Neuer Weg, 1970. május (22. évfolyam, 6529-6553. szám)
1970-05-23 / 6546. szám
NEUER WEG / 23. Mai 1970 Stärker als Not und Verderben Opfermut der Soldaten brachte Rettung Die ersten Stunden nach der Hochflut bieten im Kreis Alba einen erschreckenden Anblick / Menschen fallen sich weinend in die Arme / Mit Hubschrauber und Amphibienfahrzeugen durch das Katastrophengebiet / Von unserem Berichterstattet Franz Remmel Vier Tage nach Eintritt der Hochwasserkatastrophe im Kreis Alba ist am Kassenschalter von Hunedoara keine Karte über Vinţ hinaus zu lösen, weil auch dei.- Mühlbach eine Eisenbahnbrückc unterspült hat. Am gleichen Tag sitzen wir in einem Amphibienwagen der Armee, den der erfahrene und ortskundige Soldat Vasile Roşea sicher nach Alba Iulia lotst. Im Vergleich zu den härtesten Stunden hat sich bereits manches verändert. An den meisten Stellen ist das Wasser zurückgetreten, und man sieht die riesigen Ausmasse der Verheerung. Vom Bord eines Hubschraubers, an dessen Steuerknüppel der erprobte Pilot Constantin Ştefănescu sitzt, ist ein breites Wassermeer zu sehen, soweit das Auge ins Maroschtal reicht. Wir überfliegen die Gegend, um die erste Not durch Abwerfen von Brot, Konserven, Mineralwasser zu lindern. Es ist nicht immer leicht, die Siedlungen im Wasser zu orten. Ganze Dachstühle schwimmen wassergesättigt und träge zu Tale und täuschen Dörfer vor, die ebenfalls bis zur Rinne unter Wasser stehen. Coşlariu, wo sich die Menschen auf 200 Quadratmetern zusammengedrängt hatten, gehört zu den meistbetroffenen Ortschaften des Kreises. Nach sicherer Landung der Lebensmittel winken die Menschen uns zu. Wasser, immer wieder Wasser, das sich unter uns als gelbe Flut zu Tale wälzt. In Oarda und Partoş, zwei Grossgemeinden, ist das Wasser bereits zurückgetreten. Wir landen. Müde Menschen, verschlammt, übernächtig, nähern sich unserem Hubschrauber. Sie bringen uns Gummistiefel. Doch wir sind entsprechend ausgerüstet, versinken aber schon wenige Meter seitlich bis über die Oberschenkel im aufgeweichten Erdreich. Nur mühsam erreichen wir die ersten Häuser. Es ist erschreckend. Das Wasser hat Tierkadaver angeschwemmt und in den Höfen liegen lassen. Hörner und Kopfpartien ragen gespenstisch unter angeschwemmtem, schlammbedecktem Reisig hervor. Menschen stehen vor eirigestürzten Häusern und weinen. T ür Partenie Bera und viele ändere ist ein Lebenswerk zugrunde gegangen. Die Katastrophe hat phantastische Ausmasse angenommen, erzählt uns der Mann, dessen Alter in diesem Aussehen nicht zu bestimmen ist. Höchstens acht Minuten waren es, als das Wasser Donnerstag um 21,30 Uhr in Partoş eingeflutet und das Dorf haushoch überschwemmt hat. „Wir konnten uns noch durch die Gärten in die höhergelegenen Nachbarstrassen retten. Dann nahm uns das Wasser von zwei Seiten in die Zange. Alles haben wir verloren. Alles. Heute gehört mir nicht einmal das Hemd, das ich auf dem Leib trage.