Transsilvania - Beiblatt zum Siebenbürger Boten, 1844 (Jahrgang 5, nr. 1-89)

1844-03-26 / nr. 25

115 Gewißheit der Nachricht, die er uns brachte, wieder­holt zu verbürgen. Auf mich machte ed den Eindruck eines großen Stichreiens, und des unbestimmten Vorgefühls eines bevorstehenden Unheils, welches Unheils konnte ich nicht sagen. I< warf einen Bli voll Unruhe auf meinen Vater, sein heiteres gelassenes Ansehen berus­tigte mich ein wenig. Begierig lauschte ich den Worten des­ Capitäns D*** wie wenn mein Schick­­sal von ihnen abgehangen hätte. Lange hatte ich mir ‚Napoleon, wie ein Unge­­thüm, einen Riesen und Kinderfresfer vorgestellt, dieß hatte zwar die Zeit geändert, aber Cody immer­­hin noch Furcht­­ genug übrig gelassen. Alles, was bösartig und abscheulich zu nennen war, verband ich mir mit diesem Namen; ich hatte Napoleon der schwärzesten Verbrechen anschuldigen hören, im meis­ten Augen war er der grausamste aller Menschen, welche je existirt hatten, kaum den Namen eines Menschen verdienend. — Und man glaube nicht, daß ich nur allein so dachte. Diese Meinung, in der ich erzogen war, theilten noch­ viele ältere und­­ jlügere Leute, als ich war, ja ich kann es unbedenke iich versichern, die Mehrzahl des englischen Volkes. Der größte Theil der Tageblätter mahlte den Kaiser der Franzosen unter den Zügen eines Dämons, die zu London im Exil lebenden Emigranten waren seine ergrimmtesten Feinde: diese und die Journale hatten der öffentlichen Meinung ihre Richtung gegeben. Nicht ohne Besorgniß sah ich daher zwei Tage später meinen Vater unsere Wohnung verlassen, um an Bord der Schiffe zu gehen,­­ welche in der Bar vor Anker lagen. Die Flotte bestand aus dem Northumberland, unter dem Kommando des Sir Georges Cockburn, welchem die Person Napoleons war anvertraut wor­­den, aus dem Havannah, Kapitän Hamilton, und mehren andern Kriegs- und Transportschiffen, auf welchen man das dreiundfünfzigste Regiment einge­­schifft hatte.­­ So lange mein Vater abwesend war, schwebten wir in größter Angst. Endlich kam er unbeschädigt zurück, und nun überhäuften wir ihn mit Fragen über den Gegenstand seines Besuches. Nun, Vater! haben sie ihn gesehen? Haben Sie ihn gesprochen ? ' Wir dachten an Niemand als an Napoleon. Mein Vater sagte uns, daß er den Kaiser nicht gesehen habe, daß er sie aber Sir Georges Cock­­burn habe vorstellen lassen, dann Madame Bertrand, Madame Montholon, und den übrigen Personen aus dem Gefolge des­ Kaisers; er sagte ferner, der Ge­­neral Bonaparte würde diesen Abend an­s Land ge­­hen, und vorläufig bei Mr. Porteus wohnen, bis Longwood zu seiner Aufnahme in Stand geseßt sein würde. Unsere Ungeduld, den berühmten Verbannten zu sehen, war so groß, daß wir beschlossen, auf der Stelle in's Thal hinabzugehen, und die Ausschiffung mit anzuschauen. — Es war fast Nacht, als wir das Ufer erreichten. Bald hernach stieß eine Barke vom Northumberland ab, und nahm ihre Richtung gegen uns hin, Wir sahen einen Mann aussteigen, und an's Land treten, dieß sei der Kaiser, sagte man uns, aber die Dunkelheit ließ seine Züge nicht uns­terscheiden. Der Mann entfernte sich, zwischen dem Admiral und dem General Bertrand gehend: er war in einen großen Ueberrock­ gehüllt; das Funkeln eines Diamantsterns auf seiner Brust war das einzige, was von Zeit zu Zeit mir in die Augen fiel. Die ganze Bevölkerung von St. Helena war herbeigelaufen, sich an dem Schauspiel zu weiden, man hätte nicht meinen sollen, daß die Insel so viele Einwohner enthielte. Der­ Zulauf wurde so groß, daß man nur mit vieler Mühe einen Durchs­gang für Napoleon bahnen konnte. Mit aufgepflanz­­ten Bajonetten mußten die Schildwachen die zu­­dringlichsten Neugierigen zurückweisen. — Napoleon war sehr verlegt von dieser unbescheidenen Neugierde wie nicht minder von dem stummen, doch achtungss­vollen Empfange, der ihm zu Theil wurde. Ich habe ihn später darüber sie äußern hören, wie sehr es ihm zuwider gewesen, daß man ihm wie einem will den Thiere nachgezogen sei. Wir kehrten noch dieselbe Nacht nach Briars zurück. Man sprach­ und träumte von Napoleon. Am andern Morgen bemerkten wir eine Kaval­ fade auf dem Fußsteige, welcher sich um den Berg herummindet, an dessen Fuß unser kleines Landhaus gelegen war, fast völlig verstecke unter einem Blät­­terdache. Von dem Punkte gesehen, wo wir uns bes­tanden, machte die Kavalkade eine malerische Wir­­kung. = Sie bestand aus fünf Reitern, wir blickten ihnen nach mit lebhaftem Interesse; bald erschienen sie uns auf einer Fläche des sonnenbeschienenen Fel­­sens, auf dessen dunkelm Hintergrunde die glänzen­­den Farben ihres Kostüms lebhaft abstachen, bald entzogen die Windungen des Weges sie unsern Bli­­den. — War Napoleon unter der Gruppe? Wir zweifelten noch daran, wir wußten son, daß man } ;

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