Kaschauer Zeitung, Oktober-Dezember 1874 (Jahrgang 36, nr. 79-104)

1874-11-21 / nr. 93

; 5 . oder ein Kolp (Kalb) aufenkaufen, oder auf duszieb­ige auch Geld zu geben, wo es möge wissenschaft haben, bey straff eines Reichsthalers. 8 Art. Wenn ein Knecht oder Lehrknecht von gey kompt, Meister, so soll er das erkaufte Vieh oder Kelber, seinen die Rathung abgeben was es kosten thut, und theurer nicht ansagen, und ihm ein Krankgeld zu ma­­chen, es sei Nutzen oder Verlust, bey Verlust seines ehrlichen Namens. 9 Art. Wenn ein Knecht das­ Fleisch aufhauen thut, so soll er wohl Acht haben auf das­ Gewicht, und den Käufer nicht mehr oder weniger geben, wie auch dem Respect zu geben, bey­der­seits Religion, auf die H. Geistlichen, H. Stadtrichter, einen wohl löblichen Ma­­gistradt, H. Formindt, und dem Respect zu stehedt. Item Schwangerfrauen nicht lange aufhalten, den Zich­­tiger baldt abfertigen, damit er nicht lang unter den Leut­wege stehen. 10 Art. Kein Knecht unterstehe sich eine Frau oder ein Dienstbothe von des anders Meisters sein laden zu sich zurufen wenn er das Fleisch aufhauen b­utd, auch herum schleichen von einer banck in die andere, son­­dern in seiner eigener banck verbleiben, bis er dasz “Fleisch verkauft hatt. 11 Art. Wenn ein Knecht bey der Nacht mit böser " ge­­sellschaft herum schleicht, den böse gesellschaft verder­­ben gutte Sitten — oder im Nachtlager, wie auch bey seinem Meister nicht schlafen thudt, der soll gestrafet werden nach der ehrbaren Zechen ihre vota. EEE ZEN TERE TE ZRTEEB EEE LEEREN BEE ES Das Stuttgarter Rieseu-Journal. Es ist ein höchst interessantes Kulturbild, die Ent­­wickklung der periodischen Literatur zu verfolgen, denn in ihr spiegelte sich zu aller Zeit am deutlichsten der Fortgang menschlicher Bildung und regen Wissensdrangs. Am rasche­­sten in steigender Progression sind in Deutschland die Wand­­lungen in der politischen Presse vor sich gegangen, während die Unterhaltungs-Journale sich bis vor Kurzem noch immer in verhältnißmäßig engen Grenzen bewegten. Diesem Herbste endlich war es beschieden, auch sie um einen bedeutenden Schritt weiter zu führen, indem sich die in Stuttgart er­­scheinende illustrirte „Allgemeine Familien-Zeitung“ zu einem Riesen-Journal vergrößert hat, in Folge dessen sie, getragen durch die gediegenste Redaktion und brillanteste Ausstattung, nunmehr den ersten Rang unter allen deutschen Unterhaltungs-Journalen einnimmt, so daß diese Neuerung ohne Zweifel als Epoche machend in der Geschichte der pe­­riodis<en Unterhaltungsliteratur bezeichnet werden muß. Die leitenden Momente bei dieser neuen großartigen Schöpfung sind kurz gut, Schön und billig, in vier Worte zusammenzufassen : viel, und es muß Staunen erregen, wie es möglich war, diese vier höchst anspruchsvollen Bedingun­­gen in so wahrhaft eminenter Weise gleichzeitig zu erfüllen. Nur ein energischer Sprung aus dem Alltäglichen heraus und weiter auf der Bahn des Fortschritts konnte zu sold überraschendem Erfolge führen, wie ihn die „Allgemeine Familien- Zeitung“ aufweist. Dennoch kann der Gedanke nur in Deutschland neu genannt werden, denn im Auslande erscheinen Unterhaltungs- Journale in so großem Zeitungsformat schon seit längerer Zeit und zwar unter enormen Anklang ; ja auch in Deutsch­­land haben die politischen Journale, wie die „Kölnische Zeitung“, „Hannover'sche Kurier“, „Hamburger Nachrichten“, „Kreuzzeitung“, „Norddeutsche Allgemeine Zeitung” u. a. bereits den Weg gezeigt, ersparniß dem Abonnenten wie mit Raum­- und Druckfosten­­viel Lesestoff zugeführt werden kann, und es war eigentlich nur das Ei des Columbus, dieses große Format auch auf Unterhaltungs­-Journale anzuwenden. Die technischen Schwierigkeiten, welche hiebei zu über­­winden waren, da das deutsche Publikum gewohnt ist, bei illustrisrten Unterhaltung38-Journalen die höchsten Anforde­­rungen an Eleganz der Ausstattung zu stellen, waren aller­­dings nicht