der ganzen bisherigen, forrequent beobachteten Haltung der betheiligten Regierungen übereinstimmen, und den gewichtigen Nachsichten entspre­­chend sein werden welche sie den höchsten Interessen und dem Wohl ihrer Belfer, ihrer Ehre und ihrer Selbständigkeit schuldig sind.“ Wiesbaden, 2. Sept. Unsere Stadt macht großartige Vorbes­teitungen zu einem würdigen Empfang der 2Isten Versammlung deuts­cher Naturforscher und Werzte, an welcher auch viele französische, belgis­­che und selbst englische Notabilitäten der medizinischen Wissenscaft ft betheiligen werden:­­ Paris,6.Sept.Unter den Aussprüchen der Generalräthe sticht einer von allen übrigen ganz gewaltig ab.Die Kreisversammlung des Ward-Departements sagt näm­lich,die Regierun­g sei mit einer hinlän­g­­lichen Macht bekleidet un­d könne demna­ch die Freiheiten des Landes enügend schütze.Diese Fassung soll durch die Bemühun­gen­ des Grafen Beier von La Lozere, des Marquis von Balviere und einiger andern unabhängigen Mitglieder herbeigeführt worden sein. Der Generalrath des Gard­e Departements widerspricht damit­ der vielfach vorgebrachen Ansicht, daß es der jenigen Regierung an jenen Bürgschaften der Dauer fehle, welche ihr zu geben in der der Gewalt Menschen liege, mit einem Worte: er will sich mit der L0jährigen Präsidentschaft des Prinzen Ludwig Napoleon begnügen. Die Regierung scheint sich nicht sonderlich um die bevorstehenden Ergänzungswahlen für Morny, Cavaignac, Garnot, Henon und Re­nouard von Bufl­ered zu bekümmern. Der Präsident und die Seinen Haben mit andern Dingen, besonders aber mit der Reise nach dem Süden, alle Hände voll zu thun, und überlasfen die Wahlangelegen­­heit den Präfekten. Unter den Vorbereitungen zur Reife ist eine ganz besonders müh­­selig. Ein zahlloser Schwarm von Leuten bildet sich mit größerer oder geringerer, oder wal aule gar feiner Berechtigung ,ein, Ansprüche auf eine Einladung nahh von, nach Marseille und nach Bordeaux zu bes­orgen. Die einen flagen sich auf ihr Amt oder ihre Sendung, die andern auf ihre Verbindungen in dieser oder jener Oertlichkeit, die dritten auf eine Zusage des Prinzen und wieder andere auf andere Gründe, so daß Fleury und Bacciocchi, die Reifemarschälle, schon um dieser Zumuthungen willen nicht wissen, wo ihnen der Kopf steht. Von Ludwig Belmontet, dem Dichter, erzählt man einen hübschen Zug. Er­ ist ein alter Freund des Bringen Ludwvig Napoleon, von dem er alljährlich einen Blumenstrauß zum Namenstag (25. August) zu er: "Halten pflegt. Diesmal war Belmontet am Ludwigstag zur Tafel beim­­ Präsidenten geladen, und beim Nachtisch wandte er Ludwig Napoleon zu ihm mit den Worten: „Was sol ich Ihnen zum Namenstag schens Ten, Belmontet ?* — „Begnadigungen“, hieß die Antwort. — „Meine­­ Gnade wird mir aber stets so übel vergolten.“ — „Für meine Schüp­­tlinge stehe ich ein, gnädiger Herr.“ — „Nun, so lassen Sie Ihre Liste sehen.“ Belmontet zeigte ein Blatt Papier. „Aber ich sehe nur sechs Namen,“ sagte der Prinz. — „DO, ich habe noch ihrer neun in Tasche,* rief der Dichter, und nannte fünf, indem er­ hinzufügte: „Die übrigen vier fallen mir im Augenblick nicht ein.“ « « ,,Lassen Sie Ihre Liste’an·Roquet gelangen,«saieJ Ludwig Rapob­leon·I Einige Tage darauf befand­ sich Belm­onter fünfzehn Schütz­­linge in Freiheit. « « « » Eine Gesellschaft hat sitch schilderer in Paris Bartesische Brun­­n­e anbohren,jeder 1000 Meter tief,um dadur ein Wasser von SO diHOO Grad Wärme­ nach dem­ französischen Thermometer zu erhal­ten.Damit sollens versehen werden:Bäder zu 20 Centiinen,öffentliche Waschan­stalten,die bürgerlichen Küchen und in den Wohnungen die Heizröhren, wenn jemand diese Art von Selung, wie sie im Quiem­­burg besteht, bei fi einführen wil. Den Gedanken zu dem Unterneh­­men hat der artesische Brunnen­ von Grenelle angeregt, der nach jahres­langer Erfahrung au­­f einer Tiefe von 600 Meter fortwährend ein Wasser von 30 Grad gibt. Rom, 3. September. Das „G. di Roma“ enthält eine­ polizeil­ose Kundmachung, der zu­folge Niemand, mit Ausnahme von Mili­­tärpersonen, auf den Straßen zwischen Rom, Civitavecchia, Viterbo