Almanach für Kunst und Kultur im Ostsee Bezirk (Rostock, 1987)

Sowjetische Grafik Die Kunsthalle Rostock präsentierte im Frühjahr vergangenen Jahres erst­mals sowjetische Grafik aus der ei­genen Sammlung. Mehr als 100 druck­grafische Arbeiten, Aquarelle und Zeichnungen — vorwiegend von Künstlern aus Moskau, Leningrad, Riga und Vilnius - ließgn das über­aus breite Spektrum gegenwärtiger Kunsttendenzen in den verschiedenen Unionsrepubliken erkennen, wobei bestimmte wichtige Aspekte der so­wjetischen Grafik - selbst bei einer intensiven fünfzehnjährigen Ankaufs­tätigkeit - noch unberücksichtigt blei­ben mußten. Verständlicherweise lag der Schwerpunkt der Ausstellung auf der Präsentation lettischer Grafik der Gegenwart, dennoch wurde ein historischer Nachvollzug für die so­wjetische Kunstentwicklung seit 1917 zumindest in Alexander Rodschenkos Linolstichen (1918/19) oder Alexan­der Archipenkos Lithographien (um 1920) angedeutet. Deshalb .vermochte diese Vergleichs-, weise kleine Auswahl dennoch ein qualitätvolles Gesamtbild ergeben. Allein schon Anatoli Kaplans Litho- Zyklen zu Scholem Alejchems Erzäh­lungen „Stempenju“ und „Das Mes­ser“ rechtfertigten eine längere und intensive Auseinandersetzung mit die­ser Ausstellung, in der übrigens die russische und sowjetische Literatur ohnehin eine wichtige Rolle spielte. Denn auch Wiktor Wilner widmete sich in seiner Blattfolge „St. Peters­burg“ (herausgegeben vom VEB Ver­lag der Kunst Dresden) der Illustra­tion von Werken Dostojewskis, Go­gols und Puschkins. Auch fand sich in den kalligraphisch wie ornamental interessanten, zum Teil farbigen Zinkografien litauischer Künstler im­mer wieder die unmittelbare Bezug­nahme auf die eigene regionale Mär­chen- und Sagenwelt. Selbst bei Alexander Dembos Radie­rungen der endsechziger Jahre ist die Identifikation des Künstlers mit sei­ner heimatlichen Motivwelt in Blät­tern wie „Bernsteinfischer“ noch deut­lich sichtbar, und Inars Helmuts oder Malda Muijule steigern zuweilen die Sinnbildhaftigkeit zur Allegorie, bei­spielsweise in Blättern wie „Nacht“ oder „Frühling“. Von außerordentlich hoher druckgra­fischer Qualität und künstlerischer Schönheit sind die „Leningrader Blät­ter“, eine zehn Werke umfassende Mappe, in der Grafiker unterschied­licher Generationen, Auffassungen und Handschriften vorgestellt wer- I den. Neben humorig-witzige Aspekte j („Baron Münchhausen“ von Majofis) j tritt das Poetische und Nachdenk­­j liehe, beispielsweise im „Porträt Zwetajewa“ von Eddi Dawydotitsch oder in den „Ruhenden Heuarbeite­rinnen“ von Boris Jermolajew. Von besonderem Interesse dürften außerdem Alexandra Korsakowas Zeichnungen sein. Mit der Kohle und dem Bleistift folgt die langjährige Gefährtin Tatlins den Erlebnissen und Berichten dieses interessanten Maler-Designers. Sie zeichnet Gorki und Lunatscharski, wird Reporterin beim Bau des „Turms der III. Inter­nationale“ und erinnert rückschauend an jene auch künstlerisch eminent bedeutenden Jahre nach der Oktober­revolution. G. F. Sommerfesttage An den neunten Rostocker Sommer­festtagen vom 4. bis 13. Juli 1986 wirkten rund 4 000 Künstler und Volkskunstschaffende mit. Die 300 