Kaschauer Zeitung, Oktober-Dezember 1887 (Jahrgang 49, nr. 113-151)

1887-11-08 / nr. 129

ui , ein hochbegabtes, anmuthiges Märchen, welches bei ihrer Tante, der Frau Baronin Sahl­hausen in Pflege sich befand. Die Hülle der so früh Verblichenen wurde am Samstag unter großer Theilnahme, besonders der Jugend, zur ewigen Ruhe bestattet. Vor- und neben dem reichgeschmückten und­­ bekränzten Särge gingen Jungfrauen und Jünglinge mit sym­­bolischen Attributen und Kerzen tragend. Neben dem Leichenzuge trabte ein Hochzeitszug zur sel­­ben Zeit daher und überholte Ersteren ; im Hochzeitshause mag man schon den ersten Toast auf das Brautpaar ausge­­bracht haben, als die erste Scholle auf eine früh gelnischte Blume fiel. — Herr Moaleter beginnt schon mit der weiteren Verschönerung in der inneren Stadt. Die mittlere Allee der Heinen Promenade wird sehr verlängert und dürfte wahr­­scheinlich eine Fortsezung bis zum Elisabethplaß bekommen. Die Witterung ist äußerst günstig hiezu und ist zu wünschen, das dem Bestreben des um die Agenden des Ver­­schönerungs-Vereines so emsig bemühten Herrn der beste Erfolg erblühe! — Ein Treibjagen, welches von unserer Jagdge­­sellschaft­ unter Führung unseres wahren Nimrods Karl Fie­d­­ler am St.-Hubertstag am 3. b. stattfand, hatte folgendes glänzende Resultat : 13 Hasen, 1 Fuchs, A Wildfagen, 1 Uhu,­­2 Haselhühner, 1 Geier und 1 Sch­uereule. Weidmanns Sheil ! = Wichtige Concertnachricht. Am 15. d. Wird Frau Maria Wilt hier mit den ersen Professoren Major und Gig­mund Konzertiren. Vormerkungen bei A. Maurer.­­ — Der Planet Venus hat fest als Morgenstern seinen höchsten Glanz erreicht ; wer den Anbli> genießen will, muß allerdings zeitlich ausstehen. Die Venus ist sehr sogar hell genug, um sie bei Tage als seines Lichtpünktchen am Himmel wahrzunehmen. Im Fernrohr zeigt Venus recht eine Sichelform, wie der Mond zwischen legtem Viertel und Neumond. — An der hiesigen Lehrerpräparandie wur­­den Einige, welche die übrigen Hörer der Anstalt dazu ver­­führten, sich in einem Eingesendet in einem hiesigen Blatte gegen den Herrn Direktor E­r­d­ö­d­y aufzulehnen und dessen Verfahren öffentlich zu kritisiren, aus der Anstalt ausge­­schlossen. — Steuersachen. Die Fassionen über die Hau­s­­zinssteuer (diesmal für 3 Jahre) sind vom 15. 5. bis 30. d., die über die Erwer­bsteuer III. und IV. Classe (ebenfalls für 3 Jahre) bis 15. Jänner 1888, über die Hy­­pothekenzinsengenosse bis 31. Jänner 1888, über die Militär­­befreinungstaten bis lezten Februar und über das Einkommen der zur öffentlichen Rechnungslegung verpflichteten Anstalten von 15. bis 31. März 1888 beim städtischen Steueramte einzureichen. Näheres im amtlichen Jnseratentheile. — Zur Bestrafung säumiger Steuerpflichti­­gen hat man in Sachsen ein eigenthümliches Mittel erfunden ; man schließt die Betreffenden vom Besuche öffentlicher Echanf­­und Vergnügungslokale aus. Nach einem Regulativ wird Derjenige, dessen Staats-, Gemeinde-, Kirchen-, Armen- und Schulabgaben, sowie Schulgeld im Zwangswege nicht beige­­trieben werden können, durch Beschluß der Gemeindevertretung aus­gesclossen von dem Besu aller öffentlichen Vergnügungsorte, Gast­­wirthschaften, Schank und Tanzstätten, wenn die Zahlungsunfähigkeit des säumigen Abgabepflichtigen auf sein leichtfertiges Verschulden zurückzuführen ist. Sogar an Vereins­vergnügungen darf er nicht theilnehmen. — Der Streit im Soße der hiesigen orthodoxen­ israelitischen Gemeinde trennt die beiden Parteien in unversöhnlicher Weise. — Ein Schiedsgericht, bestehend aus den Rabbi von Nyiregyháza Ignaz Fried­­mann als Obmann, Wilh. Leichtmann aus Nagy- Mihály, Sig. Sofer aus Putnok, Wilh. Groß­­mann aus Hidveg-A­r­d 0, Jak. Zimmermann aus Sajó-St.