Neues Pester Journal, Januar 1877 (Jahrgang 6, nr. 1-31)

1877-01-29 / nr. 29

rs LESE Le Montag, den 29. Iannatı Wbonnement: Ganz­. fl. 14 halb. fl.7, viertelj. fl. 3.50, an 1.20. Das „Neue Welter Journal“ erscheint, täglich, auch an Montagen. Die Denk- Jeter, Budapest, 28. Jana. , Dem großen Todten, den wir vor Jahresfrist beweinten, galt die Trauerfeier, die heute die Aladente der Willenschaften in ihrem Wrachtsaale abhielt 63 war eine würdige Todtenfeier, wür­dig des edlen Berblichenen, wüidig der Körperschaft, von der sie­ ausging. Eine glänzende Gesellschaft hatte si tm Akademiesaale­ versammelt, um den Zoll dankbarer Verehrung den Manen Franz Deus’s ab­­zutragen: Die Vertreter der Königin, die Minister, die Aladeniter, Abgeordnete, Magnaten, Brälaten, die „Repräsentanten des Munizipiums, des hohen Beantenthums und des Richterstandes; im­ engen Nam­e bot sich ein versteinertes Abbild aller jener Volkesschichten, welche vor Jahresfrist Franz Deat die leßten Ehren e­rwiesen hatten. Die Feier galt Franz Deas Andenken, dem Manne sowohl, wie seinen Werken. Sie galt dem genialen­­ Staatemanne, dem tiefen Denker, dem großen Batrioten, dem makellosen Charakter, dem s­chöpferischen Feuergeiste und dem trefflichen Men­­schen mit dem warmfühlenden Herzen. Sie galt dem einstigen Vorkämpfer für die liberalen­­ Ideen des Jahrhunderts, wie dem Begründer unseres moder­­nen Staatrechtes, der zugleich der Begründer des gemeinsamen öffentlichen Rechtes der Monarchie war, dieses unerschütterlich festen Botes in dem Wech­­sel der Erscheinungen. Dieses ruhenden Buntftes in­­mitten der uns umwingenden Krisen, &3 war eine Franz Deis’s würdige Todten­­feier. Der Präsident der Akademie widmete seinem Andenken Worte des Nuhınes, Worte des Brettes. Deat’s treuer Freund und unzertrennlicher Kampf­­genosse zeichnete in begeisterter Nede den ganzen Le­­benslauf des großen Mannes, schilderte in glänzen­­den Farben dieses reiche, vielseitige, unermü­dliche und doch so einfach im sich abgeschlosfene, völlig ausgeglichene ‚Sein.­­ Des Dichters­­ sch­wungvolle Dpe beschloß die Apotheose. Die Beten der Nation haben Franz Desf’s Andenken gefeiert und die ganze Nation weiht der Gedenkfeier andächtige, soietätsvolle Theilnahme. Denn die Nation ehrt nur si , wenn sie Zeug­­niß ablegt, daß frok be der Zeit Franz Deáfs Bild unverblaßt vor ihrer Seele steht, und daß sie unnablässig in Liebe und Dankbarkeit des Mannes gedenkt, dessen ganzes Leben dem Dienste seine Volkes selbstloß geopfert war. 0 al­­­eo | Redaktion und Adminis­tratin: Ginzgenrenummernate, 4 Zur Bankfrage: Budapest, 28. Januar, Bon­font gut informirter Seite wird ung geschrie­­ben: „Bei den bevorstehenden Wiener Verhandlungen über die Bankfrage dürfte es sich Hauptsächlich darum handeln, die Nationalbank für das Minimum der Forderungen, wie sie vom Minister Tia Namens Ungarns aufgestellt wurden, zu gewinnen. Die hiesigen Verhandlungen hatten kein Resultat, weil die österreichischen Minister imm­er und immer wieder die Zuziehung der Bank zu den Verhand­­lungen forderten, ein Ansinnen, das von Tia und seinen Genossen mit der größten Entschiedenheit zurückgewiesen wurde. Die österreichischen Minister beriefen sich jedoch dar­­auf, daß der Standpunkt der Nationalbank und der des Wiener Abgeordnetenhauses ziemlich identisch seien und er­­härten, daß sie nur deshalb so­ oft die Anschauungen der Nationalbank zu vertreten in die Lage komaten, weil die­­selben Anschauungen auch im österreichischen Parlamente die maßgebenden seien. Dem gegenüber beflark­ten die ungarischen Regierungsmänner, daß sie auf die Bes­­tehungen des österreichischen Kabinett zu der Bank nicht weiter­ reflektiven, daß jedoch die ungarische Mer­kierung ihrerseits aus meritorischen Gründen sowohl