Textil, 1930 (10. évfolyam, 1-26. szám) - Magyar Textiltechnologusok Lapja, 1930 (11. évfolyam, 1-10. szám)

1930-01-04 / 1. szám

lt> TEXTIL 4. Januar 1930- DIE ENGLISCHE KUNSTBAUMWOLLE UND DIE ERSATZPFLANZE DER DEUTSCHEN Von Géza Havass, Direktor der kön. ungarischen Alfölder Landwirtschaftlichen Anstalt. (Fortsetzung) Wenn die einzelnen Staaten in der Zukunft dieses vollkom­mene Ersatzmittel selbst erzeugen können, so machen sie sich von der amerikanischen Baumwolle unabhängig und die für diesen Artikel hinausgeführten Goldwerte bleiben im Lande. Die oben geschilderte Beschreibung gebe ich aus der mit Bildern illustrierten Broschüre der englischen Unternehmung wieder, doch kann ich nicht umhin im öffentlichen Interesse auch meine Bemerkungen und meine Meinung im folgenden die­sen Mitteilungen anzuschliessen. Eine und die andere Mitteilung der Broschüre hat in mir Zweifel an der Realität und Stichhaltigkeit erweckt und auch der wirkliche Zweck des Unternehmens geht nicht klar hervor. Die angeblich durch Kreuzung von 85 Pflanzenarten hervorge­brachte neue Textilpflanze ist so ein Wundergewächs, das in allen fünf Weltteilen, trotz verschiedenem Klima und Boden überall gut gedeiht, bei 3—6 monatiger Pflanzungsdauer zwei-dreimal geerntet werden kann und pro Katastraljoch 5.5—11 q Fasern bringt und mit Nutzen angebaut werden kann. Wenn es der Wahr­heit entspricht, dass so eine Wunderpflanze existiert die nur in 6—8 Jahre Dünger braucht, so ist die obige Fasermenge annehm­bar. An der Existenz einer solchen Pflanze, mit diesen Fähig­keiten und diesem Ertrage zweifle aber ich und jeder fach­kundige Botaniker, der sich mit Pflanzenveredlung befasst, es sei denn, dass man diese Pflanze unter den günstigsten Bedingungen unter den Tropen anbaut. Dieser Zweifel wird durch die folgen­den Berechnungen bestärkt; Die neue Faserliefernde Textilpflanze, die dem Flachs, oder dem Hanfstengel ähnlich sein muss, treibt in England einen 150, unter den Tropen aber einen 180 cm hohen Stengel. Jeder Sten­gel, der in einer Distanz von je drei Meter von dem anderen entfernt steht treibt 10 Äste. Auf je einen Quadratmeter entfällt je ein Stengel. Auf einem Katastraljoch mit 5755 Quadratmeter sind also rund 6000 Stengel möglich. Dies erhöht sich in England bei zweimaliger Fechsung auf 12.000 unter den Tropen auf noch mehr. Wenn wir jetzt in Betracht ziehen, dass bei Pflanzung von Hanf auf ein Quadratmeter 200, auf ein Katastraljoch 1.200.000 je zwei Meter hohe Stengel entfallen und aus dem durch­schnittlich 10 q Stengeln bei 17% Fasergehalt cca 7 q Faser ge­wonnen werden können, wo also der Hanfstengelertrag die Sten­­gelmenge der Kunstbaumwolle hundertfach übersteigt, so muss die aus der letzteren gewinnbare 11 q Fasermenge mit der mög­lichst grössten Skepsis aufgenommen werden. Nun kann es mir ausser den Interessierten niemand verargen, wenn ich die neue englische Kustbaumwolle kritisiere, zumal auch der Name dieser geheimen Pflanze uns nicht bekannt ist und man muss also verstehen, wenn ich unter diesen Umständen, dass ich überhaupt die Existenz dieser baumwollersetzenden Tex­tilpflanze bezweifle, die geeignet wäre „Cotton the King“ vom hohen Throne herabzustossen. Nach den Engländern wollten auch die Deutschen bei Entde­ckung der Baumwollersatzpflanze nicht Zurückbleiben, wie wir sehen werden. Die Deutschen befolgen reale Wege und machen aus ihrer Entdeckung kein Geheimnis, da sie sehr gut wissen, dass die Entdeckung einer vorhandenen Pflanze, die einem gemein­­nützlichen Zweck in den Dienst gestellt werden kann, unter keinen Umständen das Geheimnis einer Nation bleiben wird oder gar zum Monopol werden kann. Der ganzen Menschheit wird so eine Pflanze nur dienen können, wenn sie an verschiedenen Stel­len ausgeprobt wird und dort je mehr zur Verbreitung gelangt, wo sie stich am besten bewährt hat. Die Baumwollersatzpflanze der