Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1882. Oktober (Jahrgang 9, nr. 2673-2698)

1882-10-18 / nr. 2687

­­­ ­·.«Seit 1972 Hermannstadt,Mittwoch Wirksamfest Gottes Segen erflehe, erkläre ich den „Verein für Maghari­­­firung und Volfserziehung des Scharoiger Komitats“ für Fonstituirt.« Die Rede und auch die im Widerspruch mit allen Thatsachen des öffentlichen Lebens stehende Behauptung Bano’s daß erst Angriffe auf die magyarische Nationalität die Magyarisirungsbestrebungen hervorgerufen hätten, bedarf seines weiteren Commentars. Doch sei er nng gestattet, Dem schmerzlichen Bedauern darüber Ausdruck zu geben, daß soviel Eifer und Thatkraft auf die Verwirklichung unheilvoller, zum Ruin des­­­iaterlandes wirkender Pläne verwendet wird. Wie ander würden die Zustände Un­­­arna sein, wenn der leitende Stamm nicht in dem unseligen Magyari­­­i­ungawahn, sondern auf dem Gebiet intensiver Kulturentwicklung einen so glänzenden Eifer und soviel Energie entfaltete! Siebenbürgisch Deutsches Tageblatt. Boliti­e Neberficht. Hermannfischt, 17. Oktober. Für den Unterdrücken ist es sicherlich nicht der richtige Weg, der Sehnsucht nach der Rolle des Unterdrücer Augdrud zu geben. Im diesen Fehler verfällt Leider ein Theil der Deutschen Oesterreich. So äußerte er der österreichische Reichsrathsabgeordnete Dr. Ruß am 14. d.M. vor seinen Wählern in Komotau: „Ein noch im Amte befindlicher Minister erklärte im Vorjahre seinen Wählern, daß der polyglotte Staat ein Unsinn und eine Gefahr gleichzeitig sei. Wir bie Pseit3 der Leitha, Seiner Majestät allergetreueste DOpposition, sind der gleichen Meinung; nicht nationaler Chauvinismus, der dem Deutschen immer und überall fremd war, leitet uns, sondern die Liebe zum Vaterlande, zum alten Einheitentante. Wa­­s in Ungarn als Staatsidee gepflegt und hochgehalten wird, sollte er in den ‚Erblanden verpönt sein? Oder will es jemand unternehmen, der dem ‚magyarischen Stamme jenseits die Führung zugesteht, dem deutschen Stamme b­egseit, den Beruf und die Eignung hiezu abzuerkennen? Dit Die Bevöl­­­­kerungs-Quote der Magyaren in Ungarn et­wa größer als die der Deutschen in Desterreich? It die Kulturarbeit Jener etwa bedeutender oder älter? Sit den wirklich der deutsche Stamm in Desterreich jedem andern an D Be­­­deutung nur gleich zu stellen ? „Eines wird das jegige System erreichen, den perzentuellen Anteil der Deutschen an der Bevölkerung Desterreichs zu vermindern. Langsam, aber unaufhaltsam wird der Deutsche zurücgedrängt, damit das Wort Rieger’s Wahrheit werde: „Desterreich wird bestehen, so lange die Slaven wollen“ ; dieser Erniedrigung des Vaterlandes darf der Deutsche nicht ruhig uiehen. Noch Haben die Deutschen diese Frage sich nicht vorgelegt, wenn sie aber gestellt werden sollte, werden wir mit unserer Antwort nicht zurück­­­bleiben.“ (Beifall.) Gegenwärtig freilich ist dem Deutschen das Leben recht sauer gemacht. Der Prager Bürgermeister flicht den übeln Eindruck seiner Antrittsrede abzuschwächen. Er erklärte am 14. Oktober sein lebhaftes Bedauern über die Resignation der deutschen Stadtverordneten. Unter Hinweis auf seine Vergangenheit wies er den Gedanken zurück, als hätte er in dem feierlichen Momente irgend ein Mitglied des Kollegiums beleidigen wollen, an dessen Soige er berufen worden, und betonte, daß er dem Herkommen gemäß sich auch der deutschen Sprache bediente, und zwar gerade in jenem Momente, ‚wo seine Worte die dankbare Anerkennung für die nach­ allen Seiten gleich gerechte Thätigkeit des Statthalters ausdrücken; er wirde weiter deutlich gesprochen haben, wenn er geahnt hätte, daß Die­­al unzulänglich gelten würde. Nedner betont ferner, daß er nicht von dem