wie auch wegen des Vorgehens der leitenden Persönlichkeiten der Nationalbank ihr gegenüber sich in weitere Verhandlungen mit der Bank nicht einlassen könne noch werde. Gelinge es der österreichischen Regierung, durch Verhandlungen mit der Bankdirektion zu Resultaten zu gelangen, die den auf das Minimum reduzirten Wünschen Ungarns entsprechen, man werde die ungarische Regierung selbstverständlich sich an die Provenienz dieser Vorschläge nicht weiter kehren. So standen die Dinge, als die Mitglieder der beiderseitigen Regierungen voneinander schieden. An Wien soll es nun versucht werden, die Nationalbank dahin zu bringen, daß sie zu einem­ befriedigen­­den Ausgleich ihre Mitwirkung seie. Gelingt dies nicht, und bleibt dann­ die österreichische Negierung doch dabei, ihren Standpunkt mit jenem der privilegirten Nationaldant zu identifiziren, dann ist die Krise unvermeidlich, es ist jedoch nicht wahrsceinlich, daß sie sie dann 0108. auf Ungarn erstreden wird.” « ,,Napl(5'«zwholge steht ein Provisorium mit aller Zuversicht zu erwarten, und zwar sol in Wien über ein Provisorium auf folgender Grundlage verhandelt werden : Hinsichtlich des Zoll- und Handelsbündnisses wird bis Ende 1879 der Zustand vom Jahre 1875 aufrechts erhalten, so zwar, daß mit 1. Januar 1878 wieder die englische Nachtragsk­onvention in Wirksamkeit tritt, wozu die Zustimmung Englands unschwer zu erhalten sein wird. Das Privilegium der österreichischen Nationalbank wird verlängert , aber nur von Seiten Oesterreichs­­­­­­­ unverändert, so mag Ungarns Rechten zur Errichtung einer selbstständigen Bank in seiner Weise präjudizirt wird. Weder diesen von österreichischer Seite ausgehenden Vorschlag vere­ben sich , tapfer zu Folge in Wien die ungarischen Minister zu äußern haben. Eine unbesiegbare Antipathie haben die ungarischen Minister schon während der hier gepflogenen Besprechungen gegen den Gedanken des Provisoriums nicht an den Tag gelegt. Die österreichischen Minister haben es auf sich genommen, mit den leitenden Persönlichkeiten der Bank über diese Provisoriumsidee zu konferiren; dieselben­ haben aber seine Garantie dafür übernommen, daß die Nationalbank dieses Provisorium acceptiven werde. So die Meldungen des , Naple", die sicher überaus interessant sind, und für welche das genannte Blatt sicher geneigt ist, die Verantwortung zu tragen. 8 Pester ! | Zur Tagesgeschichte. Im Vordergrunde der politischen Tagesge­schichte stehen die von Seite der Pforte mit Serbien­ und Montenegro angeknüpften Separatfrie­­densverh­andlungen. In Folge der­ vom Großvezier in Sachen dieser Verhandlungen an die beiden Fü­rsten gerichteten Depeschen fand in Belgrad vorgestern bereits ein Ministerrath statt, ohne daß eine Einrig­ung erzielt wurde. Noch am selben Tage hielt der Fürst einen neuen Ministerrath darüber ab, ob man an den türkischen Bevollmächtigten, den Botschafter Mieko Baldica, einen Delegirten der serbischen Regierung senden solle oder nicht ; der hierüber gefaßte Beschluß wird jedoch geheim gehalten. In tartenfreundlichen Kreis­­­en hält man dafür, daß die Pforte dem beiden Fürstentüümern gegenüber­ versührliche Propositio­­nen­ machen werde. Ungewiß ist er aber, welche das Jung Serbien und Montenegro selbst einnehmen. Hier’ die Suftrit­tionen aus. St. Peterez­burg bedingt, « » it Alles durch JiI Rußlaxtd selbst sollen sich ganz un­­erwartete Dinge vorbereiten.äusansxiricht von einer bevorstehenden A Abdankung des Czaren und von einem baldigen Rücktritte des Fürsten Kortschakoff,den General Ignatieff ersetzen­ soll.«·demnächster­­scheinen des Cirkularschreibens­ herigettrussi­­schen Reichskanzlers wird a«euSchwas uengesang bezeichnet.Bestätigen sich diese Nachrichten,dann bedeuten sie den nahen Ausbruch eines Krieges. Mittlerweile bereitet man sich in Buku­­ung am Fest zum Empfange der Russen vor.Die ——————————..