Banater Deutsche Zeitung, April 1925 (Jahrgang 7, nr. 87-97)

1925-04-17 / nr. 87

MY>CHhy Schriftleitung und Verwaltung: Temeßvar, 1., Denised Haus, Telephon 14-18, Dewadiystehungen u. Anzeigen Übernimmt die Verwaltung Temeßvar, 1., Deutsches Haus, jeder Zeitungsver­­s­leiß und Anzeigenvermittlung des In- u. Auslandes, Erscheint mit neben der Sonn- u. Feiertage täglic 3 Uhr nachmittags. Preis 3 ) Lei / ie “+ EIN a Timișoara, Temesvar, Freitag, den 17. Juni 1925 - - Bezugspreis: Für das Inland: ganzjährig 720 Lei, halbjährig 360 Lei, vierteljährig 180 Lei und monatlic­h 60 Lei In Temesvar für Zustelung um 10 Lei mehr. Für das Unsland: ganzjährig 1329 Lei, monatlic 110 Lei. Für Amerika ganzjährig 7 Dear. Einzelne Nummer 3 Lei. Banditenüberfall auf den bulgarischen König TEEN — der König glücklich davongekommen — Freidentaumel in ganz Bulgarien Sofia, 15. April. Ueber den Kampf, den der bul­­garische König mit den Banditen bestanden hat, werden noch folgende Einzelheiten gemeldet: Der König fuhr Dienstag vormittags im Auto­­mobil von Orchal­i nach Sofia. Auf dem Automobil­­ befanden sich außer dem König noch Rittmeister T­o­­mato, IJlc3eff, ein junger Naturforscher, ein Hof­­jäger und der Chauffeur. Dem Automobil folgte ein Autobus nach. Bei einer Straßenbiegung fielen plökßlich von beiden Seiten Gewehrschüsse auf das königliche Ge­­fährt. Die Banditen trafen zuerst den Hofjäger, der auf der Stelle starb, dann wurde der Autolenker von einer Kugel verlegt, so daß er­ das Steuerrad nicht mehr bedienen konnte. Als der König dies gewahr wurde, griff er selbst «ARN Steuer, doch kaum. dH hatte­ er­ dasselbe gefaßt, als.. Chauffeur aufraffte, das Steuerrad herum- -­­ sich riß, worauf das Automobil an einen Baum anfuhr und zerscheslte. Der König flog mit seinen Begleitern im Bogen heraus, doch standen sie sofort auf den Füßen, rissen Revolver heraus und erwiderten das Quer der Banditen. I­nzwischen hatte auch der Autobus die Ueber­­fallstätte erreicht, dessen Insassen den Kampf mit den fliehenden Banditen ebenfalls gleich aufnahmen. Der König fuhr mit dem Autobus nach Orchalni zurück, dessen 30 Mann starke Garnison mit dem Kraftwagen zur Verfolgung der Wegelagerer zur Unglücksstätte gebracht wurde.­­ Während der Autobus mit dem König nach Or­ <alni zurückfuhr, kehrten die Banditen zur Ueber­­fallsstelle zurüc, ermordeten den jungen Gelehrten­­ und raubten ihn und das Automovil total aus. Der König kam später in Sofia unversehrt an. In der Sobranje wurden ihm große Ovationen be­­reitet und Ministerpräsident Bericht besonders die bewiesene und Tapferkeit des Königs hervor. Geistesgegenwart Sofia, 15. April. Nach einem­­ Dankgottesdienst fand ein beispiellos großer Huldigungsumzug statt, in dem Tausende aller Volksklassen an dem königlichen Palais vorbeimarschierten. An der Spitze des Zuges gingen der Ministerpräsident mit sämtlichen nettomitgliedern und dem Kammerpräsidium. Kabt. Der­­ König nahm die Huldigung­ in PAR Balkon stehend entgegen. "An der Stadt herrscht Aber­ des Königs ein wahrer Freuden­­ämter, Schulen und Geschäfte sind zum Zeichen der Freude alle geschlossen. Zur Verfolgung der aus, 56 Agrarkommunisten 'bestehenden Räuberbande wurde eine große Truppen­­anzahl aufgeboten. Ermordung eines bulgarischen Generals Sofia, 15. April. Gestern abends wurde General a D. Konstantin Georgier, Sobranjeabgeordneter, ein bedeutendes Mitglied der­ Regierungspartei und ge­­wesener Generalstabschef von unbekannten Attentätern durch drei Revolverschüsse ermordet, -­anksov hob in seinem­ Atikettische Nottuna umel. Die Stats. Bainleve designierter Ministerpräsident Die Ministerliste — Herriot soll unter Anklage gestellt werden? Paris, 15. April. Die Krise der Kabinettsbil­­dung dauert an. Briand teilte dem Präsidenten abends 6 Uhr seine Ablehnung mit. Er ist noch ganz unbestimmt, wen der Präsident nunmehr berufen wird.