Banater Deutsche Zeitung, August 1927 (Jahrgang 9, nr. 170-194)

1927-08-02 / nr. 170

Dienstag, den 2. August 1927 „Banater Deutsche Zeitung" Die Schreibenstage, in Palästina Ein erschütternder Bericht über das Erdbeben Das Deutsche Ausland-Institut erhält unter dem 12. Juli von seinem Korrespondenten in Jer­usa­­­lem den nachfolgenden Bericht aus Lande, dem "Jerusalem und ganz Palästina wurde von einem starken Erdbeben heimgesucht. Ein unter­­irdischer Donner erschütterte plößlich die ganze Stadt die Häuser wankten und­­ hatte zuerst das Gefühl, als ob ein plöß­­lich entstandener Wirbelwind das Dach mitsamt dem Hause in die Höhe reißen wolle. Alle Dachziegeln klapperten, die Türen zit­­terten, Bücher fielen um und verschiedene andere Ge­­genstände stürzten auf den Boden, der einem unter den Füßen fortzulaufen schien. Es war kein Zweifel, das war ein Erdbeben, und zwar ein Erdbeben, wie erlebt hatte. Die ganze Bewegung mitsamt dem volonner­­artigen Geräusch, als ob alle Trockenm­auern Jerusalems einstürzten, dauerte kaum 10 Se­­kunden und doch erschien es mir, als ob 18 Mi­­nuten gewesen wären. Alles stürzte ins Freie und schrie vor Entsehen und Schrecken. Der Schaden, den das Erdbeben angerichtet, war groß. Mehrere Häuser in und außer­­halb der Stadt stürzten ein und begruben im Falle ihre Bewohner unter Schutt und Staub. Hunderte von Häusern erlitten starke Beschädi­­gungen und mußten verlassen werden, da sie einzu­­fallen drohen. Man begab sich rasch an die Arbeit, um den Verschütteten zu helfen und bald brachte man die ersten Verwundeten in die Spitäler. Bis zum Abend konnte man den Schaden in der Stadt ungefähr überschauen. Am größten war die Verheerung auf dem Oel­­berge, wo mehrere Häuser einstürzten und drei Perso­­nen getötet wurden Das Minarett in der Nähe der Himmelfahrtsstelle fiel zusammen, die jüdische Universität war schlimm mitgenommen. Jüdische Nachrichten geben den Sachschaden auf 3900 Pfund an. Doch am schlimmsten erging es der Augusta-Viktoria-Stiftung­ auf dem Oelberg.Fast kein Raum, der nicht stark beschädigt wäre. Mauern und Giebel stürzten ein und in den Wänden klaffen große Risse. Besonders die­­ Kirche und der Turm sind sehr stark beschädigt. Der Turm droht einzustürzen und wird wohl abgetragen werden müssen. Eine russische­ Arbeiterin, die in der Stiftung angestellt war, wurde von den herabfallen­­den Steinen erschlagen. Schweren Schaden sollen auch die Karmeliterinnen in der­ Nähe des Paternoster-Heiligtums erlitten haben. In der Stadt selbst wurden unter anderem auch O­ma­rm­o­s<e­e und der Griechen-Chor­ an der Grabeskirce beschädigt. Auch im­­ lateinischen Patriarchate verursachte das Erdbeben nicht geringen Schaden. I­ In der Deutschen Kolonie erlitten eben­­falls, mehrere­ Häuser, starke Beschädigungen. Die Dormitio auf dem Berge Sion blieb unbeschä­­digt. Dagegen zeigten sich im St. Paulusho­­sp­iz am Damas­kustor in den Gewölben des großen­­ Speisesaalen der ganzen Länge entlang kleine Risse und in den Bogengängen fiel Ver­­puch herab und sind die Risse im Ver­puß größer. Der Neubau auf dem Nebengebäude des Hospizes im Garten desselben blieb unbeschädigt, nur eine Trockkenkammer im Garten fiel unter großem Gepolter um­. Der Schaden in der Mädchenschule des Deutschen Vereins vom Heiligen Lande ist etwas er­­heblicher. Doch beschränkt er sich auch meistens auf Risse und Sprünge im Verpuß; einige nachträglich eingefegte Wände waren stärker beschädigt. Wesent­­licher Bauschaden ist aber keiner entstanden.