Neuer Weg, 1968. november (20. évfolyam, 6065-6090. szám)
1968-11-08 / 6071. szám
Di« Eeitung erscheint täglich (ausser Montag). Abonnements i einmonatig 8 Lei, vierteljährig 24 Lei, halbjährig 48 Lei, ganzjährig 96 Lei. — Bestellungen werden von den Postämtern, den Briefträgern und den freiwilligen Zeitungsverteilern entgegengenommen HO, Jahrgang / Nr. 8071f oit í/'aíiIP smu I E Stauer Weg Politische Tageszeitung in der Sozialistischen Republik Rumänien Bukarest, Freitag, 8. November 1968 Proletarier aller Länder, vereinigt euch! Redaktion und Verwaltung i Bukarest, Piaţa Scînteii. Telefon i 17 60 10, 17 60 20 (Zentrale), 18 12 17 (Redaktion), 18 16 92 (Verwaltung). — Redaktionsvertretungen in Temesvár. Kronstadt, Hermannstadt, Arad, Reschitza, Mediasch, Hunedoara, Lugosch, Agnetheln, Bistritz Einzelpreis 30 Bani ♦ Telegramm GENOSSEN LEONID ILJITSCH BRESHNEW Generalsekretär des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei der Sowjetunion GENOSSEN NIKOLAI WIKTOROWITSCH PODGORNYI Vorsitzendem des Präsidiums des Obersten Sowjets der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken GENOSSEN ALEXEJ NIKOLAJEWITSCH KOSSYGIN Vorsitzendem des Ministerrates der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken Moskau Liebe Genossen ! Im Namen des Zentralkomitees der Rumänischen Kommunistischen Partei, des Staatsrates und des Ministerrates der Sozialistischen Republik Rumänien, im Namen des ganzen rumänischen Volkes sowie in unserem eigenen Namen übermitteln wir Ihnen, dem Zentralkomitee der Kommunistischen Partei der Sowjetunion, dem Präsidium des Obersten Sowjets, dem Ministerrat der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken und dem sowjetischen Brudervolk einen kameradschaftlichen Gruss und herzliche Glückwünsche zum 51. Jahrestag der Grossen Sozialistischen Oktoberrevolution. Die Oktoberrevolution — ein Ereignis von hervorragender Bedeutung — leitete eine neue Ära in der Geschichte der Menschheit ein, die Ära der proletarischen Revolutionen, des Übergangs vom Kapitalismus zum Sozialismus, sie begeisterte das Proletariat, die Massen der Werktätigen der ganzen Welt im Kampfe zur Verwirklichung der Ideale der nationalen und sozialen Befreiung, für Frieden und Völkerfreundschaft. Das rumänische Volk freut sich von ganzem Herzen über die bedeutenden Leistungen, die das sowjetische Volk unter Führung seiner kommunistischen Partei beim Aufbau der kommunistischen Gesellschaft, bei der unablässigen Entfaltung von Wirtschaft, Wissenschaft, Technik und Kultur sowie bei der Hebung des Lebensniveaus erzielt hat, und betrachtet diese als einen der wichtigsten Beiträge zur Festigung des sozialistischen Weltsystems, der Kräfte des Fortschritts und des Friedens. Das ZK der RKP, der Staatsrat, die Regierung der Sozialistischen Republik Rumänien und das ganze rumänische Volk hegen hohe Wertschätzung für die traditionelle Freundschaft und das brüderliche rumänisch-sowjetische Bündnis, aufgebaut auf den gleichen Zielen und Gesellschaftsordnungen, den Prinzipien des Marxismus-Leninismus und des sozialistischen Internationalismus. Wir verleihen unserer Überzeugung Ausdruck, dass sich die Beziehungen vielseitiger Zusammenarbeit zwischen der Rumänischen Kommunistischen Partei und der Kommunistischen Partei der Sowjetunion, zwischen der Sozialistischen Republik Rumänien und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken weiterhin im Interesse unserer Völker, im Interesse der Einheit der sozialistischen Länder, der internationalen