Kaschauer Zeitung, Januar-März 1899 (Jahrgang 61, nr. 1-38)

1899-01-14 / nr. 6

. Einundsechzigster ! „Jahrgang 1899. Kal, Erscheint jeden Dienstag, Donnerstag und Samstag. Redaction und Expeditions-Bureau: Kaschau, Hauptgasse Nr. 64. | | Für €­ € = #1­2.2: Mit Postversendung­­.. .. ... Kaschau, Samstag 14. Januar, aller Zeitung,­er der „Kaschauer Zeitung“: ganzjährig fl. 5.—, halbjährig N 2.50, vierteljährig fl. 1.25 ganzjährig fl. 6.60, halbjährig fl. 3.30, vierteljährig fl. 1.65 Man pränumerirt am besten direkt und mittelst Postanweisung. Bei Inseraten wird die sechsmal gespaltene Petitzeile oder deren Raum mit 5 kr. berechnet. Inseratenstempel 30 kr. für jede Einschaltung. Inserate werden in ungarischer u. in deutscher Sprache aufgenommen. KASSA- EPERJESI ERTESITO. mm. A Nachrichten. Neueste Ungarn. Die Wünsche der ganzen Opposition bestehen in : De­­mission des Gesammt­abinetes ; Aufnahme des Ergebnisses der Compromißverhandlungen in's Program", des künftigen Ka­­binets; Regelung der wirthschaftlichen Beziehungen zu Oesterreich bei dortigen verfassungsmäßigen Zuständen, event. Separi­­rung , Aenderung des Wahlgeleges, Ausdehnung des Wahl­­rechtes, durch Herabsetzung des Census, Revision des Inkom­­patibilitätsgesäßes, Reinheit der Wahlen und Gerichtsbarkeit der Curie Das in Wahlsachen, ist das Gros der Bedingungen, welche die Oppo­­sition formulirt, wenn sie die Obstruktion einstellen und die Indemnity, das Ausgleichsprovisorium, die Rekrutenvorlagen und das kroatische Ausgleichsprovisorium votiren soll. Br. B ä­nffy wird darüber vorerst dem König Be­­richt erstatten, ehe er die Bedingungen der Regierung vorlegt. Gri Geza Appony i­st aus der Volkspartei aus­­getreten. Oesterreich. Der oberste Gerichtshof entschied in einem concreten Falle, daß sowohl die cze his<e, als auch die deutsche Sprache bei allen Aemtern des Königreiches Böhmen als landesüblich und gleichberechtigt zu gelten habe ; dieß beruhe auf dem kais. Cabinetschreiben vom 8. April 1848, dem bisher nur laxe Folge geleistet wurde, dessen Befolgung bloß die Sprachenverordnungen Badenis anordnen. Diese Entscheidung hat bei den Deutschen in Böhmen große Consternation hervorgerufen, welche A out prix nicht böhmisch lernen wollen, von den Czechen aber verlangen, daß sie deutsch sprechen sollen. Rußland. Großfürst Paul Alexandrowitsc wurde un­­ter gleichzeitiger Beförderung zum General-Lieutenant Komma­ndeur des Gardekorps ernannt. zum Die Stellung des Fürsten Jmeretynski ist ernstlich ex­­< üti­ert Als sein Nachfolger gilt der we­­gen seiner polenfeindlichen Gesinnung bekannte General K­o­­maroff, der einstige Sieger von Kars. Deutschland. Sofort nach der Proclamirung des Friedens soll Deutschland von den Carolinen Besig ergreifen, nachdem Alles zwischen Deutschland und Spanien abgemacht ist. Der Kaufpreis beträgt mehrere Mil­­lionen Mark. Frankreich. Die französische Nordbahn hat geheimen Befehl erhal­­ten, ihr Material zur Truppenbeförderung nac Paris bereitzuhalten. Spanien. Minister- Präsident Sagasta begab sich am 10. in den Palast der Königin-Regentin und konferirte mit ihr eine Stunde. Einem Interviewer gegenüber erklärte Sagasta, es bestehe keine Krise. Das Kabinet habe keinen Grund, die Vertrauensfrage zu stellen. Er glaube, „daß er sich den Cor­­tes vorstellen werde. Türkei. Die Pforte hat die Neuarmirung der ersten drei Corps mit Schnellfeuergeschoßen angeordnet und