­­ Heute liefen aus der weiteren Umgebung von­ Jerusalem traurigere Nachrichten ein. In Ramleh wurden 12 Personen begraben oder erschlagen und 25 verletzt, in Lydda zählte man 30 Tote und 70 Verwundete. Den stärksten Stoß erlitt Nablus, das alte Sichem, alt vie halbe Stadt ist zerstört oder beschädigt. Alle Bewohner lagern im Freien. Bis jetzt hat man 60 Tote aus den Trümmern hervorgeholt und über 250 Verwundete. Doch liegen noch viele unter den Trümmern begraben und man ar­­beitet ununterbrochen an der Rettung der Ber­­schütteten und Bergung der Toten, grub In Jericho stürzte das neue Hotel ein und die­­drei Touristen unter seinen Trümmern, wäh­­rend viele andere verlegt wurden. Nur wenig verspürte man von dem Erdbeben in Jaffa, Tel Aviv und Haifa. Aus dem Ostjordan­­lande liefen aber soeben böse Nachrichten ein über die Schäden in Amman und Essalt. Die Panik in der Stadt war so groß, zumal schon bald die Lage ging, daß auf den ersten Stoß im Laufe von 12 bis 24 Stunden ein zweiter folgen würde. Deshalb lagerten viele Tausende die Nacht hindurch im Freien, um sich gegen den zweiten Stoß zu schüßen. Noch um 11 Uhr nachts erschienen am Tore der Mädchenschule des Deutschen Vereins vom Heili­­gen Lande Eltern, um ihre Kinder zu holen. Ein Te­­legramm sei aus Kairo­ gekom­men, worin stände, daß um 12 Uhr nachts ein neues Erdbeben erfolgen würde. Um sie zu beruhigen, übergab man ihnen die Kinder. Durch den Lärm am Tore waren aber alle wach geworden, und seines wollte nunmehr im Bette bleiben. Man ließ sie deshalb in den Garten gehen, wo sie in ihre Decken­­ eingehüllt, bis 12 Uhr Mitter­­nacht saßen. E83 schlug 12, aber nichts geschah. Ein Viertel nach 12 sagte jemand: „In bin schläfrig, es kommt ja doch nicht.“ Alle stimmten bei und gingen etwas­ beruhigt wieder zu Betten­­. Seit dem lebten starken , Erdbeben im Jahr­ 1836, welches Safed und Tiberias verwüstete, haß man ein solches Erdbeben nicht mehr erlebt wie das letzte. Doch während sich das Erdbeben von 1836 auf einen kleinen Umkreis beschränkte, erstreckte sich Der jetzige über ganz Palästina. und. weit "hinaus über seine Grenzen. | In De Re "" ih in 3 . Jerusalem noch keines Heiligen ZEE) die VE TEE EEE TITTEN ESTER en R AI EI Dann ists noch nicht ganz fünf geworden, und schon wieder geht­ zum offenen Fabrikstor hinaus. Ruhig ziehen die Pferde die schivere Last. Bei der nächsten Straßenkreuzung muß er nach links einbie­­gen. Schon ist er ihr nahe. Da­n — wars das Ver­­hängnis? Ein schwarzer Schatten flitzt bliefschnell an seinen Augen vorbei.­­ Im nächsten Moment bäumen sich die Pferde wie gegen eine unsichtbare Macht auf. Fauchend stoßen sie die heiße Luft ihrer Lungen aus den Nüstern... Der Mann springt vom Wagen. Er will seine braven Tiere beruhigen. Er ruft sie bei ihren Namen und streichelt sie. Dann fällt er zusammen. „Er ächzt und stöhnt. Sein Gesicht ist freidemeiß. Leute eilen herbei. Der Mann klagt über Schmer­­zen im Fuß. Das Schienbein... Dann dient eine­­ Latte als Schiene. Ein Wagen wird geholt. Dessen­ Station ist ein nahe gelegenes Sanatorium. Von dort läßt der fremde Mann sein Weib wis­­sen, daß er zur beabsichtiaren Zeit doch nicht nach Hause kommen konnte. Sein Schienbein sei gebro­­ten. Die Pferde scheuten vor einem Auto genannten