kommunistischen Bewegung, im Interesse sämtlicher antiimperialistischer Kräfte entfalten werden. Zum Jahrestag des Grossen Oktober wünschen wir Ihnen, liebe Genossen, dem ganzen sowjetischen Volk neue und grosse Erfolge beim Aufbauwerk der kommunistischen Gesellschaft. NICOLAB CEAUŞESCU ION GHEORGHE MAURER Generalsekretär des Zentralkomitees Vorsitzender des Ministerrates der der Rumänischen Kommunistischen Sozialistischen Republik Rumänien Partei Vorsitzende» des Staatsrates 4«» Sozialistischen Republik Rumänien Festversammlung zum 51. Jahrestag der Grossen Sozialistischen Oktoberrevolution Im Bukarester Haus für Rumänisch- Sowjetische Freundschaft fand Mittwoch nachmittag eine Festversammlung statt, die das Munizipalparteikomitee Bukarest, der Zentralrat des Allgemeinen Gewerkschaftsverbandes, das Staatskomitee für Kultur und Kunst, der ARLUS-Generalrat und das Zentralkomitee des Verbandes der Kommunistischen Jugend anlässlich des 51. Jahrestags der Grossen Sozialistischen Oktoberrevolution veranstaltet hatten. Der Hintergrund der Bühne war von einem Bildnis Wladimir Iljitsch Lenins und von den Staatsflaggen der Sozialistischen Republik Rumänien und der UdSSR beherrscht. Daneben war die Losung zu lesen : „Es lebe der 51. Jahrestag der Grossen Sozialistischen Oktoberrevolution !* Im Präsidium der Versammlung nahmen Platz die Genossen : Emil Bodnaraş, Vasile Vilou, Iosif Banc, Dumitru Popa, Mihail Roşianu, Vorsitzender des ARLUS-Generalrates, Ion Gosma, Erster Stellvertretender Vorsitzender des Munizipalvolksrates Bukarest, Generalleutnant Ion Coman, Stellvertretender Minister der Streitkräfte, Mihai Marin, Stellvertretender Aussenminister, Larisa Muntean nu, Sekretär des Zentralrates des Allgemeinen Gewerkschaftsverbandes Rumäniens, Ecaterina Stancu, Direktor der Textilwerke „7 Noiembrie“, Ion Radu, Meister der Elektromaschinenwerke, und Coralia Pirvulesou, Studentin im IV. Jahrgang der Fakultät für Philosophie der Bukarester Universität. Im Präsidium nahmen ferner Platz : A. W. Bassow, Botschafter der Sowjetunion in Bukarest, S. N. Butussow, Minister für Kommunalwirtschaft der RSFSR und Leiter der Delegation der Gesellschaft für Sowjetisch-Rumänische Freundschaft, die sich aus diesem Anlass in unserem Lande aufhält. Im Saal befanden sich Mitglieder des ZK der RKP, Leiter einiger gesellschaftlicher und Zentralinstitutionen, Persönlichkeiten des wissenschaftlichen und des Kulturlebens, Werktätige aus Bukarester Betrieben und Institutionen, rumänische Journalisten und Ausländskorrespondenten. An der Versammlung nahmen auch io Bukarest beglaubigte Chefs einiger diplomatischer Missionen und andere Mitglieder des Diplomatischen Korps teil. Ferner waren die Mitglieder der unser Land besuchenden Delegation der Gesellschaft für Sowjetisch-Rumänische Freundschaft zugegen. Die Versammlung wurde von Genossen Ion Cosma eröffnet. Uber den 51. Jahrestag der Grossen Sozialistischen Oktoberrevolution sprach Genosse Vasile Vîlcu, Mitglied des Exekutivkomitees des ZK der RKP, Vorsitzender des Landesverbandes der Landw irtschaf tlichen Prod uktionsgenossenschaften. Danach ergriff A. W. Bassow, Botschafter der Sowjetunion in Bukarest, das Wort. Die Reden lösten wiederholt begeisterten Beifall aus. Den Abschluss der Versammlung bildete ein reichhaltiges Programm künstlerischer Darbietungen, bei denen Solisten der Rumänischen Oper, der Staatsphilharmonie „George Enescu' und Schauspieler einiger Bukarester Theater mitwirkten. Zusammenkunft des Genossen Nicolae Ceauşescu