Banater Deutsche Zeitung, Dezember 1930 (Jahrgang 12, nr. 274-295)

1930-12-02 / nr. 274

Seite 2. Banater Deutsche Zeitung Dienstag, 2. Dezember 1939 Neue Maßnahmen zur Bekämpfung der Zentrums in Deutschland Die Durchführung der Preissenkungsverordnungen wird überwacht . Berlin, 1. Dezember. Der Kampf um die Senkung der Preise geht weiter, einstweilen sind allerdings nur sehr geringe Preissenkungen zu konstatieren. Jetzt greift auch das Berliner Polizeipräsidium in diesen Kampf ein. Es hat im Polizeipräsidium ein Preissenkungs­­dezernat gebildet. Die neue Dienststelle wird sich nicht nur auf die Ueberwachung der Durchführung von Preissenkungsverordnungen beschränken, kann auch selbständige Verhandlungen über sondern" Preis­­­abbaufragen führen. Zunächst wird sich das Dezer­­nat mit den Fragen beschäftigen, die mit der Brot­­preisverbilligung und mit der Neuregelung der Kraftdrosd­lentarife zusammenhängen. Dann soll eine Nachprüfung des gesamten Berliner Preis­­niveaus durchgeführt und es soll untersucht werden, inwieweit Preisbindungen vorhanden sind durch welche Mittel sie bekämpft werden können. und Die Berliner Elek­­rizitätswerke, welche die Stadt mit Strom versorgen, haben dem Drängen der öffentlichen Meinung auf Herabsetzung der Preise für elektrischen Strom wenigstens auf einem be­­schränkten Gebiet nachgegeben. Sie haben eine Strompreisermäßigung für das Klein­gewerbe zugestanden. Der Lohnabbau in Italien Rom, 1. Dezember. Das Mindestgehalt für einen erwachsenen Ar­­beiter wird jezt nach der allgemeinen Lohnkürzung in der Stadt täglich zwölf und auf dem Lande täglich acht Lire betragen. Schon bei den letzten Gehalts­­verträgen hat die Industrie gezeigt, daß sie selten über die Mindestlöhne hat hinausgehen können und es ist deshalb anzunehmen, daß auch jetzt diese Min­­destgehalte die Basis der Anstellung bilden werden. Damit ist der Lohn- und Gehaltsabbau ziemlich rest­ 108 und in sehr raschem Tempo durchgeführt worden. Die noch ausstehenden Arbeitnehmer des Aderbau­­gewerbes kommen in den nächsten Tagen daran. Bezüglich der Preissenkungsaktion für Lebens- und Bedarfsmittel mahnen die Blätter noch zu Geduld. Das Spiel vom Sterben des reichen Mannes Höfm­annsthals Jedermann als Zeitbild und Kul­­turwende des Banater Deutschtums Von Robert Reiter Wie viel Pein und Marter hätte ihm, dem Je­der­­mann im pelzverbrämten Mantel und mit den unbe­­dachten Bewegungen seiner vom Goldrausch zittern­­den Hände, erspart werden können, dieses ganze unsagbar traurige Zerbrödeln im Innern hätte nicht sein müssen, wenn sich jemand gefunden haben würde, der ihm noch zu rechter Zeit gesagt hätte: „Wie arm bist du, reicher Mann“. Ohne Stachel und ohne H das leiseste Beben in der Stimme, das der Keim zu lauerndem Argwohn sein kann, bar aller Zeichen einer ungestümen Bekehrung, umso mehr aber mit der an­­steigenden Flut einer sich grenzenlos ergießenden Liebe, wie ein guter Bruder, der in notverbütterter Stunde hilfreich sein Herz öffnet.