Siebenbürger Bote, Juli-Dezember 1852 (Jahrgang 62, nr. 104-207)

1852-11-22 / nr. 186

­ —Der Handelsverkehr in Wien ist derzeit ungewöhnlich lebhaft und könnett die Kommuniktionsmittel kaum genügen­.Stroman­gazinen liegen Massen von Waaren angehäuft. AM. 2. Bet. 15. Nov. Wie man dem „PettiNaple“ aus dem Schümeg­ der Komitate schreibt, hat die “Plattenfee s Dampfschifffahrt im legten Sommer sich wieder nicht ventirt. Der Korrespondent glaubt nur Die Verbindung des­­ Blattensees mit der Donau dur­ch. Sio könnte der Schifffahrt dort einen größern Aufschwung geben ; leider sei aber die Regulirung jenes Flufses noch immer nur ein pium desiderium. — Das Starvafd­er evangelische Gymnasium feierte am 31. De­­tober zur Erinnerung seines halbhundertjährigen Bestehens d­ein Jubel­fest, bei welcher Gelegenheit zugleich drei neue Professoren, nämlich Schleifer, Lufefh und Haberern, installirt wurden. — Auch im Refe­­fer Komitate ist der Preis des Bodens in leiterer Zeit bedeutend ge­­fliegen. Ein Joch, welches vor wenigen Jahren 2,3 fl. EM. kortete, wird jegt für 8, 9, 10 fl. EM. auf ein Jahr verpac­htet. Biele Rup­­ten, wo früher nur Rinder weideten, sind jegt im schöne Getreidefelder umgestaltet. Bester 3.) Presburg, 1d. Nov. Unsere Stadt hat seit den legten Jahren in ihrem MAeußern, an Eleganz und Schönheit, regulirten Straßen und Plägen, somfortablen Etablissements, Gewölbauslagen 2c. viel, sehr viel, an Erwerb und Verkehr aber, somit an Wohlstand und Bedeutung, wer­nig oder­ gar nichts gewonnen. Wbrgesehen, daß Preßburg mit­ seinen Landtagen in legter Beziehung viel­ verloren,­­ theilt er das Schidjak so vieler P­rovinzstädte, welche durch die neuen Komunikationsswege außer Bo­rd gefegt werden. Die Heinen Ortschaften des flachen Landes fin­­den in Dem­ unendlich gesteigerten Ertrag der Bodenerzeugnisse überrei­­chen Erlaß, die kleine Stadt aber, die vom Verkehr und Handel lebte, isth in eine mißliche Lage verlegt, um so mehr als Industrier und Fa­­brikfteig mit geringer Ausnahme in Ungarn eine terra incognita ist. Wer nur immer Geld, Talent, Mittel und Verbindungen hat, verläßt die Verlassene und zieht nach der Residenz; viele Bedürfnisse des Ortes selbst werden durch die eingetretenen großen Erleichterungen von dort her bezogen und der Verkehr schr wieder zusehends, während der­­ Preis aller Lebensbedürfnisse in fortwährendem unbarmherzigen Steigen be­­griffen ist. Die Macht der Verhältnisse wird mit der Zeit wohl eine Ausgleic­hung­ herbeiführen, welche wir nur darin zu erkennen vermögen, ‚Daß den Industries und Bubrissstand, aus der Residenz verdrängt nach der Provinz übersiedle. Der Rabrikant­ dürfte bald angewiesen sein, Etablis­­sements dort aufzuschlagen, wo er durch wohlfeile Zotale billigere Le­­bensmittel, Holz, Arbeitslohn 2. 2c. ein billigeres Erzeugniß zu liefern im Stande sein wird. Wie vortheilhaft, wäre dies für den F­abriksar­­beiter, der in der Residenz kümmerlich und gepreßt lebt. Der einzelne Fabrikant k­ann freilich­ an eine derartige An- und Webersied­ung nicht denken und sie muß mindestend einige Ausdehnung haben, wenn sie reuffiren sol. Die Sache ist jedoch wichtig genug und der Beachtung vielleicht nicht unwerth. (Dstr. B) Fnnsbruch, 12. Nov. Eicherem: Bernehmen nach fol das No­­tariat, in den Kronländern, für welche es in das Leben gerufen­ wurde, auch in der Zukunft inso­ferne forzubestehen haben, also die hierüber bisher gemarkten Erfahrungen oder