mit der Leitung des Schriftstellerverbandes Mittwoch, den 6. November 1. J., traf Genosse Nicolae Ceauşescu gemeinsam mit den Genossen Paul Niculescu-Mizil und Dumitru Popescu beim Zentralkomitee der Rumänischen Kommunistischen Partei mit der Leitung des Schriftstellerverbandes zusammen. An der Begegnung nahmen die Mitglieder des Büros des Schriftstellerverbandes, des Büros der Parteiorganisation und der Bukarester Schriftsteller, die Sekretäre der Landeszweigstellen des Schriftstellerverbandes, die Sekretäre der Parteigrundorganisationen dieser Zweigstellen und Redakteure der Publikationen des Schriftstellerverbandes teil. Bei dieser Gelegenheit wurden Fragen bezüglich der Generalversammlung der Schriftsteller geprüft, die vom 14. bis 16. November 1968 stattfinden wird. Ministerpräsident Ion Gheorghe Maurer aus dem Iran zurückgekehrt Mittwoch nachmittag ist Genosse Ion Gheorghe Maurer, Ministerpräsident der Sozialistischen Republik Rumänien, der auf Einladung von Amir Abbas Hoveida, Ministerpräsident des Iran, diesem Lande einen nichtoffiziellen Besuch abgestattet hatte, aus Teheran kommend, in die Hauptstadt zurückgekehrt. Bei der Ankunft auf dem Flughafen Bäneasa waren die Genossen Ilie Verdeţ, Ianoş Fazekas, Iosif Banc, Emil Drăgănescu, Manea Mănescu, Gheorghe Gaston ' : He-Persönlichkeiten zugegen. ( Der interimistische Geschäftsträger des Iran in Bukarest, Yahya Motamed-Vaziri, war anwesend. ★ Auf dem Flughafen Mehrabad gaben dem rumänischen Gast das Geleit: der iranische Premierminister A. A. Hoveida, Wirtschaftsminister A. Alikhani, Landwirtschaftsminister H. Zahedi, der Minister für Agrarprodukte A. Madjid u. a. offizielle Persönlichkeiten. ★ Auf Einladung Seiner Exzellenz Herrn Amir Abbas Hoveida, Premierminister des Iran, stattete Seine Exzellenz Herr Ion Gheorghe Maurer, Ministerpräsident der Sozialistischen Republik Rumänien, dem Iran vom 2. bis 6. November 1968 einen Freundschaftsbesuch ab. Während seines Aufenthalts in Teheran wurde der Ministerpräsident Rumäniens, Ion Gheorghe Maurer, von Seiner Kaiserlichen Majestät dem Schah-inschah des Iran, Mohammad Reza Pahlavi Aryamehr, empfangen und nahm an einem Diner teil, das der Kaiser aus diesem Anlass gab. Ministerpräsident Ion Gheorghe Maurer hatte Besprechungen mit dem iranischen- Premierminister Amir Abbas Hoveida über die Weiterentwicklung der bilateralen Beziehungen sowie über Probleme von beiderseitigem Interesse. Die Besprechungen verliefen in einer Atmosphäre herzlicher Freundschaft und gegenseitigem Einvernehmen. Ministerpräsident Ion Gheorghe Maurer besuchte die Universität von Teheran und nahm an einer Jagd in der Gegend von Mazandaran im Norden des Iran teil. Der rumänische Ministerpräsident richtete an Seine Exzellenz Herrn A. A. Hoveida die Einladung, Rumänien zusammen mit seiner Gattin zu besuchen. Die Einladung wurde gern angenommen. Der Zeitpunkt des Besuches soll später festgelegt werden. Kreisräte der Werktätigen deutscher und ungarischer Nationalität gegründet Bukarest. — In mehreren Kreisen des Landes fanden gestern die Gründungsversammlungen der Kreisräte der Werktätigen deutscher und ungarischer Nationalität statt. Bekanntlich wurde die Gründung dieser Räte auf dem Oktober-Plenum des ZK der RKP beschlossen. Als Bestandteil der Front der Sozialistischen Einheit werden diese Körperschaften mit breitem repräsentativem Charakter sich unmittelbar an dem gesamten politischen Leben des Landes, in den verschiedensten Bereichen beteiligen und die immer breitere organisierte