Banater Deutsche Zeitung, Februar 1929 (Jahrgang 11, nr. 26-48)

1929-02-01 / nr. 26

un Banater Deutsche Zeitung Frettiag, ven 1. Feber 1989 Jeden Monat über zehn Sterbefälle bei der Bogschaner Lebens- Dersicherungsgruppe Mit der Mitgliederzahl fallen auch die Unterfrügungsprämien . Statt 90.000 Lei erhalten die Parteien nur 40.000 Cs gibt wenig Personen in Deutschbogschan und Umgebung. Die den Ereignissen bei der gegenseitigen Versicherungsgruppe nicht mit dem größten In­­teresse verfolgen. Besonders erbittert sind die Par­­teien, die eine Abstoßung der Versicherungssektion von der dortigen Kommerz- und Industriebank an die Banater und Siebenbürger Allgemeine Versicherung A.-G. in Arad verurteilen und nicht geneigt sind, die­­sen Wechsel einfach zur Kenntnis zu nehmen. Bekanntlich erfolgte die Transaktion ohne Befra­­gung der Bolitzenbesitzer am 15. Oktober, obwohl da­­ma­ls die Gesellschaft im Arad noch nicht einmal re­­gistriert war. "Die Registrierung erfolgte erst am 22. Dezember und das Aktienkapital wurde dabei mit 500.000 Lei angegeben. Welche riesigen Summen bei je einer gegenseiti­­gen­ Lebensversicherungsgruppe eingenommen, bzw. ausgezahlt werden, müssen, davon sollen nachfolgende Ziffern annähernd einen Begriff geben. Die Unter­­stüßungsgruppe wurde wie gemeldet von der Bog- Schaner Kommerz- und­ Industriebank in­­ 1927 „ins Leben gerufen und­­ e3. mar. geplant, 1500. Mitglieder aufzunehmen, die jedoch auch Aktionäre der Bank sein oder­ werden Mußsen.. Die 3291-1590. wurde nicht­ er­­reicht und die Gruppe wurde schließlich mit nicht ganz 1400­ Mitgliedern gegründet. Laut­ Statuten hatte sie nach erfo­lter Aufnahme 1000 Lei an Einschreibgebühren zu entrichten, wo­­durc­h­=der“ Unterstüßungsselktion eine­­ Million. und 400.000 Lei zuflossen. “Die „Bank profitierte­ durch die Gründung nicht schlecht, da sie durch die Bedingung, wonach nur ihre Aktionäre als Mitglieder aufgenom­­­men werden dürften, viele Anteilscheine für je 500 Lei ablegte. Die Unterftügungsprämie bei Sterbefällen war ursprünglich mit 100.000 Lei festgelögt. Di­ jedoch Die Gruppe sich nicht auf 1500 Mitglieder komplettierte, wurde deren Höhe entsprechend der geringeren Mit­­gliederzahl auf 90.000 Lei herabgesetzt. Die Mitglie­­der hatten, so oft sich ein Sterbefall in der Gruppe er­­gab, je 100 Lei Sterbetate bei der Versicherungssek­­tion binnen 30 Tagen einzuzahlen. Das heißt, 28 flossen zuerst bei dem Ableben der ersten Versicherten von über 1300 Mitgliedern in­ jedem Fall über­ 130.000 Lei ein, was der­en Fällen viele Millionen ergibt. bei hun- Mit dem Hinscheiden der Mitglieder verringert sich die Gesamtsumme der Sterbetaten selbstverständ­­lich in gleichem Verhältnis. Die Idee­ der­ gegenseitigen Versicherung ist­ ja nicht neu und­ sie besteht an vielen Orten. Man müßte annehmen, daß es eine­ sichere Sache sein muß, denn wenn die Sektion die 90.000 Lei auch dem Begünstig­­ten auszahlt, verbleibt ihr außer der Einschreibgebühr 518 zum Sinken der Mitgliederanzahl auf 900 bei je­­dem Todesfall vo< den Sterbetaten ein Reberschuß. Dieser machte im Anfang fast 50.000 Lei aus, um dann fändig Heiner zu werden. In Bogschan bekam die Afiion eine umnest­­ralische Note, als mit dem Tode in wahrstem Sinne des Wortes berechnend spekuliert wurde. Zuerst versuchten Männer