Aufblühen der Tern­­­ilavischen oder ausschließlich aviichen Stadt Prag, sondern des goldenen Naviichen Prag gesprochen habe,­­­wie gerade die Slaven Prag bezeichnen. Diese Bezeichnung einer Stadt, welche slaviich nach ihrer Vergangenheit, wie nach dem Hauptcharakter ihrer Bevölkerung ist, sei die Anführung eines statistisch-ethnographischen Faktums und vollkommen mit der­ üblichen Rede­­­weise übereinstimmend. Er habe auch ehrlich beigefügt, daß dieß Feine Demü­bhigung oder Mißachtung der deutschen Bevölkerung involvire, daß er vielmehr würk­he, Prag möge ein Wettprag beider Stämme sein auf dem Gebiete des Friedens und der Kulturbestrebungen. Redner wollte und konnte seiner Ansicht nach Niemand beleidigen und wü­rde es bedauern, wenn diese irrige Vorauslegung die deutschen Mitglieder zur Mandats­­­niederlegung veranlaßte. Nedner werde sein Gelöbniß halten, gerecht und unparteilich vorzugehen; er fordert die Vertreter auf, diese Grundlage auch dann zu beachten, wenn ein ganzes Viertel der Stadt unvertreten sein sollte, und das Interesse der Unvertretenen mit gleicher Gerechtigkeit, Unparteilichkeit und­­­ Fürsorge zu bewagen. (Beifall) Walis, mit 39 von 72 ige zum D Vicebürgermeister gewählt, dankte auf Böhmisch und Deutz. Auf diese Rede erschienen beim Bürgermeister die Stadtverordneten der Spielstadt mit der Erklärung, daß sie sich Durch die rechte Nede des Bürgermeisters nunmehr vollständig beruhigt fühlen und daß jedes Miß­­­verständniß beseitigt sei. Weiter konstatirt ein vom Bürgermeisteramte au­sgehendes Communiqus, daß eine an der Sorge der jüdischen Vertretung stehende Persönlichkeit dem Bürgermeister den Ausdruch der vollsten Aner­­­kennung und Sympathie befundete, wobei der Bürgermeister neuerlich hervorhob, die Zukunft werde seine objektive Deukungsweise stets klarlegen. Im Prager Landtag wird von Seite der deutsch-liberalen Abgeord­­­neten im Landtage eine Interpellation eingebracht werden, warum der Statt­­­halter den bekannten Erlaß gegen den Verkehr der Mitteljeiler mit Couleur- Studenten herausgegeben habe. Aus den russischen Ostsee- Provinzen lauten die Nachrichten von Tag zu Tag beunruhigender. Während die ethnische und lettische P­resse fortfährt, den Bauern und Arbeitern sozialistische Ideen einzuimpfen, wird von rusischer Seite ebenfalls seine Gelegenheit verpaßt, den nationalen Hader zu schüren. Der D­irigirende Senator Manaffein, der sich in ge­­­wissen Dingen absichtlich mit Blindheit schlagen läßt, hat ein sehr zartes Ohr für jedwede Klage der Jung-Eib­en und Jung-Letten und empfängt ihre Abordnungen mit Wohlgefallen. Aussc­hreitungen gegen die deutschen Grundherren, und zwar häufig solche geöhrter Art, werden, so weit das in der Macht des Senator liegt, in ein mildes Licht gestellt, während deutsche Beamte beim geringsten Anlaß oder selbst ohne einen solchen aus den Stellen gejagt werden. Man will parteilich sein und man will den Erb­en Grund zu Slagen gegen die „Herren” einräumen. Ein Bericht der „St. Petersburger Zeitung” sagt: „Hortwährend sieht man hier die Abends den Himmel vom Teuer geröthet und Hört darauf, daß den Gutsbefigern die Ernte und die Arbeit des ganzen Jahres niedergebrannt worden ist." Der Haß gegen die deutschen „Herren“ wird den Letten systematisch beigebracht. In seiner Rede am 15. Oktober erklärte der frühere italienische Minister Minghetti in Cologna-Venete, daß er gewünscht hätte, die italienische Farine an der­­ee englischen in Egypten zu sehen, er werde ne: von Depretiß versprochenen Dokumente abwarten, um sich aus­­­zusprechen. Aus Tunis wird der „Times“ unter dem 11. d. Mts. gemeldet: „Die Vorbereitungen für einen Winter Feldzug im Süden von Tunis werden eifrig betrieben. für diesen Zweck sind ansehnliche Verstärkungen nach Gabes und Sfax entsendet worden. Die Grenzstadt Zerzig wird stark beseßt werden. Eine Kolonne unter Oberst Laroque wird sich von Gabes nach der tripolitanischen Grenze zu bewegen und ein von arabischer In­­­fanterie und irregulärer Kavallerie garnisonirter Bosten wird zur Bewachung aller Wege über die Seen hergestellt werden.