Der Spiegel, 1840. január-június (13. évfolyam, 1-52. szám)

1840-01-29 / 9. szám

kümmert, zufrieden und ruhig, wie es einem jungen Gascogner geziemt, der der dritte Schreiber eines Notars in Paris ist. Laudier wohnte in einem Dach­stübchen eines ziemlich schönen Hauses, in der Straße Saint HonorS. Wohlge­­muth stieg er 115 Stufen hinunter, um auf die Straße zu gelangen und hatte noch die Gewohnheit, pfeilschnell vor der Wohnung des Portiers vorbeizuschie­­ßen, um wahrscheinlich den tausend kleinen Mahnungen auszuweichen, die ei­nen so hohen Miethsmann behelligen, als: Briefporto, Kosten der Beleuch­tung, Reklamationen der Haushälterin oc. — Eines Tages, als er vor dieser gefürchteten Wohnung mit der gewohnten Blizesschnelligkeit vorbeieilte. öffnete sich auf ein Mal die Logenthüre und der Portier begann aus vollem Halse zu schreien: „He! he! Herr Laudier, Herr Laudier!" Der junge Mann blieh einige Zeit auf der Thürschwellr stehen, kehrte dann um und nälerte sich dem Portier mit zuversichtlicher Miene. „Was gibts, Vater Germain, ein Brief von Bordeaux etwa?" fragte er ihn. — „Nicht das, mein Herr, die Hauseigen­­thümerin ist's blos, die Sie zu sprechen wünscht." — „Versichern Sie sie mei­ner Ergebenheit, morgen werde ich das Vergnügen haben ihr meine Aufwartung zu machen." Mit nicht so leichten Schritten gewann Laudier die Straße und konnte sich folgender verdrießlicher Betrachtungen nicht erwähren: „<3ie wird gewiß Geld verlangen," dachte er, „denn ich bin ihr zwei Termine schuldig, in dieser Hinsicht sind alle Hausherren einander gleich, sie wollen bezahlt sein. Zum Glüke ist sie alt, denn wäre sie so jung und schön wie die Wittwe, die im zweiten Stoke wohnt, wäre ich verloren; es ist so peinlich und schwer etwas einer hübschen Frau zu versagen." Indessen, da es mit einer Hauswirthin, die zwei verfallene Termine einfordert, nicht viel zu verhandeln gibt, nahm er zu seinem gewöhlichen Mittel, in Fällen ähnlicher Art, seine Zuflucht, er eilte nämlich zu seinem Freunde Durac. Adolph war auf's Land gereist und sollte dort bis Ende des Monats bleiben. Laudier krizelte ein Paar Worte auf ein Papier, das er seinem Freunde zurükließ, dann machte er sich das Vergnügen bis morgen nicht mehr an seine Schuld zu denken. Tags darauf, Mittags, klopfte er an die Thüre der Madame Lambert, seiner Hauswirthin. Eine alte Kammerfrau ließ ihn zwei oder drei reich meu­­blirte Zimmer durchschreiten, hierauf führte sie ihn in eine Art Boudoir, wo Madame Lambert mit der Brille auf der Nase eben ihr Journal las. Sie war eine kleine, magere und gebeugte Frau von 65 Jahren, deren leidende Miene aber nichtsdestoweniger Heiterkeit und ein für einen Schuldner beruhigendes Wohlwollen ausdrükte. Sie war mit jener ausgesuchten Nettigkeit gekleidet, die die einzige dem Alter erlaubte Eleganz ist. Nachdem sie Herrn Laudier mit prüfenden Bliken gemustert hatte, ersuchte sie ihn sich zu sezen. „Madame," sagte Laudier schnell, „ich werde nächstens die Ehre haben, mich meiner Schuld zu entledigen . . . , einige Verlegenheiten .... Wechsel von Bordeaux, die sich erwarten lassen." — „ Es handelt sich nicht um dies," sagte ihm Madame Lambert lächelnd, „ich will mit Ihnen von ganz was Anderm sprechen." Bei diesen Worten athmete Laudier frei auf, seine Haltung wurde zuversichtlicher und er richtete sich mit Selbstvertrauen in seinem Fauteuil zu­recht. Was konnte Mad. Lambert von ihm wollen? Sie hat gewiß Prozesse, er soll wahrscheinlich mit deren Führung beauftragt sein, und diese alte Dame soll also feilte erste Klientin werden. Dies wäre für Laudier das erste Sonnen-

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