Neues Pester Journal, April 1877 (Jahrgang 6, nr. 91-119)

1877-04-08 / nr. 97

»s- ,Bukarest, Sonntag a .­­. . - - - : Reues Pestee Jota-nah abhängig von anderweitigen Einflüssen­ zu lösen. -Damit wäre Europa lahmgelegt und von Vornes herein jede europäische Komplikation ausgeschlossen worden,welche Frankreich die Möglichkeit gelassen hät­te,neue Allianzen zu suchen­ und einzugehen­. Deutschlandintere­sse war es also,Oesterreich- -Ungarn und Rußland einander näherzubringen, nicht aber,die Kluft zu erweitern,die sich zwisch­en­ den beiden Mächten aust­at. Vom­ deutschen Interesse aber durfte Graf Andrássy sich nicht leiten lassen,ihm konnten nur Oesterreich-1Ingar 113 Interessetc die maßgeben­den ""sein.,Und so bestand zwischen den beiden Staatsmän­­nern ein eigenartiges Verhältniß,das erst durch die Orientfrage die entsprechende Vertheilung von Licht und Schatten erhalten hat. Bis zu dem Augenblicke, da die orientalische Frage in’3 Rollen geriet­, war nämlich­ in diesen­ Verhältnisse Graf Andrasiy stets der gebende Theil. Allerdings gab er spontan, frei von jedem zwange , geleitet von jenem chevaleres­­ten Zuge, der ein Charakteristikon seiner gan­­zen Politik i­, sprang er dem Fürsten Bismarc in mehr als einer Trage bei, in welcher den deutschen Reichskanzler dessen Nervosität zu weit geführt hatte, ja, mit Ausnahme der Weigerung Andräsfg’s, den sogenannten deutschen Kulturkampf thatkräftig zu unterstnken, wüßten wir feinen all, in welchem Graf Andraffy sich gegenüber einem Anspruche seines deutschen Kollegen ablehnend verhalten hätte. Fordernd, Gegenleistung beanspruchend trat Graf Andreaffy nie auf. Erst als die Orientfrage unsere Monarchie in ihre Kreise hineinzog, begann Oester­­reich er ungarn einen Weg einzuschlagen, der — so­­­weit nämlich unsere Wahrnehmung der Verhältnisse reicht — Bismard’s Intentionen nicht entsprechen konnte. Aber auch in dieser Frage it Graf Andräsly bisher nicht als Fordernder aufgetreten; er ging lediglich seinen eigenen Weg, der freilich von der Nichtung abwich, welche die deutsche Politik ein­ehalten zur sehen gewünscht haben mag. Welche Forderungen Graf Andraffy an Bismark Hinsicht, Sich der Orientfrage zu stellen sich berechtigt hielt, konnte sich bis jegt nicht zeigen, das hätte ext eine spätere Phase der orientalischen Berwickerungen zum Vorschein bringen können. Graf Andrassy allerdings sol — wie es positiv verlautet — in vertrauten Streifen wiederholt die feste Neberzeugung geäußert haben, daß Fürst Bismarc im Falle des­­ Eintrittes jener Phase den Erwartungen der öster­­­reichische ungarischen Politik entsprechen wü­rde, . Beide Staatsmänner haben also , in ihrer Dorientpolitik, wie sie übrigens s­chon selbst ver­­steht, pflichtgemäß die Hintereffen der von ihnen geleiteten Neiche repräsentirt, und darum glauben wir ebensowenig , daß durch die Orientfrage ihr gegenseitiges Verhältniß eine Trübung erfahren hätte, als wir der Ansicht sind, daß irgend ein Staatsmann, der nach Bismarck an die Spike der ans­wärtigen Volitit Deutschlands tritt, andere Wege einschlagen könne, als die von dem scheiden­­den , das drafitische Wort Bismard's, daß die ne­funden Sprachen eines ponmer’ichen Füsiliers mehr werth seien, als was Deutschland sie­ durch eine Aktion im Oriente holen könne, gilt für jeden vernünftigen Bolitifer in Deutschland. Nicht 10 einfach it es dagegen mit der Bolitit unserer Monarchie bestellt. D­ielerlei Faktoren spielen in dieselbe hinein. Divergirende Interessen ringen nach Geltendmindgung, wichtige Elemente machen sich ab, die auftauchenden Fragen zu kompliziren. 