Teufelskarren. Er wollte sie zügeln und besänftigen. Da holte das eine zum Schlage aus. Und dieser Schlag galt seinem Schienbein. Lauern nicht unsichtbare Mächte bei jedem Schritt und Tritt des Menschen, ihm einen Fuß zu stellen? ihn zu vernichten? III. Ein neunzehnjähriges Mädchen. Lachend und singend obliegt es seiner eintönigen Pflicht als Mädchen für alles. Der Herr ist grau. Die Frau Om kürzlich operiert und bedarf nur leichter Spei­­en. . — Kochen sie mir noch etwas Brei, Grete! Falls sie aber kein Feuer mehr haben, muß es nicht sein. Der Pflichteifer heischt das junge Wesen, nach dem Schnellsieder zu greifen. DIE Gespenstisch züngelt die bläuliche Flamme aus dem kleinen Kessel des Höllenapparates empor. Doch scheint er, als ob sie versiegen wolle. Der Küchen­­Kr steht offen. Ihm entnimmt das Mädchen eine asche. Was war das doch für abscheuliches Gesicht, das sich gerade sehr in der Küchentüre zeigte? ... Oder äffte es ein Traum? Mit noch zitternden Händen­­ öffnet das Mäd­­cen die Flasche. Stellt sich an den Herd. Nimmt die Kasserolle mit dem Brei vom Höllenapparat, in des­­sen Kessel das Verderben lauert. Nur noch schwach züngelt die bläuliche Flamme, gleich einem erlöschen­­den Leben, das noch einmal nach Nahrung begehrt, hoffend, Durch diese sein Dasein verlängern zu können. Zwischen der Oeffnung der Spiritusflasche und dem Boden des Kessels lauert tückisch das Verhäng­­nis. Er frißt sie gierig in die Flasche hinein und zer­­sprengt sie. Ein Feuerregen prasselt auf das zu Tode erschro>ene Menschenkind. Flammen züngeln gierig an seinem Körper empor. Es ruft und schreit um Hilfe. Taumelnd eilt es zum Brunnen... Aber das Wasser kühlt nicht. Das nasse Element ist nicht im­­stande, Herr seines Widersachers zu werden. Endlich... Verbrannte Kleider fallen wie Fe­­ken von dem jugendlichen Leib. Und Feten roten, rohen Menschenfleischen machen die Umstehenden vor Entsetzen erstarren. Die Aeime sehen aus, als wären sie am Spieß gebraten. Die Weichteile bis zur Un­­kenntlichkeit entstellt. Ein Augenblic genügte, einen blühenden Mädchenleib, der zur Liebe und Mutterschaft berufen gewesen wäre, zu verderben, zur Auf weißes Sinnen gebettet, ringt das mehr tote als lebende Menschenkind mit dem unerbittlichen Geschir. Ob seine Lebenskraft und seine Jugend wohl den Sieg davontragen werden über die dämo­­nischen Mächte der Zerstörung? Es stöhnt vor Qualen und Schmerz. Nur müh­­selig ringen sich die Worte, Worte um Liebe und Be­­treung, von seinen blutleeren Lippen. Es schrottet hart an der Grenze zwischen Tag und Nacht... „Fomm--mit! Komm--mit! Ein Kuwik schreits,­­ unheilverkündend, in die blaßblaue Abendlusft. nn wi Tragödie auf hoher See Mord, Duell und Giftmordversuch an Bord eines Segelschiffes Aus London wird gemeldet: Dieser Tage Newyork das Segelschiff „King3way“ ist f­­est­­gelaufen, nachdem es ein Jahr auf hoher See verbracht hatte. Ein volles Jahr zog sich der Weg von Guinea nach Newport. Im Hafen wurde das Schiff von der Hafenpolizei empfangen und der Kapitän mit vorgehaltene­m Revolver ge­­zwungen, den Polizisten zu folgen. Dann suchten diese den Küchenchef, der sich irgendwo im Maschinenhaus verkrochen hatte. Auch der Küchenchef wurde geholt und wie der Kapitän für verhaftet erklärt. In einer Kabine stießen die Kriminalbeamten auf einen Mann, der mit starkem Seil gefesselt war. Er wurde aus seiner Gefangenschaft