gering; es galt nicht nur allein den Druck eines so riesenhaften Formates elegant und fein auszuführen, son­­dern es kam auch darauf an, die schönen Illustrationen so zu plaziren, daß dieselben nicht beschädigt würden, wenn der Leser das Journal zusammenfaltet, um es bequem lesen zu können. Auch diese Schwierigkeit wurde praktisch überwun­­den und die „Allgemeine Familien-Zeitung“ kann in der Mitte gebrochen werden, ohne selbst sehr große Illustratio­­nen auch nur im Geringsten zu verlegen und es ist dieselbe alsdann leichter und bequemer in der Hand zu halten und zu lesen, als die anderen größeren Journale, welche man nicht brechen darf, weil sonst die Illustrationen ruinirt würden. Auch ist bei der dreiwöchentlichen Lieferungsaus­­gabe der „Allgemeinen Familien-Zeitung" die Einrichtung getroffen, daß die darin befindlichen Wochen-Nummern nicht an die Umschläge festgeklebt werden, so daß man sie einzeln aus denselben nehmen, in der Mitte brechen und so auf weit geschiltete Art handhaben und lesen kann, als dies bei einem ganzen Hefte der bisherigen großen Journale möglich ist. Wurde auf diese Weise für die schöne und praktische äußere Einrichtung und Ausstattung dieses Riesen-Journals Sorge getragen, so muß man doch vor Allem über die Reichhaltigkeit und Mannigfaltigkeit des Gebotenen am meisten erstaunen, denn jede einzelne der wöchentlich erschei­­nenden Nummern dieses Riesen-Journals gibt an Inhalt den Umfang eines vollständigen mittleren Romanbandes, daß also der ganze aus 52 Nummern bestehende Jahrgang so = 52 solcher Bände füllen würde, und hieß Alles bei einem Subskriptionspreis von Vierteljährlich 15 Sgr. = 54 kr. rhein. oder 4 Sgr. = 14 kr. rhein. pro dreiwöchentliche Lieferung, ein Preis, der ohne Zweifel als nahezu unglaub­­(ich) in des Wortes vollster Bedeutung bezeichnet werden muß. Der Inhalt einer jeden Nummer dieses Riesen- Journals zerfällt neben den prachtvollsten Illustrationen in fortlaufende höchst spannende größere Romane aus den Federn der berühmtesten und beliebtesten deutschen Schrift­­steller, sowie kleinere interessante Erzählungen, populär-wissen­­schaftliche und zeitgeschichtliche gediegene Schilderungen und Aufsäße, deren jede Nummer mehrere enthält, und am Schluß eine Serie Miszellen, eine Chronik der Gegenwart, Anekdoten, Bilderräthsel, Charaden, 2c., so daß die „Allge­­meine Familien-Zeitung" an Größe und Reichhaltigkeit des Unterhaltungsstoff­s alle anderen Journale weit übertrifft und auch an Schönheit und Gediegenheit keinem derselben nachsteht. Dabei bietet aber dieses Riesen-Unterhaltungs- Journal auch noch den großen Vortheil, daß eine jede Nummer desselben ein viel Romane auf einmal bringt, größeres Stück der fortlaufenden als dies naturgemäß in den anderen kleineren Journalen der Fall sein kann. Man braucht hier nicht, kaum mit Lesen begonnen, wieder abzubrechen, um sofort den kaum aufgenommenen Faden der Erzählung wieder zu verlieren, ein Umstand, der bisher so häufig Aversion gegen das Lesen größerer Romane in Wocen­­journalen erzeugt hat. Die Bedeutung dieses Borthrils dürfte umso mehr schon in den ersten Nummern erkannt worden sein, als dieser Jahrgang mit zwei äußerst span­­nenden Romanen: „Auf der Bahn des Verbrechens" von Ewald August König, ein Kriminal-Roman aus der mo­­dernen Gesellschaft “ und „Graf Ketlan (?) der Rebell“ von Max v. Schlägel, zu­ welchem der berühmte Verfasser seinen Stoff aus ungarischen Magnatenkreisen geschöpft hat, be­­ginnt. Die Hauptszenen des erstern Romans sind außerdem von Künstlerhand in Abbildung gestellt. Eine weitere Frage war die, wie das Einbinden eines so großen Journals überflüssig gemacht werden kann, denn schon die bisher üblichen größeren Journale ergaben, wenn eingebunden, einen höchst unbequemen, schwerfälligen Koloß, der dann nur noc als Bilderbuch zu dienen pflegte, weil er zum Lesen zu unhandlich wurde. Die illustrirte „Allge­­meine Familien-Zeitung" soll