Teilnahme der Werktätigen aus den Reihen dieser Nationalitäten an der Verwirklichung des grossen Programms zum Aufbau des Sozialismus, zum materiellen und geistigen Aufblühen des Vaterlandes gewährleisten. Über die Gründungssitzung der Kreisräte werden wir ln der Ausgabe von mor- * Inhaltsreiche Cibinlumstage Telefonisch von Ilse Schumann Der kulturelle Mlttwooh-Ausflug begann mit Gedanken und Vorstellungen zur Wohnkultur. Unser „Cibinium“Bus und die diversen anderen Fahrzeuge machten erste Station in Heltau : Besuch der im In- und Ausland bekannten Teppichfabrik, wo vor uns in der Halle die Menge der Teppiche zum Anschauen aufgerollt wurden — wie gesagt, man beschäftigte sich intensiv mit Wohnkultur. Andererseits wurden wir auch zu Ende dieses Ausflugs mit anderen Dingen beschäftigt, mit Hanklioh und einem ganz speziellen Miehelsberger Produkt: Weichselwein. Und zwar dies als Gäste im Hause, genauer im Hofe der Familie Tuth. Selbst ein bauchiger dunkelgrüner Krug aus dem Jahre 1873 fehlte nicht, auf dem zu lesen war: „Wer mein Freund oder guter Nachbar will sein, der schenke die Kanne voll ein. Gehörig der Bach-Nachbarschaft.“ Wir leerten den Krug, aber wir schieden trotzdem in bester Freundschaft. Die eigentliche Entdeckung, die während des „Cibinium“-Ausflugs in Michelsberg zu machen war, ist, dass die Gemeinde, mit der man gemeinhin die Vorstellung weisser Blütenpracht verbindet — Michelsberger Kirschblüten, das Motiv zieht sich durch unsere gesamte siebenbürgisch-sächsische Malerei, Lyrik und wenn ich nicht irre auch Prosa —, dass die Michelsberger Landschaft also, im Spätherbst zumindest, genauso bezaubernd ist, dass man oben auf dem Burgberg aus dem Schauen nicht mehr herauskommt, denn der dichtbewaldete Mehlseifenberg davor erstrahlt in unwahrscheinlichem, sattem Rotbraun, rings um ihn wellt sich das Milohiggrün der neuen Saat. Die Burg — sie gehört zu den wenigen ursprünglich als römische Basilika angelegten Burgen Siebenbürgens und stammt aus dem 12. Jahrhundert — wurde in den letzten Jahren restauriert. Nachmittag fand eine wohldurchdachte Veranstaltung im Barocksaal des Brukenthalpalais statt: Eine Lesung aus den Werken Hermannstädter Dichter, eine Feierstunde deutscher einheimischer Lyrik. Es galt, die zeitlich, geistlich und auch in ihrer künstlerischen Vollendung sehr unterschiedlichen Dichterpersönlichkeiten der alten Stadt in einen verbindlichen und erläuternden Rahmen zu stellen, einen kurzen Exkurs in die\ geistige Landschaft vergangener Jahrhunderte zu unternehmen, der, Geschichtliches und knappe Werkdeutung beinhaltend, die Verbindung von Ghristian Schesäus zu Friedrich Krasser und Josef Marlin, den Mundartdichtern Viktor Kästner, Karl Römer und Ernst Thullner, zu der 1954 verstorbenen und der literarischen Öffentlichkeit wenig bekannten Gerda Miess, sowie andererseits zu George Coşbuc und Lucian Blaga zu leiten. Es sei festgehalten, dass dieser kluge Verbindungstext (Verfasser : Joachim und Manfred Wittstock) ein wichtiges Moment für das Gelingen des Abends war ; Sigrid Zacharias, Kurt Conradt und Karl-Heinz Maurer, Schauspieler der deutschen Abteilung des Hermannstädter Staatstheaters, trugen die Verse vor. Im zweiten Teil der Veranstaltung hatte die Gegenwart das Wort. Aus eigenen Arbeiten lasen Astrid Connerth, Christian Maurer, Willy Schuster, Klaus Peter Barth, Gerhard Ejke, Franz Hodjak und Günther Schulz vor. Dem überaus zahlreich erschienenen Publikum gab im Anschluss das Kammerorchester der Musikschule unter Leitung