Siebenbürger Bote, April-November 1855 (Jahrgang 65, nr. 81-228)

1855-10-19 / nr. 207

DIE­s woc aber in dem Sinne,waß es aus ihnen kraft einer langjährigen genetischen Entwicklung unter Benügung einheimischer Elemente Hervors gewachsen is. Mit wenig Worten : die österreichische Codification hat Diese Genesis des Österreichischen Rechtes nicht gemacht, sondern nur Tonflatirt. Damit ist also einerseits die Wahl der Fächer gegeben, welche zur Grundlage zu nehmen waren, und anderseits Die Rothwen­­digkeit begründet, dem historischen Momente die Bedeutung wieder eins zuräumen, die ihm­­ in der früheren Studieneinrichtung vorenthalten worden war. Zu dem Ende beginnt der Studienplan gleich im ersten Jahre mit dem römischen Rechte, und zwar ist den Lehrkörpern empfohlen worden, im ersten Semester die Geschichte­­ des römischen Rechtes und die Ins­titutionen voranzufe­iden und darauf ein­­ Bandettencollegium folgen zu massen. Gleichzeitig aber wird ganzjährig die deutsche Reichs- und Rechtgesgichte durchgeführt. Sie bietet den Schlüssel zum BVBerständ­­nisse der heutigen Rechtsgestaltung in Deutschland und Oesterreich ; sie weitet auch den Einfluß nach, den einerseits das Christenthum im Ge­­gentage zu den Heidnischen Ideen, auf welcher der römische Staat be­ruhte, auf das Hrechtd, und Staatenwesen genommen, und andererseits das römische Recht seit seiner Reception auf die Rechtsentwicklung in Mitteleuropa ausgeübt hat. Hierauf folgen im zweiten Jahrgange das deutsche Privatrecht und das canonische Recht. Das sogenannte gemeine heutige Privatrecht ist bekanntlich nicht ein, irgend­einer Zeitperiode oder irgend­einem Lande angehöriges, gel­­tendes Rect, sondern umfaßt die systematische, vergleichende Darstellung jener Rechtsbegriffe und Institute, die sich in Deutschland aus einhei­­mischen Elementen und ihrer Berührung mit dem römischen und canonis­ten Rechte, verschiedentlich modifizire, buch Sitte und ©efeßgebung der einzelnen Länder herausgebildet haben. Es ist ein Ergebniß der deutschen Reihe und Rechtsgeschichte in Beziehung auf Das Privat­recht, dessen Darstellung nicht eine chronologische, sondern eine systemas­tische Anordnung verlangt. Rh .8 ist sonach nicht minder als das römische Recht ein nothwens­tiges Vorstudium für das wissenschaftliche B Verständnis des österreichis­­chen, wie jedes bdeutschen Barticularrechtes. Das canonische Recht wurde an nach dem früheren Systeme im zweiten Jahrgange gelehrt. Vorbereitet durch ein gründlicheres Studium des römischen Rechtes und durch das Studium der heuten. Reihs- und Rechtsgerichte und des deutschen Privatrechtes, zu welchen Dok­rinen es in so enger Beziehung steht, wird aber fortan das canonische Recht weit gründli­­cher behandelt werden, und verstanden werden künnen. Durch die ges­onderte Stellung Oesterreichs zur Kirche wird überdies ein großer Theil der politischen Verordnungen entfallen, die den Vortrag desselben bisher in sich aufnehmen mußte und von deren Last sein eigentliche Inhalt Gefahr lief, in den Hintergrund gedrängt zu werden.­­6 wird wieder in seine volle Würde eines selbstständigen Rei­hsgebäudes treten und zugleich als eine der wichtigsten Quellen des geltenden Zivil- und Prozeßrechtes erfannt werden. Im dritten Semester tritt die österreichische Geschichte ein, und zwar aus dem Grunde erst an dieser Stelle, damit die Studirenden, vorbereitet auch­ die deutsche Reich- und Rechtsgeschichte, auf diejeni­­gen Thatsachen hingewiesen werden, welche insbesondere für Die öster­­reichiiche Rechtsgeschichte wichtig sind. Es dürfte nicht allzu gewagt sein, die Erwartung auszusprechen, daß diese Kombination auch der österreichischen­ Geschichte sehr zu Statten