Acta Medica 6. Supplementum (1954)

1954 / Supplementum - Hetényi, G.: Eröffnungsansprache

lieh einer zweiten Attacke — tötete, und er nahm die Botschaft mit Ergebung auf. Seine Prophezeiung eines raschen Todes ging indessen doch nicht in Erfüllung. Der Wendepunkt in seinem Gesundheitszustand trat im Jahre 1931 ein. Im Sommer dieses Jahres erlitt er den ersten akuten Herzinfarkt. Nachdem er sich von diesem erholt hatte, fühlte er sich bis 1934 ziemlich wohl. In diesem Jahre traten jedoch Anzeichen einer sich zunehmend entwickelnden Kreislaufs­insuffizienz mit Arbeitsdyspnoe, Ödem und vorübergehenden Anfällen auf, die entweder als Angina pectoris oder als paroxysmale nächtliche Dyspnoe oder als Vorhofflimmern in Erscheinung traten und hinter denen neue Herzinfarkte vermutet werden konnten, da sie zu einem weiteren Verfall seiner Kräfte führten. Er selbst hat bis 1940 76 Attacken gezählt. Während anfangs Digitalis von guter Wirkung war, vermochte man seinen Kreislauf später nur noch mit Strophanthin aufrechtzuerhalten ; ab 1940 stabilisierte sich die Kreislaufsinsuffizienz, und wegen seiner Orthopnoe ver­brachte er den grössten Teil des Tages — und der Nacht — im Lehnstuhl, mit Dyspnoe im Ruhezustand und Ödem in den Extremitäten. Von 1940 an verhess er nicht mehr das Zimmer. Trotz alledem zeigte er noch bis 1942 für alles Interesse. Er erkannte klar und bedauerte tief die Sinnlosigkeit und die verhängnisvollen Folgen der Gömbös’schen Innen- und Aussenpolitik und verurteilte ihre Unmenschlich­keit. Auch das Schicksal seiner Schüler interessierte ihn lebhaft, gern hörte er sich die Berichte über ihre wissenschaftlichen Arbeiten an, und mit Vergnügen sprach er zu ihnen von seinen vergangenen Erlebnissen. Im Jahre 1942 traten die ersten Anzeichen der Hirnarteriosklerose auf. Diese erkannte er ebenso klar wie den Zustand seines Herzens. Seine gröste Sorge war, dass sich auch bei ihm die Symptome der arteriosklerotischen Dementia entwickeln könnten, die bei einem ihm nahestehenden Kollegen mit beängstigender Schnelligkeit in Erscheinung traten. Davon hat ihn sein Schicksal bewahrt. In seinen letzten Jahren lebte dieser grosse Mann nur noch ein vegeta­tives Leben. Er erkannte seine Umgebung und nahm Nahrung zu sich, hatte aber für nichts mehr Interesse. Als am 19. März 1944 Ungarn von den Deutschen besetzt wurde, lag er apathisch zu Bett. Was ihn dazu veranlasste, am Morgen des 20. doch plötzlich zu sprechen, lässt sich schwer sagen. Unerwartet fragte er seine Tochter : »Wer ist hier, sind es Ungarn ?« Und als seine Tochter bejahend antwortete, fragte er : »Weisst Du das sicher ?« Nach der neuer­lichen bestätigenden Antwort sagte er : »Wenn es Ungarn sind, glaubst Du, dass es gute Ungarn sind ?« Vier Wochen später, am 11. April, trat eine Apoplexie auf, die mit links­seitiger Lähmung verbunden war, zu Bewusstseinverlust fürhte und am nächsten

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