die Verhältnisse des Landes über­­haupt Das Bedürfniß hinzu darstellen. Die Aufhebung des Notariats­­zwanges, Herablegung der Gebühren und überhaupt eine, Modificirung der­ gegenwärtigen Notariatsordnung, wird­ jedenfalls in Aussicht ge­stellt. Dabei soi auch die­ Frage erörtert werden, in­wie­weit Notar zieteurkunden die Ereeutionsfähigkeit einzuräumen sei, und in welcher­­­eife an Orten, wo das Einkommen eines Notars zu gering wäre, ein­ eigener vom Staate besoldeter Beamte mit diesem Amte betraut werde könne. — Wie die „Tiroler Ztg.” aus ziemlich sicherer Quelle au vernehmen versichert, dürfte der Bau der bairisch-österreichischen Ei­­senbahn nach Brud, der großen technischen Schwierigkeiten und Kosten wegen, aufgegeben und die Bahn lediglich von Linz nach Wien gelei­­tet werden. Die Unterhandlungen mit der baierischen Regierung wegen dieser Abänderung sollen bereits eingeleitet sein und dürften keine Schwie­­rigkeit finden. Der Vortheil, der daraus für Tirol entstünde, bedarf feiner. Auseinanderlegung. Aus DObersteiermark, im November. Die Entschliegung St. Majestät des Kaisers, wonach 1000 Stud­iuraten zu Prämien für Die gelungenste Aufforstung oder Hochgebirgsftuedten bewilligt wurden, hat in unseren Lande ungetheilten Beifall erhalten; denn sie beweiset, daß die Zustände der Holzwirthfigart, besonders in den Alpenländern , Die Sorgfalt der Regierung bereits erregt haben, Leider mußte man­ in Obersteier wahrnehmen, daß gerade in einer Zeit, da von allen Seiten über Mangel und Theuerung des Brennstoffes, insbesondere für Die zahlreichen­ Eisenwerte, Heftiger als je geklagt wurde, dennoch ganze­re ihrer Wälder beraubt wurden, wovon man si 4. B. bei einer ahrt­ auf der Eisenbahnfteede zwischen Graz und Semmering überzeu­­en­ kann. Wir wissen zwar nicht, ob Ausrodungen der Wälder von Seivatdefipern nicht der­ obrigkeitlichen Bewilligung bedürfen, wie Dietl in der­­ Rheinprovinz Preußens, leider zu spät, geboten ist, oder ob der Mangel an kulturfähigem Grunde so groß ist, daß Wälder diesem Zurechte fallen müssen; jedenfalls aber können wir die ökonomischen Ansichten vieler Grundbefiger nicht begreifen, welche, vielleicht ohne es zu willen. Alles thun, um ihre bewaldeten Höhen in Fahle Felsen oder magere Weidepläge und ihre Felder im Thale in Schottergrund zu verwandeln. Möchten Doch der Reichsforstverein die wirksamsten Mittel gegen Die Mängel und Schäden in der Waldwirtschaft in Seileg­ bringen ! Doch können wir bei dieser Gelegenheit nicht­ umhin, den Reichsforst­­verein aufmerksam zu machen, daß Zeitungsartikel und populäre Schrif­­ten, unter das Ltandvoll verbreitet, gewöhnlich wenig oder seinen Er­­folg haben; denn sie werden entweder gar nicht gelesen oder man ist zu unbehilflich um sie zu befolgen und sich darnach zu richten. Für Die Bauern wären — soweit wir sie fennen — landwirthliche Missionäre anzurathen. Wir haben diese­ Idee von genauern Beobachtern des Land» volfes bereits öfter aussprechen hören. Mailand, 11. November. “Ihre F. f. Hoheiten die durchlauchs­tigsten Herren Erzherzoge Karl Ferdinand und Rainer und ihre E Hoheit die durchlauchtigste Frau Erzherzogin Marie­ sind aus Tirol hier angekommen. Ausland Stansfurt, 12. Nov. Bereits vorgestern traf aus Wien, wie Unterrichtete mitiheilen, die offizielle Nachricht von der gr­an Heren v. Rechberg zum­­ Bundespräsidialgesandten hier ein. vaf­dr. Thun rüstet sich zur Abreise nach Berlin, die indessen