65 läßt sich nicht leugnen, der bisherige Gang der Andeafiy’schen Politik, wie er sich insbesondere in den späteren Stadien D dargestellt, hat sr als ein korrekter ertwiesen und diese P­olitik hat Anspruch auf die Zusti­mmung­ der­ Bevelkerung erworben. Ihre Feuerprobe aber hat die Orientpolitik Oester­­reiche U Ungarns bisher noch nicht bestanden. Sie war im Großen und Ganzen eine Politik des Zumars­tend, des Temporisirens, der Abwehr und bestenfalls eine Politik der Vorbereitungen. Ihren Kern, ihr positives Wesen und ihre bestimmte Richtung wird diese Politik erst Damm zeigen, wenn Rußland den Boden der diplomatischen Aktion verläßt und das tot­ zieht, mit dem es nun seit Monaten raffelt. " 8.Avrinse7.,so Bismark und Arnim. So wenig die Balette eines Malers gegen das überwältigende Harbenspiel eines großen Ma­turbildes in Konkurrenz zur treten vermag, ebenso wenig it selbst die Phantasie des Fruchtbarsten dramatischen Dichters im Stande, den Kampf mit den in der Weltgeschichte waltenden­­ Kräften auf­­zunehmen. Man braucht, fs nur auf die­­ lebende Generation zu berufen, um­ den Nachweis zu­­ fer fern, daß Alles, was die­­ Poesie an dramatischen Konflikten und tragischen Lösungen geschaffen, sich zur einer blassen Schattenbilde verflüchtigt, wenn es einmal der Muse der Geschichte einfällt, den Dolch der Tragödie zu züchen und ihre Handeln,­den Personen als Helden eines­­Tranerspiels zu gruppieren. In Deutschland scheint­ ji fochen der Schlußakt einer derartigen tragischen Verwicelung vorzubereiten. Der eiserne Kanzler, der sich an­­fdidt, als grollender Achilles die Ruhe seines Lager­­zeltes aufzusuchen, und der ehemalige Botschafter Arnim, der unter dem milden Hinmter der Riviera seiner Auflösung entgegenharrt, sind die Helden dieses­ Trauerspield. Graf Arnim rühnt si in der zur seiner DBertheidigung geschriebenen Streit:­schr ist, einst der­ Freund des Grafen Bismarc gewesen­ zu sein, und dennoch trug schon die erste Meinungsdifferenz, die sich z­wischen d­iesen beiden Männern erhob, den Keim eines tragischen Konfliktes in fi. Auf der einen Seite ein Mann, erfüllt von einer gewaltigen Thatkraft und geleitet bon einen eisernen Willen, der gewohnt ist, frei von jeder Rücsicht dem selbstgestedten Ziele entge­­gen zu schreiten, und der es nicht dulden wollte, dem­­ Widerspruche eines Sterblichen zu begegnen, nach­­den er das mächtigste Kaiserreich Europa’s in den Staub geworfen. Ein Mann, wie Bismard, dessen Stadt hinein.” Die Blide des alten Marshall( nac) den Tenstern waren nicht ohne Grund. Zwei Tage zuvor hatte die Polizei Andeutungen erhalten, daß in einem Hause neben den Theater de ’Ambigu eine Hölfenmaseine auf­­gestellt werden­ sollte. Der Polizeipräfekt Gisquet ließ sofort in den Häusern der Nachbarschaft dieses Theaters Nachforschungen anstellen, fand aber Nichts, er glaubte, man habe ihm wieder mit einer falschen Denunziation, wie sie damals aus der Präfektur Hageldicht einliefen, hänseln wollen. Aber dem wachsamen Herrn Gisquet war dabei Eins entgangen, daß es neben dem offiziell als „Ambigu“ bezeichneten Theater noch ein anderes Schau­­spielhaus gibt, welches im Volksmunde diesen Namen führte. Dieses „Ambigu” Hatte der­ Denunziant offenbar gemeint, denn wirklich zwei Häuser nach der Stelle, wo das betreffende Volfstheater gestanden hatte, würden die Agenten Gisquet’s in einem kleinen Zimmer Hinter der­­abgelassenen Jalousien die vollständig parat dastehende Höllenmaschine gefunden haben. Sie bestand aus 25 Ge­­wehrläufen, die auf einem Holzgerüst ungefähr in Form eines großen Webstuhles ruhten. Hätte sich Herr Gisquet der populären Bezeichnung erinnert, so wäre das Ver­­brechen entdeckt, viel Unheil verhütet worden, Herr Gisquet selbst würde für ein Polizeigenie ersten Ranges gelten, während man ihn Heute eine Naivetät vorhalten kan, die gar nicht