­­ Wie arm sind wir alle, wir Armen und recht erst die Reichen, in einer Zeit die dröhnend über und da­­hin geht, unter Wolken, die sich vollgesogen mit dem schwülen Dampf aus tausend und tausend Wunden verzapften Blutes, in unseren Städten mit dem lei­­denden Antlitz, das der Lärm durchlöchert, diese Rie­­senlanze neuzeitlicher Ritter aus Stahl und Zement. Wer haucht uns warm in das Herz, daß wir unserer Armut erinnern könnten, jener Armut, uns die eine härtere Wirklichkeit ist als das fehlende Brot und das Quartier unter erftichem, kaltem Schimmel­­gewächs ?Wo ist der gute Bruder, der uns diesen Dienst täte, uns retten könnte aus der grauenhaften Ver­­steinerung einer zerstampften, seiner besten Säfte ver­­lustig gewordenen Geschlechts: Stein-Menschen in einer steinernen Welt, über der unbeweglich und starr das tote Nordlicht steht, der lezte Gruß einer ver­­sunkenen Vergangenheit. Und wenn schon kein güti­­ger Mahner ersteht, kein Bruder in aufrichtiger Ka­­meradschaft, wo ist denn der gehorsame Knecht des Herrn, der Tod in dunkler Umhüllung, deren Falten über sein Gerippe herabfließen im ewigen Kreislauf eines immerwährenden Geheimnisses, wo ist der Sendbote des zürnenden Gottes, daß seine große Stimme durch den Raum ginge und alle Wände dürften und alle Kreaturen zerstöben, in unsäglicher Feigheit winselnd und ein Verste> suchend unter der Kruste der Erde. Vor dem Sterben aber gibt es keine Flucht in verborgene Schlupfwinkel, das ist der Grundton in dem langsamen Rhythmus der To­­tentänze des Mittelalters, dieser von bitterem Scherz und ergebungsvoller Versöhnung durchtränkten Rei­­gen an der dürren Hand des Knochenmannes mit Der Sense, der zum unvergänglichen Symbol der Vergänglichkeit geworden ist. Eine einzige Gleichheit gibt es auf Erden, sie beginn­t mit dem Tod, mit der großen Reise zur Rechnungslegung über alle Tage und alle Nächte, über alle Worte, die über die Lippen schlüpften und jeden Gedanken, der verheimlicht wur­­de. Weh dem, der versäumt, sein Schuldbuch in Ord­­nung zu bringen, solange er Zeit ist, dem geht es wie dem Jedermann, den eisige Angst überfiel und dem der Wahnsinn brennend in die Sinne kroch, als ihn der Tod anrief und er an sein Schuldbuch denken mußte, an sein Leben voller Laster und ohne Körn­­<en Güte, an die unheimliche Glut seiner Liebschaf­­ten und an den Keim der Liebe, der in ihm versenkt war und im Brand seiner unreinen Leidenschaften vernichtet worden ist. Das Spiel vom Sterben des reichen Mannes war nicht die erste Begegnung Hofmannsthals mit dem Tod. Unter seinen ersten Werten, die er als ganz junger Dichter schuf, mehr aus einer erstaunlichen Intuition als aus einem nach Ausdruc verlangen­­dem Erlebnisreichtum, ist eins, das „Der Tor und der Tod“ heißt. Eine rein artistische Gestaltung des­­sen, was sich der Tod und der Mensch zu sagen ha­­ben. Verse von verblüffender Meisterschaft, eine Wortkunst von blendender Schönheit und berauschen­­dem Leuchten, aber doch nur Erdichtung und nicht Dichtung aus Erlebtem. Der Tor, der nur in dem Worte lebt und in dem Maße verblaßt, wie man ihn­ aus dem Meer des weichen durchglühten Rhythmus heraushebt, ist kein Mensch und der Tod, mit dem er spricht, hat wenig mit dem Verkünder der Sterbensstunde gemein. „Der Tor und der Tod“ war eine Opfergabe, dargebracht im verzügten Dienst an dem Wort, eine Goldschmiedearbeit von einer Voll­­kommenheit, die beglüht und trunken macht. Im „Jedermann“ steht ein ganz anderer Hof­­mannsthal vor und: ein Dichter, der nicht mehr Prie­­ster des Wortes allein ist, sondern Diener der Mensch­­heit sein möchte, über Trug und Schein eines eigen­­zwedlichen Aesthetentums hinaus ist stellt nach dem Guten und dem Bösen. und Fragen Aller eitler Schmud ist von den Versen