Kirchliche Blätter, 1920 (Jahrgang 12, nr. 1-52)

1920-02-14 / nr. 7

33­ 6.Vom­ weitern Schulbesuch können durch das Presbyterium­ au­sgeschlossen werden: a)Ue der Antrag der Lehrerkonferenz jene Schüler,die im Laufe eines Monates m­ehr als 30 oder im Laufe eines Schuljahres mehr als 100 Stunden aus einem andern Grunde ald wegen eigener Erkrankung oder schwerer Kranteil eined Familienangehörigen oder wegen Mangel an Winterfleidern versäumt haben. b) jene Schüler, deren Eltern (Vormund) binnen einem Monat nach erfolgter Verständigung die Schulversäumnisstrafe nicht gezahlt, bez­­iehungsweise den im P­unktt­ob erwähnten Nachweis nicht erbracht haben oder c) deren Eltern das Schulgeld bis 31. Dezember des betreffenden Schuljahres nicht gezahlt haben. 7. Ein vom Schulbesuch ausgeschlossenes Kind kann der Ablauf eines Jahres, vom Schluß des be­­treffenden Schuljahres an gerechnet, in dieselbe Volt3- Schule nicht wieder aufgenommen werden. 8. Evangelischen Schülern kann Befreiung vom ganzen oder halben Schulgeld in besonders berid.­­sichtigenswerten Fällen vom Presbyterium gewährt werden. Ein Erlaß der Schulversäumnisstrafen ist unzu­­lällig. ©. 8. Was ein Pfarrer zu tun hat. Im Dienst der Jugend. (Fortlegung). Die Widerspenstigkeit einiger Burschen gegen den Schulbesuch ward unwesentlich auch dadurch mit über­ Wunden, daß andere, angeregt vom Pfarrer, sogar nach der Heimkehr vom M­ilitärdienst die Schule besuchten. Deren Beispiel galt um so mehr, als sie in diesem Dienst Unteroffiziere geworden waren, ihrer zwei sogar die Höchste Charge und zwar bei der Artillerie errungen hatten. Einer von diesen war dor dem Beginn der Militärjahre Altknecht gewesen,­­welches Amt er bei Antritt jenes höheren Dienstes natürlich nicht das ganze Jahr hindurch führen konnte. Die Bruderschaft folgte dem­ Rat des Pfarrers und wählte den alten Bruder, den gewesenen Soldaten, noch einmal zum Altnrecht. Er war eine Freude, wahrzunehmen, wie­­­ieser Alt­recht, an sich ein sanfter Mensch, durch sein Beispiel seine Genossen zu willigem Gehorsam gegenüber aller Ordnung führte. Mit Nachsicht auf solche ertrachtene Schüler ward im Rechenunterricht auch auf das wirtschaftliche Leben und dessen planmäßige Führung Bedacht genommen. Dabei ward natürlich auch vom Schuldenmachen gesprochen und von der Hilfe, die die neu entstan­­denen Kassen bei diesem ernsten Geschäfte leisten könnten. Einem der Burschen, eben dem Altknecht, war die teilweise Nachzahlung von Darlehen ein erwünschter Weg, um sein gefährdetes väterliches Erbe fach zu erhalten. Ein­ Darlehen bei einer städtischen Kasse schüttete sofort die wucherlichen Gläubiger aus, denen der Rater, Leider der­ ungenaue Verwaltung des Steuereinheber-Amtes verschuldet, verfallen war. Die fleißige Bewirtschaftung des väterlichen Erbteiles ermöglichte die künstliche Abzahlung der halbjährlich fälligen Darlehensraten, und noch ehe die in Aus­­sicht genommene Tilgungsfrist verstrichen war, hatte der inzwischen verheiratete junge Mann seinen Grund­­besiß lastenfrei. Wenige Jahre darnach wählte ihn die Gemeinde zum V­orstand. Er hat erklärt, jene Rettung seiner Habe und wo er geworden sei in des Kaisers Dienst und daheim, das dante er den Be­­lehrungen des Pfarrers. Dieser darf das weiter erzählen, ohne Ruhmredigkeit, nur um sein Amt zu schüßen vor der Berleumdung, die Träger dieses Amtes hätten nichts zu tun. Selbst die Wider­­spenstigsten mußten sich schließlich beugen unter die Bruderschaftsordnung, besonders unter die der Schule und die Erfahrung hat er bewiesen, daß vorzüglich durch die Zucht jener Ordnung die Unbändigen in Schranfen gehalten und im Leben tüchtige Bürger der Gemeinde geworden sind. Im Lichte solcher Erfahrung können alle Verdrießlichkeiten vergessen werden, die dem vornehmlichen Handhaber jener Ordnung, dem Pfarrer, nicht ernspart geblieben sind. Das Leid ist ja verschwindend gegenüber der Freude am Guten. Dem Unrecht aber, das die Verleumdung heute am Pfarramt begehen will, möchten Weiße­­rungen, wie die dieser Zeilen begegnen. Mit der Hortbildungsschule ist die Sorge des Pfarrers für die Jugend nicht erschöpft. Im Sommer gestaltet sich ja die Vesper immer mehr zu einen Jugendgottesdienst. In erster Reihe handelt sichs dabei um Förderung des religiös-sittlichen Empfin­­dens der Jugend durch Kenntnis und­­ Verständnis unserer Tib­lichen Bücher, des Gesangbuches, der BVeritopen und anderer wertvoller Abschnitte der Bibel. Ob die Verfechter angeblicher Geistesfreiheit, deren einer auch unter uns unlängst in der Kronstädter Zeitschrift "Das neue Ziel" gegen die Bibel eiferte, sich nicht verpflichtet hab­en sollten, an diesem ehrwür­­digen Buch­ das Wertvolle, Ewige, das Wesen der Religion zu scheiden von dem, was mit der Zeit, in der er entstanden, vergangen und überwunden ist? Diese „Biel’-Stimme forderte eine nochmalige Re­­formation. Ihr Träger vergaß dabei, daß das von ihm gegeißelte Zelotentum, das auch die nicht zur Religion gehörigen Dinge der Bibel Heilig gehalten haben will, in unserer Riche nicht gilt. Hier gilt nur die Heiligung der Menschenseele, damit vieje fled­enlos dem Heiligen, Gott, nahen fünne; gilt nur das Suchen der Seele nach solcher Reinheit in Gott, gilt natürlich auch die tiefe Trauer der Seele, wenn sie, in Schuld verstrich, ji von Gott entfernt. Hier gilt das Jauchzen, wenn doch Neue und Buße die Schuld gesühnt ist und die versühnte Seele Gott und seinen Frieden wieder gefunden — alle diese Vorgänge in der Seele, die zum Wesen der Religion gehören, wo sollten sie denn sonst in unmittelbarer, oft geradezu ergreifender Wahrheit dargestellt werden, als in den Büchern der Bibel, bei den Propheten, 7

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