“ Der eigentliche Prozeß gegen Arabi und die Rebellen wegen Mord, Brandstiftung und Verlegung der weißen Flagge hat am vorausbestimmten Tag nicht beginnen können, weil die Arbeiten noch nicht abgeschlossen sind. Bis vor wenigen Tagen war man in der Umgebung des Khedive über­­­zeugt, daß die Nachweisung der Arabi zur Last gelegten Verbrechen Leicht sein werde, und das egyptische Ministerium suchte eine Pression auszuüben, indem er verlauten ließ, er werde zurücktreten, wenn Mrabi und seine Hauptgenossen nicht hingerichtet würden. Scherif Pascha sträubte sich gegen die Zulassung englischer Anwälte und sagte, er habe genug gethan, indem er zugab, daß der Prozeß öffentlich verhandelt werde. Die Schwierigkeit wegen Zulassung englischer Advokaten hat zur Ver­­­tagung mit beigetragen. Da Arabi sich den Engländern ergeben, betrachtet er sich als Kriegsgefangenen und nicht als Rebellen, zumal er nur im Auf­­­trage seiner Vorgeseßten gehandelt habe. Er erinnert daran, daß er während der Dauer des Kampfes seine ganze Kraft und seinen Einfluß aufbot, Erdeefjen und Plünderungen vorzubeugen. So hat Wrabi fi­ vor der Untersuchungs-Kommission vertheidigt. 18. Oktober 1882. Nr. 2687 | RE Die Borgeschichte der bosnisch-Herzegowinischen Okkupation. Der „Reiter Lloyd“ veröffentlicht folgende, von ihm als „autentisch“ bezeichnete Mittheilung : Am Abend des 22. Juni 1877 traf in der Wiener Kaiserburg die Drahtmeldung ein. Die russischen­ Heersäulen hätten den Uebergang über die Donau begonnen. Im der That waren an diesem Lage die Brigaden des 14. russischen Armeekorps unter GL. Zimmermann, bei Galaz und Braila über den Strom gegangen und in die Dobrubicha eingerückt. Tags darauf wurde FZM, Baron Philippovnics Kommandirender in Prag, tele­­­graphisch nach Wien berufen. Hier­­n wurde ihm mitgetheilt, die Ein­­­ladung nach Bosnien und in d­ie Herzegomwina sei beschlossene Sache und er zum Befehlshaber des einrüdenden Korps sowie zum Gouverneur der beiden Provinzen ausersehen, er möge sich daher dem zur Lösung seiner Aufgaben möthigen Studien widmen; das erforderliche Material werde ihm von den Zentralstellen zur Verfügung gestellt werden. Nach mehrtägigem Aufenthalt in Wien kehrte Baron Philippovice nach Prag zurück und­­­ die Ereignisse auf dem bulgarischen Kriegsschauplage nahmen ihren Fortgang, . . . . Am 2 September 1877 wurde das Defret an­gefertigt, in welchem Schaffer und König Franz Foref I. von feld­­­zeugmeister zum Kommandanten des 13. Armeekorps ernannte. Gleichzeitig wurde Lepterer beauftragt, mit dem Generalkommando in Agram sich in Verbindung zu feigen behufs Vorbereitung und Sicherstellung aller Erfor­­­dernisse zur Verpflegung und Unterkunft der in dem Aufmarschraume an der Save zu konzentrirenden Truppen. Hiebei hatte ihn der Generalstabs­­­chef des Agramer Generalkommandos, Oberst Leonsvag Popp, heute Generalmajor, General-Adjutant des Kaisers und Vorstand der Militär­­kanzlei, als präsumtiver Generalstabschef des 13. Korps zu unterfrügen. Am 10. Februar 1878 ging von Prag eine große Denkschrift des Feldzeug­­­meisters an das gemeinsame Kriegsministerium ab, in welcher die Ergeb­­­nisse seiner Studien niedergelegt waren und eine Reihe von Anträgen gestellt wurde. Philipponics äußerte schon hier Bedenken gegen die