UNGARN-JAHRBUCH 1986

BESPRECHUNGEN - Zwischenkriegszeit - Tót, Pál Péter: Metszéspontok. A Turultól a Március Frontigé. (Gy. Borbándi)

BESPRECHUNGEN 285 strukturellen Konzeption des Werkes bleiben viele wichtige Vorgänge und Zusammenhänge unklar, geschehen zu viele inhaltliche Wiederholungen. Dem Anspruch auf Offenlegung der verschiedenen liberalen Konzeptionen wird allerdings genüge getan. Zur Gänze mangelhaft ist der wissenschaftliche Appa­rat; das sorgsam zusammengetragene zeitgenössische Quellenmaterial sowie die nicht allzu zahlreichen Hinweise auf die doch recht interessante Literatur hätten in einer so renommierten Reihe ein Literatur- und Sachregister wahr­lich verdient. Áron Papp München Tóth, Pál Péter: Metszéspontok. A Turultól a Márciusi Frontig [Schnittpunkte. Vom Turul bis zur März-Front]. Budapest: Akad. Kiadó 1983. 257 S. Im weiten Spektrum der ungarischen Jugendorganisationen der zwanziger und dreißiger Jahre spielte der Turul-Verband eine besondere Rolle. Der nach dem mythologischen, dem Stamme Árpád zugeschriebenen Totemtier, dem Raubvogel Turul, benannte Verein war der größte Studentenverband, dessen Gruppen sich an allen Universitäten und Hochschulen betätigten. Turul war nach dem Muster der deutschen Burschenschaften gegliedert und übernahm auch deren Sitzungsrituale. Die jeweiligen ungarischen Regierungen waren dem Turul-Verband wohlgesonnen. Er galt als studentische Stütze des in Ungarn herrschenden politischen Systems. Nationalismus, Irredenta, Auto­ritätsprinzip, Antisemitismus waren diesem Kreis nicht fremd, es gab aber auch einige sichtbare Zeichen des aufrichtigen Interesses für soziale Fragen, bo­sonders für die Lage und das Schicksal des ungarischen Bauerntums. Seit Mitte der dreißiger Jahre geriet ein Teil der Mitglieder unter den Einfluß der populistischen Schriftsteller, und daher war es verständlich, daß viele von ihnen mit der im Frühjahr 1937 gegründete März-Front sympathi­sierten. Die März-Front war die erste und vielleicht bedeutendste politische Aktion der Populisten. Vor allem in Debrecen schlössen sich viele Studenten, ja sogar hohe Funktionäre des Turul-Verbandes, der März-Front an. Zur selben Zeit aber begann sich auch die illegale Kommunistische Partei für die sich radikalisierende Jugend zu interessieren und in Debrecen gelang es ihr eine kleine, aber aktive Gruppe zu gewinnen, die bemüht war, den Po­pulismus und den Marxismus unter denselben Nenner zu bringen. Das Buch Metszéspontok von Pál Péter Tóth ist eine Darstellung der Tätigkeit dieser Debrecener Gruppe von Turul und der März-Front. Der Verf. beschreibt das studentische Leben in dieser ostungarischen Stadt, beginnend mit den Aktivitäten in den frühen zwanziger Jahren und endend mit der Geschichte der Zeitschrift Tovább, die das Organ der Debrecener März-Front war und nach zwei Nummern, im Herbst 1938, ihr Erscheinen einstellen mußte. Tóth baute seine Arbeit auf ein umfangreiches Quellenmaterial auf. Er schrieb ein leicht lesbares Buch, das nicht nur die Debrecener Studentenszene, sondern auch das damalige allgemeine politische Klima veranschaulicht. Man könnte höchstens eine gelinde Voreingenommenheit zugunsten der Kommu­nisten feststellen, indem der Verf. die Rolle dieser illegalen Partei merklich überschätzt und die Radikalisierung der Jugend zum großen Teil dem kommu-

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