Arader Zeitung, Juli-Dezember 1923 (Jahrgang 4, nr. 46-94)
1923-07-01 / nr. 46
2. Seite „Arader Zeitung“ Ba. Ma € 2 - Ich ] als Gemüsevizepräses. Die Lehrer der Stilistik behaupten, es gehe nicht an, daß man einen Aufsaß mit dem Worte: „Ich“ beginne. Dies zeige auf Stolz und Selbstüberhebung. Ich will diese Behauptung bekräftigen. Wie sollte ich aber nicht stolz und eingebildet sein, hatte mich, doch der Landwirtschaftsverein für Neugrad zum Vizepräses seiner Gemüseausstellung gewählt. Und kommt doch diese Wahl von seiner kleineren Stelle, als vom „Ausstellungskomitee !“ Und hat doch das Komitee — wie es nur auf Diesen klugen Gedanken kam — diese Stelle direkt für „mich kreiert -- wie man sagt.“ Denn keine einzige Abteilung hatte einen „Vize“, nur die Gemüseabteilung — in meiner werten Berson. Wie sollte ich daher nicht stolz sein und nicht auf das „Ich“ pochen. Irgend ein Volkswirtschaftler behauptet, daß die meisten Menschen vor ihrem vierzigsten Jahre Karriere machen. Wer mal das vierte X überschritten hat und aus ihm nichts wurde, der erreicht auch nichts im Leben. Meine Frau war derselben Meinung. „Aus allen deinen Freunden wird etwas, nur du bringst es zu nichts" = sagte sie verzweifelt. Ich war indessen mit mir zufrieden und tröstete mich mit der Volksweisheit : Wer zum Usaker geboren ist, wird kein Schnappmesser !. Nun weder der Karriermacher noch meine Frau haben recht, behatte Ich machte meine Karriere im 46. Lebensjahre. : 1 Als ich die Kunde der ehrenvollen Betrauung las, da war ich vor allem in großen Sorgen. Ob ich dem genügende Fachkenntnisse besinne, dieser wichtigen, Aufgabe zu entsprechen ? Ob das Komitee meine Unkenntnis nicht schon an der Vorberatung, wozu ich höflichst eingeladen wurde, erfinden und mich abjegen wird? Nachträglich sah ich ein, daß diese Sorge kindisch war. Soll man in unseren Wirtschaftsleben etwas bedeuten, so ist es Hauptsache, daß man zur Landwirtschaft nichts verstehe. “Ich verscheuchte nun diese Gedanken und dachte nach. — Vizepräses ! Das ist es eben, wonach ich immer strebte ! Und ich bewunderte die Klugheit des Komitees. Vizepräses ! Man hat als solcher keine Sorgen, keine Arbeit, keine Verantwortung. Diese überläst man dem Präses. : Jeder Vorwurf, jede Kritik und Schimpf lästet auf seinem N Rücken. Vize verja:" läßt man von seinem Titel das Wörtchen Vize weg und läßt sich mit dem ehrenden Namen Präses titulieren. Wie steht es aber mit der Gemüseangelegenheit ? Und ich legte mir die Sache zurecht. Seitdem Du von der Mutterbrust entwöhnt wurdest, Hast Du Gemüse gegessen. Vor allem wohl leicht verdauliches Zeug, wie Spinat . . . Doch „die Jahre fliegen pfeilgeschwind". Der Jüngling strebt nach dem altväterlichen Sauerkraut . . . als Lieblingsspeise. Mein gottseetiger Großvater sang ein Lied, in dem es hieß: ‚Sauerkraut, Sauerkraut, Du hast mich vertrieben, Sonst wär ich noch länger bei meinem Meister geblieben. Ich verstand diesem Handwerfsburfchen, nicht und nicht seine „Mentalität,“ wie ihn das Sauer traut seiner Meisterin vertreiben konnte. Ich hielt es mit dem Spruche: Sauerkraut füllt dem Bauer ‚die Haut und: Vom Sauerkraut