frühestens Ende dieses Monats­ stattfinden dürfte. Frau Gräfin v. Thun, welche die von dem verblichenen Baron Nell v. Nellenburg hier zurüstgelassene Tochter unter mütterlichen Schug genommen, reiste behufs der Wohr­nungs­wahl und mancher Vorbereitungen gestern nach Berlin ab und, gs von da zu ihren Kindern auf dem Familienschlosse Tetjchen in öhmen. — General Lamoriciere konnte wegen mangelhafter Autori­­sation nicht nach Berlin reisen und kehrte in unsere Stadt zurück. Hier will er bs Anfangs Dezember bleiben, sich darauf nach Belgien bege­­ben, um dort mit seiner Familie zusammenzutreffen und Weiteres abzu­­warten. — Von unserer gereggebenden Beh­ammlung vorerst nichts weiteres Neues. « (OstiV·P­) Berlin,12.Nov.Amit-d«stand der Licentiat der Theologie, "Krause,als Redakteur der Zeitschrift»Protestant»«vor dem hiesigeen Kriminalgericht unter der Anklage,durch einen Artikelk­ber die vom. protest.Oberkirchenrathe verfügte Absetzung des ehemaligen­ Mitgliedes zur Nationalversammlung,Pastor Hildenhagen,zum Hasse gegen die­­ Anordnungen der­ Obrigkeit aufgeheizt und.den­ Oberkirchenrath öffent­­lich beleidigt zu habem Krausentachte vor Allem­ den Präjudicialein­­wand g­elten­,daß die betreffende Zeitungsnummer gar nicht verbreitet worden sei,da die Exemplare mit Beschlag belegt wurden,als dieselben eben aus der Druckerei zum Speditionsbuchhändler gebracht werden­ sollten Die Staatsanwaltschaft beharrte dabei,daß hiek die Verbreitung be­­reits als erfolge zu betrachten se!);der Gerichtshof eben war der An­­sicht,daß zur Verbr­eitung einer strafbaren Schrift mindestens gehöre, waß der Spediteur sie in Em­pfang genommen habe,und sprach deshalb den Angeklagten frei.­­ Derlin, 13. Nov. Ihre Majestäten der König und die Königin und Se. Königl. Hoheit der Prinz von Preußen trafen gestern Bors mittags um 11 Uhr von Potsdam hier ein, fliegen im Königl. Schleife ab und fuhren gegen 12 Uhr nach Charlottenburg. — Schon seit geraumer Zeit ist den Polizeibehörden empfohlen worden, die Leihbibliotheken strengstens zu überwachen. Hier in der Hauptstadt Hat ich nach Anordnung des königl. Polizeipräsidii die Praxis gebildet, daß nachdem bei erneuerter Einführung einer strengen­ Konz­erole über die von Leihbibliothekaren auszuleihenden Bücher die Vorlage der Kataloge­ über den vorhandenen Bücherbestand erfolgt war, an Die betreffenden Revier-P­olizeilieutenante fortgelegte Angaben über Die neu angeschafften Bücher erfolgen. Die Polizeiskieutenante recherchiven, ob in yi Angaben auch wirflich alle neu angeschafften Bücher enthal­­ten sind. — Das unterm 2. Juni von Sr. Majestät dem Könige vollzogene neue Forst-Strafgefeg hat eine besondere Organisation in allen P­ro­­vinzen erforderlich gemacht. Es mußten nämlich zur Verfolgung der nach­ jenem Geieg zu ahndenden Uebertretungen besondere Beamte mit den Bunktionen der P­olizeianwälte betraut werden. Die Organisation ist nunmehr dahin bewirkt, daß für jeden Oberförster ein Bezirk, je nach dessen Ausdehnung, ein oder mehrere Beamte in der Regel nach den in den Bezirk fallenden Gerichtsbezirken auf den Vorschlag der Regie­­rungspräsidenten ernannt sind. Mit wenigen Ausnahmen sind dem Oberförster des Bezirks die Zunftionen des Polizeianwalts übertragen und die Bürgermeister und Domainenrentmeister zu Stellvertretern er­­nannt­ worden. Berlin, 13. November.: Das Ereignis des Tages ist die tele- ;

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