und Civitacastelana und in den Umgebungen dieser Straßen, Jagdflinten und noch weniger sonstige Waffen mit sich führen darf; in den genann­­ten Gebieten ist daher auch die Jagd, selbst für jene, die bereits Lis­tenzscheine Hierzu erhalten haben, verboten. Als Ursache dieser Maßre­­gel wird die Aufsteluung der französischen Truppen angegeben, welche gegen die Räuber in diesen Gegenden agiren sollen. Neapel, 27. August. Der Ausbruch des Aetna, der, wie ge­meldet, in der Nacht vom 20. auf den 21. begonnen, dauerte nach ei­­ner telegraphischen Meldung aus Catania am 25. noch­ fort; an diesem Tage war die­ Lava bis auf eine Miglie von Zaffarana Etnea gekom­­men, während andere Ströme sich Milo näherten. Turin, 1. Sept. Wir werden von französischen Romanschreiber überlaufen. Hr. Eugen Sue figt noch immer in Annecy fest, wo er einen neuen Roman d’Affi oder le lac d’Annecy et ses environs schreibt, der im Feuilleton der Presfe und zugleich in der offiziellen­ (!) Zeitung von Savoyen erscheinen wird. In Turin aber ist Here Ale­xander Dumas angelangt. London, 6. September. Die französische Presfe hat viel Aufhei bens von der Anwesenheit des Herrn von Persigny in London gemacht und erzählte, er habe die Mission gehabt, dem englischen Kabinett Er­­öffnungen in Bezug auf einige nothb­endig gewordene Mo­ilifikationen in den gegenseitigen Handelsbeziehungen der beiden Staaten zu machen; allein nachgerade stellt sich heraus, daß die Besprechungen des französis­chen Ministers mit den Mitgliedern unseres Kabinetts sich weder auf den Handelsvertrag, noch auf die Restauration des Kaiserreiches bezo­­gen haben. Zwar ist eine Verbesserung der gegenwärtig auf die Han­­delsbeziehungen Englands und Frankreichs einwirtenden Hindernisse sehr wünschenswerth, allein vorläufig ist nichts zu deren Entfernung ge­schehen. Im diesem Momente kann übrigens von Politik nicht sehr Die Rede sein. Das Parlament wird erst im November einberufen, die Minister sind auf dem Lande in Jagdabenteuer und Finanzpläne ver­­tieft, der hohe Adel ist auf Reisen und selbst die Hauptmitarbeiter. der Journale sind auf Zerienreifen begriffen. . Sie begreifen,daß bei so bewandten U­mständen auch die Journale kein großes In­teresse bietet1. Der Streit der,,Tim­es«mit dem»Moniteur«wird jetzt von den Wochenblättern verhandelt. So groß ist der Einfluß der,,Times,«daß Viele,denenL.Na­­­poleon sonst gar nicht antipathisch wäre,für dessen glückseliges Ende ni­cht einen­ Penny verwetten würden­,bloßweil ihm­­ die,,Times­«eine schlimm­e Wahrsagerin und eine erklärtes Feindin ist.Die Einen­ sagen: Louis Napoleon kann sich nicht halten,weil die,,Times-«gegen­ ihn ist;die Andern dagegen:Die,,T·imes·ist gegen ihn,weil er sich nicht halten kann.Die»Morning-Post«tritt dagegen für L.Napoleon auf· ,,Morning­erald,««das angebliche Organ des Ministerium­s ist zugleich der größteewun­derer L.Napoleons und dessen Vertheidiger im Kampfe gegen die,,Times.«« Die Doppelstreitfrage mit den vereinigten Staaten von Nordame­­rika,die nach dem­ neuesten Eingeständnisse unserer ministeriellen Blätter nichts weniger als gefördert ist,gibt zu ditieren Bemerkungen­ gegen Webster Veranlassung..,Morning-Heracdy ist klug genug,die Radu­­listerei WebsterS diesem allein und nicht dem amerikanischen Volke zur Sünde anzurechnen.Lord Palmerston—so erzählt der,,Morning- Herald«——sagte einmal scherzend:,,Es scheint eine anerkannte Sache zu sein,daß reisende Engländer das Privilegium haben,wohin sie kom­­men,mit den Behörden in Handel verwickelt zu werden,und daß es­­dann­ die Pflicht von ihrer Majestät Staatssekretär des Aeußern ist, ihnen augenblicklich aus der Patsche zu helfen.­«Aehnliches ist mit Mr. Webster und seinem Präsidenten der Fall.Ersterer scheint es für einen Theil seiner Amtspflichten zu halten, extravagante Dinge zu behaupten, die sich auf seinerlei Fakten fragen künnen, blos deshalb, damit der Präsident und dessen Kabinet die Arbeit habe, ihrem Kollegen auf die möglichst anständige Weise zu widersprechen. Nur so könne man sich’s ber

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