von Prof. Heinz Acker eine musikalische Darbietung : Johann Sebastian Bachs zweite Suite in h-Moll für Flöte und Orchester mit Kurt Müller als Solisten. Es ist manches Mal wirklich schwer, der Vielfalt der „Cibiniums“-Veranataltungen, selbst wenn man seine Bemühungen nur auf zeitliche Korrektheit beschränkt, gerecht zu werden. Dieser Stossseufzer begann schon Dienstag zu wachsen, als in feierlichem Rahmen gleich drei Ausstellungen eröffnet wurden : Malerei in den Brukenthal-Sälen, dekorative Kunst in der Galerie in der Heltauergasse sowie eine Ausstellung in der Volkskunstschule. Bildende Künstler hatten dann mit Kritikern eine lange Aussprache, und am Abend fand das regelmässige Dienstag-Konzert der Philharmonie statt: Glucks Sinfonie in G-Dur und Tschaikowskis bekanntes Klavierkonzert (Solist: Dan Grigore) unter Henry Selbings erprobter Stabführung. Der zweite Teil war „Cibinium“-festlich : Es trat der neugegründete „Gheorghe Dima“-Chor auf. Mittwoch war man zum Abschluss des Tages zu einer Premiere der rumänischen Abteilung des Hermannstädter Staatstheaters geladen worden. George Farquhars 1706 geschriebene handfeste Sittenkomödie „Der Werbeoffizier“ erlebte unter der Regie von Călin Florian eine Aufführung, die die grellen Töne noch zu verschärfen versuchte, die aber zu früh auf die Bühne kam ; es ist noch manches der Ausarbeitung bedürftig. Allerdings, das Publikum fand auch so sein Vergnügen an den eindeutigen Zweideutigkeiten. Und mehr, das heisst, der brutale Missbrauch des Menschen durch den Menschen, der unter der saftig-deftigen Oberfläche den bitteren Hintergrund dieser Komödie abgibt, kommt vorläufig noch nicht über die Rampe. Das Bühnenbild, das Erwin Kuttler schuf, ist ein glücklicher Einfall zu nennen. Es ist so schön wie einfach, lässt in Minutenfrist Dekorwechsel zu, indem zwei Häuserfronten wie Türen einfach auf oder zuzumachen sind, und mal eine Strasse, mal zwei Wände für ein Interieur abgeben. Was hätten Sie getan? Von Franz Storch M an testet heutzutage so vieles ; bald die Flugtüchtigkeit einer neuen Düsenmaschine oder die Reissfestigkeit eines Garns, bald die Wetterbeständigkeit einer neuen Farbe oder die Schockwirkung beim Zusammenstoss zweier Vehikel. Man testet auch kompliziertere Dinge, wie etwa die Lesefreudigkeit der Einwohnerschaft eines Landstrichs oder die Häufigkeit eines bestimmten Wortes in einem Roman. Elektronische Schnellrechner haben herausgefunden, dass sogar die Liebe und die ideale Gattenwahl (Vorsicht, in puncto Fehlentscheid keinerlei Garantie !) ertestet werden können. In einer unserer Redaktionssitzungen wurde ebenfalls über Teste gesprochen : Es solle sich mal jemand an den Rand einer stark befahrenen Landstrasse legen und die Autos zählen, die an ihm vorbeirasen, ohne anzuhalten. Kein schlechter Vorschlag, bloss ist die Jahreszeit schon zu kühl, um stundenlang auf dem Boden zu liegen, bis zufällig die Verkehrsmiliz, ein Rettungswagen oder sonst ein nicht-privates Vehikel vorbeikommt und einen aus dieser unbequemen Test-Lage befreit. Etwas zynisch, diese Feststellung, und vielleicht auch etwas zu allgemein gehalten, aber das oft bemühte Körnchen Wahrheit steckt zweifellos darin — sogar ein recht grosses Körnchen. Wenngleich nur in unserer Vorstellung, wollen wir zur Bestätigung des erwähnten Körnchens Wahrheit einen kleinen Test durchführen, und zwar mit Hilfe von Fragen, die jeder für sich (also möglichst ehrlich) beantworten kann. Was würden Sie tun, wenn Sie am späten Nachmittag, einige Kilometer