-Peter als Reisiger und Dr. Holländer als Schriftführer, mußte entscheiden ; dasselbe, anerkannt von beiden Parteieien, trat zusammen und brachte am 28. Juli d. Z. ein ein­stimmiges Urtheil, nach welchem unter Andern M. Zafir als Mitvorstand der Gemeinde und Friedmann als Cassier an Seite des verklagten L­öw­y bis zu dessen Ausscheiden treten sollten. Dieses Schieds­­urtheil bestätigte das Cultusministerium mit 3. 34.404 vom 1. September 1. 3. — Gegen das Urtheil appellirte die Löw­­y - Partei und ist die Erledigung dieser Appellata noch nicht herabgelangt. Am 1. November verlangte Zafir laut Notariatsakt von Löwy die Ueberantwortung der Amts­insig­­nien und der Cassabücher, erhielt sie aber nicht und nahm die Polizei zu Hilfe, deren Intervention, jedenfalls auf Rechts­­basis der Urtheilskonsequenzen, auch eintrat. Bisher steht nach Unserer Ueberzeugung, soweit wir uns dieselbe durch Einblick­­ in die Originalschriften verschafften, das Recht bei der Anti- Löwy-Partei, wenn die Erledigung der Appellata nicht eine Aenderung herbeiführen sollte. — Eine Magd führte an einer Leine einen — Ma­ul­­ford, der Hund Dazu war ihr entsprungen und rathlos stand sie da, bis ihr jemand den Rath gab,­­ schnell davonzulaufen, denn der Render komme schon, sie zu arb­etiren. Wirklich kam schon Einer heran gallopirt und ein Glück, daß die Magd davonlief, denn derselbe schien die Absicht gehabt zu haben, sie jedenfalls mitzunehmen. Und nicht ohne Grund , war sie doch Schuld, daß sehr ein Hund ohne Maulfarb mehr herumlauft und da dieser, unbekannt wo, sich nicht einfangen läßt, konnte hier ganz gut die Ursache statt der Wirkung genommen und die Köchin als Faustpfand für­ den maulkorblosen Hund forma rectis arretirt werden. — Trotz Vacuumfässern wird doch in vielen Fällen die Räumung der Senfgruben mit den alten defekten Fässern vorgenommen, welche nach der Füllung so lange in allen Gästen herumfahren, bis sie allen Inhalt in zwei Berlenreihen verloren haben, die das angenehmste Aroma aus­­strömen, von welchem man selbst bei geschlossenen Fenstern aus dem Schlafe erwacht. — Ist die Benügung der Vacuum­­fuffer nicht obligat? — Kaschau bei Nacht. Ein hiesiger Herr mußte Nachts zum Doktor laufen und wurde in dem Schlossergäß­­chen von zwei Strolchen angepackt, denen er sich nur durch Geistesgegenwart und mit größter Anstrengung erwehrte; der herbeieilende Doktor stolperte in der splendid beleuchteten Haupt­­gasse zwischen Freiheitsplag und Theater über ein liebendes Paar, in häuslicher Beschäftigung begriffen. Das Alles sah die Polizei nicht! Als aber die Magd mit dem Rezept , auf welchem „eltissime“ vermerkt war, in die Apotheke eilte, erwischte sie ein Render und zog sie auf die Wache, wo sie sich endlich befreien konnte. Ist dazu unsere Polizei da?! Oder soll man in der Magd immer eine Ordonnanz mitgeben ? dringenden Fällen — Grundstückverkauf. Im Hotter von Kaschau sind 17 304 Wiesen und Felder zu verkaufen. Näheres im heutigen Inserate. — „I< möchte nicht hoch sein, wenn ich kein Fleisch-Extract hätte“, so schreibt der Verfasser eines der besten culinarischen Werke. (Diätetisches Kochbuch für Gesunde und Kranke von Dr. Wiel, Freiburg, Fr. Wagner), und meint des Weiteren: Das Liebig'sche Fleisch-Extract hat bereits eine große Verbreitung erlangt Man findet es bald in jeder Küche, betrachtet Die legtere macht davon einen ausgedehnten Gebrauch, es weniger vom Standpunkte des Nährwerts als den der Schmackhaftigkeit und bewußt dasselbe sogleich mehr als Geschmacksverbesserer, als Gewürz In dieser Beziehung leistet es in der That ausgezeichnete Dienste. Wie oft kommt der Fall vor, daß ein culinarisches Kunstwerk troß aller Sorgfalt nicht den feinwürzigen Geschma> hat, welchen man ss versprach. Da Hilft nun das Fleisch-Extract in den meisten Fällen trefflich aus der Verlegenheit. — Der Verfasser warnt nur mit Recht vor dem Zuviel-Nehmen. 