für 2 Millionen Material angekauft. Abyssinien. Nach der vollständigen­ Niederlage Ras Mangascha's wurden dessen theilweise auf italienisches Gebiet übergetre­­tene Truppen entwaffnet. Hiedurch haben sich die Beziehun­­gen Italiens zu König Menelik noch mehr gebessert und ist der leste Rest der Kriegsbefürchtungen geschwunden. Philippinen. Die Lage wird immer kritischer, jedoch ist die Möglich­­k einer friedlichen Lösung nicht ausgeschlossen. Die Behör­­den an indessen en. Die Truppen ste­­hen unte Waffen. Viele Eingeborene verlasse­n Manila. In einer neuerlichen Proklamation droht Aguinaldo, er werde die Amerikaner von den Inseln vertreiben und ruft Gott zum Zeugen an, daß wenn Blut fließt, die Amerikaner die Verantwortung tragen.­ ­ 7 Aus dem Reichstage Am 11 Jänner wurden im Abgeordnetenhause vier Abstimmungen über Anträge Pol­ony­s (statt „Januar“ — „Tel hava" zu schreiben), Szl­uh­as (statt­dessen Wiz­­kereszt hava), Blasko ichs und Kubik's abgehal­­ten und deren Anträge abgelehnt. H­o >'s Antrag, statt „hava" — „hönapja“ zu schreiben, wurde vom Präsidenten zurückgewiesen, nachdem Polönyis Antrag auf " hava" schon abgelehnt war. Während den Abstimmungen konferirten die Oppositions­­parteien unter­einander und dann mit Cs­aky, Szilá­­gyi und Andrássy Am 12. b. kamen Abstimmungen vor über die Be­­willigung­ der Reden Kubik's (wegen Ventilirung des Hauses),­ Säghys (wegen Consumsteuern) und F 4­y's (über die schweren Lasten des Volkes), die abzuhalten mit Mehrheit n­ich­t angenommen wurde. Ueber Hentaller's Antrag auf Verlesung des ah. über die Plazirung der Parteien im Hause und Blasikovich's wegen Einschaltung des Haustelefons in das Landestelefon­­weg — wurde die Abstimmung auf Freitag verschoben.­­ Handschreibens vom 3. Oktober 1848, Buzanth's Ordinations-Anstalt für Nerven-Krankheiten und Frauenleiden des Dr. Theodor Szörenyi Rákóczy­­körut 13. — Empfängt von 12—5. Die heutige Nummer umfaßt 6 Seiten. | 7Local-Nachrichten. — Griech. Neujahr. Unsere griech.-kath. Mitbür­­ger feierten gestern den 13. d. den Neujahrstag 1899 und hell und Klangvoll ertönten die neuen Glo>en ihrer Kirche, ihre Angehörigen zur Festfeier rufend, welche Hw. Domherr Julius Wißloczky celebrirte Unsere besten Glückwünsche allen Angehörigen der gr.­­kath Kirche in Kaschau zum Jahreswechsel ! — Ausweis der Volkssache des isr. Frauen­­vereins. Die verlaufene Woche wurden 455 Personen gespeist, davon haben bezahlt 13. Gespendet haben : Herren Heinrich F­r­an­k's Söhne 10 fl., Frau Anna Lichtenegger und Herr Adolf Farkas je 5 fl, Herr Wilhelm Knöpfler, Frau Ewe Wirtscafter und Frau Sophie Weiß je 3 fl., Frau Alice Scharmann 1 fl., — wofür der isr. Frauen­­verein seinen innigsten Dank ausspricht. Trauungen. — Morgen den 15. d. Nachm. 2 Uhr findet im hies. Cultustempel die Vermählung des Herrn E u. Post- und Telegrafenbeamten Eugen V­ez­er mit Fräulein Cornelia Paßzauer statt. Ernennungen. — Bla Gáspár zum Gerichts-Vicenotär in Sz.­­Somlyó. — Alexander Rosenberg zum Steueroffizial in Matepalka.­­ — Alexander M­a­rikovsky zum Steueradjunkten in S.-A.