Acta Historiae Artium 36. (1993)

1993 / 1-4. szám - Gy. Török: Andor Pigler 1899-1992

4 ANDOR PIGLER 1899—1992 nes Lebens widmete er jedoch dem Museum der Bildenden Künste in Budapest, wo er unmittelbar nach seiner Pro­motion im Jahre 1922 als Konservator arbeitete. Später lei­tete er die Gemäldegalerie und wurde 1956, als Krönung seiner Laufbahn, zum Generaldirektor des Museums ernannt. Dieses Amt behielt er bis zu seiner Pensionierung im Jahre 1964, stand aber weiterhin, bis zu seinem Tode, dem Mu­seum mit Rat und Tat zur Seite. Trotz oder gerade wegen seiner zurückhaltenden Persönlichkeit wurde Andor Pigler von allen Seiten Sympathie entgegengebracht, seine Beschei­denheit ist legendär. Das Museum der Bildenden Künste der zwanziger Jahre, in das der begabte junge Kunsthistoriker eintrat, wurde unter der I j'itung von Elek Petrovics seit 1914 zu einer modernen Institution, in der sehr viel Wert auf die Qualität der Samm­lungen, der Anordnungen der Ausstellungen sowie auch auf deren Bearbeitung gelegt wurde. Pigler, der sehr bald Petrovics’ rechte Hand wurde, hat diese Tradition des I lau­­ses auch über schwierigste Zeiten hinweg beibehalten und, was z.B. Ausstellungen und Bestandskatalog betrifft, zur Vol­lendung gebracht. Nicht umsonst hat das Museum im Laufe seines Bestehens eine Reihe von Herderpreisträgem hervor­gebracht, unter denen selbstverständlich auch Andor Pigler war. Bei der Neuaufstellung der Gemäldegalerie hat Pigler eine Ijeistung von höchstem internationalem Rang erbracht. Charakteristisch für seine Ausstellungskonzeption ist vor al­lem, daß die Gemälde nicht nur nach chronologischen Ge­sichtspunkten oder nach Stilschulen präsentiert werden, son­dern daß vielmehr als oberstes Ziel eine ästhetisch harmo­nisch!; Anordnung, ein homogener Gesamteindruck ange­strebt wird. Nach der Gründung der Nationalgalerie im Jahre 1957 gewann Andor Pigler vier Säle für die spanische Male­rei. So konnten die großen Spanier wie Greco, Murillo, Ribera und Zurbaran sowie Goya und Velazquez in Un­garn das erste Mal ihrem Rang entsprechend präsentiert werden. Seit der Jahrhundertwende ist im wissenschaftlichen Leben der europäischen Museen der Bestandskatalog eines der wichtigsten Arbeitsinstrumente der Kunsthistoriker. Pigler hat den ersten vollständigen Katalog der Gemäldesammlung schon 1937 auf Ungarisch veröffentlicht. Auch die zweite, stark erweiterte Auflage von 1954 erschien wiederum auf Ungarisch, während die bisher letzte Ausgabe, von 1967, auf Deutsch publiziert wurde. Diese Kataloge bilden eine wichtige Grundlage in der Arbeit des Museums, da sie von derart hoher Qualität und umfassendem Informationsgehalt sind, daß sie geradezu als Musterbeispiele für diese Textsorte gelten können. Pigler publizierte aber auch in diversen in­­und ausländischen Fachzeitschriften. So 1936 in Bolletino d’Arte, wo er das Thema des berühmten Giorgione im Kunsthistorischen Museum in Wien, der sog. „Drei Philo­sophen“, als „Abraham lehrt die Ägypter die Astronomie“ bestimmt. Diese Interpretation hat ihn bis zu seinem Tode beschäftigt. Seine Barockthemen, die erstmals 1956 erschienen und denen fachliche Anerkennung aus aller Welt zuteil wurde, bezeichnete Pigler selbst immer nur als „Nebenprodukt“ seiner langjährigen Beschäftigung mit der Ikonographie des 17. und 18. Jahrhunderts. In diesem Sammelwerk werden jedoch mehr als 1000 Themen religiösen und profanen In­halts abgehandelt und für den Kunst-, Kultur- und Literatur­historiker aufgearbeitet. Auf dem Gebiet der Profanikono­graphie hat Andor Pigler zweifellos den I /iwenanteil geleistet, da bis dato über eine große Anzahl von Themen noch über­haupt keine Untersuchungen Vorlagen. Vermittels ihrer Quel­lenangaben und Reproduktionsnachweise bietet die Arbeit auch über die bloße Materialsammlung hinaus — die sich im übrigen nicht nur auf den heutigen Denkmälerbestand, sondern auch auf nur in schriftlichen Quellen überlieferte Kunstwerk!; erstreckt - eine verläßliche Anleitung zur Er­schließung und Erfassung ties umfassenden ikonographischen Systems. Diese bahnbrechende Arbeit findet sich heute in allen Bibliotheken, neben so wichtigen Handbüchern zur Ikonographie wii; denen von Künstle, Mâle, van Marie, Kaftal und Knipping. Dii; zweite Auflage erschien im Jahre 1974 und wurde um rund 5000 Beispiele erweitert. Pigler selbst hat in zahlreichen seiner Aufsätze immer wieder aufgezeigt, wie man dieses epochale Nachschlagewerk gewinnbringend nut­zen und interpretatoriseh umsetzen kann. Als Beispiele seien hier genannt: Cimon und Pero (Petrovics-Feslschrift, 1934), Astrology anil Jerome Bosch (Burlington Magazine, 1950), Neid und Unwissenheit als Widersacher der Kur ist (Acta Históriáé Artium, 1954) und Portraying the Dead (Acta Históriáé Artium, 1956). Seine Zielsetzung veröffentlichte Andor Pigler schon 1939 in The Art Bulletin unter dem Titel „The Importance of Iconographical Exactitude“, und mit der Verwirklichung dieser trat er in die Reihen jener großen Kunsthistoriker — wie Panofsky, Warburg, Gombrich und Pächt —, die mit lier ikonographischen Methode neue Wege in der kunst­geschichtlichen Forschung und Interpretation eröffneten. Gyöngyi Török Ada Hist. Art. Hung. Tomus 36, 1993

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