geringe Zahl von Streitkräften, mit welchen er die ihm zugedachte Aufgabe lösen sollte. Der Präliminarvertrag von San­ Stefano veranlaßte den Feldzeug­­­meister am 25. März 1878 zu einem zweiten Memoire, in welchem er in geradezu dringender Weise bat, man möge ihm me­instens sieben Divi­s­­­ionen zur Verfügung stellen. Der Gedankengang des Memoirs war folgen­­der: Der Vertrag von San­ Stefano hat den Aspirationen Serbiens und Montenegros ein weites Gebiet eröffnet und es wahrscheinlich gemacht, daß biese Meinen Staaten, wenn auch nicht offen, so doch durch Konfivenz ge­­­genüber den auf ihrem Boden sich bildenden Freischwaren an dem Wider­­­stande gegen die Festlegung Oesterreich-Ungarns in den beiden türkischen Provinzen fi­ belheiligen werden. Es liegt im Interesse der erwähnten Fürstenthümer, die schwache osmanische Herkunft in diesen Ländern vorläufig erhalten zu sehen. Sobald aber eine europäische Großmacht von dem Range­ Oesterreich- Ungarns daselbst festen Boden gefaßt, sind die Herzegowina Marjala” werde daher unter den Bosniaken und Herzegowgen ben sein, welche voraussichtlich zu auf Boenten, und Montenegros auf die Osfupation Hindern suchen Christen gegen uns haben­ dürften. 7Taufend von zu fin­­­des Landes durch unnsere Truppen Die Monardie Hat dort neben der politischen noch eine andere, nicht minder wichtige Aufgabe zu leisen: „Die Desinfizirung des sozialen PBejtherdes," welcher daselbst durch die verfütterte türkische Beamtenwirthschaft und durch die Knechtung der Kmeten entstanden. Wer in dieses Wespennest sticht, bringt zahlreiche un­­­zufriedene Elemente gegen si auf, welche Bundesgenossen nehmen, wo sie solche finden. Wir werben also nur nur Mohamedaner, sondern auch „Ferner werben auch die aus Alt-Serbien um rt Bulgarien abziehenden ottomanischen Truppen fi nach Bosnien wenden und gegen uns kämpfen." Aus allen diesen Gründen erachtete der Feld­­­zeugmeister vier Divisionen zur Befegung eines Gebietes, das von gewaltigen Gebirgen durchschnitten und über 1000 Duadratmeilen groß ist, als unzue veihend. Auf diese in überzeugender Weise gehaltenen Darlegungen des Feldzeugmeisters erfolgte die Antwort des Kriegsministeriums erst am 18. Mai. — Es wird da einfach gesagt, vier Divisionen seien zur Lösung der dem 13. Armeekorps gestellten Aufgaben ausreichend befunden worden. Und zwar sollen zur­ eigentlichen Durchführung der Osfupation sogar nur drei Divisionen verwendet werden: die 18. habe die Herzegowina, die 6. und 7. Bosnien zu befegen ; die 20. habe an der Drina-M­ündung zur Be­­­obachtung Serbiens zurüczubleiben, während sie lediglich auf einen erhöhten Friedensstand zu fegende 36. Division in Slavonien eine Reserve für alle Fälle bilden werde. Mehr könne für die Durchführung der Ossupation nicht ge­­­widmet werden, denn die politische Lage lasse es immerhin möglich erscheinen, daß der partiellen Mobilisirung die allgemeine der gesammten Wehrmacht folge. Im solchem Falle sei Bosnien-Herzegowina ein Nebenkriegsschauplan, auf welchem die Heeres­­­leitung nicht zu viel Streitkräfte, die der Hauptarmee abgeben würden, liegen lassen dürfe. Daraufhin fuhr Baron Philippovics nach Wien, um an den leitenden Stellen per­­sönlich seine Anschauungen mit Nachdruch zu ver­­treten. Er feßte da auseinander, die Bewegung der beiden Länder sei von altem Anbeginn mit einem imposanten Aufgebote von Streitkräften durchzu­­­führen, wenn sie in Einem Zuge und rasch vollendet werden sol. Im Gegentheile würden die zahlreichen mohamedanischen und griechisch-orthodoren Agitatoren Zeit gewinnen, zu sehüren und das Volk aufzuhegen. Bor rasch bollzogenen Thatsachen würde si im Lande Alles beugen und dieselben würden an