Der Spiegel, 1840. július-december (13. évfolyam, 53-105. szám)

1840-07-15 / 57. szám

Ob der klein« braun« Mann je verliebt war? Man weiß es nicht. ES fiifct Leute, die ihn vor einigen Jahren in einer gewissen, nicht genau zu bestim­­wenden Promenade, in einer zweifelhaften Tageszeit mit einer unbekannten Da­me am Arm haben gehen sehen. Aber nichts konnte darüber entscheiden, ob diese Dame alt oder jung war; es war an ihr Alles so unbestimmt und zweifelhaft, wie die Promenade, auf der sie ging, das Städtchen, in die sie wahrscheinlich wohn, te, und die Tageszeit, in der sie sich mit ihrem Begleiter im Freien erging. Selbst ihr Mantel war einer von jenen Mänteln, die zu allen Farben und zu keiner Farbe gehören. Nur so viel war gewiß, der kleine braune Mann führte diese farblose Dame in sehr eiligen Schritten und verschwand mit ihr, nachdem er ungefähr vier und ein halbmal die Promenade durchmessen harte. Leute von sehr starkem Gedächtniß wollen sich erinnern, daß gerade damals ein feiner Strichregen fiel, und daß dieser Umstand ohne Zweifel die beiden Spazirgängec verscheucht habe. — Eben so unentschieden, wie das Verhältniß des braunen Man­nes zu den Frauen, ist auch seine Einwirkung auf die Politik. Einige behaup­ten , er hege revolutionäre Gesinnungen, und wenn er sie nicht noch hege, so habe er sie einst gehegt. Dies will man daraus schließen, daß man vor fünfzehn Jahren zurük, als in einer großen Stadt eine verdächtige Zusammenkunft statt­fand, den Wagen des braunen Mannes vor dem Gasthose stehen sah, in dem die Rädelsführer abgestiegen waren. Ein zweiter, eben so wichtiger Umstand ist der, daß der braune Mann von der Zeit an seinen Hut vor Niemanden mehr abnahm und überhaupt Niemanden mehr grüßte. Während wohlgesinnte Leute dies für ein Zeichen ansahen, daß der braune Mann konspirirte, richteten die Anhänger der romantischen Poesie ihr Augenmerk auf ihn und behaupteten, er beschäftige sich lediglich mit dem Umsturz der drei Einheiten. Es ist wahr, man sah ihn nie im Theater, wenn die sogenannten klassischen Stüke gegeben wurden; allein man sah ihn auch ebensowenig darin, wenn man die romantischen Meisterstüke in Szene sezte. Er ging nie an einem Vücherladen vorbei, ohne daß er die Schäze dessel­ben lorgnettirte, und daraus wollte man schließen, daß er einige Lyriker und etwa zwei oder drei Romandichter besonders hoch halte; aber man gab diese Mei­nung wieder auf, da der Liebhaber nie ein Buch kaufte. — Die größte Ver­schwiegenheit der Ansichten herrschte über die Mittel der Existenz des braunen Mannes. War er reich? es schien so; war er arm? es schien ebenfalls so. Da man ihn heute in einem Kaffehause in einer Stadt Norddeutschlands sah und drei Wochen später in einem Hause derselben Art in Venedig, so mußte ec offen­bar von Renten zehren, die ihm erlaubten, frei die Welt zu durchstreifen. Auf der andern Seite begriff man nicht, was anders als Mittellosigkeit ihn bestim­men konnte, immer denselben fadendünnen braunen Rok, immer dieselbe dürf­tige Perrüke. das abgenuzte Halstuch und die Handschuhe ohne Fingerspizen zu tragen. Reiste er aber irgend wo in Geschäften und warfen diese Geschäfte so wenig ab, daß der braune Mann damit nie auf einen grünen Zweig kam, so hätte man das schon lange erfahren; das Haus und die Geschäfte wären doch ermittelt worden. — Es gibt Leute, die im unbeschreiblichen Unmuth, dieses Alles nicht herausbringen könne», geradezu erklären, der kleine braune Mann sei Ludwig der Siebzehnte Ich will mein Zusammentreffen mit dieser räthselhaften Figur beschreiben. Es war gerade ein schöner Sommernachmittag, als ich im offenen Reisewagen die

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