aber in erster Linie ein Un­­terhaltungs-Journal sein, in dem man auch später noch mit Vergnügen liest. Zu diesem Zwecke will die Verlagshand­­lung keine Einbanddeden, sondern für jeden Jahrgang sehr billige, prachtvoll gepreßte Enveloppen in englischer Leinwand in der Größe des gebrochenen, also halben Formats, offe­­riren, in welche die Nummern alsdann in gebrochenem Zu­­stande lose hineingelegt werden. Will man später in einer oder der andern Nummer nachlesen, so nimmt man die be­­treffende Nummer einzeln aus der Enveloppe heraus und kann sie in jeder Stellung und Lage bequem handhaben. Nach allem Diesem ist es wohl unzweifelhaft, daß ein Unternehmen, welches in so eminenter Weise allen Anfor­­derungen gerecht wird, sich auch bei uns rasch einbürgern und sich allerorts Freunde erwerben werde, denn Dank, der in der ganzen Welt einzig dastehenden glüclichen Organisation des deutschen Buchhandels kann sich Jedermann dieses groß­­artige Journal auf das Leichteste verschaffen; man braucht sich nur an eine beliebige nächstgelegene Buchhandlung zu wenden, denn bekanntlich führt jede Buchhandlung Bestellun­­gen auf alle in Deutschland ersceinenden Journale aus, weil jede Buchhandlung wieder mit allen einzelnen Journal- Verlegern in Verbindung steht. Probe-Nummern kann man sich ebenfalls auf gleichem Wege verschaffen ; dieselben hat jeder Buchhändler in der Regel vorräthig. So ist der prompte Journalbezug Jedermann und überall ermöglicht, wozu ja auch noch kommt, daß sämmtliche Postämter aller­­orts Abonnements auf Journale annehmen. Gerade diese beiden gemeinnützigen Organisationen sind zum großen Theil der mächtige Hebel zur Verbreitung der Presse geworden und haben damit die Volksbildung in die entferntesten Gauen getragen; sie sind die kräftigen Förderer deutscher Kultur, deren Errungenschaften sich schon sehr so glänzend bewährt haben und deren stetiges Fortschreiten zu untere ftügen uns Allen am Herzen liegen muß.­­« Lofkal-Hachrichten.­ ­­­­Üllerh. N­amenszeit Ihrer Majestät der Königin. Zur Feier desselben wurde Donnerstag am 19. d. in der hiesigen Domkirche ein feierliches Hochamt abgehal­­ten, bei welchem Se. bischöfliche Gnaden Johann Perger pontificirte und die hohe Geistlichkeit, die Soigen der Mi­litär- und Civilbehörden, die Vertreter der Gemeinde und der Korporationen, die studirende Jugend und viele An­­dächtige der Bevölkerung beiwohnten.­­­ Erzherzog Karl Ferdinand liegt, wie telegra­­phisch gemeldet wird, im Sterben; man sieht der Auflösung des hohen Kranken stündlich entgegen. Am Budapester könig­­lichen Hoflager werden alle Vorbereitungen zur Abreise Sr. Majestät für den Fall getroffen, als das betrübende Ereig­­niß wirklich eintreten sollte. Graf Andrássy reist in diesem­ Falle mit dem Monarchen und kehrt mit demselben nach den Rigilien wieder hieder zurück. — Die Phylloxera. Der Herr Minister für Acer­­bau, Industrie und Handel hat in neuester Zeit die nach­­folgende Verordnung an sämmtliche Behörden und land­­wirthschaftlichen Vereine des Landes gerichtet: Im Nah­e­hange meiner Verordnung vom 3. b. M., 3. 17,472, EL e azza Senilleton. u RE Sorgeheimnisse. Historische Novelle aus der Zeit Ludwig X. von Eduard J. Richter. (Fortsetzung.) Als erfahrener Ritter in der Liebe sah er bald ein, daß hier jede Mühe, jede Ueberredungskunst und alles Gold unnüß verschwendet sei ; schon so viele Kavaliere hatten nach dem Herzen, nach der Liebe der reizenden Sängerin gestrebt, und Alle sich vergebens bemüht, denn sie war gegen Jeden gleich freundlich, gleich Liebenswürdig und keiner konnte sich rühmen, auch nur den mindesten Vorzug zu genießen. An­­ders war er bei Dupreval. Dieser liebte sie mit einer Gluth, einer leidenschaftlichen Liebe, die sein ganzes Wesen durchdrang, und dennoch wagte er nicht, ihr seine Liebe zu gestehen, es fehlte ihm stets der Muth dazu. O hätte er gewußt, wie ihm Madelaine zugethan, hätte er gewußt, wie