3 Theater. Am­et Am 5. und 6. Sauen wir Fahl­egenheit, Frau S­z­e Riefen in vorzüglich zu ihrem Tem­­peramente passenden en zu sehen und zu hören und hat sich dieselbe sowohl als „Üdvöske“ als auch als „Parasztkis­­asszony“ den lautesten Beifall des stets gut versammelten Publikums erworben. Ihre Bettina und ihre Jolän waren auch so lebenswarme, natürlich gegebene und mit Leich­­tigkeit und Anmuth in Spiel und Gesang durchgeführte Figuren, wie man sie sich nicht besser denken kann ; für Bet­­tina war sie wohl ein wenig zu stark, aber muß denn so eine Mascotte immer auch eine Grille sein? Die übrigen Darsteller und der Chor zeichneten sich ebenfalls aus, beson­­ders Sziklay als Santa Matyi, C­atar als Pipo und Benedic 38 als Fatyol Gergely. Die drei jungen Leute Boronkay, Ardai und Relay sollten fleißig studiren, da­ sie ganz entsprechendes Talent verrathen. Die alte Garde Be­ddi, Tipak­­, leisteten Vorzügliches. — Das zweite Abonnement begann gestern den z. d. M. mit Ohnet's sensationellem Drama „Gräfin Sarah“ und verspricht die Direktion no im Laufe desselben „Mikado“ und „Francillon“ zu geben. Erstere Operette soll schon Samstag in Szene gehen. — Einige Herren schien täglich ihre „Flammen“ in's Theater, worauf wir die Sicherheitsbehörde wegen Feuer­­­gefahr aufmerksam machen. — Königliche Oper in Budapest. Vom 18. bis 23. b. wird die Gesellschaft Coquelins hier Dra­­menvorstellungen geben. Die Preise der Pläne für diese sind von 170 fl. für eine erste Rang- oder Parterre-Loge bis 6 fl. für den rechten Rang Sperrsiße. — Ein Musterpublikum. In der Canterbury Music Hall zu London brach vorigen Samstag Abends wäh­­rend der von mehr als 4000 Menschen besuchten Vorstellung in einer Loge im dritten Range Feuer aus. Das Publikum verlor indessen nicht seine Ruhe, sondern verließ das Haus langsam durch die zahlreichen Ausgänge, ohne das mindeste Gedränge, unter den Klängen eines vom Orchester gespielten Marsches. Der an sich unbedeutende Brand wurde rasch ge­­löscht, worauf das Publikum, welches draußen gewartet hatte, auf seine Pläne zurückkehrte und vom Direktor der Musikhalle wegen seiner Geistesgegenwart belobt wurde. 44­­ + "Anonyme W Briefe"). Was sich heutzutage inmitten unserer glänzenden, viel­­seitigen Errungenschaften auch sehr vervollkommnet hat, ist die Insulte — ein Geschoß, mit dem sich sehr leicht hand­ren läßt ! Man nimmt als Ersatz für Geist, Geschmack, Vernunft, Ehre etwas Ruß aus dem Kamin eines finsteren Empfindens, etwas Schmuß aus der Cloake eines unsauberen Herzens, etwas Koth aus der Pfütze eines schlechten Charakters, schleu­­dert das Ganze gegen das von ehrlich biederen Augen über­­strahlte Gesicht eines braven Menschen — die Heldenthat ist geschehen. So lange derartige Manöver mit offenem Visier und im Lichte des Tages inscenirt werden, sind sie nicht so gefährlich. Da ist die Möglichkeit geboten, den Gegner zur Rechenschaft zu ziehen, läßt es sich nach Umständen mit ihm debattiren, verständigen, vielleicht auch aussöhnen, kann man ihn auch vollständig ignoriren ; sobald sie aber in den Nebel der Anonymität schlüpfen ,­ sie so anonym wie möglich auftre­­ten , erhält die Geschichte ein unheimliches Colorit. Das führt zu den anonymen Briefen, jenen famosen Zuschriften, die unter allen Schriftstücken die fluchwürdigsten sind. Ein solch­ verpöntes Papier schlägt in den Frieden des Hauses plößlich ein wie eine Granate, scheucht den Schlaf, weckt die Sorge, quält Augen und Gedanken, den Bedrängten im dumpfen Unbehagen schlummerloser