Typographia, 1913 (45. évfolyam, 1-52. szám)

1913-10-10 / 41. szám

Melléklet a Typographin október W-iki 4L számához. OUTENBERO DEUTSCHE BEILAGE ZUR TYPOGRAPHIA REDAKTION UND ADMINISTRATION: BUDAPEST, VIII. BEZIRK, BÉRKOCSIS-UTCA 1, MEZZANIN 4 Schiedsgerichtliche Entscheidungen Budapest, 3. September. Klage: Eine Druckerei erhebt gegen vier Hilfsarbeiter Klage, weil sie die Arbeit verweigerten und ohne Einhaltung der Kündigungsfrist austraten. Entscheidung: Über das Vorgehen der Beklagten wird die Mißbilligung ausgesprochen. — 10. September. Klage: Plötzliche Entlassung eines Maschinenmeisters. Entscheidung: Die be­klagte Firma wird verpflichtet, dem Kläger für die begonnene Arbeitswoche drei Tage und die zwei­wöchige Kündigungsfrist zu bezahlen. — Klage: Die bei einem Tageblatt notwendig gewordenen Überstunden wurden von Setzern gemacht, die bei anderer Arbeit in Verwendung stehen. Ent­scheidung. Die Klage wird mit Rücksicht auf den bisherigen Usus, der bei der beklagten Firma praktiziert wurde, abgewiesen. Die Firma wird jedoch aufmerksam gemacht, daß sie für die Folge die Überstunden, von Ausnahmsfällen abgesehen, von jenen Arbeitern machen lasse, die an der Arbeit, bei welcher die Überstunden notwendig werden, beschäftigt sind. — Klage: Abzug vom Lohne des Personals (5 K. 80 H.) für einen ver­ursachten Schaden. Bei fünf Maschinen ist keine stabile Einlegerin, hingegen sind in der Druckerei zwei Lehrmädchen. — Entscheidung: Die Klage wird — mit Ausnahme jenes Teiles, der sich auf die Einlegerin bezieht — als gegenstandslos erklärt, da die beklagte Firma dem Personal den vor­enthaltenen Lohn ausfolgte und ein Lehrmädchen entließ. Die die Einlegerin betreffende Klage wird auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung gesetzt. Győr, 24. S­eptember. Unterbreitung: Präsident gibt die Entscheidung der Landes-Tarifkommis­­sion in Angelegenheit der P.-Druckerei bekannt. Entscheidung: Das Schiedsgericht richtet in dieser Angelegenheit an die Landes-Tarifkommission eine Eingabe. — Klage : Zwei Druckereibesitzer in Tata­tó­város beschäftigen die Lehrlinge auch im Papier­geschäft und halten mehr Lehrlinge als tariflich zulässig. Entscheidung: Das Schiedsgericht, sieht die Klage nicht ,erwiesen, dessen ungeachtet werden die beklagten Prinzipale aufgefordert, die Lehrlings­­skala streng einzuhalten; schließlich werden sie darauf aufmerksam gemacht, daß die Buchdrucker­lehrlinge nur in der Druckerei beschäftigt werden dürfen. Kaposvár, 3. September. Unterbreitung: Präsi­dent meldet, daß ein Prinzipal für die Bezahlung der Ordnungsstrafe bis zum 1. Oktober Stundung begehrt. Entscheidung: Das Schiedsgericht gibt dem Gesuche statt mit der Bemerkung, daß wenn der Gesuchsteller bis zu diesem Termin den Betrag nicht erlegt, die über seine Druckerei verhängte Blockade in Kraft tritt. — Klage: Einer Arbeiterin wurde der tarifmäßige Zuschlag für das Treten an der Tiegelpresse vorenthalten. Entscheidung: Die beklagte Firma wird verhalten, der Arbeiterin den wöchentlichen Zuschlag von 2 K. — rückwirkend bis zum 1. Juni — zu bezahlen, widrigenfalls über die Firma die Blockade verhängt wird. — Klage: Ein Prinzipal beschäftigte zehn Tage lang keinen Maschinenmeister und lieferte für eine blockierte Firma Drucksorten. Entscheidung: Das Schieds­gericht weist — da die schlechte Absicht nicht er­wiesen — den ersten Teil der Klage ab, macht jedoch die Firma darauf aufmerksam, daß sie ohne Maschinenmeister nicht arbeiten lassen darf; hin­sichtlich des zweiten Teiles der Klage stellt das Schiedsgericht die Tarifverletzung