Kaschauer Zeitung, Oktober-Dezember 1892 (Jahrgang 54, nr. 113-150)

1892-12-03 / nr. 140

­­ ep Ego et Pränumerationspreis Der „Kraschauer Bettung“ Für Rafgan : ganzjährig fl. 5.—, halbjähr. fl. it Postversendung: ganz]. fl. 6.60, fangen N 5 pi Sei Inseraten wird die sechsmal gespaltene Petitzeile berechnet. — Inseratenstempel 30 kr. für jede Anzeige. 2.50, vierteljähr. H. 1.25 und 3.30, 1.63 oder deren Raum mit 5 kr. Erscheint jeden Dienstag, Donnerstag, Redaction und Expeditions-Bureau Kaschau, Hauptgasse Nr. 64. Samstag. K­­­aschau, Samstag B. Accember­aschauer Zeitung. KASSA-EPERJESI ERTESITÖ. - er H­ämumerationspreis der „Kaschauer Zeitung“ Für Kaschau : Mit Postversendung : ganz­. fi. 6.60 Bei Inseraten, welche größeren Raum einnehmen und öfter eingeschaltet werden wird ein entsprechender Nachlaß gewährt. ganzjährig A. B.—, halbjähr. |. 4 alr T ps Keueste Nachrichten. Ungarn. Eine Anzahl Abgeordneter hat dem österr. Abgeordne­­ten Dr. Kronawetter ein Anerkennungsschreiben zu­­­kommen lassen, weil er anläßig des Vorstoßes, den die österr. Clerikalfeudalen gegen Ungarn, den Liberalismus und sogar gegen den Dualismus führten — mannhaft für Ungarn,­­und seine Freiheit eingetreten ist. Großbritannien. Die Königin ernannte den Generalmajor Gregor White „zum Oberbefehlshaber in Indien an Stelle Roberts. Frankreich. Der Generalprocurator Quernai de Beaurepaire „protestirte gegen die Thätigkeit der Panama-Kommission als einen Eingriff in die Aufgaben des Richterstandes. Bisherige Untersuchungen erwiesen, das Br. Reina­l von der Panamagesellschaft 9 Millionen Francs erhielt, die an politische Persönlichkeiten vertheilt worden sein sollen. Die Journalistik erhielt allein 20 Millionen aus dem Unternehmen. Spanien. Der Minister des Innern hat in Folge­­ einer Meinungsverschiedenheit in der Frage der Auflösung der Munizipalität von Madrid seine Demission gege­­ben. Die Königin Regentin hat ein Dekret unterzeichnet, durch welches der Vizepräsident der Kammer, Danwilla, zum Minister des Janern ernannt wird. Der Maire von Madrid wird seine Entlassung geben. Bulgarien. Der Fürst hat Nacs8evic8' Demission angenom­­men und den Justizminister Salabasheriw mit der Leitung des Finanzministeriums betraut. Ostafrika. Gegen den 10 September d. h. wurden nach den­­ Stanley-Fällen Nachrichten überbracht, nach welchen Capitän Jaques und die Begleiter der Antisclaverei-Ex­­pedition, sowie Capitän B­ia und Genossen, welche­­ in der Erforschung Kantap­a's begriffen waren, nieder­­­gemeßelt worden seien und die aufständischen Araber 17.000 Gewehre besitzen sollen. Nordamerika. Angesichts der Gefahr der Einschleppung der Cholera nach Amerika im kommenden Frühjahre beschloß das für Ein­­wanderungen eingesetzte Comité des Senats, sich zunächst nur mit der Frage des vollständigen Verbotes der Einwanderung für die Dauer eine 38 Jah­­r­e­­ zu beschäftigen. Aus dem Reichstage. — In der Sitzung des Abgeordnetenhauses vom 1. d. an wegen Einleitung der Neuwahl für Wahrmann verfügt. Der Gesetzentwurf über die Vertiefung des Kanals am Eisernen Thor wird in dritter Lesung ange­­nommen. Der Gesetzentwurf über die Nachtragszahlungen zu den gemeinsamen Ausgaben per 1889 und per 1891 wird ohne Bemerkung angenommen. Der Bericht über die Vizinalbahn Nag­y-Károly Som kut wird zur Kenn­tniß genommen. Der Gesezentwurf über die Modifikation des G.