abgeschlagen, die Reime sind abgeblendet, als wäre ein Büßerhemd über Die gestreift worden, seine Kleinkunst mehr, die flüchtige Freuden schafft, ein Kunstwerk liegt vor uns, in das ein Stüc Menschheitsleben eingefangen ist, ein er­­schütterndes Bild menschlicher Qual und menschlichen Niederbruches, ganz aus den Kräften der Zeitalters emporgewacsen, gezeichnet von der Not einer zer­­wühlten Zeit. Dichtung durc­h Verdichtung erlebten Menschheit3schisals zu einer gewaltigen Vision. Das alte, geistliche Spiel, das auf dem Boden der engen mittelalteriigen Städte entstanden ist, er­­steht zu neuem Leben in einem Zeitalter, das alles Enge im Sturmschritt seines rasenden Tempos über­­rennt. Der Widerspruch, der in der äußeren Umrah­­mung liegt, ist nicht zu verkennen, aber ebenso groß ist die innere Berührungsfläche: der Mensch von heute schreit aus dem Abgrund eines entseglichen­­ Niedergange, seine Bangnisse und Aengste, er bettelt um Rettung aus dem Trümmerhaufen seines zer­­brochenen Daseins und die Sehnsucht nach einem Lei­ben von großer seelischer Einheit fiebert in ihm. Er leidet bitter Not an dem, was der Mensch des Mit­­telalters im Ueberfluß hatte: er ist müde­­ geworden der Konflikte und träumt wirr und gequält vom Frieden für seine arme zermarterte Seele. Das Salzburger Mysterienspiel nunmehr nicht allein die Dichtung Hofmannsthals, sondern auch die Musik dazu und die Anlehnung an mittel­­alterliche Ueberlieferungen in der Aufführung­­­ ist auf ganz merkwürdige Weise ins Banat gebracht worden. Es liegt für uns ein Stück Zeitge­­schichte darin, wie es vorerst aus rein geistlicher Ueberlegung als Laienspiel auf bäuerlichen Urboden verpflanzt wurde und auf dem Umweg über das Dorf, etwa zwei Jahre nach den Aufführungen in Lowrin, in Temeswar auftaucht und zweimal nach­­einander aufgeführt wird. Wieder sind es Liebhaber, wie auf dem Land, bei der überaus größeren Zahl ist noch eine ständige Berührung mit dem Leben des Dorfes da und auch bei dem Entschluß, das Spiel vom Sterben des reichen Mannes auf die Bühne zu bringen, ist das geistliche Moment offenbar mitbe­­stimmend. Aber es ist nicht mehr die ausschließliche Triebfeder. Sowie die Darsteller nicht mehr Laien­­spieler im engen Begriffsfreife sind, sondern mit beträchtlichem Kulturgut ausgerüstet an die Ar­­beit gehen, die für sie auch ein Kunsterleben bedeutet, nicht nur eine geistliche Aufgabe. Die Gestal­­tung einer geistlichen Idee, dient auch die Auffüh­­rung die außer dem­ zei­tlichen auch einem wel­tli­­hen Ziel der deu­t ichen Kulturaxhgeit auf ungemein so werem, noch ungepflüg­tem Boden. Was uns von der Banatia gegeben wird, ist Arbeit im Dienste einer deutschen Kulturmission, wie sie bewußter und verantwortungsvoller, mit noch tiefer im Herzen brennender Begeisterung und mit mehr erlebnisvoller Verinnerlichung kaum erfüllt werden kann. E53 ist eine Pionierarbeit von zäher Ausdauer und weiter Sicht, bei der Grundlegendes geschaffen wird, das feine Kompromisse und Lauheiten duldet, da geht es um die Heiligtümer eines Volkes, große Eindruck, den die beiden Aufführungen des Spieles vom Sterben des reichen Mannes erweckt haben, der Kultus des gesprochenen deutschen % te3 mit seinem reinen, durch keinen Makel­­ trächtigten Reichtum, wird nicht verfehlen, dem Ge­danken zum Durchbruch zu verhelfen, daß dieser­­ von Kulturarbeit endlich ein Platz in