selig ihr Auge strahlte, wie mächtig sich ihr üppiger Busen senkte und hob, wie stürmisch ihr Herz pochte, wenn er sich in ihrer Nähe befand, er hätte keinen Augenblic mehr gezögert, er wäre hingestürzt zu ihren Füßen, und hätte ihr seine Liebe erklärt... Tiefe, Heilige Stille lag über der GSeinestadt, die Lichter in den Häusern waren nach und nach erloschen, und in dumpfen Schlägen verkündete die Uhr auf der Kirche Notre Dame die Mitternachtsstunde. Nor immer trieb es den Marquis von Straße zu Straße, von Gasse zu Gasse, schon wollte er nach seiner Wohnung, Tod eine geheime Macht trieb ihn weiter und weiter, bis er in dem Stadtviertel der Cits angelangt war. Ein Liebeslied vor sich hinträllernd gelangte der Mar­­­­quis in ein Seitengäßchen und blieb hier plöglich stehen. Als er se­in Gedanken vor einem noch erleuchteten Fenster stehen blieb, berührte jemand leicht seine Schulter, daß er erschie>t zusammenfuhr. „Sapristi! Lieber Herr, Ihr habt wenig Courage!" näselte eine weibliche Stimme hinter seinem Rücken. Bergerlich wandte sich der Marquis um, und erblickte eine alte Frau in einen weiten, schwarzen Sammtmantel erhüllt. „Was kümmert das Buch?“ rief der Marquis­barsch. „Na, na, besänftigt Euch, edler Herr, es war ja nicht so gemeint. Ich weiß, Ihr habt Muth genug, um ein gal­­antes­ Abenteuer zu bestehen". Das Wort Abenteuer zündete wie ein Funke im Pul­­in dem erhitzten Kopfe des Marquis, und ruhiger erwiderte derselbe: „Wollt Ihr mich narren, alte Here? Fürwahr zum Scherzen bin ich nicht aufgelegt". „Aber zum Lieben und Rosen? Was, edler Herr?" schmeichelte die Alte. „Ah Parbleu! Das läßt sich hören! Sprecht schnell, was ihr mir zu sagen habt, denn es ist bereits spät , schade um jede Minute, die unbenügt entflieht”. „Da nehmt — und dann sagt selbst, ob ich nicht wahr gesprochen", entgegnete die Alte und händigte dem erstaunten, erwartungsvollen Marquis ein duftendes, zier­­liches Billetdoux ein. Schnell erbrach dasselbe der Marquis und las Folgendes : Komm’ Vielgeliebter ! auf den Flügeln der Liebe schnell zu mir; folge dieser Frau, sie führt dich in die Arme eines nach dir sich sehnenden, vor Liebe verschmachtenden Weibes. Es erwartet dich Alvine. „Topp, es gilt Alte!” rief fröhlich der Marquis, und wollte gehen, doch die alte Frau hielt ihn zurück. „Gemach, lieber Freund! Nicht so voreilig. Ihr müßt Euch die Augen verbinden lassen, denn der Ruf einer hohen, vornehmen Dame steht auf dem Spiele“. Der Marquis fragte, allein, in einem so verrufenen Stadtviertel, um so später Stunde,­­ ob es nicht eine Falle sei ? dachte sich der Marquis, doch plötzlich besann er sich eines Besseren, griff nach seinem Degen und ant­­wortete der Alten: „Nun gut, va banque! Komm, Alte!“ Die alte Frau zog ein roth seidenes Tuch hervor, verband dem Marquis die Augen und zog ihn fort... 5­­ verfaß 3. Eine Schäferstunde. Kreuz und quer hatte die Alte den Marquis geführt, endlich hörte er das Knarren einer Thür, es ging Stiegen auf, Stiegen ab; plöglich stand sie still, riß ihm das Tuch von den Augen und von Pracht und Licht geblendet, starrte der erstaunte Marquis in die nächste Umgebung. Er befand sich in einem eleganten, reich dekorirten Gemache ; in der Mitte desselben befand sich eine Tafel mit den ausgesuchtesten Lederschiffen, mit Weinflaschen besäet. An der Tafel saßen zwei maskirte Damen, und zwei junge Kavaliere, die vom Marquis unbekannt waren. Kaum, daß sich der Marquis noch von seinem Staus nen erholt hatte, öffnet sich ihm gegenüber ein rothsammi­­ger Vorhang und in das Gemach tritt eine Dame, das Antlitz mit einer schwarzen kleinen Lammtlarve massirt. Sie schwebt, denn gehen kann man dies nicht nennen, auf den Marquis zu, und reicht ihm ihr weißes, kleines Händchen zum Gruße. Von den Reizen und der Schönheit dieses Engels bezaubert, bleibt der Marquis betroffen stehen. (Fortsetzung folgt.) EEE ER

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