­A. XI: 1885 betreffend die Pensioni­­rung der Staatsbeamten wird unverändert an­­genommen. Nach dem Berichte des Immunitäts-Ausschußes werden wegen Vergehen des Duells etc. die folgenden Abgeordneten ausgeliefert ; resp. deren Immunität aufgehoben u. zw.: wegen Duellvergehen8 Karl Abränyi, Aurel Mü­n­­nich, Br. Bela Acz sl, Ludwig Charolsky, Geza L­u­by, Ludwig Clay (schon zur Abbüßung der Stägig. Strafe), Franz Sima.­­ — Wegen Vorschubleistung zu Duelle: Br. Bela Ambrózy, Gabriel Daniel, Julius Horvath, Ferd. Szeder­ Jenyi, Stefan Tipa, Ludwig Hentaller, Franz Fenyvessy, — wegen Verläumdung Bela Komjathy und Jul. Miklo8 und Franz Sima, — wegen Ehrenbeleidigung Stefan Vikar. — Das Abgeordnetenhaus hielt am 2. b. nur eine kurze Sißung, auf deren Tagesordnung blos die dritte Lesung der heute votiscten Vorlage über:die Modifika­­tion des G.­A. XI. 1885 betreffend die Pensionen der Staatsbeamten stand. Am Samstag hält das Abgeordneten­­haus seine Sitzung ; das Magnatenhaus wird am Samstag die Jademnity und einige andere Angelegenheiten von geringerem Belange in Berathung ziehen. Der Schluß der ersten Session dieses Reichstags-Cyklus erfolgt am nächsten M­ittag ; die zweite Session wird am darauffolgen­­den Tage eröffnet werden. Für die armen Kinder. Der Winter ist mit aller Strenge schon eingetreten, der Thermometer geht schon nicht mehr, außer auf kurze Zeit zu Mittag unter 4—5 ° minus; da behagt er wohl den besser situirten Menschen in ihrer warmen Stube beim wohlbel­egten Tische und vieleicht denkt so mancher, vielleigt auch recht Viele unter ihnen an die Armen, denen die Kälte so wehe thut, doH kommt es nur selten über den Gedanken an die hungernden und frierenden Männer, Weiber und Kinder hinaus ; ja wenn in demselben Momente Jemand da wäre, welcher eine Gabe für diese darbende und frierende Ar­muth übernähme — man würde gewiß gerne etwas geben — doch fehlt die Gelegenheit hinzu und selbst an Ort und Stell­e zu gehen, wo man sich der Liebesgabe entledigen könnte, wird im Drange der Geschäfte vergessen. So bleibt es bei dem Bedauern über die s­chlechte Einrichtung der Welt und dabei gibt ein Bettler dem Andern die Hand, erhält seinen Kreuzer und man beruhigt sich, weil man auch so für die Armuth genug gethan zu haben glaubt. — Diese Bettler könn­en aber das Bild der Mimuth nicht bieten, denn wir sehen sie die Branntweinsc­henken bevölkern, die erbettelten Kreuzer v­ersaufen — sie sind die wahren Armen nicht ! Sie verhindern nur, daß viele Menschen veranlaßt werden, für die wirklich Armen etwas zu thun, was deren versterte Noth lindern kö­nnte. Das Bild der Armuth ist für den Reichen zu nebelhaft verschwommen, als daß es jede Re­­gung des Mitleides zur That werden ließe, bei Vielen ist wieder der Begriff der allgemeinen Noth so groß, daß sie empfinden, abhelfen lasse sich ihr ja doch nicht. Da weisen die wohlthätigen Anstalten den richtigen Weg, wie Wohlthäter ihr Schärflein am besten zur Geltung bringen können, ohne es an Unwürdige zu verschwenden ; — die Vereine, welche für die Bekleidung der Kl­einen sorgen, stehen in erster Reihe da, die zarte Mensc­enknospe ist jn unserer Fürsorge am ersten werth und wann man sich fon befleißt, im Winter den Vözleins Nistkästchen zu bauen und Futter zu streuen, so ist er wohl nicht mehr a­ls billig, fi der armen Kinder zu erinnern, welche barfuß, in gänz­­lg zerrissenen Kleid­en, kaum nothdürftig bedeut zur Schule gehen mü­ss­e­n. Die