Gutenberg, 1926 (Jahrgang 8, nr. 1-53)

1926-01-01 / nr. 1

um neues „ Was wird es uns wir ' es uns stellen? ^ • V'intirüz 'D^jse Fragen dräng». ^ zum Jahresbeginn, da wir nach einem Rück­blick in das dahingeschwundene auf das kom­mende blicken. Der vor kurzem verstorbene Führer der Schweizer Arbeiterschaft, Hermann Greulich, hat auch als Dichter der Arbeiter­schaft seinen anfeuernden Ruf hinterlassen und sein „Sturmlied" möge auch für uns das Jahr en­­leiten. Dunkel liegt die Zukunft vor uns. Wir wissen heute noch nicht, ob es Sturm oder schönes Wetter für uns bringen wird. Hermann G­r­e­u­l­i­c­h hat auch als Dichter der Arbeiter- Kampflied sein, dasjenige, das uns erhebt, uns kräftigt und stärkt. , „Wer Wind säet, wird Sturm ernten", sagt ein altes Sprichwort. Wir wollen nur unseren Weg gehen, den Weg, der uns auf Grund un­serer Tradition vorgeschrieben ist: Vor­wärts! So leicht das Wort gesprochen ist, so birgt es doch eine Menge vor Erfordernissen und Voraussetzungen, die erfüllt werden müs­sen, wollen wir unser Ziel erreichen. Wir wol­len nicht den Sturm, aber wir müssen immer selbst. ' A -t- — vorbereitet schaftler. L rem G . als Arbeite- Unser Streben kann ägner und­­— mit uns Wohl haben wir durch den Abschluß des­ Kollektivvertrages eine Zeit der verhältnis­mäßigen Ruhe vor uns. Aber das sagt noch lange nicht, daß es deshalb auch in der Tat eine wirkliche Zeit der Ruhe sein muß. Die wirtschaftlichen und politischen Verhältnisse ändern sich heutzutage so rasch, daß es für die Organisationen notwendig ist, immer ge­rüstet zu sein, ohne den Kampf zu suchen. Der Ausgang der Wahlen in die Nationalver­sammlung hat gezeigt, daß die Arbeiterschaft dort nicht mehr den gebührenden Einfluß haben wird, weil das reaktionäre Element stärker geworden ist. Das ist sehr bedeu­tungsvoll und wird seine Rückwirkungen ohne Zweifel in der Gesetzgebung ausüben, wenn die klassenbewußte Arbeiterschaft nicht zum Kampf gerüstet dasteht, um alle Anschläge auf unsere Errungenschaften energisch abzuweh­ren. Man braucht nur die Aeußerungen zu lesen, die jetzt schon die Parteiminister der verschiedenen bürgerlichen Fraktionen ver­lautbaren, um zu erkennen, wohin das Staats­schiff gelenkt werden soll. Die Arbeiterschaft hat also berechtigte Ursache, auf der Hut zu sein, um das Rad der Zeit nach vorwärts zu bewegen, das die Hüter der Reaktion aufzuhal­ten versuchen werden. Wir haben sehr viel und sehr Kostbares für uns zu schützen, solches, das unserem Gegner niemals genehm war und das er immer als eine Belastung fühlte: die sozialpolitischen Errungenschaften. Wir wer­den diese im Laufe des Jahres vielleicht mehr denn je zu schützen haben und wir werden auch für deren Ausgestaltung kämpfen müs­­sen. Das wird der Inhalt des Kampfes mit un­serem Gegner sein. Aber wir haben unsere Gegner auch in uns und bei uns selbst zu suchen — und das ist der größere, aber auch produktivere Kampf. 1C c­c­c­c Dít Chor der v. #<ften,4 .(f) Und herrl­. /aut’s­­.:m F­mmel aus: Der Element - Macht, Der dunklen /olken Sturmgebraus, Das blitzt und heult und kracht. Und alle Feiger für­chten sich Und heulen ihr Gebet, Das sklavisch ätternd, jämmerlich Um Schutz und Gnade fleht. Doch jedes freien Menschen Brust Wird mutig angeweht Und schaut mit frische, freier Lust Der Gottheit MM-Slät. — So ist’s, w­enn in der Zeiten Flucht Sich ein Ereignis naht, Mit lang gewäserter Sturmeswucht Ein Wetterstrahl der Tat. Da puppen sichGi; F­eigen ein Und zittern schwL­h und bang Und sehen in dem­ Wetterschein Der Welten Untergang. Doch­­ alle Sta­­ken rüsten sich Und halten sich bereit Und schau’n mV mut’ger Zuversicht Der Sturmesflucht der Zeit. Durch Kampf nM steigt die Welt zum Licht, Im Kampf ur­­­ird sie frei, ik­um frk - A w V ',in« A -i'htl­­hr Kämpfer au herbei. Die Wahrheit und das Menschen­recht Ist unser Speer und Schaft, Ist unser Schild im Sturmgefecht Und unsre Gotteskraft. Du kühner Aar, so stark und hehr; Aus deinem Horst heraus! Und wär’ die Welt ,ein Feuermeer, Dein Flügel schlägt es aus. Hermann Greulich. ,3 Dieser Kampf kann nur mit geistigen Waffen geführt werden: durch Aufklärung. Wann wäre es angebrachter, sich selbst seine Män­gel einzugestehen, als zu Beginn des neuen