Transsilvania - Beiblatt zum Siebenbürger Boten, 1842 (Jahrgang 3, nr. 1-102)

1842-08-02 / nr. 60

258 mögen wohl auch diese alle Bücher kaufen , der ungarische Bauer — Jobagy — führt durchschnitt­­lich weder das Bedürfniß , noch hat er Geld zu solchen Ausgaben. Und bei dem literarischen Stand­­punkt, auf welchem die Nationen­ des Auslandes gegenwärtig stehen, und bei deren regem Fortschrei­­ten, dürfte die Zeit wohl nicht sehr nahe sein, wo diese die fremde und ungarische Sprache wissenschaft­­lichen Gewinnes wegen erlernten und durch den An­­kauf der Produkte derselben zur Unterhaltung und Förderung mitwirkten.­­ So löblich also das Streben der ungarischen Nation an sich ist, so preis­­würdig das Ziel, dem diese Anstrengungen gelten ; so unbestrei­bar stellen sich der vorurtheilsfreien, be­­sonnenen Berechnung die Schwierigkeiten dar, welche auf dem natürlichen Wege zu überwinden sind, und welche die sanguinisch gefaßte Hoffnung zur Un­­wahrscheinlichkeit herabstimmen. Sehen Sie, mein Bester ! in dieser gerechten Besorgniß von Seiten der Verständigern in der ungarischen Nation jenem glühendheißen Wunsch und Streben gegenüber fin­­det bei mir auch das nuc allzu stürmisch begonnene Unternehmen der Erweiterung der ungarischen Sprache und damit allmählich­ auch derselben Na­­tionalität über alle Bewohner Ungarns und Sie­­benbürgens einigermaßen Rechtfertigung. Denn allerdings würde das Magyarentrum durch Absor­­birung der Mitnationen und durch Aufnahme so be­­deutender numerischer und moralischer Kräfte schnell zu imponirender Größe in mehr als­­ einer Bezie­­hung anschwellen — Ich hab­e mich überzeugt, daß aus dieser Quelle zunächst der Wunsch und Antrag geflossen, die ungarische Sprache zur alleinherrschen­­den in allen öffentlichen Geschäften zu erheben; da­­gegen scheinen mir die Gründe, welche man hier zur Unterstüßung dieses Antrags — und wohl auch bei Ihnen in Ungarn — angibt durchaus unhaltbar. Denn würde die Abfassung der Geseße in ungari­­scher Sprache nur darum erstrebt, damit diese Ge­­seße , wie es freilich sein sollte, dem gemeinen Volk zugänglich und verständlich wären, so müßten sie nothwendig in allen siebenbürgischen Landessprachen gegeben werden. Denn allerdings können Geseße vernünftigerweise nur für den verbindende Kraft haben , dem die Gelegenheit geboten ist, sie zu wissen und zu verstehen. Der ausschließliche Ge­­brauch der ungarischen Sprache dürfte aber eben seit vielleicht am allerwenigsten für diesen Zweck geeignet sein. — Denn seit etwa zehn Jahren hat nach der Aussage nicht eben gemeiner Stramm-Ma­­­gyaren diese Sprache einen solchen Umschwung und durch oft sehr verwegene Puristen und Wortbildner solche Veränderungen erlitten, daß diese neuunga­­rische Sprache mitunter auch von solchen nicht eben zum Pöbel gehörigen Altungaren nicht einmal ver­­standen wird. Nehmen wir dazu, daß diese Sprach­­entwickklung noch fern vom Ziele, aber in raschem, rastlosem Fortschreiten ist , liegt nicht die Wahr­­scheinlichkeit sehr nahe , daß nach abermals verfloß­­nen fünfzigen zehn Jahren die in dieser Sprache verfaßten Geseße auch dem gebornen Magyaren un­­verständlich oder wenigstens vieldeutig vorliegen dürf­­ten, wie viel mehr dem Fremden, der die Sprache nur so erlernt, wie sie dann gebräuchlich ist ? Wäre es uns aber aufrichtig daran gelegen für die Gegenwart den Zugang zu den Geseßen und das klare Verständniß derselben dem größtmöglichen Theil der Landesbewohner zu öffnen, so müßten die­­selben unbedenklich in der walachischen Sprache ver­­faßt werden, da die Volkszahl der Walachen in Siebenbürgen jene aller übrigen Nationen des Lan­­des zusammengenommen übersteigt. Wollte man endlich die Entscheidung dieses Sprachstreites von den Verdiensten um das Staatswohl und von den Opfern, welche eine und die andere Nation der Er­­haltung und dem Gedeihen des Staates gebracht habe und bringe , abhängig machen; so könnte die magyarische Nation wenigstens ein bevorzugendes Uebergewicht fi in keiner Weise zusprechen. Am sichersten und gerechtesten würde wohl der gute Zwe allgemeiner Kundmachung der Gesche erreicht, während doch ein gemeinsamer Mittelpunkt für die eigentlichen Rechtsgelehrten aller Nationen erklärend und beleuchtend unverrückt bliebe, wenn diese in der lateinischen Sprache in das Geseßbuch einge­­tragen, dann in Nebenspalten in den verschiedenen Landessprachen beigeseßt würden; der lateinische Text bliebe bei der wandellosen Abgeschlossenheit dieser Sprache jedenfalls der entscheidende in be­­strittenen Fällen , ohnehin ruht ja das ganze euro­­päische Rechtssystem auf einem lateinischen == dem römischen — Geseßbuch. — Gebe der Himmel übrigens, daß nur einmal ein Geseßbuch für uns zu Stande käme , welches alle Staatsbürger , wes Glaubens und Standes sie im­­mer seien, gleichmäßig schüße und verbände , wie es der Geist der Zeit und die humanere Bildung der Gegenwart unabweisbar fordert und in den meisten Ländern Europa­ s als in der nächsten Zeit hervorgebrannt hat !! =­ Denn Sie" können leicht - | -

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