anderen Kleinen können immer noch zu Hause gehalten werden und sind wenigstens nicht den Unbil­­den der Witterung ausgeseßt. Wie viele von den kleinen, vom Glücke Enterbten, sich e­­ : mem­m 4 Die heutige Nummer umfaßt 10 Seiten. Senilleten. Dämon Liebe. Roman in drei Bänden von Hermann Thom. Erster Band. (Nachdrug verboten.) Erstes Capitel. Wiesbaden ist ein Lieblingscurort der Engländer und­­ Russen. Zur Zeit unserer Erzählung im Jahre 18**, wo die Spielbank weg den Cursaal beherrschte, war es das Feld der Abenteurer und Glasritter, der Vereinigungspunkt zweideu­­tiger Charaktere, leichtsinniger Jünglinge, Professionsspieler und jener Unglück­chen, die ihr verlorenes Glüc beim grünen­­ Tisch suchen. Große Placate kündigten ein Ballfest am 24. Juli in­­den Cursälen an. An diesem Tage zeigte schon die Promenade zu früher Nachmittagsstunde eine außergewöhnliche Fühle. Die beiden Städte Frankfurt und Mainz hatten ein großes Contingent von schönen Mädchen und tanzlustigen Offizieren gestellt, und die österreichische Militärkapelle spielte die beliebtesten Weisen „mit ihrer weltbeberühmten Virtuosität. Die ganze elegante Welt von Wiesbaden versammelte ich in den Kursälen,­­die bei Beginn des Abends schon ge­drängt voll waren. Der erste Walzer war eben vorüber, als ein reizendes Paar, auf welchem alle Augen ruhten, den Saal durchschritt, um zu einer Fensternische zu gelangen, wo die Mutter „jugendlichen Tänzerin mit einer anderen Dame convertirte, der Das junge Mädchen von fabelhafter Schönheit war “Angelique d’ Andrieug, der Stern der Saison ; der junge­­ Mann ein Graf Tuczolka, Pole von Geburt, der in Ems die “Cur gebrauchte und sich vorübergehend in Wiesbaden aufhielt. „Er wollte eigentlich nur einige Tage verweilen, aber die­­ Liebe, die erste mächtige Liebe hielt ihn gefesselt. Ein Wermuthstropfen mengte sich in sein Glü>; er war arm, viel zu arm, um es wagen zu dürfen, um die „gefeierte Schönheit anzuhalten. Angelique war ein bezauberndes Geschöpf, geschaffen, „den Männern die Köpfe zu verdrehen, aber die schöne Hülle barg einen bitteren Kern. Bar jeder edlen Regung, herzlos,­­ gefallsüchtig, mit dem gefährlichsten Keim der raffinirtesten Koketterie in ihrem berühenden Wesen, war sie des großen „Herzens nicht werth, das sich ihr anbot. Liebte sie ihn ? — Er wußte es nicht. Er beschloß, erste Gelegenheit zu ergreifen, um seine Liebe zu bekennen, die Wenige Tage nach diesem ersten Balle saß Angelique auf einer jener Bänke, die hinter dem Teiche so einladend angebracht sind, und hörte mit niedergeschlagenen Augen den Liebesflüsterungen des jungen Polen zu. Zum ersten Male wagte er, von seinen Hoffnungen, von seinen Erwartungen zu sprechen, und hierbei entschlüpfte ihm unversehens das Geständniß seiner Armuth. Voller Anmuth lächelte Angelique und dann seufzte sie „Ah, Graf Tuczolka, wenn Sie nur reich wären, denn mein : elwr ist ein harter Mann, er wird nie seine Einwilligung geben !“ Graf Tuczolka bli>te in die wundervollen Augen, die ihm feucht vor Rührung schr­ien. In glühender Sprache beschwört er sie, ihm das Ver­­sprechen zu geben, keinen Anderen zu bevorzugen. Mit poc­hendem Herzen harrte er ihrer aber das junge Mädchen schweigt beharrlich, als ob Antwort, sie eine Ergänzung zu der gemachten Mittheilung erwartete, nach In der That, er hatte nur leicht seine Verhältnisse berührt.