den vor­sten Stellungen der Deutschtumarbeit im Banate zu­­gewiesen werden muß. „ Dieser ehrfurchtsvolle und von gläubigem B “­ schauern erfüllte Kultus des deutschen Wortes ist Ewigkeitsarbeit, soweit im Leben eines Volkes von Ewigkeiten gesprochen werden kann. Das Wort wur­­zelt in der Seele und wer es zu einem Kristall von Edellauten schleift, der gibt dem Volke wirklich was des Volkes ist, denn die Sprache ist die große, schöpferische Seele der Völker. * : Die mittelalterlichen geistlichen Spiele wurden anfangs allmählich in lateinischer Sprache aufgeführt und­ erst kamen auch die Volfssprachen zur Gel­­tung. Damit war aber eine fruchtbare sprachliche Entwicklung eingeleitet worden, die vielfach die Vor­­auslegung zur Entstehung der nationalen weltlichen Literaturen bildete, könnten nicht auch die Auffüh­­rungen des Mysteriums vom Sterben Jedermanns in der kulturellen Entwicklung des Banater deutschen­ Volkes eine Zeitwende bedeuten? u es Sr 88 Tr Brand auf dem Riesendampfer „Do x“ von dem linken Flügel nur das Gerippe übriggeblieben - Verzögerung des Amerikafluges Wochen London, 1. Dezember Das deutsche Flugboot „Do X“, das bereits Sonntag von Lissabon nach Cadiz fliegen sollte, ist Samstag­nachmittag in Lissabon in Brand geraten. Der Brand ist im linken Flügel entstanden, wo die brennbare Innenbekleidung in Flammen auf­­ging, so daß nur noch das Gerippe des Flügels übrig­­blieb. Die übrigen Teile des Flugbootes sind unbe­­schädigt.­­ Das Flugboot „Do X“, das Anfangs November mit so stolzen Hoffnungen zu seiner ersten großen Flugreise, die er nach Südamerika bringen sollte, aufgestiegen war, ist in Lissabon das Opfer eines tragischen Unglücks geworden. Ein Brand hat den ganzen linken Flügel zerstört, der sehhr nur mehr ein Gerippe ist. Erfreulicherweise ist es gelungen, die übrigen Teile des Flugbootes vor dem verheerenden Feuer zu schüßen, so daß ins­besondere die P­assagier- und Motorgondeln intakt und auch die Propeller unbeschädigt geblieben sind. Immerhin ist der Schaden groß genug und dürfte so­­lange Zeit zur Wiederherstellung in Anspruch neh­­men, das S ein Amerikaflug auf Wochen hinausgeschoben erscheint. „Do X“ war übrigens fast vom Anfang an von einem widrigen Geschir verfolgt. Schon in Am­­sterdam hatte er einen Motordefekt zu beklagen und konnte erst nach zweimaligem Start den Flug nach Southampton antreten. Aber auch hier gab es eine Reihe von Zwischenfällen, und auf der Reise nach Bordeaux mußte er infolge Nebels auf dem Meere niedergehen, erreichte aber dann am glücklich seinen Bestimmungsort. Am nächsten Tag ist herzlich zu hoffen, daß „Do X“, dessen Reise Millionen deutscher Herzen mit ihren besten Wünschen begleiten, bald Wien zu seinem großen Ozeanflug startbereit sein werde. [] Kommunisten planten ein Bombenattentat d­er 12 . Zahlreiche Verhaftungen in Pirmasens Berlin, 1. Dezember (D) In Pirmasens (Pfalz) sind mehrere Kommun­sten, Mitglieder der Arbeiterschaft sehr verhaftet wor­­den. Sie stehen im Verdacht, Bomben für ein Atten­­tat fabriziert zu haben, was gegen Adolf Hitleru andere führende Persönlichkeiten der deutschen N­tionalsozialisten in Kaiserstaaten ausgeführt werde sollten. Bei den­­ verhafteten Kommunisten wurde große Waffenfunde gemacht und man rechnet noch in weiteren Festnahmen, 1 m z Kruesmaugmeen - - -

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