Pester Journal - Abendblatt, Juni 1877 (Jahrgang 4, nr. 26-51)

1877-06-30 / nr. 51

·»»Budapest,Samftag m -s ———-« ———- --—s« _Abendblatt des Perler Je 30.000 Mann zusammengezogen. Auch ein ägyptisches Korps ist dahin beordert.Gegen die aus der Do­­brudscha sich zurückziehenden­ Türken erhoben sich einige bulgarische Dörfer,»was selbstverständlich zu Repres­­salien führte.««In Küstendje werden formidable Befe­­stigungen errichtet.Die russischen Eclaireurs sind in Medschidse.In der Dobrudscha finden allenthal­­ben kleine Scharmützel statt. Von Hirsowa aus,wo auch ein Donau über­­«.»gang­ stattgefunden hat,rücken die Russen gegen Silistria vor.­­Betreffs der Kooperation der rumänischen Armee telegraphirt man aus Bukarest:Seit der letzten Anwesenheit des Kaisers Alexander in Cotru­­ceni(24.Juni)herrscht am fürstlich rumäni­schen Hofe die vollste Ueberzeugung,daß auch die rumänische Armee die Donau überschreiten werde. H Zum Abschlusse eines formellen Allianzvertrages zwi­­schen Rumänien und Rußland ist es zwar­ nicht gekommen,do­ch besteht in den höchsten russischen Kreisen die moralische Verpflichtung,daß die Inter­­essen des am Kriege betheiligten Rumänien beim Friedensschlusse werden voll gewahrt werden so General —Florescu tritt in russische Dienste und hat hier be­­reits die Genehmigung des Fürsten Carol erhalten. "Betreffs des Standes der Dinge Santio «negro wird aus Cattaro,29.Juni telegraphtrt: Die türkischen Truppen in der Herzegowina verbleiben in Folge er­­haltener Contreordre um Guimrucana; der­­ Proviant soll jedoch in Metkovich nach Albanien ein­­geschifft werden. i— " an die Offiziere. Wir zogen min weiter in dem Orte herum, Im Negierungsgebäude und im Telegraphenamte Tiegen Alten und Briefe zerstreut umher, sein deníter war ganz. Die Stadt ist größtentheils von Christen bewohnt gewesen ; von 1000 Häusern waren nur 400 türkischen Familien ge­hörig. Die Christen waren Bulgaren, Armenier, Griechen und Walachen; außer ihnen befanden ss nur etwa 10 Juden dort. Die Walachen oder Moldovaner, wie sie hier genannt werden, flehen am wenigsten in Ansehen und sie waren es auch, die nach Abzug der Türken zu rauben begannen, woran sie jedoch von den russischen Offizieren, als diese ein­zogen, gehindert wurden. Zu meiner Verwunderung fand ich hier eine Ber­­linerin als Gastwirthin. Sie und die Apothekerin waren die einzigen deutschredenden Personen. Lebtere war um ihres Gatten willen sehr besorgt, der nach Tulischa gezogen, um Einkäufe zu machen, allein wo nicht heimgekommen war. Sie vernahm die Nachricht, daß die Türken Turischa geräumt haben, mit Befriedigung und einigem Troste. Von den an­deren Bewohnern sprachen viele französisch, so daß wir uns bequem verständigen konnten. Wir befragten sie, wie sich Die Türken benommen hatten? Nicht sehlecht, lautete die Antwort, aber die Beamten haben uns zuerst genommen, was sie konnten und den Rest, der uns blieb, haben die Sicherkeiten geraubt. Die Beamten haben es aber nicht für den Staat, sondern für sich genommen und das ist das Elend in allen türkischen Orten. Die Beamten t­un gar nichts als Geld nehmen, das ist die ganze Verwal­­tung. Jeder sucht sich zu bereichern und menn er genug hat, läuft er davon. Aber wann hat die „Warchawirthschaft" genug ? Der