mit feinem Bolzen vers­träglich war. Die Wirkung der Ex­plosion schildert Maxime du Camp wie folgt: „Ich kam herbei, als man den General La Chafse de D­erigny, den ich vorm Lehen aus Fannte, verwu­ndet und nach dem „Jardin Turc“ trum. Die Chausjee war mit Hiten, Militärmühen, Gewehren, Stöden, Shawls und Sonnenschirmen bejaet. Verwundete lehnten sich an staatsmännisches Diplom aus dem großen Freibrief des Erfolges besteht, der Die wandelbare Göttin des Glaced zu seiner dienenden Magd erniedrigt, konnte es dem Grafen Arnin nicht vergeben, daß er sich erfühnte, in mancher wichtigen Tagesfrage ande­­rer Meinung, al der leitende Minister zu sein, noch weniger aber konnte er es ihn verzeihen, daß der Untergebene in mancher seiner B Vorstellungen das Necht auf seiner Seite hatte. Dem über­wältigende­n, geradezu dämonischen Einflusse des Neid­kfanzlers hatte Graf Arnim seinen mustergiftigen Adelsbrief, fein unbestreitbare, von der höchsten Berson in Staate anerkanntes Talent und die Gunst 0658 Hofes entgegen zu Halte­t. Gefragt auf diese. Hilfsm­ittel, glaubte sich Graf Arnim befähigt, dem mächtigen Kanzler die Stirne bieten zu dürfen. Sein Kalkül war jedoch­ ein falscher und er hatte noch vor dem Beginne des Streites in dem staatsmännischen Wettkampfe mit Bismarck den Kürzeren gezogen. Dem wäre er ein­er diplomatisch kühlen Beurtheilung der Situation fähig gewesen, so hätte er zur Welterzeugung gelan­­gen müssen, da­ alte ihn offen und geheim gemachten Beriprejungen, daß alle von hoher und Höchster Seite, in lauten oder flüsterndem Tone an ihn ergangenen Ermuthigungen gleich einer Seifenblase zerplaten mußten in dem Augenblice, wo Fürst Bismarc sich ernsthaft entshloß, den ihn eingeworfenen Fehde­­handschuh aufzuheben. Man wird fehlgehen, wenn man glaubt, der Stanzler Habe von Kampf auf Tod und Leben aus Furcht vor der gefährlichen Nivatii­tät seines Gegners aufgenommen. Jim Gegentheil‘, Firz Bismard ist so sehr von dem Vollgewiche seiner Persönlichkeit erfüllt, daß der Höchste Trumpf, den er gegen die Windereien seiner hochgestellten Gegner anzuspielen vermag, im der Drohung mit seinem Nachtritte besteht. Er wollte daher in dem Kampfe gegen Arnim nicht so sehr Diesen selbst, a­ z die Protektoren des ehemaligen Botschafters treffen. Graf Arnim hat den ersten Waffengang ver­­loren. Das Urtheil wider ihn wurde in der foleri­­ften Form­, in der Form eines gerichtlichen Erkennt­­nisses gesprochen. Alles war nun gegen ihn. Die dfe­fentliche Meinung seines Landes sprach sich laut für den mächtigen Gegner aus, und die geheimen Freunde wußten nach der ersten Niederlage, anstatt helfend einzugreifen, nichts Besseres zu thun, als ihre Freundschaft in ein wo­möglich noch tiefere Ge­­heimniß zu füllen. Graf Arnim war somit auf die schiefe Ebene eines für den tragischen Untergang prädestinirten Helden gedrängt. Von dem leiden, saftlichen Wunsche erfüllt, seinen befleckten Namen reinzuwaschen, ließ er sich zu einer Verlegung seiner Berufspflicht, zu einem Bruch des diplomatischen Geheimmisses verleiten. In seiner Broschüre pro nihilo werden Aktenfun­de der Deffentlichkeit Preis gegeben, deren Geheimhaltung in dem preußischen Staatsinteresse gelegen war,­­ folgte nun eine Schar, der als Botschafter in Paris einen der größten Ver­­trauensposten des deutschen Reiches inne­hatte, Arnim, der trete Diener seines Herrn, der vertraute Nachgeber des deutschen Kaisers, mit dem er in dis­fere Verurtheilung, als die erste war. Graf Arnim, den Neid­kfanzler vorgezeichneten, Deutschlands Orientpolitit it durch die Natur der Sade und dur­ das Gebot des gesunden Egoismus gege­­nnd lahendem blauen rad, die Grisetten in zierlichen gatonaszjaden und den herausfordernden