befreit und mußte Krankenhaus übergeführt werden, sofort in Gegen­den­ verhafteten Kapitän und einzelne Mitglieder der Mannschaft werden schwere Anschuldigunge­­­ vorgebracht. Sie sind des Mordes, dann Mordversuches durch Gift, der Pflege „heidnischer Bacchana­­lien“ und schließlich der Meuterei auf hoher See beschuldigt. Die Delikte, die ihnen vorgehalten werden, sind der­­art ku­nterbunt, daß man aus dem Tagebuch, das einer der Matrosen während der Weberfahrt ge­­führt hat, ohne weiteres einen portageroman machen könnte. „Die Geschichte begann damit, daß während der Fahrt von einer schweren Krank­heit befallen wurde. Die Mannschaft be­­schloß, ihn in Pennsacola in Florida am­ Land zu sehen. Der neue Kapitän hatte eine schwere Aufgabe. Die Mannschaft führte nur mangelhaft seine Befehle aus, und als Mannschaft wählte nun einen er­­­blutigen Kok­­­erei. Er wurde einfach ins Meer der Kapitän schließlich strenge Strafen anwenden wollte, entstand eine Men­­ge worfen und seinem Schicsal überlassen. Das Segelschiff legte nun ohne die Fahrt fort. Der einzige Mann, der für den Kapitän einzutreten Den Mut hatte, wurde gefesselt und in der Kabine eigenen Die Kapi­­tän und beschloß, die ursprüngliche Fahrlinie nicht einzuhalten. Als „Kingsway“ sc­hließlich Porto­­riko erreichte, geschah ein Malheur. Der Küchen­­chef, dem das neue Regime nicht behagte, war durch­­gegangen. Die Matrosen erklärten, ohne einen tüch­­tigen Küchenchef keine Freude mehr an der Sache zu haben, und der neue Kapitän hielt nun persönlich nach einem Koch in Portoriko Umschau. Er glaubte diesen in der Person eines Mulatten­ gefunden zu haben und versprach diesem einen hohen Gehalt. Der Mulatte erklärte jedoch, nur dann den Posten an­­zunehmen wenn er seine Frau auch mit­­nehmen könne. Nach langen Unterhandlungen wurde ihm­ schließlich diese Bewilligung erteilt. Die Anwesenheit der Mulattin auf dem Schiff gab im Verlauf der weiteren Fahrt zu schweren Unruhen Anlaß. Die Mulattin soll mit meh­­reren Mitgliedern der Mannschaft allzu lebhaft kokettiert haben, wodurch der Küchenchef sich in sei­­ner Ehre gekränkt fühlte und als Zeichen seines Protests in den Streik trat. Zwei Matro­­sen fochten an Bord ein förmliches Duell aus, dies alles wegen der Mulattin. Das Ende vom Lied war, daß der eifersüchtige Küchenchef, nachdem der zum er mit Gewalt gezwungen worden war,wie­ Kochlöffel zu greifen, eines Morgens seiner Gattin die Kehle mit einem Rasiermesser durchschnitt. Schlag war zum Glüh mißlungen. Die Einzelheiten dieses Ehedramas auf See sind noch in Dunkel gehüllt. C3 wird die hoher Auf­­gabe der Untersuchung sein, das Geheimnis zu klären. Ein weiteres Geheimnis bildet der Versuch des Mu­latten, in die Speise des Kapitäns und eini­­ger Mannschaftspersonen Gift zu mischen. Der d­er Mulatte nahm eine zu Heine Dosis. Außer einer vor­­übergehenden Erkrankung ist dem Kapitän und den Matrosen nichts Ernstes geschehen. Den unmittel­­baren Anlaß zu diesem Giftmordversuch soll jedoch nicht eine posthume Eifersucht seitens des Mulatten, sondern vielmehr „heidnische Orgien“,­­die auf dem Schiff gefeiert worden seien, gegeben haben. Diese angeblichen heidnischen Orgien sind vorläufig ein dunkles Geheimnis. Die Newyorker Polizei wird keinesfalls eine leichte Aufgaben haben, die es Abschnitte dieser abenteuerlichen Fahrt zu Haren, .­­ E Fo 26 „H A | Kapitän gefangen gehalten. -

Next