Nächte zurücklassend . . In der weißschimmernden, in üppiges Grün gebetteten Villa, in der thurmhohen, unter verschimmeltem Dache ruhenden Mansarde, im Prunkgemache des Thrones, im Dunstkreise des Souffleurkastens — überall der gleiche Erfolg. Vielleicht wird es der Wirkung nach nur von einem Schreiben übertroffen, von dem TodeZurtheile — übertroffen ? — nein, ist es der Wirkung nach an ihm gleichgestellt. Denn nur zu oft bildet ein anonymer Brief das Todesurtheil für die Ruhe der Familie, für­ Tage voll Glüh und blühenden Wohlstand — wohl gar für ein Leben. Ja wohl, leider ja, auch für ein Leben. Noch vor nicht langer Zeit wußten die Zeitungen hiefür einen neuen, düsteren Beleg. Eine herrlich erblühte, anmuth­­volle Jungfrau, die einzige, kaum zwanzigjährige Tochter eines angesehenen Bürgers in einer deutschen Residenz, hatte sich mit einem hochgeachteten jungen Manne verlobt. Als dieser seine Braut eines Tages besuchte, kam es zwischen den jungen Leuten zu einem äußerst erregten Wortwechsel. Der Bräutigam erhob gegen seine Verlobte verschiedene Vorwürfe, die später von der öffentlichen­ Meinung als unbegründet bezeichnet .) Autorisirter Abdrug aus dem soeben erschienenen interessanten wurden. Plößlich zog er ein Dolchmesser, stieß es tief in fein­ Herz und stürzte entseelt zu Boden. Und die Ursache ? Bei die e. der Leiche fand sich ein anonymer Brief, in welchem­ der jungen Dame auf's schändlichste verdächtigt wurde. 5 Gewiß eine prächtige Erfindung für den infamen Thäter­­einer solch” elenden Schufferei! Dies der feste Schild, hinter welchem sich schaurige Obscurität, mitleiderregende Inkompellenz, mikroskopische Unbedeutendheit am liebsten verbirgt; dies die­­stolz aufragende Burg, wo ungestraft zuchthausreife Schufterei­­über Moral, breitfluthende Unwissenheit über Gelehrsamkeit, waschechte Dummheit über Verstand am frechsten zu Gerichte­­zu figen wagt ; dies der höllische Schlupfwinkel, in welchem­ sich da Geziefer des Canaillenthums­ so zu Hause fühlt und­­so sicher herumfriecht. Spaßhaft berührt es, wenn man beobachtet, wie die­­anonymen Briefschreiber in lächerlicher Impertinenz gern für eine Gesammtheit reden, sich so eine Art Autorität zulegend.. Da­salbadern sie: „Die ganze Stadt verurtheilt Ihr öffentliches Auftreten“ =­ „Alle Welt ist entrüstet, weil —“, „Man hat allgemein daran Anstoß genommen, daß —" wäh­­rend sie doch schreiben sollten : „Meine lumpige Nullität, meine erbärmliche Incompetenz erdreistet sich, mitzutheilen .“ So ziemt er sich belarvten Gaunern, diesen aus dem­ finstern Lob der Anonymität herauszischenden Schlangen,­ denen Schopenhauer zuruft: „Hallunken, nennt euch! denn vermummt und verlappt Leute anfallen, die mit offenem An­­­gesicht einhergehen, das thut sein ehrlicher Mann, das thun. Buben und Schufte. Also, Hallunken nennt euch!“ Dabei erhigten sie sich in der Kühle ihrer Niedertracht, oft ganz hochgradig. Einer dieser anonymen Helden schrieb an eine Redaktion folgenden Stoßseufzer : „Ah — ach — nein, ich komme kaum zu Athem, weiß mich kaum zu fassen, weiß vor Erregung: Kaum die Feder zu halten, kann auch kein Wort schreiben, nein, kein Wort, kein einziges Wort. Nur hauen möcht ich, hauen, hauen — ach — ach, nur hauen !“ „3a, nennt euch, Hallunken !