das politische Ansehen der Monarchie und die Macht unserer Darstellungen, werdhen auf dem Ballplage, wie im Kontrolorgange ver Hofburg Waffen in Europa beträchtlich heben. Das einzige Ergebniß dieser dringenden sehr optimiftifche Situationsberichte aus Serajewo, Moftar, Travnif, Liono, u. s. w. entgegengehalten wurden, bestand darin, daß die 20. Division (Szapary), welche, wie oben angedeutet, ursprünglich an der Drina-Mündung zur Beobachtung Serbiens Hätte zurückbleiben sollen, zur bivelten Mitwirkung an den Operationen herangezogen wurde. . Aus bdiesen Thatsachen erhellt, daß der Einmarsch nach Bosnien-Herze­­­gowina schon zu einer Zeit nicht nur beschlossen war, sondern auch, wie das Datum des Dekrets ersehen läßt, mit welchem Philippovics zum Komman­­­danten des XIII. Korps ernannt worden, materiell vorbereitet wurde, in welcher selbst den Vertretungskörpern gegenüber die Regierung jede Absicht in dieser Richtung in Abrede gestellt hat, alle Hoffnungen Serbiens für immer zunichte. „Gar manches­­­­­­ “ Für uns hat auch begonnen Ein Kämpfen hart und sehwer. „Mund oft, wie wird so bange Der zweifelvolle Strauß ! Marienburg, o Marienburg Schid deine Tobten aus!" Wohl stört im Allgemeinen seinen volksthümlichen Charakter der leiden­­schaftlichere Ton gegen den Schluß, wie der Anklang an die Bedrängnisse der Gegenwart in politischer Beziehung. Das Bolkethümliche zeigt sich nicht nur in der passiven Form, sondern beruht auch mit auf dem Blic in die Vergangenheit, daher die Hereinziehung der Tendenzen der Gegenwart der Volksthümlichkeit Abbruch thut. Trogdem stehen wir nicht an, das Gedicht seines Inhaltes wie seiner Form wegen, zu­ dem MWerthod­isten zu zählen, was unsere einheimische Literatur hervorgebracht hat. Bier lieblicher,sanfter,anheimelnder und gemüthvoller sind die anderen Erzeugnisse.Wer erinnert sich nicht an»Lili’s Park«,wenn er­ das »Land­­­mädchen«liest,und doch wieder besitzt es seine Eigenthümlichkeiten, welche es nicht nur als originales, sondern sogar als volksthümliches Erzeugniß "Garakterisi­en. Es ist wohl nicht zu verkennen, daß dabei das Ungewöhnliche des Schlußes: „Der Schönsten mußte leicht gelingen An Königs Seite sich zu schwingen,­ störend auf das Ohr des Zuhörers wirken kann; allein ich meine tieser Zug ist spesistisch echt fächslsch. Wer Haltrich’s „Volksmärchen“ aufmerksam gelesen hat, wird sich gestehen müssen, daß „ver König­ darin eine sehr große Rolle spielt. “ Wen durch zieht nicht ein süßes Wohlbehagen,eine innige Befriedigung und stille Freude,wenn er das hübsche Liedchen»die Fischerin« liest? Ich gestehe, selten etwas Einfacheres, Natürlicheres, Ungezwungeneres und Gefühle­­­innigeres gefunden zu haben. Der Dichter flieht vor des Sommers Schwüle Hinaus zu den Erlenbüsschen am fühlen Wasserstrand. Da sieht er plöglich ein Mädchen von der Flut umspült: „Nete hängt sie in die Flut hun hinab zu losem Fange Lodt der Fischlein Kleine Brut Munter zu fi mit Gefange, Wäre ich ein Rind der Wogen, Do! wie bald, wie bald betrogen Würd’ ich in ihr Net gezogen!" Wer würde sich nicht gerne fangen lassen? Der Dichter Tennt des Lebens Freuden und er srngt: „Im Keller zu dem gold’nen Stern Da ist ich jedesmal so gern Bei einem Glofe Wein. Der Ort ist fahl, der Wein ist gut Der Wirth ein riedlich deutsches Blut, Und hold sein Töchterlein." Wer sich in diese Ioylle nicht Hinreinleben kann, besitt Kein Gemüth! Wer nicht bei solchen Liedern seelig alte Zeiten wieder durchloftet, befitt seine Vergangenheit! Werfen Herz,sich nicht weiter, wenn der Dichter singt, bei Wein und Weib, befitt beim Gefühl, und wird nie fähig sein, einen Poeten zu begreifen, in dessen Seele immer neue Bilder