steht's Leicl scheen. Ich lese eben, daß der Rettig auch zur Kategorie der Gemüse gehört. Nun gut Da fällt mir ein Erlebnis aus der gottseeligen Militärzeit ein. In Gran eingerückt, schickte ich meinen „Pußer“ um Rettig. Er wußte nicht, was ich will, lief aber gehorsamst und nach einer Stunde kam es meldend, daß es so etwas in der ganzen Stadt nicht gebe. Übrigens wisse er nicht, was ich da meine. Ich beschrieb ihm jett das Zeug, wie ich konnte. Da strahlte sein Gesicht und er rief auf: Ja, Radi ! Wollen wir aber den Rettig aus dem Leinton wieder erkennen, somüssen wir alle, ob wir nun zum«Gemüsekomitee gehören oder gewöhnliche Sterbliche sind, > eingestehen, daß es uns auch nicht besser ginge, als dem Pußer. Da liest man: Rettig. Pflanzengattung aus der Familie der Kruciferen. Nehmen wir nun von Band K. „Kruciferen dikoteledonische, Pflanzenfamilie aus der Ordnung der Krucifloren“. Nun blättern wir zu den Krucifloren. Das allwissende Lexikon meint: „Krucifloren Ordnung der Dikodyledonen, Abteilung der Polypetaten. Nun Band 13 : Poypetallus vielblätterig, eine Abteilung der Dicodyledonen. Ale Kruciferen, Krucifloren, Krucifix und Krucitürfen ! Ich wette, da kennt sich nicht mal der Gemüsepräses aus. . Nun noch einige Anhaltspunkte meines Wissens, Erbsen sind besser ohne, als mit Schotten. Kopfsalat. So benannt, weil die Weiber von Neuarad den Salat auf dem Kopfe tragen. Von den Bohnen. Aber lieber nicht. Was würde dis Ausschuß dazu sagen Es ist seine Kunst zu ekraten, Woi El und Paradeisapfel nicht dasselbe bedeuten. Von leßterem: fläre mich wieder + Meyers (nicht Mayers) ! Finer Eb dN auf daß "er auch Liebesapfel " heißt. „Diesen Namen verdankt die Frucht dem Dies : Glauben, daß sie zärtliche Gefühle erweckt.“ , erklärt ihre Beliebtheit. ** : Soll ich noch einige Sorten erwähnen ? : Ich glaube, die Prüfung bestanden zu haben. Selbst die Aula kann nichts gegen meine Wahl zum Vizepräses einwenden, wie man es befürchtete. Es ist nun bewiesen, daß die Wahl des Komitees keinen Unwürdigen traf. Wie es auf den famosen Gedanken kam, mögen nun andere bewundern. Ich bin meiner Sache sicher.* Es ist klar, der Gemuß des "Gemüses wirkt “belebend auf die Celebtose der Hirnzelle der Menschen.Und warum nicht in Neuarad, wo kein Braten, aber Gemüse der Neuarader es beweist.“ Kausd, umso mehr, wächst... Da sägen die Pessimisten, die‘. Dummheit sterbe nicht aus“ Im Gegenteil, die Gesicheitheit stirbt nicht aus, "wie der famose Einfall - Ich aber, der ich inmer,ein bescheidener Mensch war, der sich statt Gemüse, auch mit einer Zuspeise begnügte, bin "stolz auß“ mich, auf den Einfall, stolz auf das Komitee und stolz auf die Herren, die durch diesen Einfall die Schildbürger übertrumpft haben. 1/7 7 HE Hi 11 Zeilen beschlagnahmt kun 3 „Romania Minist. Jüßix. Direct. Gen. din Clui, 29. Mai 1923, Zahl 10596 His. 8 DR Fu Zikkularverxordgung! “ In Anbetracht höherer Interessen des Schulwesens und der Schüler der Schulen, te wir uns Sie zu bitten, sämtlichen Mittel tauten.