Kaschauer Zeitung, Januar-März 1874 (Jahrgang 36, nr. 1-25)

1874-01-14 / nr. 4

gegenüber den Fluctuationen des Marktes die Fluctuationen des Lohnes. Billiger Markt, billige Arbeit. Siehe das Schlagwort: Strikes. Wenn es nun irgendwo einen Stand gibt, der als Arbeitnehmer zu seinem Brodherrn nicht in jenem gesunden Verkehr steht, dem es versagt ist sich mit den Launen des Marktes volkswirthschaftlich auszugleichen, so verschließt sich dieser seinem Bedürfniß, und dieß genau in dem Maß, als er aufgehört hat ein volkswirthschaftlicher Factor zu sein — er entbehrt, er leidet Mangel, er hungert ! Ein solcher Stand ist der der Beamten und der der Lehrer und zwar durch das stetige Maß ihres Einkommens gegenüber den Wandlungen der Marktpreise, und wenn wir ihn zum Ausgangspunkte volkswirthschaftlicher Betrachtungen machen, so ist dies naheliegend ; bei keinem andern Stand sehen wir das naturgemäße Verhältniß zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer mehr alterb­t, als bei diesen beiden Ständen. Ueverall sonst stößt der Brodherr bei seinem Bedürfniß nach Arbeitskraft auf die Gesetze des Marktes ; überall sonst kann der Arbeiter diese Gefege zu seinem Vortheil g­ltend machen. Kein Arbeitgeber ist sicher an seinem nach dem Vermögen ausgerissenen Entlohnungs­­maximum festhalten zu können ; nur der Brodherr des Beamten und des Lehrers hat einen nach veralteten Wirth­­schaftsständen berechneten Arbeitslohn durch alle Phasen der Geld- und Marktverhältnisse aufrechterhalten, und, bei aller Ueberzeugung, daß die Decretirung von Maximalpreisen ein volkswirthschaftlicher Unsinn ist, dennoch diesem­­ Unsinn fortwährend gehuldigt. Denn es ist wohl nicht verständiger dem Consumenten zu sagen : du mußt deine Bedürfnisse um diesen oder jenen Preis befriedigen, als dem Markte zu sagen , er habe seine Artikel um bestimmte Preise zu liefern. Wenn wir nun besagte Stände als solche betrachten, so tritt uns dieses Gebahren noch schreiender entgegen, und wir sehen sogar die Logik übel dabei wegkommen. Der Brodherr sagt hier zu seinem Arbeiter: du gehörst dem Stande der Intelligenz an; dein gesellschaftlicher Rang ist höher als der eines Taglöhners oder vom gemeinen Er­­werbe Lebenden; du mußt dich daher mit geringerem Lohne begnügen ; du wirst unter allen Verhältnissen damit zufrie­­den sein; du wirst mit mir stehen und fallen. Und um dies zu besiegeln, nimmt er ihn in Eid und Pflicht, und macht ihm dadurch moralisch die Strikes unmöglich. Man spricht viel von der Sicherheit des Einkommens der Beamten und Lehrer. Aber man sieht wohl wie pro­­blematisch diese Sicherheit ist , wie sie es naturgemäß sein muß, da nicht der Brodherr, sondern der Markt den Werth des Einkommens bestimmt.­­ Daß aber der intelligente Mensch den Mangel leichter ertragen sollte als ein anderer „gewöhnlicher“, ist vollends ein Räthsel. Es kann dem oberflächlichsten Beobachter nicht entgehen, daß die Intelligenz materielle Opfer auf­­erlegt, und dafür nur moralische Vortheile bringt, so zwei­­felhafter Natur, daß der Jude sagen würde: „Was hab' ich davon?" Von den vier Wänden der Wohnung ange­fangen, bis zu der Erziehung der Kinder fühlt die mittel­­lose Intelligenz den Zwang jener mannichfaltigen und höheren Bedürfnisse, welche der Taglöhner nicht kennt und die deswegen nicht weniger dringend sind, weil sie weder in einem Besoldungsschema berücsichtigt werden, noch in einen Wurstladen sich verlaufen. Und was läßt Shakespeare seinen Lear sagen : „Der Mensch, der nichts als was er braucht besitzt, Lebt wie das liebe Vieh!" (Schluß folgt.) Lokal-Nachrichten. “ Neeruth­ung. Von Seite des amtes der kön. Freistadt Kafkau wurde unterm Bürger­meister­ 13. b. M. die Kundmachung erlassen, daß die auf den 15., 16. und 17. d. M. anberaumt gewesene Recrutirung in Folge Telegrammes des kön. ung. Landesvertheidigungs-Ministeriums verschoben wurde. — Zur Population. Im Jahre 1873 wurden in der hiesigen röm.