kommen wird. Bis auf den heutigen­ Tag ist eine juristische, Aufteilung der österreichischen Geschichte hinter der rescriptiven und biographischen ehr zurückgeblichen, un, längst in die Gründung einer Schule für österreichische Beieiche an der Wiener Universität fundgemacht worden. Ihr Wirken wird in den Ergebnissen der neuen Regelung der juridischen Studien eine ansehn­­liche Untersagung finden, und erst gemeinsame Erfolge beider Einrich­­tungen lassen ‚eine fruchtbare Pflege der österreichischen Rechtsgeschichte hoffen, welche in ‚gleichem Maße von gründlger Geschichtsforschung wie von tiefen juristischen Studien­ bedingt is. Im vierten Semester erscheint die Rechtsphilosophie, oder an ihrer Stelle eine Encyklopä­die der Rechtswissenschaften. Hierdurch fließt si die Vorbereitung für­ das Studium des österreichischen Barticulars echtes durch einen Ueberblick vom allgemeinen, philosophischen Stand» punkte ab... Dieser Ueberblik­ kann in encyklopädischer oder im tiefer eindringen­der, swissenschaftlicher Weise gegeben werden. Wer das legs­tere exitrebt, für den i­ Das erstere entbehrlich.­­ wäre aber vergeb­­lich, die Gesammtheit der Studirenden zu eindringlichen, rechtephiloso­­phischen Studien verhalten zu wollen; denn wenn nicht Die eigene Reis­tung, die auch von der für streng philosophische Studien erforderlichen eigenthümlichen Begabung bedingt ist dazu führt, der wird daraus einen wesentlichen Numen ziehen. Hinsichtlich der Rechtsphilosophie muß bemerkt werden, daß sie»sich von den Doftern, welche unter dem Namen des Naturrechtes in dem frühern Lehrplan ihren Blog hatte, sowohl ihrem­ Inhalte all ihrer Stellung nach zu unterscheiden haben . ‘ ’ i Fr Es wird ihre Aufgabe sein, die Studirenden mit den bedeutend­­sten rechtephilosophischen Systemen und deren Historischer Entwicklung bekannt zu machen, ohne daß es übrigens den Professoren verwehrt wäre, ihre eigenen Ansichten in dogmatischen Vorträgen zu entwickeln. Von der Anschauung ausgehend, daß das­ Vernunftrecht den Deftinis­mungegrund und die Erklärung für die positiven privat- und finats­­tehtlichen Verhältnisse abzugeben Habe, war die Rechtsphilosophie in früherer Zeit an die Sorge des Lehrplanes und in den ersten Jahrs­gang geregt worden. Der gegenwärtige Lehrplan konnte dies schon deshalb nicht tun, weil er das größere Gewicht auf eine umfassende Kenntniß der Historischen Genesis des Rechtes legte. Meberbies aber widerstreitet er didaktischen Grundlagen im Unterrichte, abstrak­e Theo­­rien der Kenntnis des Stoffes, den sie behandeln, vorauszufinden. So wenig heut­zu Tage erfahrene Lehrer den Sprachunterricht mit einer Reihe von Regeln eröffnen, eben­so wenig wird auch der Studirende aus einer­­ Philosophie des Rechtes Nigen ziehen können, der nicht fr der concrete Rechte kennen gelernt hat. Die Kenntniß der’ Tegteren wird ihm erst in den Stand fegen, mit wirklichem Verständnisse Darüber zu philosophiren ; sie wird ihm zugleich am sichersten gegen die Gefahr Iriügen, Hohle Phrasen oder ideologische Luftgebäude für wirkliche Wiss­­enschaft zu halten. Zudem solle Jeder, der zu tieferer philosophischer Betrachtung des Rechts gelangen will, not­wendig vorert seinen Stus­dien auf anderen Gebieten der­­ PB­ilosophie, Moralphilosophie, Metas­pägNt, Geschichte der Philosophie, eine Ausdehnung gegeben haben, welche allen Studirenden zur Pflicht zu machen sich am aber wenigsten recht­fertigen lassen dürfte. Darum ist das Studium der Rechtsphilosophie mit allen Studirenden vorgeschrieben und zugleich auch dessen Vers­legung in das vierte Semester denen, die es betreiben wollen, zu phis­­tosophischen Borstudien Zeit gelassen. Wer aber keine Neigung oder seine Due hat, um Rechtsphilosophie ernstlich zu betreiben, sol doch einige allgemeine Ueberschau über das gesammte Gebiet nur in dem bes­chränkten Maße encyklopädischer Behandlung gewinnen. Aber, auch dazu bedarf er doch einer mehren philosophischen Vorbereitung,­ als er­­aus dem Gymnasium mitbringen kann. ... Aus diesem Grunde enthält der Lehrplan die Vorschrift,waß die Studirenden vor dem Eintritte in das vierte Semestermindesteu Sein Collegium über praktische Philosophie zu h­ören verpflichtet sind.