*wie Lycxen, Gynmmasien, Bürgerund Handelsschuley!? Lehrerbildungsanstalten, welche von Ordersbrüdern oder Schulschrveitern, Gesell+ schaften und Gemeinden erhalten, werden und“ deren Unterrichtsprache, bisher viele "die rundiische Sprache war, ab 1. September 1923, im der“1. “Klasse sämtliche Gegenstände in rumänischer Unterrichtesprache vorzutragen sind; = wobei bezüglich der anderen Klassen unsere Verordnung Zahl 105/58--1923. in Kraft bleibt, im Sinne welcher die Geschichte, Geographie u. Verfassungsdichte in sämtlichen Schulen in vum. Sprache vorgetragen werden. Es ist nicht gestattet, daß. Ordensschufen, Schulen der Gesellschaften und Gemeinden im Dienste fremder Kulturen stehen. (Stempel). 5 * 13 Zeilen beschlagnahmt. Fer : Ein Freiexemplar erhält derjenige, der „uns im Lauf“ des Jahres 10 (zehn) neu“-Leser anführt. Jedem ist daher die Möglichkeit gegeben, die Zeitung umsonst zu lesen. Wegen unglücklicher Liebe in die Marosch gesprungen. ‚Bei der. Sigmundhauser . Wassermühlen ist vorgestern Abend... ein Arader Mädchen in die Marosch gesprungen, wurde jedoch von dem Fischer Karl Nagy bemerkt und noch rechtzeitig in bewußtlosem Zustand herausgezogen. Die Tat“.hat das ins Spital überführte Mädchen aus unglücklicher Liete getan. * Kirchliche Erwehnungen. Apostolischer Administrator August Pacha hat nachstehende kirchliche Ernennungen unterzeichnet: Zum Pfarrer in Neupetsch, wurde Dr Lothar Unterweger, zum Pfarrer nach Orawißa den Pfarrer aus Fächert Josef Engelhardt, zum Pfarrer nach Nadlac den Pfarrer aus Chis und Josef Lengyel, zum Pfarrer nach Neusanktpeter den bischöflichen Zeremonienmeister Dr. Koloman Juhaß, zum Leiter des Pfarramtes in Neupetsch den dortigen Kaplan Alfons Weber, zum Leiter des Pfarrramtes in Pancota den dortigen Kaplan. Josef Bosch, zum Kaplan nach Tetta wurde ernannt Martin Kilczer, bisheriger Kaplan in Neusanktanna, zum Kaplan nach Neusanktanna wurde an Stelle der Neurader Kaplan Pinter der Kaplan aus Modosch Franz Brunet und zum bischöflichen Zeremonienmeister und Notar des heiligen Stuhles wurdeder bisherige Kaplan in Neshiba Dr. Josef Waltner ernannt. Pensioniert wurde der Pfarrer Anton Solinger in Nadlac. gr Eine sächsische Volkshochschule. In Sibiu ist eine Aktion zur Errichtung einer sächsischen Volksschule im Gange. Die sächsische Blätter veröffentlichen diesbezügliche Aufrufe des Ausschusses, der sich in erster Linie an die Geldinstitute, die landwirtschaftlichen Vereine und an die evangelischen Kirchengemeinden richtet. Die Hutweidegesellschaft in Wiesenhaid Man schreibt uns aus Wiesenhaid" Am Sonntag fand in unserer Gemeinde unter dem Vor=eiß des Herrn Oberstuhlrichters die konstituierende Generalversammlung der Hutweidebesißer zur Gründung einer Hutweidegesellschaft statt. Die Gründung wurde einstimmig und mit der schriftlichen Durchführung fefer Arbeiten der deutsche Advokat Dr. Franz Neff in Neuarad betraut. Freder Kindzzich in Kreuzstätten. „Vergangene Woche verübten Räuber in der Gemeineinde Kreuzstätten einen frechen Einbruch. In der Nacht drangen sie durch das Hoffenster in die Wohnung des dortigen Insassen Johann Gantner und raubten die gesamte Wäsche, dann Kleider und Bettzeug... Der Familie Gantner sind eben mur die Kleider geblieben, die sie den Tag vorher bei der Geldarbeit anhatten. Den Einbruch sollen Zigeuner verübt haben. Neuarad und ein modernes Kino ! Wie die „Tem. Zig.