Der Spiegel, 1839. január-június (12. évfolyam, 1-52. szám)

1839-02-23 / 16. szám

Angelokt von den freundlichen Vliken der Sonne verließ Alt und Jung di« geheizten Stuben und, in dichtere Ueberkleider gehüllt, entscharten sich die Städter das gekrümmte Ufer entlang, theils um zu lustwandeln, theilS um mit eigenen Augen sich von dem stündlichen Anschwellen des Stromes, dem Vorboten des Eisganges, zu überzeugen, theils endlich um sich am Anblike der Menschen­­menge zu ergrzen, die am Strand und an den Schuzdämmen auf- und abwogte. Wie überall, war auch hier ein großer Theil der Zuschauer blos der Zu­schauer wegen da. Nicht nur fuhren glänzende Equipagen und Miethkutschen langsamen Schrittes durch die sich hin und her treibenden Gaffer, und spähten neugierig aus den herabgelassenen Kutschenfenstern befiederte Damenköpfe und hustende, gemächlich zurük gelehnte alte Herren; auch die?, stolze Häuserreihe am Ufer öffnete ihre zahllosen Fenster, und wie aus übereinander gereihten Lo­gen blikte schaulustig eine ganze Welt von Frauen auf das sich drängende und durcheinander geschobene Parterre der Wandelnden. Indeß lag noch immer unter Schnee und Eis, wie unter einem unermeß­lichen weißen Tuch, das Walten deS Stromes geheimnißvoll verborgen, und kein noch so leiser Bruch in jener Hülle, kein Heben derselben verkündigte den Aus­bruch des erhabenen Schauspieles, das durch die Entwiklung außerordentlicher unsichtbarer Kräfte Schreken und Bewunderung einflößt und alljährlich einen großen Theil der Einwohner der Stadt am Ufer versammelt. Bei solcher Gelegenheit erdröhnen, wie vor einer großen Festlichkeit, kurze, durch das Gebirgsecho vielfach zurükgeschleuderte Schüsse aus vorsichtig aufge­­pflanzten Pöllern. Sie dienen zur Warnung, daß sich das Eis breche und sein schauerlicher Gang beginne. Alles eilt und stürzt Perbei, um nichts von dem ge­waltigen Kampfe zu verlieren, der sich in unabsehbarer Ausdehnung vor den Bliken der Zuschauer anfrollt. Die undurchdringliche Eisborke, die weder Luft, noch Sonne zu verzehren, oder mürbe zu machen vermochte, muß dem wachsen­den Gewässer weichen, das aus fernen Thälern und von entlegenen Bergen zu­­fammenströmt und nach freierem Raume mit zunehmenden Kräften strebt. Hiezu gesellt sich meistens der nachhaltige Druk eines oberen, durch Thauwetter beför, betten Eistriebes und nichts hemmt mehr den Verlauf des großartigen Kampfes. Anfangs läßt sich nur ein tiefes, gleichsam unterirdisches Murren vecueh­­men, das dem Rollen eines Wagens gleicht, wenn er über einen gewölbten Gang fährt; aber allmälig schwillt e§ zum weithin hallenden Donner an. Einzelne Risse zerschlizen das unbewegliche Eisfeld und durch die klaffenden Spalten er­gießt sich rasch die Fluth und umströmt große Flächen. Das geräuschvolle Ber­sten und Aufsprüngen mehrt sich von Minute zu Minute und schon schiebt sich das Eis in haufengroßen Tafeln übereinander. Die rings hervorschießende Woge schlingt sich um das brechende, plazende, in tausend Tönen erkrachende Eis und ist bestrebt desselben habhaft und mächtig zu werden. Immer dichter überschieben sich die bläulich schillernden Schollen und der erstarrte Strom windet sich wie eine zerstükte Schlange in namenloser Oual. Thurmhoch rekt er das zermar­terte Eis, wie einzelne, abgerissene Glieder seines Leibes in die Höhe, und andere versenkt er wieder tief in den Grund, als wollt' er wenigstens einzelne Theile vor dem Feinde retten, der ihn von allen Seiten mit überlegenen Kräften anfällt. Das trübe Gewässer schäumt aus unzähligen Eisklüften kataraktenartig hervor

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