­­ (Oeste­r.Coeresp­) Wien,13.Oktober.Privatnachrichten aus Ischl zufolge ist Se.E­cellenzdec­herr Finanzminister vor traver Nacht vom 10.zum 11.v.angekommen.Der Minister konnte jene Beamten,die ihm Moos­gens idee Auswarnung machen wollten«nicht mehr empfangen,weil­ er um 11 Uhr su Sr.Majestät dem Kaiser berufen warsine Audienz vauerce über zwei Stunden Um 2 Uhr begab sich Baron Bruck aber­­mach zu hose inkurve zur kaiserlichen Tafel gezogen. Gestern wurde die Radreife angetreten und heute Nachmittag wird Se. Erichen­ mit dem Linzer Dampfboot wieder hier eintreffen. "0 Die Brage, ob der San mit Dampfschiffen zu befahren sei, Hat ihre praktische Lösung bereits gefunden. ‘Die im vorigen Jahre vorges­nommenen Brabefahrten haben dargetsan, daß auch dieser Nebenfluß der Donau trog seines so wenig geregelten Laufes 516 Rosenheim mit feichtgehenden Dampfbooten befahren werden kann. — Das Telegrafenamt in Debreszin is für die Staats: und Pris DOSE TonDDenk eröffnet worden. Bon Wien aus fällt dasselbe in die . gone. — Das gestern aufgegebene XXXVI, Stab des Reichsgeseß­­blattes enthält unter Nr. 173 das kaiserliche Patent vom 30. Septem­­­ber 1855 (wirksam für den ganzen Umfang des Reiches), womit Die briefien Steuern für das Verwaltungsjahr 1856 ausgeschrieben werden. Großwardein, 9. Oktober. Der Hiesige Michaelimarkt pflegt den Getreidepreisen die Breistendenz für die ganze Herbstraison zu bes­timmen. Daher seine Wichtigkeit. Dies Jahr zeigte fi an demselben ein überaus lebhafter Ablag für die Gattungen Körnerfrüchte. Die Weinlese hat v. M. begonnen, verspeiht in Beziehung auf: Duantität nur einen halben Getrag, der aber von guter Dualität sein dürfte. . Deutschland. ."·’ « a Bonnen Wahlensü eine zweite preußische Kammer stud bisjjts im Ganzen 247 bekannt.Davon aus Brandenburg43,Pommern1, Preußen18,Posen21,Schlssimnx49,Sachsen,38,Westfalen19,Rhein­­provinz 43.Ueberwiegend ist die­ Zahl ver dee ministeriellen und kre­is­zeitungsparteiangehörigen Abg-weiteren in den sogenannten altes-Pec­­ringen,während am Rhein unv ins Westfachsen die Wahlen übrigens oppositionell sind.Ja der Provinz Bandenburgs ist Min­isteer..Man­­tenssel im Kreise Luckau-Lübbes gewählt.In Pommernsiur u.U.der ehe­­malige Redakteur oekcreuzzeitung,He.Wagener,unkaästdeutv.Gerlach in demselben Wahlkreise gewählt worden.Unterven biohee betaanten 18 Abgeordneten .preußend sind nicht weniger als 8­ Landräthe. Die­ posenischen Wahlen zeigen bis jegt 6 polnische,­ einzelne der katholischen Braktion angehörige Namen, sonst Männer­ der Rechten. In Westfalen finden wir.v. Binde, und Harkort zweimal, und v. Bodums-Dorff, von­ der Linken, und den Finanzminister v. Bodelschwingh. Am Rhein u. U. gewählt: Rudolph v. Auerswald zweimal), Delius, Reichensperger und der Minister v. d. Hepdt. — Der „Leipziger Ztg.“ wird aus, Berlin geschrieben : „Angesichts der wachsenden Weberschwemmung bed hiesigen Geld» marft es mit fremden Industriepapieren für unsere Regierung kürzlich die Frage in Erwägung gezogen haben, ob. e6. nicht angemessen sei, auf den­en mit diesen Werthzeichen das Aktiengefet vom Jahre 1844 an» zuwenden­ wird. | - «

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