-kathol. Pfarrkirce 220 Paare ehelich getraut. — Die Zahl der Geborenen betrug 742, nämlich 381 Mädchen und 361 Knaben. — Ge­storben sind 1368 Personen. — In der Kaschauer reformirten Kirc­hen­­ge­meinde beziffern sich die getrauten Paare auf 10, wovon 2 rein protestantische­­ und 8 gemischte Paare. — Geboren wurden 24 Kinder, nämlich 11 Knaben und 13 Mädcen. — Gestorben sind 58 Personen, hievon waren 40 männlichen und 18 weiblichen Geschlechtes. — In der evang. ungarische deutschen Kirche A. C. zu Kaschau wurden verkündet 39 Paare, hievon waren 10 reine und 17 gemischte. — Geboren und getauft wurden 53 Kinder, nämlich 23 männlichen und 30 weiblichen Geschlechtes. — Die Zahl der Gestor­­benen dieser Gemeinde betrug 67, hiervon waren 42 männlichen und 25 weiblichen Geschlechtes. — Konfir­­mirt wurden 11, wovon 6 männlichen, 5 weiblichen Ge­schlechtes. — In der evangelisc-slavischen Kirchen­­gemeinde A. C. betrug die Zahl der Geborenen 38, wovon 20 der Kaschauer und 18 der Töchergemeinde an­gehörten, dem Geschlechte nach waren 21 männlich und 17 weiblich.­­ Gestorben sind in Summa 64 Personen, wovon 38 der Kaschauer und 26 der Töchtergemeinde an­gehörig, hievon waren 32 männlichen und 32 weiblichen Geschlechtes. — Getraut wurden 12 Paare, hievon waren 4 aus der Kaschauer und 8 aus der Töchtergemeinde. — In der griechisc­h-katholisc­hen Kirchen­­gemeinde zu Kaschau beziffert sich die Zahl der Gebo­­renen auf 81, hievon waren 41­ männlichen und 30 weib­­lichen Geschlechtes eheliche, 5 männlichen und­ 5 weiblichen Geschlechtes uneheliche Kinder. Gestorben sind in Summa 176 Personen ; hiervon waren im Alter von 1 bis 5 Jah­­ren 17 männlichen und 20 weiblichen­ Geschlechtes, zusam­­men 37; von 5 Jahren bis höher: 72 männliche und 49 weibliche, zusammen 121 Personen; an der Cholera starben aus dieser Gemeinde 28 männliche und 30 weib­­liche, zusammen 58 Personen. — Von der israelitischen Cultusgemeinde entbehren wir bis jetzt noch die amtlichen Mittheilungen. oo Feuerwehr. im städtischen Sigungssaale Sonntag Nachmittags 3 Uhr fand die Jahres-Generalversammlung der freiwilligen Feuerwehr statt. Nach Eröffnung der Sißung durch den Herrn Stadt­­hauptmann Ludwig dr. Sand, als Präses des Vereines, wurde vorerst der administrative Jahresbericht verlesen, aus welchem der Stand des Vereins-Vermögens wie folgt erhellet : Eingegangen sind: Beitrag der Commune 600 fl., an Gründer-Beiträgen 1150 fl., an Unterstüßungsbeiträgen 305 fl. 48 fl., an Beiträgen von Mitgliedern 604 fl., Einschreibgebühren 199 fl., Theaterwachegebühr 64 fl. 80 kl., Feuer-Strafgelder 25 fl., Bürger-Taxen 55 fl. Montours- Gebühren 26 fl., Dienstversäumniß-Strafen 7 fl. 80 kr., Sparcassa-Darlehen für Telegraphen-Einrichtung 300 fl. Zusammen 3337 fl. 8 Ausgegeben wurde: kr. Für Ansc­haffung von Requisiten 2522 fl. 26 fl., für Erhaltung derselben 80 fl. 10 kr., Vereinsdiener 156 fl. Hornist 39 fl. 50 kr., Heizung weiset 11 Mr, Drucforten Conto­ fl., diverse Ausgaben 201 fl. 86 kr., Cassa- Rest 6 fl. 50 kr. Zusammen 3337 fl. 8 kr. Das Inventar einen Löschrequisiten-Werth von 8990 fl. 69 kr., die 3996 lastende Schuld beträgt neuerdings am möge bei Verhandlung des nächstjährigen Budgets darauf Rücksicht nehmen, daß Dotation zur Verbesserung des Feuerlöschwesens erhöht, die die Erhaltung einiger haltung Modus­löschwesens durch Aufrecht­­Acclamation gewählt: mann, zum Verein8-Präses ; Herr Anwalt: Herr­abtheilung: Herr Julius Fiedler; Rudolf Maurer; zum wurden mit Stadthaupt­­Julius Engelmann zum Präses-Stellvertreter ; zum Feuerwehr-Obercommandan­­ten : Herr Eduard Ganzer; Untercommandanten : Herr Anton Haußer jun; Notar: Herr Sigmund Mikola; Cassier : Herr Alexander No­vell­y jun. ; Arzt: Herr Dr. Julius C38orba; Julius Benczur; zum Commandanten der Steiger-Abtheilung : Herr Alexan­­der Stadler; zum Aufseher : Herr Joh. Berk6; Ord­­ner: Herr Josef Pißtl; zum Commandanten der Spriten­­zum Aufseher : Herr Ordner: Herr Adolf Stein­­hauß; zum Architekt : Herr Franz Rozsay; zu fach­­kundigen Räthen : Herr Adolf Soukup, Koloman Gal­ 90c39, Jakob Peter und Andreas Magas. — Bestrafte Vergnügungsreise. Zwei junge Mädchen, eine Wienerin und eine Oberösterreicherin, kamen dieser Tage mittelst Bahn nach Kaschau und logirten sich im Grand Hotel unter Angabe falscher Namen ein. Durch diesen Vorgang und gewisse Merkmale erregten sie die Auf­­merksamkeit der Polizeibehörde, vor welche sie berufen und zur Verantwortung gezogen wurden. In Folge aberwähnter strafbaren Handlung wurden sie zu einer Geldbuße verurtheilt und in ihre Heimat gewiesen. — Regalita8-Cigarren zu 7 und 8 kr., welche in der ganzen österreichisch-ungarischen Monarchie, ja selbst im kleinsten Städtchen zu haben sind, sind in Kasc­hau in keinem Cigarren-Verschleiß zu bekommen, demnach wir uns aus Anlaß mehrfacher Anfragen, ob Kaschau von dem Verschleiße dieser Sorte ausgeschlossen sei ? die Frage erlauben ? warum unser Tabak-Haupttrafik-Verschleiß nicht Veranlassung trifft, diese Gattung auch hier in Verkauf zu bringen ? — Die Entbindung der Erzherzogin Gisela, welche am 8. Jänner, 11 Uhr Vormittags, in München erfolgte, ging nach Münchener Berichten zwar erschwert vor sich, jedoch befindet sich die Mutter wie die neugeborne Prinzessin den Verhältnissen angemessen wohl. 43 fl. 20 kr., 78 fl. 55 kr., Zahlung 25 fl. 33 kr., 10. Jänner 500 1825 legt, wofür der Verein 1000 mu­e jährlich votirten 600 darauf und Eingabe Ansuchen zu der Beleuchtung 68 fl. für Montour 116 worauf hierauf inzwischen aber an deren Stelle neue zahlen bestimmt werde, welcher fl. Wechsel­n zu wollen, fl. abgetragen wurden. Das Präliminare für das Jahr 1874 fl. Einnahme und 1815 die löbl. Commune zu ersuchen beschlossen, lokale mit städtischem Holze heizen lassen doch unbillig, wache kommenden Feuermänner­n es Geld heizen lassen müssen. Nachdem deren­ gänzlichen Unbrauchbarkeit größtentheils an den Gemeinderath zu richten, sich als nüßlich erweist. Bei der hierauf vorgenommenen Wahl Sa­nd, fl. Ausgabe ja geradezu lächerlich ist, daß muß, stellen, derselbe Rauchfangsteuler gezahlter Feuermänner Herr Ludwig und wurde darin da­mit festgestellt und das Feuer nach­­bei Seite ermöglicht, überhaupt es die zur Nacht­­die Wachstube für ihr eige­­ein zur Hebung des Feuer­­ferner die städtischen Löschrequisiten wegen ge­­so wurde der Beschluß gefaßt, angeschafft werden mußten, fl., folglich zu dem durch die Com­­fl., aus Eigenem weitere 400 fl. eine das ee­­­r Senilleten. Der unsichtbare Feind. Eine Erzählung aus den spanischen Kriegen zu Anfang dieses Jahrhunderts. (Schuß.) Seine Hand zitterte unmerklich, einen Augenblik später würde sie gesunken sein. „Kann man diesem Menschen Zutrauen schenken, was meinen Sie?" sagte der Offizier, indem er plößlich sein Pferd spornte, so daß es nach der Seite hin sprang, wo der Korporal an der Spite der Soldaten marschirte. Der Korporal blickte nach dem Wagen, Führer, nam lag, worauf der wie ein Leich­­mir gesagt, daß er sich mehr denn einmal sehr nützlich gemacht habe. Unser armer Lieutenant ihn zu setzen“, schien volles Zutrauen in Der Offizier lenkte wieder zu dem Wagen zurück. „Wenn ich Euer Anerbieten annähme, Freund, und auf den Fang dieser schrelichen Guerilla­s auszöge ? Wie weit müssen wir reiten und wollt Ihr uns begleiten ? Nicht n diesem Wagen, denke ich ?" Der Spanier