“ Das gleiche Bild in Alba Iulia. Bekannte, die, sich Wiedersehen, fallen sieh weinend in die Arme. Ab und zu wird eine nasse Decke, ein triefender Polster aus dem Schlamm gezogen. Die Leute tasten die Gegenstände ab, schwenken sie im Wasser und sehen dann erst, was sie in den Händen halten. Nur langsam bewegt sich unser Schwimmwagen durch die Strassen „Siret“ und „Bucureşti“ der Unterstadt zu. Der kleinste Wellengang reist Tore und Zäune aus der aufgeweichten Erde und gefährdet eingeschlammte Häuser. Mit Kähneh und improvisierten Flössen versuchen Leute etwas aus den Wohnungen zu retten, soweit die Haustür überhaupt schon sichtbar ist. Wenige Meter von uns schwimmt ein Kasten auf dem Wasser; Katzen streifen über das Lattengitter eingestürzter Dächer; im schwimmenden Hölzwr;ack /", eines abgespijjtffii '.Pţehbrynîiens zittert ein Hund vorHunger und Entsetzen. Inmitten dieses Elends hört man bereits die ersten Hammerschläge. Vorläufig wird behutsam demoliert, mit der Absicht, wieder aufzubauen. Die Feuerwehr bringt Trinkwasser in die Strassen.; improvisierte Lautsprecher rufen die Bewohner1 Strassen weise auf, sich zwecks Schutzimpfung zum Ambulatorium zu begeben. Dazwischen hört man immer wieder Hinweise des Kommandos für Hochwasserbekämpfung, angespülte Kadaver zu melden, die Impfungen nicht zu versäumen, kein Wasser aus Brunnen zu geniessen. „Ich habe in 75 Jahren niemals etwas Grausameres wie diese Überschwemmung erlebt“, erzählt Alexander Hammermann. „Es war pechschwärze Nacht über Alba Iulia, dröhnend drang das Wasser vor. Und immer wieder dieses unheimliche Krachen einstürzender Mauern und brechender Balken.“ Es waren dramatische Augenblicke, in denen die Besatzungen der Hubschrauber rund 130 Menschen vom Tode retteten. Doch nicht alle konnten geborgen werden. Die Zahl der Toten steht noch nicht fest. Man weiss, wer da ist, weiss aber nicht, wer fehlt. Die Bergungsmannschaften haben indessen Unmenschliches geleistet. Der Feuerwehrmann und VKJ-ler Nelu Pavel aus Alba Iulia ist einer, dem viele ihr Leben verdanken können. Es ist der gleiche Soldat, der sich im Tiefflug aus dem Hubschrauber stürzte, um eine ertrinkende Frau zu retten, derselbe, der sich in Totoi in die reissenden Fluten abgeseilt hatte, um isolierte Rinderställe zu öffnen, der ein entkräftetes Ehepaar mit ihrem sechsjährigen Kind im Arm aus der Strömung fischte und einen Jungen von der Spitze eines Telegrafenmastes in den Helikopter holte. All dies erzählt' uns der Kommandant der Einsatzfo’rmatioh, während wir über Coşlariu, Oarda, Galţiu und anderwärts Wasser, Brot, Konserven und Zigaretten abwerfen.. „Grösste Hilfe leisteten mir zwei junge Burschen, die sieh aus angesohwemmten Tüchern eine Fahne geknüpft hatten und mir von einem Dachboden in Oarda zwölf Stunden lang die bedrängtesten Fälle gezeigt haben“, erzählt Kommandant Ştefănescu. „Ich weiss leider nicht, wer diese Burschen sind, denen ich gerne die Hände drücken möchte.“ Es sind Ion Crăciun, Fräser in' der mechanischen Abteilung Nr. 7 in Cugir, und Daniel Munteanu, Schüler der VII. Klasse. 'Auch der ■Stationschef Ion Almăşan von Bărăbanţ hat 30 Leuten das Leben gerettet, indem er sein eigenes gefährdete. Man könnte die Namen fortsetzen. Aber die Taten verlagern sich auf andere Gebiete. Neben Heldenmut herrscht Verzweiflung. Dazwischen aber ertönt das erste Arbeitsgeräusch. Die Toten werden mit wehem Herzen zu den Toten gebettet, die anderen müssen nach dem Morgen sehen. Hilfe ist bereits eingetroffen. Die ersten Schritte zur Normalisierung des Lebens sind getan worden. Soweit das Auge reicht: Wasser. Inmitten einer fruchtbaren Ebene lag bis vor wenigen Tagen die Mischfutterfabrik und die Tierzuchtfarm Baldovineşti im Kreis Brăila Fotos : Agerpres Bild aus Alba Iulia während der Überschwemmung. Ausweglos sind die Strassen überflutet, auf denen Bruchteile von zerstörten Häusern treiben. Hubschrauber retten Menschen von den Hausdächern