Empfang der Rufen bei den Bulgaren. Budape­st, 30. Juni. Ueber den Empfang der Russen in Matschin schreibt ein Korrespondent unterm 24. b. von dort : Uns empfingen bulgarische Land­­leute und meinten, als sie unser ansichtig wurden. Die Leute können sich vor Freude nicht fallen, daß sie der Türken — hoffentlich für alle Zeiten — 108 geworden sind. In der Stadt selbst fanden wir die ganze Ortsbevölkerung — mit Ausnahme der Frauen — auf der Straße. Sie empfing­eng sowie die unter Gesängen aus dem Wasser herausreitenden Kojaten mit Hurrahrufen. Wir gingen in einige Türfen­­häufer, sie waren bis auf die Wände kahl, ebenso die Mo­­scheen. Die s­chriftlichen Läden waren geschlossen und mit Grenzen bezeichnet. Damit sollten sie den einladenden Trap­­­pen gekennzeichnet und ihrer Schonung anempfohlen werden. Die Vorsicht war gut, denn die Truppen waren aufs Aeußerste erbittert in Folge der Grausamkeiten, die die Tiberkeffen selbst auf dem Schlachtfelde verübt hatten; zudem waren sie hungrig und durftig, lechzten nach einem Trunte Branntwein, Wein oder Waller — und nach Tabak. Rebterer lag vor den türkischen Kaufläden zerstreut auf dem Erdboden und die Soldaten fielen gierig darü­ber her. General Zimmermann aber verbot auch das. „Heute nehmen sie nur den Tabak, der da liegt, erlaubt man aber solches, so könnte die Freiheit leicht mißverstanden werden und ich will nicht, daß man von den russischen Truppen Mebles zu sprechen Grund habe", das waren seine Befehle ER DIESSELE 23. Juni an men, befindet sich die ganze hiesige Diplomatie auf ihren Posten, des Augenlides harrend, ihre friedensvermittelnde Arbeit sofort zu beginnen, sobald der geeignete Moment ge­­nommen sein wird. Eben mit Rücksicht auf ihre neutrale und eminent friedliche Haltung hat die italienische Regierung denn auf alle außerordentlichen Rüstungen und militärischen Vorberei­­tungen vermieden und lettere auf das unumgänglich Noth­­mendige beschränkt, um gegebenen­falls nicht gänzlich mehr­ 1083 dazustehen. Die von ihr angeordneten, in sehr bescheidenem Maß­­stabe be­wirkten Pferde-Einläufe hatten blos den Bwed, die großen Lücen auszufüllen, welche selbst bei normalem Friedensstand ihrer Kavallerie und Artillerie bestehen, und die italienische Regierung konnte sich umso eher kostspieliger Rüstungen enthalten, als ihr Verhältniß zu allen fremden Mächten das allerfreundlichste ist. Originalkorrespondenzen. Nom, 26. Juni. (DOriginalkorrespondenz des „Prester Yournal”.) Während in anderen Jahren, zu dieser Zeit das poli­tische Leben in Rom gänzlich pausirt und die verschiedenen Leiter der politischen Bewegung und namentlich die auswär­­tigen Vertreter der Mächte bereits lange ihre Urlaubsreisen angetreten haben, dauert dieses Jahr. die politische Arbeit fort und unsere politischen Größen haben entweder Rom bis­het noch nicht verlassen oder ihre Sommerfige in so un­mittelbarer Nähe von Rom aufgeschlagen, daß sie in wenigen Stunden auf ihren Boften sein können- Der österreich..ungari­­sche Botschafter Freiherr von Haymerle und der russische Bot­­schafter Baron von Verfall haben Rom gar nicht verlassen und für dieses Jahr auf ihre Sommerferien verzichtet. Der deutsche Botsc­hafter von Keudell hat seinen Aufenthalt in dem eine halbe Stunde von Rom entfernten