dachte einen Augenblic nach. „Einige Lieus Betreff meiner, vielleicht, in nicht sehr verwundet und aber der Weg ist gut. „Gut“, erwiderte der Offizier, er hinzu, „wir müssen noch etwas bestimmen. Tausend Thaler sind auf den Kopf des Unsichtbaren gesetzt. Die Belohnung wird nu< ausgezahlt werden, wenn Ihr ihn fangt, aber ich erwarte die Hälfte. Sonst mögt Ihr ihn selbst fangen, oder nach Tora zurückkehren, um ausgeschob­en „Aber hört“, fügte und vielleicht erschossen zu werden, weil Ihr das Detache­­ment in einen Hinterhalt geführt habt". „I< nehme den Vorschlag an", erwiderte der Führer. „Verlassen Sie sich darauf, welche Belohnung mir auch zu Theil wird, ich werde sie mit Ihnen theilen“. „Das ist nicht Alles“, sagte der Offizier, „ich traue Eu< Menschen nicht weiter, als ich Euch sehe, und werde dafür sorgen, daß Ihr mir nicht in der Dunkelheit eine Schlappe beibringt. Erwartet, daß bei dem leisesten Schat­­ten von Berdacht imh Euch eine Kugel durch den Kopf jage“. Der Spanier antwortete auf diese Drohung nicht” und machte auch keine Einwendung, als man ihn aufs Pferd fegte und ihm einen Strich um sein Handgelenk­wand, dessen anderes Ende ein herkulischer Dragoner festhielt. Der Offizier selbst nahm seine Position zur linken Hand des Führers, zeigte bedeutungsvoll auf seine Halfterpistolen, gab die Parole und die Reiter näherten sie wieder dem Gebirge. Die Naht war durch keinen Stern erhellt, als die Dragoner, welche zwei Stunden auf Landwegen geritten waren, deren Windungen keinen Augenblick ein Bedenken von Seite des Führers zur Folge hatten, einen langen Hügel zu ersteigen begannen, der sich jedoch so allmählig erhob, daß er den Pferden keine Anstrengung verursachte. Sie brachten beinahe zwei Stunden damit zu, diesen Berg und die Schlucht, von welcher er ein Theil war, zu erstei­­gen. Der Offizier fing an ungeduldig zu werden. „Willst du uns hier bis zum Tagesanbruch mar­­schiren lassen ?“ fragte er, den Führer verdachtsvoll anleb­­­end, „oder kannst du dein Versprechen nicht erfüllen und für<test dich, dies zu gestehen “" „Nein, Senor“, erwiderte der Spanier mit leiser Stimme. „Im Gegentheil, wir befinden uns nahe an dem­ Orte, wo ich gewiß bin, zu finden, was ich suche. Lassen Sie die Leute ganz stille sein und in einer Reihe marschi­­ren, so daß sie auf ein Wort bereit sind, fortzugallopiren und den Feind zu umringen. Wenn die Guerilla­ s­ die ge­­ringste Ahnung von unserer­ Annäherung hätten, könnten sie uns vermöge der Dunkelheit noch entschlüpfen“. Ermuthigt durch die Aussicht einer schnellen und glück­­lichen Beendigung der Expedition, folgte der Offizier seinen Rathschlägen. Sie befanden sich nun auf der Spike des Berges. Der Boden war eben und mit Haidekraut beliebt, welches bewirkte, daß man das Geräusch der Pferdehufe nicht vernehmen konnte. „Los veo!“ sagte der Führer mit hohltönender Stimme. „I< sehe sie! da geht ein Mann auf und ab, das ist die Schildwache !" „Ihr müßt Katzenaugen haben", erwiderte der fran­­zösische Offizier. „Es ist grausig dunkel, und ich kann kaum den Kopf meines Pferdes sehen." „Dort, dort!” rief der Spanier. „Kommandiren Sie Gallop, Senor, oder wir werden sie noch wieder verlieren“. „Au galop!“ rief der Offizier seinen Säbel ziehend. Seite Die Dragoner drückten den Rossen die Sporen in die und jagten schnell vorwärts. Aber sie waren noch feine hundert Ellen weit geritten, als das Getrappel der Pferde plöglich aufhörte und ein Schrei der Verzweiflung im Dunkel der Nacht vernehmbar wurde. Darunter ließ sich deutlich ein Freudengeschrei hören. Im nächsten Augen­­blik war Alles still, dem Anschein nach bewegungslos : „Der General schätzt ihn sehr, und man hat faßt nur einen Eurer Leute absteigen. Iu Ich werde versuchen zu reiten“. !

Next