Deutschen ist nichts anderes, als die in unseren Gärten als Zierpflanze bekannte Yucca fila­­mentosa. Die Heimat dieser Pflanze ist Carolina, Virginien und Mexico in Nordamerika. Die weiasen, zähen feinen Fasern liefern die aus dem Wurzelstamm strauchartig wachsenden breiten 40—50 cm langen Blätter, welche Fasern schon früher zu Be­kleidungszwecken gebraucht wurden. Zwischen den Blättern wächst der Meterhohe Stengel und auf diesem sitzen die glocke­förmigen weissen Blüten. In Ermangelung der Insekten, die die Befruchtung bewerkstelligen könnten, wird dieser Prozess in künstlicher Weise vorgenonunen. In Bezug auf den Boden ist diese Pflanze nicht sehr wählerisch, bevorzugt aber doch den lo­ckeren nicht feuchten und nicht sehr kalkigen Sandboden. Da diese Pflanze widerstandfähig gegen Kälte ist, kann sie unter ge­mässigter Zone auch gut gedeihen. Die Deutschen behaupten, dass es ihnen durch Kreuzungen gelungen ist eine Variante hervorzu­bringen, die bedeutend längere Blätter hat, also einen grösseren Faseretrag sichert, als die Stammpflanze. Da von jeder Pflanze mehrere Hundert Blätter gewannen werden können, ist der Faser­ertrag pro Katastraljoch ungefähr so gross, wie beim Hanf. Da die weissen, glänzenden und zähen Fasern mit Hilfe gewisser chemischer und mechanischer Prozesse weich und geschmeidig gemacht werden können, wie die Baumwolle und ausserdem gut und dauerhaft färbbar sind, eignen sie sirh zum Ersatz der Baum­wolle sehr gut. Wenn es den Deutschen tatsächlich gelungen ist, die spröden Fasern der Yucca filamentosa durch ein chemisch-mechanisches Verfahren weich und der Baumwolle ähnlich zu machen, so ist zu glauben, dass diese sich in der Textilindustrie als Ersatzmittel der Baumwolle bewähren werden, da die weisse Farbe, Zähig­keit, Glanz und Feinheit, der Faser die ihr bei den Engländern den Namen „silk grass“ eintrug sie sonst dazu befähigen. DIE NOTWENDIGKEIT EINER ORGANISCHEN ENTWICKLUNG IN DER UNGARISCHEN TEXTILINDUSTRIE Von Dr. Otto Schiller, Generalsekretär des Landesverbandes Ungarischer Textilindustriellen. Die für unsere Verhältnisse sprunghafte Entwicklung, die seit 1921 in der ungarischen Textilindustrie zu beobachten war, kam seit 1927 zum Stillstand. Neue Betriebe oder Betriebs -C- weiterungen kamen in den beiden letzten Jahren nur in einzelnen Industriezweigen (Baumwollspinnerei, Seidenweberei, Kotton-Strumpffabrikation) vor, die allgemeine expansive Ent­wicklung hat alter aufgehört. Die Einfuhr an Textilmaschinen weist im Jahre 1929 einen Rückgang von 30 Prozent auf. Nach­dem aber die jährliche Einfuhr an Textilhalbfabrikaten und Fer­tigwaren immer noch etwa 300 Millionen Pengő beträgt — eine sehr bedeutende Summe sowohl gemessen am Werte der Pro­duktion unserer Textilindustrie, als auch vom Gesichtspunkte der Handelsbilanz , so drängt sich mit Recht die Frage auf. auf welche Gründe der Stillstand der Entwicklung in der Textil­­iadustri« /«rückgeführt werde« La»«. ! Die eine Ursache liegt zweifellos in der allgemein ungünsti­gen Lage der Weltwirtschaft und in den Kredit6chwierigkeiteu fast aller europäischer Länder. Die herrschende wirtschaftliche Depression begünstigt keine neue Unternehmung und regt zu keinen Neuinvestitionen an. Die disponiblen Kapitalien suchen Anlagemöglichkeiten, die auch im internationalen Sinne eine be­sondere Anziehungskraft besitzen. Der ungarische Markt besitzt aber gegenwärtig keine solche Anziehungskraft. Ein zweiter Um­stand, der auf die Entwicklung unserer Textilindustrie zurück­wirkt, ist die Änderung der ungarischen Handelspolitik seit 1924. Die entschiedene Industrieförderungskonzeption, die in dem autonomen Zolltarif im Jahre 1924 zum Ausdruck kam und die auch das Auslandkapital zweifellos in erheblichem Masse zur Be­teiligung an Textilindustrieunternehmungen stimulierte, hat viel von der ursprünglichen Zielsicherheit und Konsequenz verloren.

Next