­­ Er lenkt das Gespräch wieder in die Bahn zurück, er beleuchtet sanguinisch seine Hoffnungen, er besißt einen reichen Onkel, dessen muthmaßlicher Erbe er ist, aber inmitten seiner glühenden Rede steht er vor dem Gedanken — Jahre können vergehen, ehe er in den Genuß des zu erwartenden Vermö­­gens gelangen würde. War es ein Dämon oder das finstere Verhängniß, das so oft auf den Menschen lauert, welches den Russen Orwidoff gerade vorübergehen ließ ? ! Eine große, hagere Gestalt, ein trogenes, bleiches Ge­­sicht, mit glühenden Augen und feinen, geschlossenen Lippen. Sein Bli> streifte das schöne Mädchen, während er den Gruß des jungen Polen freundlich erwiderte. „Wer ist dieser Herr ?" fragte Angelique. „Derr Orwidoff,­­ ein reicher Russe, der nie am Spiel­­tis< fehlt. N­­ich sah ich, wie er jzehntausend Franc3 einstrich.“ Angelique zeichnete mit ihrem Sonnenschirm Hiero­­glyphen in den Sand. „Haben Sie all schon Ihr Glüh an diesem grünen Tisch versucht „SH? ?" fragte sie zaghaft. Nein gewiß nicht,“ erwiderte er rasch. „Ich habe meinem Vater versprochen, nie zu spielen.“ Er sagte dies zögernd, als ob urprößlich er ihm ein­­leuchte, daß auc­ 4 er Glüh im Spiele haben könnte. Purpur­­röthe umgoß das edle Gesicht, der Gedanke selbst schien ihm ein Treubruch an seinem gegebenen Wort zu sein. Nach einer Weile seufzte Angelique. Er sah sie an, als ob er ihre innersten Gedanken er­­rathen wollte. „An was denken Sie?" fragte er scheu, fast furchtsam. „Mein Gott, wenn sie mich für einen Spieler hielte,“ dachte er bei sich. Sie errethete. „Soll ich es sagen?“ flüsterte sie in bezaubernder Ver­­legenheit. „Run denn, ich dachte, wie schade es ist, daß Sie nicht, wie der glückliche Russe, alle Abend zehntausend Franc 28 ein­­streichen können.“ Und das sagte sie mit dem silbernen, kind­­lichen Klang ihrer reinen Stimme und durch die gesenkten Wimpern drückte sich eine Thräne. „Angelique ! Sie lieben mir — rauben Sie mir nicht mein jung gebornes Glü>, lassen Sie mich hoffen und ich­­ auf Mittel sinnen, Ihnen ein Vermögen zu Füßen zu egen.“ Sie entzieht ihm die Hand, aber sie lächelt durch diese eine Thräne und nicht halb und halb zustimmend dem Glück­­lichen zu. In diesem Augenblicke tritt die Mutter heran, die auf kurze Zeit, vieleicht nicht ganz ohne Absicht, auf einer der nächsten Bänke, bei einer Bekannten geplaudert hatte. „Ich denke, wir suchen den Schatten auf, Angelique, hier ist es zu warm,“ „sagte sie, kühl den jungen Mann musternd. Graf Tuczolka, der sich erhoben hatte, nimmt Abschied. Die Veränderung in dem Verhalten der Mutter befrem­­det den Grafen. Vor einer Stunde so freundlich, jezt kalt bis an's Herz. = Was kann die Ursache sein? — Vielleicht war es ihr unangenehm, daß er sich zu ihr seßte. Er hofft auf den Abend im Cursaal. Einen glühenden Bli auf das junge Mädchen werfend, entfernt er sich. Die Baronin schlägt­­ mit ihrer Tochter die entgegenge­­fegte Richtung ein. “ " „Hat er um Deine Hand angehalten?" fragte sie ängstlich. „Nein , aber = “ „Er hat von Liebe gesprochen ?" Angelique flüstert ein schüchternes , ya, Mama.“ „Aus dieser Heirath kann nichts werden,“ erwiderte rasch Baronin d' Andrieux. „Er ist arm, sehr arm, wie ich soeben in Erfahrung gebracht. Sein Aufwand ist geradezu „räthselhaft.“ „D, Mama, ich glaube, er hat Hoffnungen, sehr be­­deutende Hoffnungen.“ a Alle­dings, diese Hoffnungen sind aber sehr proble-

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