von Ihrem Reiseziel entfernt, einen Menschen am Rande des Fahrbands liegen sähen ? Würden Sie sofort anhalten, aussteigen und nachsehen, worum es geht? Würden Sie weiterrasen und sich einreden, dass Sie den Mann ja nicht unbedingt gesehen haben müssen ? Würden Sie reflexartig folgern, dass nur ein Trunkenbold sich da auf ein Ernüchterungsschläf.chen niedergelegt hat? Bevor,sie aus freien Stücken Ihre Antwort fertigdenken, wollen wir etwas Wichtiges präzisieren : Sie sitzen allein im Wagen (müssen also nicht den Schein wahren), und weder durch die Windschutzscheibe noch im Rückspiegel ist ein anderes Fahrzeug zu sehen. Soweit, um den Gedanken der Redaktionssitzung nicht zu ignorieren. Wenn wir aber schon bei Testfragen sind, wollen wir — mit Ihrer Erlaubnis — den Rahmen etwas weiter spannen ! Ein nebeliger Herbstabend, wenig Menschen auf der Strasse, Sie gehen von irgendeinem Kino nach Hause — und merken, dass zwei Männer sich am Schloss eines Konfektionsladens zu schaffen machen. Würden Sie sich die Sache einmal näher ansehen und vielleicht fragen, was die Leute dort Vorhaben ? Würden sie Ihren Weg fortsetzen und sich sagen, dass wahrscheinlich erst jetzt gesperrt wird ? Würden Sie das Problem mit dem selbstberuhigenden Hinweis abtun, dass Miliz und Nachtwächter schon nach dem Rechten sehen werden ? Oder würden Sie aus einiger Entfernung alles beobachten, bis sich ein vager Verdacht bestätigt oder widerlegt, um daraufhin prompt zu handeln ? In Bukarest wurde dieser Test, tatsächlich durchgeführt. Von 63 Vorbeigehenden schöpften nur vier Verdacht. Sie verständigten die Miliz. Was hätten Sie getan ? Und dies ist auch nicht aus der Luft gegriffen : Hinter dem Platz der Vereinigung (Achse Nord—Süd) wirft ein eiliger „Trabant“ einen alten Mann um. Einige Passanten springen herbei und helfen ihm wieder auf die Beine. Er ist aber am Hinterkopf verletzt. Der „Trabant“ ist verschwunden. Ein Milizmann nähert sich — inzwischen aber machen sich auch die Passanten aus dem Staub. „Wichtigeres zu tun, als Augenzeugenberichte von mir zu geben ...“ Was hätten Sie getan ? Und eine junge Frau (auch noch hübsch dazu) stellt sich als TV-Journalistin vor. lässt sich in Temesvár „auf Dienstreise“ Unterkunft sichern, geniesst Gastfreundschaft und blindes Vertrauen bei einer Familie — und lässt einige Wertgegenstände mitgehen. Kein Mensch batte nach, einem Ausweis gefragt. Was hätten Sie getan ? Ein Inspektor lässt sich in einer Bukarester Gaststätte ein üppiges Mittagessen servieren und auch gleich einen guten Tropfen dazu. Ist aber erstens kein Inspektor und vergisst zweitens beim Weggehen zu bezahlen. Man liess ihn laufen (wohl um selber ungeschoren zu bleiben, falls es doch ein Inspektor sein sollte), und er praktizierte den einfältigen Trick, bis sich endlich ein Beherzter fand, der ihn zur Rede stellte. Was hätten Sie getan ? Es man seit weder an Fragen noch an Situationen, die solche Fragen aufwerfen. Die schläfrige Aufmerksamkeit, die manchmal Einfalt, manchmal Nachlässigkeit, >n der Regel aber Interesselosigkeit heissen müsste, macht sich um uns, neben uns, in .uns breit. Wir lachen zwar über andere, wenn sie als Folge , ihrer Einfalt in komische Situationen geraten, wir verurteilen andere, wenn durch ihr Verhalten Schäden entstehen, aber wir testen uns selbst zuwenig auf solche Situationen ab. Was nicht streng meine eigene Sache ist, geht mich nichts an! bekommt man hin und wieder zu hö■ ren — als ob der Mann, der auf dem (Portsetzung auf Sette 1, Spelte it