und Frauen ihre alten Familienmitglieder zu versichern, später artete das Versicherungsfieber aber derart aus, daß habgierige Personen ihnen ganz fernste­­hende fremde alte Leute versichern ließen, in der Hoffnung, durch ihr baldiges Ableben zu 90.000 Lei Prämie zu kommen. Diese Schacherseelen warteten dann täglich auf den Tod ihrer erkorenen Versicherungscchierte, für die sie noch eine rasche Beerdigung ihres Erdenwallens er­­fleht haben dürften. In vielen Fällen wird das Geschäft wohl auch gelungen sein, manche Spekulanten fielen aber auch arg auf ihre schamlos­e List herein. Ein Handelsangestellter z. B., der nicht weniger als sieben Polizzen besaß, zahlte monatlich 7000 Lei Sterbetaten Für seine am Leben bleibenden Ver­­sicherten, war dann außerstande, den Zahlungsver­­pflichtungen nachzukommen, und ging seiner An­­re­de samt den erlegten Beträgen ver­­nrtig. . Da es sich bei den versicherten Mitgliedern, wie erwähnt, um fast lauter Hochbetagte Frauen und Män­­ner handelt, ist die Sterbeziffer unglaublich groß. Es hat einen Monat gegeben, wo 18 dieser Mitglieder das Zeitliche segneten, wodurch in dem einen Monat 1800 Lei Sterbetaxen pro Versicherung fällig geworden wären. Da diese hochs Sm­me für viele Begünstigte, beson­­ders dann, wenn sie mehrere Polizzen hesiten, uner­­schwinglich war, wurde die in einem Monat zu ent­­richtende Sterbetaxe auf 1000 Lei (zehn Fälle) pau­­schaliert; d. h. die Todesfälle, die die Zahl zehn in einem Monat überschritten, wurden für spätere Mo­­nate aufgeteilt. Gegenwärtig sind es 160 Todesfälle, die als Ueberfchüß“figurieren. Bei solcher Entwiclung der Dinge ist es klar, daß die Unterfrügungssektion bei der Auszahlung der Prämien in Geldnöte geraten muß. Die Aus­­zahlungen und Einzahlungen in der ersten Zeit er­­folgten ziemlich pünktlich, die Begünstigten erhielten nach­ einem Sterbefall meistens sofort 20.000 Lei Vorschuß und bekamen den Rest von 70.000 Lei in der statutarisch festgelegten Wartezeit von vier Mo- Hasen, Jett hat sich die Lage aber bedeutend geän­­ert. Vor zwei Wochen z. B. fand sich ein Herr, wem die versicherte Person gestorben war, bei der Versi­­­erungskassa ein, verlangte und erhielt zwar auch den Vorschuß von 20.000 Lei. Doch wurden ihm 16.000 Lei als fällige Sterbetaxe für die 160 über­­kariffigen Tovssfälle aletih abgezogen, so daß er mit 4000 Lei in die Hände bekam. Von der 90.000-Lei- Prämie ist auch nicht mehr die Rede, denn bei der Sektionsleitung wird gesagt, die Mitgliederzahl in der Gruppenversi­­cerung sei gefallen und dementsprechend auch die Unterstüzungsprämie gesunken. Die Prämie bewegt sich jeit um 40.000 Lei herum. Die Konsternation unter den Mitgliedern ist darob verständlicherweise groß. Sie befürchten, daß sie nach der Entrichtung von ständig fälligen Sterbetaten eine viel geringere Prämie erhalten, als die Be­­günstigten, deren Versicherte bald nach der Aufnahme in die Gruppe versterben. Zufolge dieser Aussichten und der­ mißbilligten Uebergabe an die Arader Ge­­sellschaft sehen sich nun viele Mitglieder in ihren­ Hoffnungen und Erwartungen getäuscht, weigern sich weiter Beiträge zu leisten, wo­­durch sie sich der Gefahr aussetzen ihre An­­sprüche mit den bisher geleisteten Taxen zu verlieren, andererseits aber der Sektion die Mittel entziehen, mit welchen sie