­­Es wurde von einer Betrauung des Senators “Rene Renault gesprochen. Aber auch Painle­­v­es Namen wurde neuerdings genannt. Paris, 15. April. Nachdem Briand den Präsiden­­ten verlassen hatte, berief dieser Painleve zu sich und forderte ihn auf, die Kabinettsbildung zu über­­"E99: Painleve antwortete, daß er alles versuchen werde, um die Krise zu beseitigen. Doch müsse er vor­­her mit seinen Freunden Darüber beraten. Ex ver­­sprach, den Präsidenten über das Ergebnis dieser Besprechungen noch im Laufe des Vormittags zu be­­richten. Baris, 15. April. Painleve hat mit der Bil­­dung des Kabinetts begonnen. Nachmittag erstattete er dem Präsidenten über den Stand seiner Bemühun­­gen Bericht. Vor Zeitungsberichterstattern­ erklärte Pain- Leve, daß er bis abends 10 Uhr dem Präsidenten über das Ergebnis seiner Versuche berichten werde können. Bis dahin werde er auch eine Liste des neuen Kabinetts vorzeigen können. Paris, 15. April. Die sozialistischen Gruppen ha­­ben sich dahin erklärt, daß sie bereit sind, eine Regie­­rung Painleve zu unterfrügen. Paris, 15. April. Die neue Regierung wird sich reg aus folgenden Mitgliedern BREMEN: eten: Ministerpräsidiun: Painleve; Minister des Aeußeren: Herriot; Finanzminister: Caillaux. Außer diesen dürften Briand und die Senato- Lathen­arrout und Schramod Portefeuilles exh­alten. Caillaux hat im Laufe des Tages und auch während der Nacht lange Beratungen mit Painleve gepflogen. Paris, 15. April. Hauptschriftleiter Taitin­­ger, ein erbitterter Gegner Herriots­, fordert im „Journal“, daß der Ministerpräsident wegen der ge­­iegwidrigen Emission von Banknoten unter Anklage gestellt werden solle. ‚Die Konferenz der Nachfolgerstaaten wurde von den Großmächten angeregt Wien, 15. April. Die von Seipel in Graz beim Landeskongreß der cristlichsozialen Partei gehaltene Rede, in welcher er erwähnte, daß die europäischen Großmächte schon vor Wochen eine M Wirtschaftskonferenz der Nachfolgerstaaten gemeinsame angeregt hätten, wird von der österreichischen Presse und zahl­­reichen ausländischen Blättern als eine Zusammen­­berufung der bevorstehenden Wirtschatstonierunz­ der Donaustaaten ausgelegt. 1­3­­, 5 a Der Wiener Berichterstatter des „Magyarorpag“ erfährt, daß das Programm bis zur Sitzungss­ession des Völkerbundes im Juni ausgearbeitet werden könnte, welches einer Wirtschaftskonferenz als Ein­­berufungsbasis dienen könnte. In diesem Falle könnte der Völkerbund selbst die Initiative ergreifen. Wahrscheinlich werden hervorgeholt, nach denen wie die früheren Vorschläge Nachfolgerstaaten 19 Zollermäßigungen gewähren sollen, die für übrige Ausland keine Geltung haben, und en mögen, ihre Valuten und die Zarije . VON NENNT auszugleichen. RN wie 4 Nr. 87 Europa in Sorgen Regierungswechsel in Frankreich . Kandidation Hindenburgs Die wichtigsten Ereignisse der heutigen Europa­­politik, wohl auch der Weltpolitik, sind der Sturz Herriots und die Kandidierung des Feldmar­­schalls Hindenburg zum Reichspräsi­denten. Die Regierungen in Frankreich sind zwar all­­gemein kurzlebig. Seit