Veranstaltungen des einwöchigen Fests der Kunst und Literatur, der Musik und Folklore enthielten ein breit gefächertes, künstlerisch wert­volles Angebot. In der Kunsthalle beteiligten sich 729 Autoren aus acht Ländern mit 3 768 Bildern und Serien an der XVII. ifo-scanbaltic, der internatio­nalen Fotoschau der Ostseeländer und Norwegens. Die repräsentative Aus­wahl von mehr als 250 Arbeiten von 182 Autoren stand in dem UNO-Jahr des Friedens unter dem Motto „Die Ostsee muß ein Meer des Friedens sein“. Mit klingendem Spiel trafen sich die Orchester des „Musikantentreffs Ost­see“ am Brunnen der Lebensfreude mit den Rostockern und ihren Gästen zur Eröffnung dieses nun bereits fünf­ten internationalen Treffs junger Blasmusikanten. In vielen Konzerten auf Straßen und Plätzen der Stadt brachten die mehr als 900 Jungen und Mädchen aus zwölf Ländern zu dem großen Rostocker Fest der Folklore und Künste ihren Beitrag ein. Sie kamen aus Belgien, der VR Bulga­rien, der ČSSR, aus Dänemark, Finn­land, Island, Norwegen, aus Öster­reich, der VR Polen, Schweden, der Ungarischen Volksrepublik und aus der DDR zum gemeinsamen Musi­zieren, zu Gesprächen und vielen Er­lebnissen in unser sozialistisches Land. Das traditionelle Treppenhaussingen im Haus der Nationalen Volksarmee in Rostock gab den stimmungsvollen Auftakt für das 9. Rostocker Kinder­liedfest. Zu den fünf Chören, die in diesem Jahr um den begehrten „Sil­bernen Greif“ wetteiferten, gehörten der Kinderchor des Hauses der Pio­niere Sušice (ČSSR), der Mädchen­chor der Musikschule Berlin-Köpe­nick, der Pionierchor Weida, der Chor der Georgi-Dimitroff-Oberschule Cottbus und der Kinderchor der Rostocker Singakademie. Die „freundliche Straßensperre“, wie Heinz Knobloch den traditionellen Rostocker Buchbasar in der Kröpe­­liner Straße in einem Beitrag für ALMANACH (Heft 6/83) nannte, war auch dièsmal Attraktion für Ein­heimische und Gäste. Sie nutzten zum 23. Male die Gelegenheit, Bücher zu kaufen, diese signieren zu lassen und mit ihrem Lieblingsautor zu sprechen. 28 namhafte Künstler der DDR präsentierten unter den Literatur­freunden bekannten bunten Schirmen das umfangreiche und vielseitige An­gebot von 200 Titeln : Manfred Bo­­finger, Dr. Gerhard Branstner, Ri­chard Christ, Otto Emersleben, Rei­­mar Gilsenbach, Rudolf Hirsch, Her­mann Kant, Prof. Werner Klemke, Heinz Knobloch, Jurij Koch, Ruth Kraft, Alexander Kröger, Prof. Jür­gen Kuczynski, Lothar Kusche, Wer­ner Lindemann, Armin Müller, Heinz Neukirchen, Eberhard Panitz, Benno Pludra, Egon Richter, Landolf Scher­­zer, Margarete Schilling, Thomas Schleusing, Rosemarie Schuder, Wolf Spillner, Hansgeorg Stengel, Rudi Strahl und Heinz-Jürgen Zierke. Der traditionelle Solidaritätsstand war den kämpfenden Völkern in Afrika und Amerika gewidmet, und Hinstorff bot Bücher seines Verlagsprofils an. An zwei Tagen wurden 16 200 Exem­plare signiert und verkauft. Buchbasare mit namhaften Autoren unseres Landes fanden auch in Stral­sund und Wismar statt. Interpreten aus 21 Ländern beteilig­ten sich am X. Internationalen Lieder­festival „Menschen und Meer“ in der Sport- und Kongreßhalle. Nachdem die schwedische Gruppe „Motvind“

Next