die fälligen Prämien flüssig machen soll. Die erste Anzeige bei der Staatsanwaltschaft gegen die Versicherungsgruppe ist schon erfolgt. Bei der Verhandlung wird sich ja die Situation, in der sie sich befindet, klarstellen. Dem Verlauf der Dinge darf die Direktion aber jedenfalls nicht mehr untätig und ruhig zusehen. Denn es sind di­e Sachen vorge­kommen, an­ denen man nicht mehr mit Stillschwei­­gen vorbeigehen kann. Die Spekulanten sind nicht zu bedauern, aber es gibt auch viele arme Leute, die schwer erarbeitete Groschen in Gefahr sehen und die man nicht einfach damit abtun kann: „Entweder du erklärst dich mit der Uebergabe der Versicher­ungsak­­tion an die Arader Gesellschaft einverstanden, oder du kriegst gar nichts.“ Nach dieser Schilderung allgemeiner Natur sol­­len nun nächstens konkrete Fälle die Sachlage illustrieren. ' ; LIFE RETTEN 9642906090 Statt SHS „Jugoslawisches Königreich“ Wie in Belgrad verlautet, soll die Negierung den Plan in Erwägung gebracht haben, die jetzige Benennung des Königreiches, die bekanntlich „Kö­­nigreich der Serben, Kroaten und Slowenen“ ges­türzt SHS lautet, auf den Namen „Jugoslawisches Königreich“ umzuändern. Rückkehr zum bürgerlichen Beruf­­ . Die jugoslawischen Abgeordneten haben sich wie­­der ihren bürgerlichen Berufszweigen zugewendet. Die aufgelöste Skupschtina bestand aus 66 Advoka­­ten, 42 Landwirten, 31 Kaufleuten, 25 Professoren, 17 Grundbesigern, 15 Journalisten, 18 Aerzten, 24 Beamten, 15 Geistlichen, 8 Universitätsprofessoren, 7 Gewwerbetreibenden, 5 Richtern, 11 Ingenieuren, 11 Privatbeamten, 7 mit anderen Beschäftigungen und 4 Privaten. 66 von diesen hatten das seltene Glück, in einem roten Plüschsessel siven zu können, was­ soviel heißt, daß sie schon Minister waren. von Hans Schober „Also Sie geben zu, Signor Macchi, meine Un­­erschrift auf diesem Wechsel gefälscht zu haben?“ Kalt­nd bestimmt, fast zu nüchtern für eine Derartige An­­gelegenheit, zog Ernesto Gaproni mit­ dieser Frage en Schluß aus einer kurzen Aussprache mit seinem G Geschäfts­freund. Gequält richtete dieser sich aus: „Ich ebe es zu, Signor Caproni, aber ich bitte Sie, aus Hibsicht auf die schon powunl­eren Vätern angeknüpf­­l angjährigen Beziehungen mir einen entehnenden Fancial zu ersparen. Innerhalb eines Jahres werde­n Ihnen den Betrag des Wechsels­ auszahlen.” „Innerhalb von vierundzwanzig Stunden mer­­zn Sie zahlen oder­­ auf Worte verzichten.“ Hart elen diese Worte; jedes einzelne betont: „Exr­estor.. .!“ „Nur unter dieser Bedingung, Morgen­mittag halte ich Den Wert des Wechsels oder Ihre ehren­­örtliche Verpflichtung, sich nie wieder Yvonne zu schern. Sie gehört dann mir.” — Ohne Gruß verließ aproni das Bar­vbattentor des Grand-Hotels in era.­­ Gebrocen sanf Luigi Macchi in den Sessel und rg das Gesicht in den Händen. Auf Yvonne verzich­­t, auf das Weib, dessen stolze Schönheit­ seine Liebe sacht hatte, dessen kalte Augen dennoch mitunter je Hölle von Niedertracht vertreten! Große Summen hatte er aus dem Betrieb geta­­n, um ihren Launen zu frönen, und doch sein Ziel ht erreicht. Warum ließ er nicht von ihr, warum ‚B er sie nicht von sich, wie sie es verdiente, tausend­­ig verdiente? Er konnte nicht ohne sie sein, so oft er es auch [d­en verl­ucht hatte, sich von ihr zu lösen! | riskiert, gewonnen, verloren. Jett