-Ujhely. — Versetzt wurde auf eigenes Ansuchen der Bezirks­­richter Arpád Na­das vom ©­lp­eser zum Iglver Be­­zirksgerichte. Mazinezy­kör. — Heute findet Abends­­­,6 Uhr im Prämonstraten­­ser-Obergymnasial-Saale die sechste Vorlesung in dieser Win­­tersaison statt u. zw. wird Herr Academieprofessor Dr. Bol­­tan von Rat­h über den „Sozialismus“, Professor Hr. Theodor Strache über den „Frauencultus in den mitteleltetkbar 3 Liebesliedern“ und Herr Nicolaus Csoma „Aus dem Tagebuche meines Freundes“ vorlesen. Entree 10 kr. — Heute ist der Ball der jungen Kaufleute, dessen Besuch ein sehr starker zu werden verspricht, denn die Herren Chefs haben zahlreich ihre Theilnahme zugesagt und haben sehr Viele vom großen Publikum Karten gelöst, so daß eine recht animirte Unterhaltung zu erwarten ist, de­­ren materieller Erfolg wohl auch nach Ei sich gestal­­ten wird. Den regsamen Arrangeuren ist es nur zu gönnen, wenn sie­ im glänzenden Erfolge Genugthuung und Belohnung ihres Strebens finden, den Angehörigen und Nahestehenden ihres Vereins, sowie dessen Freunden einen gemüthlichen Abend und dem Bereinsfonde eine erklerliche Zubuße zu verschaffen. .­ ­ Feuilleton. Moderne Römer. Roman von Reinhold Ortmann. „Und wie geht es zu, daß der Name dieser Cousine, deren Person heute urplötzlich eine so ungeheure Wichtigkeit erhält, bisher kaum jemals zwischen uns genannt worden ist?­ch weiß, in der That nicht mehr von ihr, als daß Du ihr Vormund bist und ihr Vermögen verwaltest. Nicht ein­­mal über den Grad unserer Verwandtschaft bin ich ganz im klaren,­­ um wie viel weniger über ihren Aufenthaltsort und ihre näheren Verhältnisse I" Ich hatte bis zu dieser Stunde wirklich keine Veran­­lassung, Dich mit unerquicklichen Familiengeschichten zu fa­­tiguiren, mein lieber Lascar, und ich werde mich mit Deiner Erlaubniß auc­hezt auf das Nothwendigste beschränken. Prinzessin Maria ist das einzige Kind meines älteren Bru­­ders, des Fürsten Carol, der bereits vor zwölf Jahren dies mühevolle Daseien mit einem besseren Leben vertauschte. Sie muß nach meiner Berechnung vor ungefähr sechs Monaten ihr siebzehntes Lebensjahr vollendet haben, und Du magst daraus ersehen, daß ich keineswegs die Absicht habe, Dich an ein bejahrtes und abgeblühtes Fräulein festzuschmieden." „Lassen wir meine Heirath vorderhand noch bei Seite, wenn es Dir beliebt, Papa,“ fiel Lascar ungeduldig ein. „Meine Cousine ma! Sie ist also vollständig verwaist ?" verlor ihre Mutter, als sie das zweite Lebensjahr noch nicht vollendet hatte. Es waren da sehr unangenehme Geschichten vorgefallen zwischen meinem Bru­­der und seiner Gemahlin, die beiläufig bemerkt etwa vier Jahrzehnte jünger war als er; und an dem nämlichen Tage, an welchem die Bessezung meiner schönen Schwägerin er­folgte, sah­ sich ihr Gatte veranlaßt, auch das Kind aus sei­­nen Augen zu entfernen. Du verzichtest wahrscheinlich darauf, auch die Einzelheiten jener fatalen Ereignisse zu erfahren.“ „Gewiß! — Sie interessiren mich durchaus nicht ! Aber wo ist denn das Mädchen aufgewachsen, wenn nicht in seinem Vaterhause ?“ „Mein Bruder war ein alter verbitterter Sonderling, der in seinem Eulennest wie ein mittelalterlicher Einsiedler hauste und von der großen Welt nichts anderes wußte, als was er von seinen Heidelberger Studentenjahren im Gedächt­­niß hatte, und was er sich aus Büchern und Zeitungen zu­­sammenreimte. So hatte er denn wahrscheinlich auch über Kindererziehung seine ganz besonderen Begriffe, und ich will nicht entscheiden, wie weit ihn dabei die üblen Erfahrun­­gen beeinflußten, die er mit seiner jungen Frau gemacht hatte. Weil in seinen Augen Deutschland die wahre Heimath­aller weiblichen Tugenden war, schi>te er die Kleine nach Dresden in eine Familie, die ihm