Jahres. Wann wäre es aber auch vorteilhafter, sich die Abschaffung dieser Mängel zum Ziele zu setzen, als zur Einleitung des neuen Jahres, und zu versprechen, daß wir alle redlich unseren Teil hinzu beitragen wol­len, dieses Ziel zu erreichen. Es wäre eine Selbsttäuschung unserseits, würden wir sagen, daß wir oder unsere Organisation vollkommen fehlerlos sind. Ohne Zweifel ist unsere Orga­nisation ein stolzes Werk, ein Bollwerk für uns, das uns Kraft und Zuversicht für die Zu­kunft verleiht und auf das wir uns mit starker Hoffnung stützen können. Jedoch: noch vieles bleibt uns zu tun übrig, um zur Vollkommen­heit zu gelangen. Es gibt eben nichts Voll­kommenes auf dieser Welt und immer und im­mer haben wir weiterzubauen und auszugestal­ten an dem, was unsere Vorfahren und wir in jahrzehntelangen Arbeitsperioden schufen. Große Aufgaben stehen uns hier bevor und der vorjährige Verbandstag hat uns den Weg hinzu gewiesen. Diese Wege zu gehen, wird unsere vornehmste Pflicht im neuen Jahre sein. Ver­gessen wir aber auch nicht, daß wir neben un­seren organisatorischen Aufgaben, auch noch weitere Pflichten haben, die uns du­rch die All­gemeinheit auferlegt werden, als Glied des in­ternationalen Proletariats. differ­e­n' A ^IUvSlCl­licit, UC4.JLU1 « Erscheinung tritt, d­en £n i » L­o. V"Ic gtTÜiifiicIi gerad­e dieses Feine für un ist, bedarf wahrlich nicht mehr einer­­ besonderen Betonung. Wir alle, die wir es ehr­lich mit unserer Organisation und mit der Ar­beiterbewegung überhaupt nehmen, sehen tag­täglich, wie groß und stark dieser Feind schon geworden ist. Und heute, zu Beginn des neuen Jahres, mag es gesagt sein, daß dieser Feind vielleicht schon stärker ist, als wir abzuschät­zen vermögen. Es wäre eine Selbsttäuschung von uns, wollten wir dieser Gefahr gegenüber die Augen verschießen und ihre Auswirkun­gen unterschätzen Sicherlich haben wir noch einen festen Stamm von Mitgliedern, die un­serem Ideal treu ergeben sind, opferbereit und arbeitsfreudig in jeder Hinsicht. Jedoch es kommt auch für uns einmal die Zeit, da wir vor der Frage stehen werden: Was nun? Un­sere und jede Organisatio­n braucht einer Funktionär- und Ehrernach­­wuchs, nicht bloß einen Mitgliedernach­wuchs. Eine Organisation, die lediglich der letzteren zu verzeichnen hat und noch daru einen solchen, der bar des proletarischen Ge­fühls, arm an Idealen, dafür aber unklar is­t und nur durch die­ Macht der Tradition zusam­­mengehalten wird, kann ihre Mission nicht er­füllen. Und die Gleichgültigkeit, angekränkelt mit bürgerlichen Ideologien, ist der erste Schritt zum Verfall. Hieraus ergibt sich von selbst, welche Auf­gaben wir im kommenden Jahre zu erfüllen haben werden: diesen Feind müssen wir aus unseren Reihen vertreiben, er muß ver­schwinden. Wir müssen durch Aufklärung alle diejenigen wieder mit dem Kampfgeist erfüllen der unseren Vorgängern eigen war, durch der allein sie ihre Ziele erreichen konnten. Es ist das wahrscheinlich unsere größte und ver­dienstvollste Aufgabe, aber auch die dank­barste, die wir haben. Immer und immer wie­der müssen wir durch Wort und Schrift unse­ren Einfluß auf den Geist dieser Menschen wirken lassen, müssen aufklären und erziehen Schon beim Nachwuchs müssen wir be­ginnen, die Lehrlinge müssen wir in un­sere Obhut nehmen und sie auf der rechten Weg führen, auf einen, der sie fährt und geeignet macht, einmal unsere würdi­gen Nachfolger zu werden. Die junge Kollegenschaft müssen wir wieder auf der rechten Weg zurückführen, die verdummenden Ideen der bürgerlichen und „neutralen“ Ver­eine und Vereinchen aller Richtungen müssen durch unsere intensive Aufklärung aus den Köpfen dieser jungen Leute verdrängt werden. Den wahren und unverfälschten gewerk­schaftlichen Geist haben wir ihnen wieder einzuprägen, Gewerkschaftsgeist, der Kampfesfreudigkeit, Solidaritätsgefühl, Opfer­freudigkeit und Arbeitseifer beinhaltet, wo­durch sich der Gewerkschaftler als Teil des internationalen Proletariats fühlt, stark in seinem Denken, kraftvoll und un­erschütterlich in seinem Wollen und zielklar in seinem Vorwärtsstreben. Diese Aufgabe wollen wir uns zum Jahres­beginn stellen. Sie ist schwer, viel schwerer.

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