­———­————«­——­—­..H Dde zum Gedächtnis. Franz Dent’s. Preisgekröntes Gedicht von Karl Szá, Yu3 dem Ungarischen übertragen von 3. Schnifer. So mußten wir an Dich Hinfinfen sehen, — So mußte auch die lechte Geder fallen ! Wir sah’n voll Qual Dich, kämpfen mit dem Tode, Dich, der im Leiden selbst gelebt uns Affen ! Dich traf Fein Bliä! — Ein tüd’scher Wurm zerfraß Die Wurzel Deines Lebens. Was mit Beben Und dumpfem Schmerz das ganze Land erfüllte, Ach, Deinen Fall — wir mußten ihn erleben! Vor Angst, verhaltnen Athens standen wir, Zagend, hoffend, — nach Deinem Fenster spähend, Ob auch das Lämpchen d’rinnen faum nach glomm , Ach, einen Schwaben Schimmer Doch erflehend ! Die Nacht traf auf der Straße noch das Bolt — So stumm war’ rings, und jeder Tritt so leite­te in dem Zimmer, wo ein Vater stirbt Umringt von seiner Söhne treuen Kreise ..» Und als die Kunde, flüsternd exit und zagend, „"3 ist zu Ende!" hauchte, — und darauf Nach allen Richtungen des Windes flog Und Berg und Thal durchzog im Sturmeglauf, Und als der Funke, schneller denn ein Pfeil, Die Kunde in Millionen Herzen trug, Und ald des Schmerzes Brand gen Himmel lodert, Und wild die Flamme dann zusammenschlug:­ Da ward zum Trauerhaus das ganze Reich, Das Dreigebirg ward eine Niesenbahre, Zu ihr zog Mann und Weib, und Groß und Klein, Der Jüngling und der Greis im weißen Haare, Vor diesem Sarge beugt sich selbst der Thron Und bringt der Rührung Zoll dem größten Sohne ? Und frieend weint des Landes hehrste Frau, Und Trau’r umhüllt am Königshaupt die Krone, Wie bei der Hocfluth oft entfernte Ströme Durch Damme brechend in einander schlagen, so strömt das Volk zu Tausenden herbei, Am großen Tag, da sie hinaus ihn tragen, Partei und Rang — jedweder Unterschied H Beschwindet an der Bahre diesede Einen: Europa sieht’8, — am Grabe Flagt ein Bolt Und Millionen eine Thräne weinen! Mel überird’scher Größe gilt der Schmerz, Das Millionen trauern um den Einen ? Und daß erzittert die gestählte Brust, Und bärt’ge Männer wie die Kinder weinen? Daß gleicher tiefer Schmerz des Bauern Hütte," Des Edlen Burg, des Königs Thron umfängt, Daß wie ein Blih­en durch die Herzen zucht Und auch der Feind gerührt die Fahne fentt ? Stand er so­ hoch in stolzer Machtesfülle, ‚Daß so in feinem Tall erbebt? die Erb’? Im Den Großen ist bloß kalter Leichenprinz, War’s sein Gentlich,war’s seines Geistes Fla1 11 nie, Die uns wie eine Himmelsfackel schien? Diesslll es ist verschwindend gegen Eines, Denn: Ein Charakter schied mit ih­n dahin! Felt in Prinzipien, starr, dem Felsen gleich, Wenn’s galt das Necht und das Gefek zu wehren, War, wo Parteimuth durch die Herzen flamm­e, Stets sein verfühnend weises Wort zu hören! Sein Brustschild war die Ehre. Und sein Grund an : Für's Recht und für das Vaterland zu wagen, Zu dulden Alles — ja selbst den Verdacht, Den schwersten Stoß von Freundeshand, zu tragen, Für dich, o theures Land, doch um dich im­mer Konnt’ er auch feiljhen, wenn er war vonnöthen, Selbst dem Verdachte gab er preis die Brust, Nicht Fragend erst, ob Freund und Feind ih­r schmähten, Frei rief er aus: „Um Alles darfst du feilschen, Dodd nit um’s Vaterland! — Für dieses Ziel Mußt du die Ehre und das Leben wagen, Dodd nur das Vaterland feg nie aufs Spiel!” Und was er für die Land ersprießlich hielt, Das that er und daß sprach er ohne Zagen; Doc nie lodt ihn ein trügerisch Phantom, Auf sumpfigem Pfad Irrlch­tern nachzujagen, Das war ja seine Treue an sich selber, Dab — wie am Meer der Kompaß unverwandt Dem Stern folgt, der die Richtung ihm verleiht — Der Heras in Trauer selten nun bescheert­ Er ttete nur Ein uah: das Vaterland! x -

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