Acta Physiologica 5. Supplementum (1954)

I. WENT PHYSIOLOGISCHES INSTITUT DER MEDIZINISCHEN UNIVERSITÄT, DEBRECEN Neue Gesichtspunkte in der Kreislaufforschung Die dynamische Betrachtungsweise der Regulation der Funktionen beruht auf dem Grundsatz, dass jede Funktion die Bedingungen für eine ent­gegengesetzt gerichtete Funktion schafft. Das vorliegende Referat setzt sich zum Ziel, den Mechanismus der Kreislaufregulation im Lichte dieser Betrach­tungsweise zu untersuchen. I. P. Pawlow wies bereits in den siebziger Jahren des vorigen Jahr­hunderts darauf hin, dass sich die ständige Höhe des Blutdruckes als das End­ergebnis zweier entgegengesetzter Tendenzen, der pressorischen und depres­­sorischen Wirkung ausbildet. In diesem Regulationsmechanismus spielen neben neuralen Faktoren auch die mit diesen untrennbar verbundenen humora­len Faktoren eine massgebliche Rolle. Auf diesen Umstand wurde die Auf­merksamkeit durch die infolge der depressorischen Wirkung von einerseits Azetylcholin und andererseits Histamin sekundär auftretende Blutdruck­erhöhung gelenkt. Die Erklärung für diese Erscheinung ist, dass beide depres­sorischen Mittel durch die sympathischen und chromaffinen Strukturen als Reiz für die Mobilisation bzw. Bildung von Adrenalin wirken. Diese sich in der Adrenalin-Histamin-Relation abspielende »Gegenregulation« geht auch im umgekehrten Verhältnis vor sich. Die durch den von Adrenalin ausgeübten Reiz erfolgende Histaminmobilisation ist an die Intaktheit der Interoceptoren des Sinus caroticus und des Aortabogens gebunden, das physiologische Gleich­gewicht der humoralen Faktoren wird also durch einen Neuroreflexmechanismus gewährleistet. Sowjetische Forscher wiesen bereits in den dreissiger Jahren wiederholt darauf hin, dass in der peripheren Autoregulation des Herzens ein humoraler Mechanismus die entscheidende Rolle spielt. Die die Herztätigkeit hemmenden Wirkstoffe — wie Azetylcholin und Histamin — üben eine »zweiphasige« Wirkung aus ; die entgegengesetzte sekundäre Wirkung wird durch Adrenalin und Noradrenalin hervorgerufen, die durch den Reiz der Depressorstoffe frei­­werden. Die ähnlich geartete zweiphasige Wirkung des Adrenalins und die infolge des Reizes von Adrenalin eintretende Azetylcholinmobilisation sind

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