“ Sie thun es nicht, die Braven. Ihr düsteres Metier­­greift vielmehr weiter um sich. 4 O, es gibt nur zu viel von Bosheit durchfurchte Ge­­sichter, die sich gern zu schadenfrohem Lächeln verzerren, zu­ viel heimtückische Hände, die so gern die Brandfabel der Zwie­­tracht entzünden, zu viel verleumderische Herzen, die sich mit wahrer Wonne an fremden Qualen weiden. Und das mehr oder weniger auf allen Stationen des Alters, in allen Schich­ten der Gesellschaft. Kein warmer Hauch des Mitleids, nicht die leiseste­ Regung des Erbarmens für das bedrohte unglückliche Opfer . . Das Gift wird versprißt, die Kugel abgeschossen . . . Sie fliegt, sie pfeift, sie trifft­­ ganz gleich, was sie­­zertrümmert. Da ist ein junges, vom reinsten Glü> umsonntes Ehe­­paar. Er, ein zärtlich liebender Gatte, sie, ein in t­aufrischer Schönheit prangendes Weib, in dessen tiefdunklen Augen et­­­was von der Jugendseligkeit ihres Kindes erglänzt — ein liebendes Weib das auf ihren so viel Geduld und Entsagung erheischenden Pflichten lebt . . . Was, diese glückleuchtenden Wangen wären nicht fahl zu kriegen ? In Lächerlich ! so schöne Augen sollten keine Thränen steigen ? Ein paar anonyme Verdächtigungszeilen an den Gatten­ wirken Wunderdinge, besonders wenn sie verschiedentlich vari­­ert und in bestimmten Zwischenräumen wiederholt werden. Nun lebt wohl, ihr frohen Tage, lebt wohl, ihr schlum­­mersfüßen Nächte, leb' wohl, du sorgloser Blid, du helles Kinderlachen ! Ob ihr in alter Pracht jemals wiederkehrt, ach! wer weiß es ? Bangen, die Brust umschnürender Banz gen nistet sehr im Herzen. Seht, löbliche Polizei, löse deine Herkules-Aufgabe, ent­­puppe den Elenden, befreie die junge Frau aus der teuflischen, sie mehr und mehr zusammenziehenden Schlinge ! Vergebens! . . . Der letzte Hoffnungsschimmer erstirbt im Herzen der Bedrängten. Ein stillentragendes, schmerzvolles Dulden tritt an seine Stelle. Dazu wird die Einsame von allem möglichen Argwohne gemartert, und plößlich empfindet sie im Innern eine furchtbare Leere, das dunkle Vorgefühl eines großen Leides, einer schrecklichen Katastrophe, die mit Elementargewalt hereinbricht. Ist es dann gar so sehr zu verwundern, wenn endlich eine resolute Faust sich bei Gelegenheit selbst Hilfe verschafft,­ wie es in Frankreich Frau Clovis Hughes durch Erschießen ihres schändlichen Verleumders Morin gethan ? — Frau Clo­­vis Hughes, zu deren in tiefer Nacht erfolgten Freisprechung von Seiten der Geschworenen das ganze wachende Paris applaudirte ! Und welch’ ein schallendes Halloh, wenn es endlich ein­ mal gelingt, solch' einen emsig gesuchten Gesellen auszuspüren,­ ihm die Nebellappe der Anonymität abzureißen und ihm im Glanze der Tagesbeleuchtung, am Ohr gefaßt, herbeizuschlep­­pen! Wie erbärmlich sie da die Nachtente im Lichte der­ Sonne ausnimmt! Und wie innig sie wieder nach ihren Schlupflöchern verlangen mag ! Zumeist zeigt es sich dann auch, daß der anonyme Brief­­schreiber ein Mensch war, der sein Gewissen, wenn er jemals eines besessen, schon beizeiten abschaffte, weil er meinte, auf der Schifffahrt des Lebens muß man solde unnöthigen Ball fast über Bord werfen, erkennt man ferner, daß sich dieser Wicht alle vollgiftigen Anrechte zu einem Freiquartier im­ Zuchthause schon längst erworben. Karl Böttcher. fl. 50 kr. - Ein anonymer Brief! '. . . ; Buche: „Sünden unserer Zeit“, sociale Sittenbilder von Karl Böttcher. (Dresden, E. Pierson's Verlag). Preis 1 Original-Correspondenzen. Szepes-Bela, 3. November. Wegbauten in der hohen Tatra — Verkehr bei der Belaer Tropfsteinhöhle. — Dyptheritis 8. — Erntearbeiten. Für die hohe Tátra sind wieder einige Wegbauten in Aussicht genommen mit einem Budget-Präliminare von 2700 fl., welches in Ke8mark in der am 29. Oktober abgehaltenen Ge­­neralversammlung der Tátra-Sektion entworfen wurde. Die Haupttracen, die theils bereits in Angriff genommen sind, theils mit nächsten Frühjahr zu beginnen sein werden, sind : Der Weg von Tátrafüred zum Csorbaer-See, eine Fahrstraße in das Kohlbachthal, die Wege um den grünen und weißen See herum, dann die Verbindung durch die Kupferschächte­

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