Bergrutsch bei Jassy 37 000 Hektar überflutet / Auch Kellereien in Cotnari betroffen Jassy. — Im Kreis Jassy hatten die Fluten am 21. Mai 37 000 Hektar Ackerfläche erfasst. Aus den Ufern traten hier die Flüsse Moldova, Jijia, Sereth und Pruth, wobei die Hochflut des Pruth andauert und weitere Gebiete bedroht. In diesem Kreis wurden 860 Häuser überflutet, 198 davon sind gänzlich zerstört und 373 stark beschädigt. Besonders schwerbetroffen ist das Dorf Chipereşti bei Jassy : Durch einen Bergrutsch stürzten ganze Flächen samt den Anwesen in den Jijia-Fluss. Die Unternehmen und Handelseinheiten in Paşcani verzeichnen erhebliche Verluste. In Cotnari erlitten die berühmten Kellereien einen Schaden von 1 800 000 Lei, besonders die Bauten wurden zugrundegerichtet. In Paşcani, Jassy und Tg. Frumos ist das Kanalisierungssystem und teilweise das Strassennetz zerstört, Berechnungen nach sind für die Instandsetzung 5,5 Millionen Lei erforderlich. Ersten Schätzungen nach belaufen sich die Schäden, die die Unwetterkatastrophe im Kreis Jassy anrichtete, auf 75 Millionen Lei. Äusserst schwierig ist die Lage am Pruth und an der Jijia : Hier gibt es ganze Gebiete, wo das Wasser etwa zwei Wochen lang nicht abfliessen wird, an vielen Stellen sind Abflusskanäle oder der Einsatz mechanischer Mittel nötig. Diesbezügliche Arbeiten haben begonnen, so dass z. B. das Dorf Lunca Prutului trocken , gelegt werden konnte. Trotzdem sind noch 20 Dörfer des Kreises Jassy teilweise oder ganz überschwemmt. Am 21. Mai zogen sich die Tluten noch über eine Fläche von 50 Kilometer Länge und 7—8 Kilometer Breite. Dabei begegnet man erschütternden Notlagen. Auf einen Berg am Rande des Dorfes Holboca haben die LPGs aus dem ganzen Gebiet ihre Viehherden getrieben. Von hier sind es 7 Kilometer bis zum Pruth. Das Dorf Golăieşti ist gänzlich überschwemmt. Andere Gemeinden konnten gerettet werden : Auf einer Strecke von 4 Kilometern wurde ein Damm errichtet — 1500 Menschen arbeiteten Tag und Nacht —, so dass die Dörfer Medeleni, Petreşti, Podu Jijiei und ausgedehnte Ackerflächen vor den vernichtenden Fluten bewahrt wurden. Am Pruthufer wird auch jetzt ununterbrochen gearbeitet: Befestigungs- und Uberwaehungsarbeiten an den Dämmen, Rettungsaktionen. Bei Drinceni (Kreis Vaslui) tritt der Fluss in eine kanalisierte Strecke von 60 Kilometern. Dies bewirkt jedoch ein weiteres Ansteigen der Überschwemmungen in den höher gelegenen Ortschaften zwischen Golăieşti únd Gorban. Seite 3 Das Leben nimmt seinen Lauf In Elisabethstadt, acht Tage nach der Flut Von unserem Berichterstatter Helmut Kamilii Elisabethstadt. — Die Reifen rollen mit einem sonderbaren Geräusch über den Fahrdamm. Die Pflastersteine sitzen locker und schlagen bei jedem Druck gegeneinander. An manchen Stellen ist die Strasse eingesunken : eine Folge der verheerenden Wirkung des Hochwassers. Nach Odorhei und Schässburg war Elisabethstadt die dritte grössere Ortschaft, die von der Grossen Kokel vor einigen Tagen überschwemmt wurde. Die durch Hochwassereinwirkung entstandenen Schäden sind hier, obwohl erheblich, doch weit geringer als beispielsweise in Schässburg. Florin Nistorescu, Stellvertretender Vorsitzender des Stadtvolksrates, informiert uns, dass mehrere Wirtschaftseinheiten, darunter die Hanfrösterei, die Tischlerei eines Mediascher Unternehmens, mehrere Werkstätten der Produktionsgenossenschaft sowie Geschäfte und Lagerräume unter Wasser