Transsilvania - Beiblatt zum Siebenbürger Boten, 1843 (Jahrgang 4, nr. 2-100)

1843-02-21 / nr. 15

59 Nach dem Tode der Madame La Pivardiere kam Nerbonne in andere Hände, verschiedene Vers­änderungen wurden vorgenommen, und dieselben führ­­ten zur Entdecung einiger Knochen auf dem Grunde eines kleinen Baches, der an dem Gut vorbeifloß; die Einen glaubten in denselben die Ueberbleibsel eines Menschen zu entdecen , die Andern sahen nur Fragmente von dem Skelett eines vierfüßigen Thieres darin; die Kenntnisse, welche man damals von der Anatomie hatte , konnten das Problem nicht lösen. So ist denn das Schicksal des La Pivardiere noch heutigen Tags ein unerklärliches Räthsel. Aus dem Tagebuche eines Journalisten. XI. Kleinigkeiten. 4 Zu einem Zeitpunkte , wo das Leben eines Wol­­fes verjüngt, und, um mich eines beliebten Aus­­druckes neuerer Schriftsteller zu bedienen , ihm eine Zukunft gegeben werden soll, liegt jedem Denkenden das Bedürfniß so nahe , Alles , was um ihn ge­­schieht, in seiner Beziehung auf Nationalität zu be­­trachten, daß wir vielleicht darin oft zu weit gehen, und auf Dinge ein Gewicht legen , welches ihnen nach ruhiger Schomung nicht­ zusommen mag. Aengstigen Gemächern erscheint dann, wie wir es jüngst an uns selbst und an den Magyaren erfahren konnten , sogar jedas Fremdwort, welches gelehrt oder gesprochen wird, und jede Berührung mit an­­dern Nationsgenossen als ein Zeichen des Untergangs und der Auflösung. Unter diese gleichgültigen Dinge können aber am allerwenigsten diejenigen Lehranstalten gezählt werden, deren Bestimmung es ist der Nation ihre Lehrer und Leiter, und Vertreter zu bilden. Wenn jemals, so erscheinen sie vorzugsweise in solchen Momenten als nationale Anstalten. Wir fühlen es dann leb­­hafter als sonst, wie in die Hände von jedem die­­ser Institute die Zukunft eines Theiles der Nation gelegt ist , und wie leicht durch verfehltes Wirken derselben der politische Körper , welchem sie Leben zuführen sollen , zerrissen werden oder theilweise ab­­sterben kann.­­ Was kann aber unsern höhern Schulanstalten diese nationale Beziehung sichern ? Eine Reihe ver­­schiedenartiger Ansichten tritt uns entgegen, sobald wir diese Frage aussprechen. Die einen fordern dafür Dotirung der Gymnasien aus der National­­waffe; andere , unter diesen ho<achtbare Männer, eine Verschmelzung der verschiedenen Gymnasien in ein einziges , noch andere die Errichtung juristischer Lehrkanzeln an jdem derselben 3; andere die Errich­­tung einer juristischen Facultät 3; andere die Grün­­dung einer sächsischen Universität, und in einer Zeit, wo der Begriff der Nationalität von vielen einseitig genug in die bloße Bewahrung der Muttersprache geseßt wird, wäre es eben kein Wunder, wenn eine sechste Partei die Achte Nationalität deutscher Gym­­nasien in den Ausschluß aller nichtdeutschen Spra­­chen seßte.­­ Man hat in diesem Widerstreite der gemachten Vorschläge einen Beleg für den Particularismus der Deutschen in Siebenbürgen finden wollen. Gleich­­wohl aber wurzeln , wenn ich nicht irre , sie alle in dem Gefühle des Bedürfnisses eines nationalen Be­­wußtseins, und müssen eher als Mittel dem das nationale Leben zerseßenden Particularismus zu steu­­ern, denn als Symptome desselbens angesehen wer­­den. Nicht in dem Widerspruche an sich liegt der Particularismus, sondern in dem Unvermögen die eigne Ansicht und den Eigenwillen dem Beschlusse der Mehrheit unterzuordnen. Es liegt außer dem Pläne dieser Aufsäße, jede dieser Ansichten ausführlich­ zu prüfen. Eine Wahr­­heit ist­ in jeder enthalten ; allein jede hat neben der Lichtseite auch ihren Schatten, und für sich allein ausgeführt wäre keine im Stande unsern höhern Lehr­­anstalten jenen wirksamen Bezug auf die Nationalität des Volkes zu geben, welchen wir wünschen. Den Vorschlag einer Unterstüßung der Gymna­­sien aus der Nationalcasse hat das Gefühl der Ar­­muth , welche mehr oder weniger alle drücket, und das Bewußtsein erzeugt, daß alle derselben Nation dienen, und daß es einen Standpunct gibt, von welchem betrachtet die septem et duae sedes cum terra Borza et terra de Bistriecio, wie das Hü­­gelland von hoher Alpe gesehen, in eine Ebne ver­­fließen, und eben so wünschenswerth ist es, daß die­­jenigen, welche das Sachsenland blos von dem Kirch­­thurme ihres Wohnortes zu übersehen gewohnt sind, einmal den Berg ersteigen , von dem sie das große Ganze überschauen. Wahr aber bleibt es daneben immer, daß auch ein auf particuläre Kräfte gestüßtes Gymnasium dem Ganzen dienen, und reiche und aus nationalen Cassen­­ geseßt , sie könnten den Auf­­wand bestreiten , detirte Lehranstalten auch verfallen können. Die Forderung einer Centralisirung aller Gym,

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