Der Spiegel, 1843. január-június (16. évfolyam, 1-51. szám)
1843-01-04 / 1. szám
4 Der Spiegel 1943. Korrrspondenz. Berlin. (25. Dez. v. I.) Die Kunststüke, welche nun wieder ausschließlich das fashionable Publikum beschäftigen, sind neben Fanny Elsler's Beinen russische Pantomimisten mit zwei englischen Athleten. Sie machen die bajazzomäßigsten Possen, die das Zwerchfell erschüttern. Man rühmt dabei die Verdienste des Kommissionsrathes Cers, der immer wieder neue Kunstzweige auf seine Bühne zieht: Lustspringer, Araber, Bajaderen, Italiener, Engländer, Russen, Zauberer, Taschenspieler ■— durch allerlei solche Spekulationen sucht er den Mangel an theatralischer Kunst, den Mangel eines Volkstheaters und seine eigene Aesthetik zu versieken. — Ein herrliches Leben in unfern Zeitungen ! Hier betteln zehn bis zwölf mildthätige Vereine um Geld, Kleider und allerlei Unterstüzungen, dazwischen rufen zwanzig bis dreißig Annoncen zu Vergnügungen und Sehenswürdigkeiten. Mit der Armenunterstüzung und Mildthätigkeit will's bei aller Mühe nicht vorwärts. Die Armuth wächst den Leuten immer mehr über den Kops und schwillt an zu tausendköpsigen Hydern, welche den Wohlstand ganz zu verschlingen drohen. Und doch vertheilen sie jährlich viele Tausend Thaler 'Geld, und Suppen und Kleider und Hol; und gute Lehren und fromme Schriften. —• Man fürchtet sich jezt mehr als je vor Dieben, die ihre Thätigkeit immer mehr ausdehnen und sich besondere Geschäftszweige wählen. Man hat jezt eine Bande entdekt, die nichts stahl als Wein. Ein gewisser N., der früber hier den Diplomaten spielte und als Graf in hohen Zirkeln glänzte , ist jezt als gemeiner Dieb eingezogen worden. Er hat bei einer einzelnen Frau eine Wohnung gcmiethet, diese weit fortgeschikt und unterdessen mit einem Freunde derer Wohnung ausgcräumt. Eine andere Diebsbande hat einen Bauer, der hierher gekommen war, um drei Staatspapiere a 100 Thaler umzusezen, betrunken gemacht und betäubt und ihm dann, in einer Droschke das Geld genommen. Der Bauer hat aber den Einen aus einem Spaziergange freundschaftlich wieder erkannt und ihn der Gerechtigkeit überliefert. Daß man Kindern, die zum Kaufmann geschikt werden oder Sachen wegtragen, das Geld oder die Sachen listig oder gewaltsam wegnimmt, ist ziemlich gewöhnlich. Neulich hat ein Kerl eine Frau auf öffentlicher Straße niedergerannt und ihr das Paket weggenommen, das sie trug, einen großen Ballen Wolle. Die Polizei - und Kriminal-Gefangenen übersteigen jezt jede Woche die Zahl 600. Früher, ;. B. int vorigen Win er, blieb es immer bei fünf Hunderten. — (Mögen die immerwährenden Anfechter der Pesther polizeilichen Anstalten sehen, wie bunt es in einer Residenzstadt, wie Berlin, troz ihrer gesezlich wohlorganisirten Polizei, zugeht. In großen Städten ist es ein Mal nicht anders.) P reß-Aeitung „Die Wittwe und ihr — Gott." So ist ein in diesen Tagen aus dem Englischen (von dem Prediger Kuntze) überseztes, in Berlin erschienenes Buch, betitelt. Also die Wittwe hat ihren Gott, nicht den Gott aller Welt? Sehr naiv klingt die Empfehlung des Werkes bei der Ankündigung: „Die große Zahl betrübter Wittwen wird in diesem Merkchen zu der reichen Trostauelle geführt, wo allein ihre bekümmerten und gebeugten Herzen erguikt und aufgerichtet werden können. Da in demselben ans alle menschlichen Lagen des Lebens Rüksicht genommen wird, in welchen Wittwen den Tod ihrer Gatten zu beklagen haben, so wird gewiß keine der Leidenden dasselbe ungetröstet aus der Hand legen" ■— ausgenommen vielleicht die, welche sich wieder verheirathen wollen und keinen Mann finden. * * Eine jezt zu Neujahrs - Geschenken angekündigte „Encyklopädie aller weiblichen Hauptkenntnisse" behandelt folgende Dinge als „weibliche Hauptkenntnisse": Striken, Stilen, Weißnähen, Filetstriken, Behandlung der Wäsche, Ausbessern, Puzmachen, Kunftspiele, Färben, Serviettenbrechen, Bandagen - Aufsteken nach vornehmer und bürgerlicher Manier, weibliche Schönheitspstege, und zulezt kommt ein Etwas „über geistige unv gemüthliche Bildung der Frauen" als Zugabe. O ihr Weiber mit eurem verwaschenen, verstikten, verstrikten, verkochten, verpuzten und verkunstspielten Leben, ihr sollt am Ende doch, wenn das Leben verstikt, verpuzt, verwaschen und verkunstspielt ist, noch ein Bischen geistige und gemüthliche Bildung haben! * * Die französischen Feuilletonisten lassen sich nach Berechnung der Zeilen honoriren; den jezigen Erzählungen sieht nun’5 auch an! Balzac handelt aber noch mehr en detail ; er soll neulich für jedes Wort 1 Centime Honorar verlangt haben.