Kothurnitief leis­ten. Alles drängt, lacht und Fucht nach Pläben, um dem mil­­itärischen Schauspiel beizumahnen. In hellen Haufen mit­­ Sanitigarenmusit an der Spike ziehen auf ihre Standpläne die Schulwehren des Bürgerthums, die Nationalgarden, " Wie stattlich Gewalter Handshngmacher und Schneider sich da aufnehmen, die Bärenmüße auf dem Kopf, die blanke Buffleterie um den Militärfrad, der recht gefällig mit der tadellosen Schneefarbe der breiten Bantalons kontrastirt ;­­ wie selbstbewußt die Offiziere da mit dem Degen fluntern und in grimmiger Bapstimme fommandiren ! Die Kapitäne der alten Napoleon’schen Garde haben es gewiß nicht feierlicher und überzeugungsvoller getan. Achtung! In der Richtung nach der Madeleine entsteht eine Bewegung . — die Zuschauer stellen sich auf die Zehenfpißen, un besser zu sehen, die Offiziere mustern mit bedeutungsvoller Ge= beide ihre Mannschaft und bereiten sich, „Präsentirt [] zu fommandiren ; die Trommeln raffeln „aux champs”, Der König naht mit seinem Gefolge. Und wirklich, der alte, aber noch immer rüstige Louis Philippe in der Uniform eines Generals der Nationalgarde, in der er so oft ab­­­­gebildet wurde, reitet auf seinem prächtigen Schimmel die Fronze der achten Legion ab. Hinter ihn kronmen der Herzog v. Nemourz, der Prinz v. Yoinville (beide Söhne des Königs), die Marschälle Mortier und Lobau ıc, Let­­terer war Kom­mandant der P­ariser Nationalgarde und das Prachtexemplar eines Haudegend. Er sah an diesem Vormittag no­ mürrifcher drein, als sonft, seine rechte­­ Hand zerzaufte das rothe Ordensband unter seinem Leibs rore und er warf wüthende Blide nach den Fenster. „Was ist denn Heute dem Marschall 2” trug ein Zus­­chauer, der ich dicht neben dem jungen Manne aufge­­tölt hatte. Man könnte alauken, er reitet im eine erstürmte die Bäume, auf den Trottoiss Ingen Leichen in Blutlachen.­­ In der Entfernung sah man den königlichen Zug, der sich nach der Bastille zu bewegte. Viele Soldaten und National wälzten sich auf der anderen Seite des Boule­­vards dem Eingange eines kleinen Häßlichen Hauses zu, welches nur ein Fenster Front hatte, die­­ Stadtsergeanten mit rief ihren Ich jede noch, wie langschößigen, idjmers fülligen Stadt, mit gezogenem Degen die Menge augeins anderjagtem Man zeigte sich das verwünschte Haus und „Da its!" In der That hing hier eine aus den Angeln gerissene Jalousie und man waren Sshier mehr als vierzig! Die Carlisten gethan!" — „Nein, die Republikaner! Dem König ist Nichts"? — „„Die Prinzen sind unversehrt geblieben! Beldy ein Slütt"" — „„OH, der Mörder und Räuber! Man wird die Wiederherstellung der Zortur verlangen, Der Tod Der erste Moment des Schwedens war vorüber: die Denge, welche nach der Explosion auseinandergestochen war, kehrte nun zurück, man wollte ehem. Ich erinnere michh, einen Heinen Mann gesehen zu haben, nicht größer als ich, der ich damals noch Schulfunbe war. Er Brillen auf seiner Hütte gebogenen Nase, eine breite weiße Schärpe und die Lenden und eine goldstrogende Uniform, sein Kopf verschwand total unter einem Foloffalen Feder­­hut. Das Männchen ruhte seinen Augenblick, Hüpfte Hin und her, fchrie mit seiner Freischenden Stimme alle Welt an, die Offiziere, die Soldaten, die Stadtsergeanten, gab Befehle, tänzelte überall Herum und agirte, als hätte er den Reitstanz. Ich habe seitdem erfahren, daß das Männchen Herr Tpiers, damals Minister des Innern, war, der auf dem Schauplan der That geblieben war, um die ersten Berhöre vorzunehmen.” Im Verlaufe der Schilderung gibt sich M. du Camp Mühe, die drei Hauptschulleinen, die dag­gardisien sagte weiter: „„Cs tít zu sanft für solche Banditen!““, , , haben es Here, []

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