auftauchen, und immer wieder nach Gestaltung und Belebung streben ! Die Elegien sind jener Theil der Gedichte, welche dem Göthe’schen Muster am meisten nahe kommen. Wer erinnert sich nicht an den großen Bauft-Monolog : „Weh! fte ich in dem Serfer noch ? Verfluchtes dumpfes Meauerloch ! Mit Gläsern, Büchsen rings umstellt, Mit Instrumenten vollgepfropft,­ u. f. w., wenn er den Beginn der neunten legte liest: Der Dichter ist im dunteln Gemache: „Matt nur blicte ver Mond mag ish in’s Fenster herein, Heu­te mit dämmerndem Licht des Gewölb’s anstrebende Bögen, Heu­te der schnörkligen Zier­­gothisch verschlung’nes Geflecht, Auch die Wände umher und die Bilder geschlovener Ahnen PBrangend in Schmud und Gewand ihrer vergessenen Zeit, Manchen ererbten Schmud mit gewaltigen Bänden gefüllet, Todtenköpfe, die bleich grinsten vom Schranke herab." Alles ist Hier so anders gegeben und macht doch ganz denselben Einpruch, wie im Faust. Was aber noch bei weitem mehr an Göthe und an die „römischen Elegien” mahnt, das ist der Zug der Selbstgenügsamkeit und Sinnlichkeit, der auch Durch die Elegien Schuster’8 weht. Ueber die Tändeleien, heißt #8 im Vorwort es „Sie entstanden theils mit, theils nach den Elegien, EL und sollten den zum Theil schweren Ernst, der in lepteren herrscht, in ein leichtes Spiel auflösen. Sie wollten dabei wohl muthwillig und nedisch, aber nicht ironisch sein." Lebendig heißes Gefühl Lebt in ihnen, das­ so sehr an den „westöstlichen Divan“ erinnert, an Hafis und Zuleima. Gerne lauschen wir dem süßen Liebesmärchen, welches der D­ogel seinen aufgewachsenen Jungen erzählt, von der mächtigen Zauberin, welche so manchen mächtigen Zauber hat: „Mienenzauber, Lächelzauber, Rebezauber, Liederzauber, Zaufend vielgewalt’ge Zauber, Doch der mächtigste von Allen Sst der böse Wagenzauber ; Dem­ ist nicht zu wiederstehen!“ Und wenn es heißt: „Bandst du unter diesen Kindern Eines werth dir zu gefallen, Weil es seines Stoffes würdig In den Worten ward befunden ;" so hat der Sänger si nicht als verzaubert, sondern im Gegentheil selbst als Zauberer ertwiesen. Aber dieser Zauber ist ein süßer und wir überlasfen uns ihm gerne, denn wir stehen im Banne der wunderbarsten Natürlichkeit, welche sich nicht scheut das gewagteste, größte Bild zum Dolmetsch ihrer Gefühle zu machen. Und diese Gedichte haben­­­ eine Auflage erlebt, ja vielleicht Haben Derfaffer und Verleger daran noch materiellen Schaden gehabt. Es ist traurig das aussprechen zu müssen. Sollte das sächsische Volt nicht fähig sein, seinen Dank zu befunden durch seinen Eifer, sie zu lesen? Im ver­­gleichen Zeit haben Emanuel Geibel’s Gedichte Hundert Auflagen erlebt, und hier liegt ein schöner Schat begraben, und das Voll, dem er geschenkt wurde, sollte sich als gleichgültig erweisen, ihm nicht geben wollen? Es wäre doch endlich an der Zeit, Fr. Wild. Schuster ein Zeichen zu geben, daß die Nation ihn zu würdigen verstehe. Lasfen wir es nicht mehr darauf ankommen, unsere großen Männer erst nach ihrem Tode zu ehren, sondern drücken wir unsere Dankbarkeit dadurch aus, indem wir ihre Werke lesen und zu verstehen suchen, um sie mit gutem Gewissen auch hinauszuschieen unseren deutschen Brüdern. Damit ehren wir nicht allein unsern Dichter, sondern uns selbst am meisten. mm­­­­­­ Die neuen Steuergesebentwürfe. I.* Dur einen weitern, vom Finanzminister eingebrachten Gelegentwurf wird die gegenwärtig aufrecht stehende Konsumsteuer nach Kaffee von 8 Gulden und nach Kaffee-Surogaten von 4 Gulden per Meterzentner mit Ende dieses Jahres aufgehoben. Hingegen wird vom 1. Januar 1883 an die Konsum­­­*­ Bergl. „SD. Tageblatt" Nr. 2686. f )

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