von irgend jemanden empfohlen worden war, und verfügte zugleich, daß sie in ganz einfachen Verhältnissen erzogen werden solle. Selbst ihr Rang und der ruhmreiche Name ihres Geschlechtes mußten ihr auf seinen ausdrücklichen Befehl verschwiegen werden. Sie führte den Mädchennamen ihrer Mutter und hieß in Deutschland einfach Maria Negruzzi — ohne jedes Adels­­prädicat. Es war ineinem armen Bruder, wie gesagt, nicht vergönnt, die Früchte dieser eigenartigen Erziehungsmethode selbst zu ernten; denn sein Töchterchen war wenig mehr als fünf Jahre alt geworden, da er starb Wie er aber während seines ganzen Lebens ein eisenharter Starrkopf gewesen war, so hatte seinen Tod er auch rechtzeitig dafür Sorge getragen, daß durch an der Ausführung seiner Pläne nichts geändert würde Er hatte ein Testament gemacht, das in allen Stüden des vereinsamten Sonderligs würdig war. Sein gesammtes Vermögen — und es war um mehrere Millionen größer, als ich vermuthet hatte hinterließ er der Prinzessin Maria. Sonst hatte er keine Menschenseele, nicht einmal die ältesten und treuesten unter seinen Dienstboten, auch nur mit einem einzigen Ducaten bedacht. Wir Beide gingen natürlich eben­­falls vollkommen leer aus; abgesehen davon, daß mir bis zum vollendeten achtzehnten Lebensjahre Maria's die alleinige Verwaltung des gesammten Nachlasses übertragen und da­­für eine bestimmte — ziemlich geringfügige — jährlich - Entschädigung zugesichert wurde. Ich war also der Vormund meiner Nichte, aber es waren mir in dem Testament meines Bruders genau formulirte Vorschriften gemacht, welche mir die Ausübung meiner Pflichten wesentlich erleichterten. Bis zu jenem achtzehnten Geburtstage sollte sie nämlich eigenen Meinung und für ihre gesammte Umgebung in ihrer einfach Maria Negruzzi bleiben und in einer guten deutschen Pen­­sion erzogen werden, wie die Tochter irgend eines schlichten, mäßig begüterten Mannes. An dem gedachten Tage erst sollte sie von ihrem Reichthum und von ihrem hohen Range Kennt­­niß erlangen, und ich sollte gehalten sein, ihr Rechenschaft zu geben über meine Vermögensverwaltung. Diese Verfügun­­gen waren zwar unverkennbar ein Ausfluß vollendeter Ver­­rüctheit , aber da niemand da war, »welcher ein Interesse daran gehabt hätte das Testament anzufechten, so trat es eben einfach in Kraft, und ich habe seine Bestimmungen bis zu dieser Stunde buchstäblich erfüllt." „Wie, Papa? — Meine Cousine wüßte wirklich nicht ." „Daß sie eine Prinzessin Caragiali und die glückliche Besitzerin einer hübschen Anzahl von Millionen ist ? —­ Nein, sie hat davon keine Ahnung, und es befindet sich meines Wissens niemand in ihrer Umgebung, der imstande wäre, es ihr zu verrathen.“ „Aber das ist eine Narrheit, nein, ein Verbrechen­­ ge­­gen das arme junge Mädchen ! Diese lächerliche Verfügung eines alten Thoren stiehlt ihr die Freuden des Lebens wäh­­rend ihrer schönsten Jugendjahre." „Deine Theilnahme für Maria Caragiali erfreut mich aufrichtig, lieber Lascar. Ich nehme sie für die verheissungs­­volle Berläuferin einer wärmeren Empfindung. Im übrigen kann ich das Unglü> denn bed­ nicht für ganz so herzzer­­reißend halten. Mit achtzehn Jahren ist man nur jung genug, um die Freuden des Lebens — wie Du es nennst — voll zu­ genießen, und die bisherige Unbekanntschaft mit ihnen kann nur dazu beitragen, ihren Reiz zu erhöhen." (Fortsetzung folgt.)

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