fest und ver­hängt über die beklagte Firma — nebst Mißbilli­gung des tarifwidrigen Vorgehens — eine Ordnungs­strafe von 10 K. Miskolc, 4. September. Klage. Eine Firma ließ außerhalb der normalen Arbeitszeit eine nichtorga­­nisierte Einlegerin arbeiten, obwohl sie die organi­sierte Einlegerin wegen Arbeitsmangels entließ. Der eine Prinzipal, ein Nichtbuchdrucker, arbeitet an der Maschine. Der Kläger wurde, weil er gegen diese Tarif Verletzungen Einspruch erhob, ohne Kündigung entlassen. Entscheidung. Das Schieds­gericht wird den auf die Beschäftigung der nicht­­organisierten Arbeiterin bezüglichen Teil der Klage in einer späteren Sitzung verhandeln. Die Klage, wonach der Prinzipal an der Maschine arbeitet, wird auf Grund des § 22 des Tarifs abgewiesen. Schließlich wird die beklagte Firma verhalten, dem plötzlich entlassenen Kläger den auf die Kündi­gungsfrist entfallenden Lohnbetrag zu bezahlen. Das Vorgehen des Klägers dem Prinzipal gegen­über wird gerügt. — Unterbreitung: Präsident unterbreitet das Gesuch der Firma Großmann - Kapossy betreffend die Aufhebung der über sie verhängten Blockade. Entscheidung: Das Schieds­gericht wird die Blockade aufheben, wenn die genannte Firma den folgenden Punkten Genüge leistet: 1. Der Tarif muß auch seitens der neuen Firma unterschrieben werden. 2. Die schon vor langem verhängte Ordnungsstrafe von 100 K. ist sofort und auf einmal zu erlegen. 3. Die Einlegerin, die während der Dauer der Blockade im Betriebe arbeitete, ist sofort zu entlassen und kann nicht wieder beschäftigt werden. 4. Die neue Firmen­protokollierung ist in sämtlichen Miskolcer Zeitun­gen zu veröffentlichen, mit der Anmerkung, daß die neuen Chefs an sämtlichen Aktiven und Passiven der Druckereifirma gemeinsam partizi­pieren. 5. Das Schiedsgericht behält sich —in Ge­mäßheit des Beschlusses der Landes-Tarifkom­mission vom 31. Juli — auch für die Zukunft das Recht vor, sich vom tatsächlichen Bestand des Kompanieverhältnisses aus den Geschäftsbüchern oder auf anderem Wege zu überzeugen. Nagykanizsa, 24. September. Klage: Eine Zala­­egerszeger Firma respektiert eine schiedsgericht­liche Entscheidung nicht. Außerdem wurde ein neu freigesprochener Setzer entlassen. Entscheidung: Die beklagte Firma darf im Verlaufe eines Jahres für den Entlassenen keinen Ersatz aufnehmen. Im Falle die genannte Firma der früheren und bisher nicht respektierten schiedsgerichtlichen Entschei­dung binnen acht Tagen nicht Genüge leistet, wird ihre Druckerei blockiert. In einem wird die be­klagte Firma zu 8 K. Ordnungsstrafe verurteilt. VIII. Verbandstag der Buchdrucker und Schriftgießer Österreichs. Es ist ein wundersam Spiel des Zufalls, daß die deutschen wie die österreichischen Buchdrucker ihre diesjährigen Verbandstage nahezu am öst­lichsten Rande ihres Vereinsterritoriums, in ver­hältnismäßig kleinen Städten hielten: die deutschen in Danzig, die österreichischen in Krakau. Beide Städte liegen hart an der russischen Grenze, sind gründlich mit Militär vollgesteckt und von Befesti­gungswerken umringt, aus denen dem Reiche des auf unberechenbaren Wegen operierenden gemein­samen Feindes düstere Kanonenschlünde entgegen­­­­starren. Und in beiden Städten waren die Buch­drucker die ersten, die den Schwerpunkt ihres Gewerkschaftslebens auf je eine Woche hierher verlegten, ihr gesamtes Führerkorps versandten, um hier die großartige Entwicklung der Gewerk­­schaftsbewewegung zu propagieren, die mächtige Eroberungskraft des Prinzips: einer für alle, alle für einen, zu dokumentieren und von der mit der Entwicklung der Organisation