gesetzt wurden. Der Sachschaden feeläuft sich auf etwa vier Millionen Lei. Grösser dürften die Schäden an den Wohnhäusern sein. Zwei Drittel der Stadt wurden überschwemmt. Das Wasser erreichte eine Höhe von 40 Zentimetern in der Stadtmitte und bis zu zwei Metern und stellenweise gar mehr an anderen Stellen. In 1633 Wohnungen drang Wasser ein. 87 Eigenheime sind eingestürzt oder müssen abgetragen werden. Zwei Menschen kamen in den Fluten ums Leben. Am ärgsten hat das Wasser in den Strassen gewütet, die nahe dem Flussufer Tiegen. Dramatische Stunden, wo es ums nackte Leben ging, hat hier der frühe Morgen des 14. Mai gebracht. Mit aller Wucht haben sich die schäumenden Fluten auf die ebenerdigen Familienhäuser gestürzt und auf ihrem Weg alles niedergerissen. Vor einem Haus in der Coşbuc-StrasSe haben die Fluten einen Stall zurückgelassen, nachdem er mit einer Wucht an das neue Eigenheim des Rentners Johann Schüller geschleudert wurde und eine Hauswand eingedrückt hat. Johann Schuller : „Wenn das Militär nicht mit Amphibienfahrzeugen gekommen wäre, waren wir nicht mehr am Leben. Das Wasser im Zimmer reichte fast bis zur Decke. Wir hatten uns auf die Schränke geflüchtet. Von hier wurden wir dann gerettet.“ In der Digului-Strasse wurde ein schwer«r --------- J-----n .11------------•---------z-eug UCJ. XVCltUUgÖUlclim-" Schaft an das Haus Nr. 10 geschleudert und hat eine Ecke weggerissen. Nachdem der Hauseigentümer Johann Toth seine: Familie in Sicherheit gebracht hat, konnte er sich schwimmend retten. Das Was-, ser stand anderthalb Meter hoch im Zim-, mer und hat alles vernichtet. Das nächste Haus ist vollkommen zerstört. Es war ein Neubau. Sein Eigentümer, der Bürger Zell wollte es in den nächsten Tagen beziehen. An dieser Stelle hat das Wasser; vier Eigenheime zum Einstürzen gebracht. Adolf Haller, Arbeiter in der Ziegelfabrik : „Das Wasser hat uns so gegen vier Uhr nachts in den Betten vollkommen ahnungslos überrascht. Ich konnte nicht einmal einen Rock Überwerfen,, Schauen Sie dieses Haus, in welchem Zustand es sich befindet. 20 Jahre lang habe ich gespart.“ Sieben oder acht Tage nach dem Hochwasser : Das Leben beginnt wieder seinen normalen Gang zu gehen. Den obdachlos gebliebenen Familien wurden Unterkünfte zugewiesen und auch für Verpflegung wird gesorgt. In den vom Hochwasser am! schlimmsten betroffenen; Vierteln sieht es allerdings noch trostlos aus. Trotz aller vom Volksrat gewährten Hilfe und Unterstützung können die Schäden nicht kurz-; fristig beseitigt werden. Auf tiefer gelegenen Stellen steht noch Wasser, die Strassen sind unbefahrbar. In dem knietiefen Schlamm kommt kein Rad vorwärts. Die Wohnungen und Höfe werden ent-1 schlämmt. Unid das "ist eine Riesenarbeit, die übriggebliebenen Möbel und Kleider zu reinigen. Im Zentrum rattern Moto-1 ren. Pumpen holen das Wasser aus den Kellern. In den Wirtschaftseinheiten wird mit Hochdruck gearbeitet, damit überall die Produktion wieder den gewünschten Stand erreicht. Mehr als 1500 Familien sind in Elisabethstadt durch das Hochwasser zu Schaden gekommen. Einfache Menschen, die für ihre Anschaffungen hart gearbeitet haben. Trotz allen Unheils, das über sie hereingebrochen ist, sind diese Menschen optimistisch. Ein Optimismus, der seine Wurzeln in der landesweiten Hilfsaktion hat. Stahl und Beton erwiesen sich als zu schwach gegen die entfesselte Flut. — Im Bild, die Maroschbrücke bei Teiuş, an deren