“ schreibt, hat die Timiroara- Temeichburger Firma I. Vasil & Cie das Aradumou-Neuarader Pinotheater käuflich erworben und beabsichtigt im Feengarten ein modernes Kino zu errichten. * Bukarester Generalpostdirektion Der Postpacketverkehr wurde wie die mitteilt für alle Länder aufgenommen, so daß man nun selbst für Rußland, Deutschland, Polen und alle andere Staaten bei jeder Post Packete aufgeben kann. * "Journalistenkongress in Arad. Am 7. und 8. d. M. findet in Arad ein Kongreß der Zeitungsschreiber statt, welcher nach Erledigung des "amtlichen Teiles mit einem großartigen Parkfest . »Lasgens "Suil Kauf der Zeit erfunden ai, ©. >. 25, 12070: " 52 Transport-Zeitung« (L.-T.Z.) fiel uns besonders bei der hiesigen Mannschaft und Industriellen ein neues Berliner Blatt auf, welches sich schlicht „L.T.-Z.“ nennt „Lassensdiefer Zeitung, der in ganz Europa verbreiteten 65 Carl Lassen'schen Spedition 8-Filialen “ gratis zugesendet. Nachdem hier in Arad selbst eine Filiale Carl Lassens ist, und selbe sich unter guter Leitung in der kurzen Zeit von kaum 2 3 Jahren, troß der großen Konkurrenz an erste Stelle geschwungen hat, ‚ transport, und sich erst bei näherer Durchsicht als Transport-Zeitung“ entpuppte. Die erste Nummer welche vorläufig noch Kleinformat ist, ersschien am 5. Juni und wurde alten Kunden so ist es leicht erklärlich, weshalb man die neue Zeitschrift Lassens fast im jedem Geschäfte finden kann. Die Zeitung bringt alle Änderungen in Gütersowie Nachrichten der wesentlichsten Verkehrs-, Frachttarif-, Zolund Devisenfragen aller europäischen Staaten, so daß sie im Laufe der Zeit auf diesem Gebiet für jeden ihrer Leser ein willkommener Ratgeber ist. . . Grosse Hitzwelle in Amerika. Über Amerika ist eine Hitzwelle hereingebrochen, die die Tage zum heissesten Tag der letzten 20 Jahren machte. Kopfschmerzen und Schwindel sind sehr „oft Folgen unregelmässiger Tätigkeit der Gedärme und verschwinden sofort bei Regelung der Stuhlgänge durch Kopros das ideale, wohlschmeckende Abführmittel..(3) Das Gedächtnis eines 2 jährigen Kindes. Die „Tem. Ztg.“ schreibt : Samstag ist das M6-jährige Söhnchen eines Timifeara-Temeschburger Hausmeisters verschwunden und wurde vorabends gegebens mit Hilfe der Polizei bis spät sucht. Abends um 10 Uhr als man schon für den Tag die Hoffnung aufgegeben hatte und die armen Eltern unter verschiedenen Vermutungen weinten, blieb ein Wagen vor dem Hause stehen, aus welchem ein Herr mit dem geechten Kinde am Arm abstieg. Der Herr erzählte, daß er in der Nähe des Fabrikstädter Bahnhofes dem Kinde begegnete, als dieses ruhig entlang des Geleites spaziert. . Es fiel ihm sofort auf, wohin das winzige Menschlein so spät abends allein spaziert ; er fragte das Kind und dieses gab sogleich die kluge Antwort: „Ich kann nicht nach Hause finden, isch bin verirrt“. "Wo wohnst du kleiner? fragte ihn der Herr. Worauf das Kind die präzise Antwort gab: in der inneren Stadt, Hunyadigasse 2. Auf diese Art gelangte es nach Hause. Wie es sich später heraus..