im Verhältnis stehen­den praktischen Verwirklichung dieses Prinzips Zeugenschaft abzulegen. Krakau, die einstige Residenz der Könige, wird auch „Klein-Rom“ genannt. polnischen Bis vor kurzem stand Krakau vollständig unter klerikaler Herrschaft, aber heute erinnert nur mehr die große Zahl der Kirchen an die einst hier blühende Hier­archie. Mit der angeschlossenen Umgegend zählt Groß-Krakau 165.000 Einwohner und 52 Kirchen. Auf je 3173 Seelen entfällt also eine Kirche! Aber weder die große Zahl der Kirchen, noch die der Pfaffen vermochten es — trotz der eifrigsten Seel­sorge — zu verhindern, daß gelegentlich der letzten Reichsratswahlen, als die Arbeiterschaft zum ersten Male vom allgemeinen und gleichen Wahl­rechte Gebrauch machte, zwei Stadtbezirke und ein Landbezirk sozialdemokratische Abgeordnete wählen. Und am zweiten Tage der Krakauer Buch­druckertagung wählte die benachbarte Gemeinde Wieliczka — der gewesene Bezirk des Statthalters von Galizien — ebenfalls einen Sozialdemokraten, und zwar mit ansehnlicher Majorität. Selbstverständlich ist auf solchem Territorium die Partei- und Gewerkschaftsbewegung stark ent­wickelt, die Kollegen sind selbstbewußt und die Arbeitsverhältnisse sind annehmbare. Der Verbands­­tag fand im neu erbauten Parteihause statt, in welchem die Parteidruckerei, die Redaktion und Administration der Arbeiterpresse, sowie die Arbeiter­krankenkasse untergebracht sind. Koll. Pochop gedenkt in seinem Präsidialbericht unter anderem der in den verflossenen drei Jahren verstorbenen Funktionäre. Diesen Teil des Berichts hören die Delegierten stehend an. Koll. Dvorácek berichtet sodann über die drei­jährige Tätigkeit der dem Verbände angeschlossenen Vereine, welchem Berichte wir die folgenden De­tails entnehmen : Zwei Kronlandsvereine — Böhmen und Tirol — feierten in der Berichtsperiode das Jubiläum ihres fünfzigjährigen Bestandes. Der dal­matinische Verein verlegte seinen Sitz von Zara nach Spalato, weil sich in der ersteren Stadt nicht genügend solche Kollegen fanden, die die Vereins­agenden einwandfrei hätten versehen können. In finanzieller Hinsicht gestaltete sich die Lage der Vereine in der Berichtsperiode immer un­günstiger. Während in den Jahren 1910 und 1911 von 15 Vereinen jedesmal bloß einer seine Bilanz mit Defizit abschloß, welches durch die Überschüsse der übrigen reichlich ersetzt wurde, wiesen im Jahre 1912 sieben Vereine ein Defizit aus, welches den Überschuß der übrigen acht überstieg, so daß es seit dem achtzehnjährigen Bestände des Ver­bandes jetzt zum ersten Male der Fall war, daß die Summe der Gesamtausgaben die der Gesamt­einnahmen um 12.114 K. 60 H. überstieg. Der Mit­gliederstand gestaltete sich wie folgt: Anfang 1910 zählte der Verband 14.513 aktive und 343 invalide Mitglieder; Ende 1912 betrug die Zahl der aktiven Mitglieder 15.767 und die der invaliden 422. In der Berichtsperiode vermehrte sich also die Zahl der aktiven Mitglieder um 1154 (8­64%), die der invaliden Mitglieder um 79 (2303%). Die Zahl der Nichtverbandsmitglieder betrug am Ende des Jahres 1912: 541. In den drei Jahren der Berichtsperiode betrugen die Einnahmen der Vereine: an Mitglieds­beiträgen 3.720.641 K. 96 H., an Einschreibegebühren 6259 K. 20 H., an Zinsen und sonstigem Ver­mögenszuwachs 312.054 K. 61 H., diverse Ein­nahmen 188.317 K. 71 H., zusammen 4,227.273 K. 48 H., Ausgaben: an Unterstützungen 2,843.419 K. 68 H., Bildungszwecke 250.432 K. 94 H, Admi­nistration 393.855 K. 38 H., Agitation 228.927 K. 63 H., diverse Ausgaben :376.949 K. 44 H., zusam­men 4,093.603 K. 07 H., Überschuß