dem Halbjahrhundert der dritten Republik war in Herrem­ts Kabinett die siebzigste Regierung. Da aber Frankreich stets mehrere Garnituren regierungsfähiger Männer hat, findet sich bald jemand, der aus den vielen und schwer zu unterscheidenden Parteien sich einen Mehrheitsblog zusammenstellt. Eine einheitliche Mehrheitspartei gibts schon längst nicht, denn Das allgemeine Wahlrecht führt überall zur Zersplitte­­rung,­­ wenn man nicht nach Balkanmethoden Wahlen macht. Der Sturz Herriots wäre also an und für sich keine Sensation, zumal er nicht unerwartet kam. Aber die Ursachen und eventuellen Folgen dieser Regierungswechseln, machen ihn zum besorgniserre­­genden Ereignisse der europäischen Politik und des­­ Weltfriedens.­ Wenn man zurückdenkt an den schon "freundschaftlich zu nennenden Verkehr der französi­­schen und englischen mit den deutschen Vertretern während der Londoner Konferenz, und damit die heu­­­­­tige Lage vergleicht, hat man das schmerzliche Emp­­finden eines bedeutenden Rückfalles in den Friedens­­­bestrebungen Europas. Ein Stimmung­swe­c­sel begann schon mit dem Sturze Macdonald, als dessen konservative Nachfolger die Unterschrift des Genfer Protokolles verweigerten. Denn die vorherige Friedensstimmung beruhte auf zwei Grundpfeilern. Der eine war die Entpolitisierung der Reparationsfragen und des­sen wirtschaftliche Lösung auf Grund des Damwes- Programmes. Der zweite ebenso wichtige Grundpfei­­ler war die Beruhigung des französischen Volkes­­ hinsichtlich eines deutschen Revanchekrieges durch den Genfer Garantie-Pakt. Denn das Ver­­nichtungsstreben Poincarés8 gegen Deutschland ent­­sprang ja auch nicht bloß seinem Hasse, sondern mehr no< seiner und seines ganzen Volkes Furcht vor­­ deutscher Vergeltung. In dem Momente, als England sich weigerte, das Risiko der Friedensgarantie zu vernehmen, ist der zweite Pfeiler gebrochen, das Friedensgebäude und auch die Position Herriots sind wankend geworden. Sofort kamen aus Frankreich­­ wieder feindselige Worte über den Rhein, Herriot selbst hielt eine Rede ganz ähnlich den Proincares8, Alarmnachrichten über geheime Hebreden Kriegs­­rüstungen­­ Deutschlands schwirrten in der Luft. Die­­ Räumung der Kölner Zone wurde mit Vertragsbruch verschoben; England willführte dabei den französi­­schen Wünschen, um den schlechten Eindruck seines Ab­­schwenkenss vom Genfer Pakte zu mildern. Deutschland, welches eben begann, neu auf­­zuleben und sich hoffnungsvoll zu entwickeln, sah mit Besorgnis diese ungünstige Wendung, deren Angel­­punkt in der neuerwachten Angst und dem Unsicher­­heitsgefühle der Franzosen leicht zu erkennen war­ . Die deutsche Regierung faßte deshalb den schweren Entschluß, seinen Ansprüchen auf Elsaß-Lothringen selbst zu entsagen und den Franzosen selbst ein G­a­­rantie-Angebot zu machen. England natürlich sah dies, gerne; er wurde ja dadurch entlastet. Auch Frankreich hätte mit beiden Händern darnach greifen müssen. Aber die politische Atmosphäre war inzwischen schon verpestet. Das Angstgefühl und Miß­­trauen der Franzosen war durch Poincaré und Mil­­lerand wieder aufgestachelt worden. Das Erstarken der rechtsnationalen Parteien in Deutschland und­­ einige politisch unklugen A­ußerungen derselben ha­­ben ihnen zu dieser Wahlarbeit erwünschte Schein­­gründe an die Hand gegeben. Da kam nun noch die Kandidierung Hinde­m­b­ur 98 zur Reichspräsidentschaft, welche nicht nur .

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