Ungarische Revue 1. (Budapest, 1881)

1881 / 7-8. heft - Paul Hunfalvy: Der kumanische oder Petrarca-Codex und die Kumanen

628 DER RUMÄNISCHE ODER PETRARCA-CODEX UND DIE RUMÄNEN. Auch in den Ortsnamen finden wir kumanische Wörter, wie Kis-turgon, Nagy-turgon (Klein-Turgon, Gross-Turgon) oder Kis­szállás, Nagy-szállás (Klein-Szállás, Gross-Szállás) d. i. kleiner, grosser Standort (vom Worte tur-mak, stehen). Wenn die 1239 eingewanderten Rumänen türkisch geredet haben, so haben dies auch die um ein Jahrhundert früher herein­gekommenen Palóczen (Polovczen, russische Benennung der Ru­mänen) gethan. Die kumanische Identität der Palóczen bezeugt am klarsten unser Anonymus, indem er Árpád an den Orten, wo noch heute Palóczen wohnen, den Rumänen Ländereien geben lässt. Waren die Palóczen unzweifelhaft Rumänen, so war unbedingt auch ihre Sprache kumanisch; aber sie haben sich noch früher magyarisirt, als die Rumänen. Wenn die Rumänen und Kumano-Palóczen türkisch geredet haben, haben dies vielleicht auch die Bissenen (Petschenegen) ge­than? Dass auch die Sprache der Bissenen eine türkische gewesen, bezeugt nicht nur Anna Comnena, welche die Bissenen und Ru­mänen sehr wohl kannte und von ihnen sagt, dass sie eine Sprache gesprochen haben, sondern auch die Thatsache, dass die Bissenen und Rumänen, wo immer sie in Ungarn örtlich zusammengeriethen, weit schneller mit einander verschmolzen, als die Rumänen und Magyaren. Diese rasche Verschmelzung gewahren wir gleicherweise zwischen den Palóczo-Kumanen und Bissenen, sowie zwischen den Rumänen am Prut-Seret und den dortigen Petschenegen. Wir gewahren an der ungarischen Sprache zweierlei, zwei ver­schiedenen Zeiträumen angehörige, Einwirkungen türkischer Sprachen. Die eine derselben fällt in die Zeit vor ihrer Einwande­rung in Europa oder in die Zeit ihrer Wanderungen. Es ist möglich, dass sich den Magyaren in dieser Zeit verschiedene türkische Ele­mente angeschlossen, beziehungsweise eingefügt haben; historisch bezeugt ist blos die Verschmelzung. des Chazarenstammes der Kabarén mit den Magyaren, der sich, nach Constantinus Porphy­­rogenitus anlässlich eines inneren Zwistes zu den Magyaren (Tür­ken) flüchtete und mit ihnen vereinigte. Sie hätten, so erzählt Constantinus, die Türken (Magyaren) ihre chazarische Sprache

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