in drei Jahren: 133.670 K. 41 H. (5’55%)­ Vermögensstand am Ende des Jahres 1912: 2.541.723 K. 11 H. Zur Erledigung der Vereins-und Organisationsangelegen­heiten wurden 6074 Sitzungen und Mitgliederver­sammlungen abgehalten. Die Mitglieder des Ver­bandsvorstandes waren in 130 Fällen, die der Kron­­lands-Vereinsleitungen in 482 Fällen delegiert. Als Organe des österreichischen Verbandes erscheinen : der deutsche „Vorwärts 1“ (erscheint wöchentlich in 13.000 Exemplaren), der tschechische „Veleslavin“ (erscheint wöchentlich in 3800 Exemplaren), der polnische „Ognisko“ (1850 Exemplare) und der italienische „Il Risveglio“ (dreimal monatlich 720 Exemplare.) Bei der obligatorischen Stellenvermitt­lung meldeten sich während der Berichtsperiode: 15.316 Setzer, 4918 Maschinenmeister und Drucker, 306 Schriftgießer, zusammen 20.540 Kondfitionslose jährliche Durchschnittsziffer: 6847. Vermittelt wur­den 13.514 Setzer, 4321 Maschinenmeister und Drucker, 278 Gießer, zusammen 18.113, im Jahres­durchschnitt: 6038 Arbeiter; außerdem wurden in kurzfristige (ein- bis dreitägige) Konditionen ver­mittelt: 4940 Setzer, 92 Maschinenmeister und 89 Gießer, zusammen 5121, jährlicher Durchschnitt: 1707 Arbeiter. Die Zahl der tariftreuen Offizinen betrug am Anfang des Jahres 1910:1171 (92-62%), die der blockierten: 98 (738%). Ende 1912 hin­gegen betrug die Zahl der tariftreuen Druckereien 1315 (93-79%), die der blockierten: ,87 (6­ 21%). Während sich also die Zahl der tariftreuen Drucke­reien in der dreijährigen Berichtsperiode um 144 vermehrte, verminderte sich die der blockierten Betriebe um 11. In Tarifangelegenheiten kamen dem Verbandsvorstand 65 Konflikte zur Kenntnis; hievon fanden 47 vollständig, 8 teilweise zugunsten und 10 zum Nachteile der beteiligten Arbeiter Er­ledigung. Die Zahl der Setzmaschinen vermehrte sich von 1910 bis 1913 in beträchtlichem Maße. Am Anfang des Jahres 1910 waren in 69 Städten im Betriebe: 242 Linotype-, 167 Typograph- und 67 Monoline-Setzmaschinen, ferner 54 Monotype-Setz­­und 34­ Gießapparate, zusammen 564; Ende 1912 in 93 Städten: 424 Linotype-, 262 Typograph- und 61 Monoline-Setzmaschinen, ferner 78 Monotype- Setz- und 55 -Gießapparate, zusammen 844. Die Zahl der Maschinen vermehrte sich also um 280­ (49-64%). Bei den Maschinen waren beschäftigt am Anfang 1910:867, am Schluß der Berichtsperiode 1274 Personen, die Zunahme beträgt somit hier 407 Personen (46'94%). Der Verbandstag beschloß, den bisherigen Ver­bandsbeitrag von 8 H. weiter beizubehalten, er­mächtigte jedoch den Verbandsvorstand, diesen Beitrag, wenn es sich als notwendig erweisen sollten, zu erhöhen. Sodann gelangten die eingelaufenen Anträge zur Verhandlung. Wegen Raummangels können wir die angenommenen Anträge bloß in gedrängter Form wiedergeben. In Österreich besteht in gewissen Fällen für die zur Aufnahme sich meldenden Kollegen die Be­dingung der ärztlichen Untersuchung. Konstatiert der Arzt, daß der Reflektant mit einer chronischen Krankheit behaftet ist, so hat dieser einen Revers zu unterschreiben, wonach er anerkennt, daß er bezüglich der bei der Aufnahme festgestellten Krankheit auf Unterstützung keinen Anspruch er­heben kann. Jetzt sprach der Verbandstag aus, daß der Revers nach einer Beitragsleistung von fünf Jahren seine Gültigkeit verliert. Es wurde ein Antrag angenommen, wonach die in den Buchdruckereien und Schriftgießereien be­schäftigten Personen, die nicht unmittelbar typo­graphische Arbeiten verrichten, künftighin als zum Beruf Gehörige zu betrachten sind.

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