reckte sich seine : Ein girrendes Wort, ein verheißungs­voller Blick bannten ihn immer wieder unter ihren Willen. So brachte er Opfer um Opfer, zuletzt das seiner Ehre. Sie verlangte von ihm ein Auto; er besaß nicht mehr die Mittel er zu bezahlen; auch sein Kredit war erschüttert, da alle Welt seine Leidenschaft kannte. Er schrieb ihr ab, ließ sich weder sprechen, noch las er­ ihre Briefe­ acht Tage lang. Dann wollte er sich nach Aegypten einschiffen, um dort Studien zu machen. Am Tag vor der Abreise begegnete er Yvonne, als er aus dem Büro der Schiffahrtsgesellschaft trat, wo er einen Blut belegt hatte. Unwillkürlich grüßte er; sie ging grußlos in stolzer Haltung, aber mit trauri­­gen Augen in ihm vorüber. Das ertrug er nicht. Er gab seine Schiffskarte zurück und war am Abend bei ihr, bettelte um ihre Liebe. Yvonne triumphierte und blieb unerbittlich. Da fälschte er den Wechsel mit dem Namen des Geschäftsfreundes; es war ihm un­­bekann­t, daß auch dieser um die Gunst Yvonnes warb. Gestern war es geschehen, morgen wollte er die erste Ausfahrt im neuen Wagen mit der Gelieb­­ten unternehmen. Zu spät! Yvonne, der er alles ge­­opfert, war für ihn verloren, eher er sie besessen. Macchi schritt zum Schreibtisch, schlug das­ Ge­­heimbuch auf. Zwecklos, ihm dies keinen Ausweg er wußte schon lange, daß mehr zeigen konnte. In einem Jahr hätte er, gepeitscht vom eisernen Maß, die Summe herbeischaffen können, in vierundzwan­­zig Stunden — niemals! Da fiel sein Bli auf eine Buchung, die zwei Jahre zurück lag: „Monte Carlo... 125 Franken.“ Das Spiel beherrschte ihn nicht; er hatte nur ab und an, wenn man mit Bekannten nach Monte gefahren war, ein paarmal auch mit Yvonne, einige Franken­­ Gestalt. Hier winkte noch einmal die Rettung; das Schicsal sollte bestimmen, wer Sieger blieb: Ernesto oder er. Mit solcher Entscheidung fiel auch die über sein Leben.­­­ — Luigi Macchi betrat mit Yvonne den Roulette- Saal des Kasinos. Die tadellose Korrektheit seines Früdanzuges erhöhte die Wirkung des extravagan­­ten Abendkleides seiner schönen Begleiterin. Sie nahmen an einem der Tische platz, und mit gleich­­gültiger Miene feste Macchi 1000 Franken“ auf „noir“. Es war sein letztes Geld. „Rien ne va plus“, eintönig rannen die Worte von den Lippen des Croupiers. Die Kugel fiel — Macci gewann. Seine Augen wurden starr. Er ließ Gewinn und Einsatz stehen. Und wieder gewann er und noch einmal. Yvonne wußte, um was Luigi spielte. Ihre kalte Zu­­rü&haltung begann zu weichen. Er aber ließ, ohne eine Miene zu verziehen oder ein Wort zu sagen, den Jetonhaufen anschweifen, auch als er sich noch viermal verdoppelt hatte. Jetzt brach Yvonne das Schweigen. „Luigi“, flüsterte sie, vor Erregung fie­­bernd, „es genügt; hör auf!“ Der rührte­ sich­ nicht. Da faßte sie seinen Arm, langsam sank seine Gestalt in Seite — ein Toter hatte am Roulette-Tisch ge­­essen. Yvonne schrie auf, doch schnell faßte sie sich. In dem entstehenden Tumult griff sie nach dem Seton­­haufen. Da fühlte sie eine eiserne Klammer am­ Hand­­gelenkt. „Laß den Plunder! „Jetzt gehörst. Du mir.“ Yvonne blickte empor und in die begehrenden Augen Capronis. Das Schicksal Hatte entschieden. Gleich­ be­nahm sie Ernestos Arm und folgte­n dem eger. vet ver 4: F I Su. *

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