Instandsetzung pausenlos gearbeitet wird 20000 Hektar überflutet Kreis Bistritz-Nassod : Gesamtschaden übersteigt 234 Millionen Lei Bistritz (NW). — Jetzt,nachdem sich das Wasser aus den überschwemmten Ortschaften und von den Feldern grösstenteils zurückgezogen hat. kann man sich erst über die Ausmasse der Verheerungen Rechenschaft geben. Nach vorläufigen Schätzungen übersteigt der Gesamtschaden mehr als 234 Millionen Lei. 19 976 Hektar wurden überflutet, auf fast 6509 Hektar sind die Kulturen vollständig vernichtet. Mehr als 2100 Häuser wurden beschädigt oder zerstört. Bisher sind sieben Menschenleben zu beklagen und auch die Zahl der Obdachlosen ist gross. Stark in Mitleidenschaft gezogen wurde auch das Strassen- und Eisenbahnnetz. Über 230 Beton- und Holzbrücken wurden beschädigt oder völlig zerstört, das Strassennetz wurde auf einer Gesamtlänge von 116 Kilometern vom Wasser unterspült und ist eingebrochen. Nach wie vor stehen in allen Ortschaften Hunderte Menschen im Einsatz, um die Schäden wiedergutzumachen. Die Verbindungen zu anderen Kreisen konnten wiederhergestellt werden. Inzwischen hat auch eine Hilfsaktion für die geschädigten Familien begonnen. In den Betrieben und Institutionen spenden die Belegschaften monatlich je einen Tagesgehalt für die Geschädigten. Auf Kreisebene wurden dem Hilfsfonds bisher über 550 000 Lei zugeführt. Ausserdem haben die Bewohner der Städte und Dörfer begonnen, Kleider, Schuhe und Lebensmittel zu spenden. Gleichzeitig haben die Sanitätsorgane des Kreises eine umfangreiche Aktion zur Vorbeugung von Seuchen in den gefährdeten Zonen eingeleitet. Lebensmittel werden strengstens geprüft und auch Schutzimpfungen vorgenommen. Wiederaufbau im Kreis Sathmar Sathmar (NW). — Gruppen, ~ ganze Kolonnen von Kindern werden von Sathmar fortgebracht, verlassen ihre Eltern, ihre Geschwister, die ihnen einstmals so vertrauten Spielplätze. Nicht freiwillig. 5083 Kinder des Kreises haben kein „zu Hause“ mehr. 15 700 Menschen sind obdachlos. In vier grossen Betrieben der Stadt sind die Zeiger der Messinstrumente erstarrt. Kein Leben, keine brotspendenden Energien durchpulsen die von ihnen überwachten Anlagen. So mancher Familienvater empfindet es jetzt so eindeutig wie noch nie, dass seine Arbeitsstelle „seine“ Fabrik war und wie sehr er mit ihr verwachsen ist. Elf Gemeinden des Kreises stehen noch immer unter Wasser. Im ganzen waren es 28 Ortschaften, in denen Menschen, Hof und Vieh innerhalb weniger Minuten dahingerafft wurden. Auf rund 121 000 Hektar erstickte das Wasser das Brot von morgen. Ein Beispiel. Die Gemeinde Odoreu : 1540 Obdachlose, 229 zerstörte und 133 beschädigte Wirtschaften, 830 Hektar bebautes Ackerland unter Wasser, 220 Stück Vieh verloren. Ate Augenzeuge erlebt man immer wieder ergreifende Beispiele menschlicher Solidarität. Die Bauern der Bihorer Gemeinde Sälacea haben den Wiederaufbau von Odoreu übernommen, bei dem l.-September-Werk und beim Solidaritatea-Betrieb von Sathmar stehen die Arbeiter, oft von Frau und Kind unterstützt, Tag und Nacht im Einsatz und jagen die ersten Lebensimpulse durch ihre Anlagen. Die obdachlosen Kinder werden mit Selbstverständlichkeit aufgenommen, an den Mittagstisch gesetzt und zur Schule gebracht. Zwischen gestern und morgen wird eine Brücke geschlagen, die auf unzählige Heldentaten, auf Opferbereitschaft und- auf Entschlossenheit gebaut ist und die Menschen hoch über alles Verderben hebt.