Dorfe Albano genommen, der englische Botschafter Sir Augustus Baget und sein französischer Kollege Marquis de Noailles znweilen der erste in Siena und der zweite in Gastellamare, von wo sie binnen wenigen Stunden in Rom sein können. Anderseits wird weder der italienische Minister des Meußern, Melegari, noch dessen General-Sekretär Graf Torniello, diesen Sommer Rom verlassen und so ist denn die ganze hiesige Diplomatie bereit zur Arbeit und macht auf ihren Bosten. Die italienische Regierung hält an dem von ihr pro­ Hamirten Neutralitäts-Prinzipe fest und nach seiner Seite hin ernstlich engagirt, ist sie bereit, bei der ersten sich d­arbietenden Gelegenheit ihre Kräfte im Hinteresse der Erhaltung, respek­tive M Wiederherstellung des europäischen Friedens zu vermer­ t­en und eben um diesen günstigen Augenbli nicht zu verfäll: Ungesweuigkeiten. Buda­pest, 30. Juni. Der Kommunikationsminister Thomas BEehy ist gestern Abend von S 3 i EB 5 zurücgekührt. Konflikt zw­ischen Minister und Künstler. Bekannt­­lich ist der Maler Michael 3 ih­m mit der Anfertigung des Bildes „Die Königin an der Bahre Franz Deaf’3" beschäftigt. Das Werk ist für das Museum bestimmt, und erfolgt die Anfertigung desselben im Auftrage und auf Kosten der un­­garischen Regierung. Dieser­ Umstand scheint aber den Kul­­tus­ und Unterrichtsminister Tre­fo­rt zu einem Schritte veranlagt zu haben, der entweder darauf schließen sát, daß der Minister seinen Begriff von schriftstellerischem oder künstlerischem Eigenthumsrechte befsst, oder aber, daß er dasselbe eigenmächtig zu schädigen nicht Anstand nimmt. Die Sache verhält sich nämlich nach einem ungarischen Blatte folgendermaßen : Bichy beabsichtigte sein Bild zu vereinlfälti­­gen, und aus P­ietät für Desk die Hälfte des dafür sich er­­gebenden Erträgnisses dem Bu­dapester Waisenhaufe, die andere Hälfte aber dem ungarischen Vereine in Paris, dessen P­räsident Zichy ist, zu widmen. Der Künstler zeigte dies, aus Höflichkeit, dem Minister auch an; derselbe ‚erwiderte jedoch darauf, daß er bereits in dieser Beziehung dur­ f ein Wort gebunden ist, da er das Erträgniß dem Füreder Ret­­tungshaufe zusagte. Mit welchem Re­ch­t­e­ries der Mi­­nister thun konnte, ist unbekannt, da der Bestz eines Kunstwerkes noch nicht das Recht der Vervielfäl­tigung und der damit zusammenhängenden materiellen Verwerb­ung einräumt. Der Künstler sol auch über die Verfügung des Ministers so ungehalten sein, daß es nicht unmöglich ist, er werde falls der Minister seine Verfügung nicht zurüczieht, sich nach Paris zurückbegeben, und das Kunstwerk an die Regierung gar nicht­­ abliefern. Manöver in Ungarn. Wie in militärischen Kreisen Arads verlautet, sollen Anfangs August zwischen Arad und 2 Lippa große Truppenübungen stattfinden, zu welchen 8 Infanterie­ und 8 Kavallerie Regimenter, mehrere Honvedbataillone und 16 Batterien konzentrirt werden. Die bei dieser Gelegenheit auszuführenden Manöver merden län­­gere Zeit in Anspruch nehmen und geht, wie die „N. Arad. Ata." berichtet, das Gerücht, daß aus diesem Anlaß auch der König in Arad eintreffen wird, um sich persönlich von dem | Bustand und der Mandvrirfähigkeit der zu Tonzentrirenden | Truppen zu überzeugen. ji IR. ETW N dieser Leistung entzüg­, die das ausdrucksvolle Mie­­nenspiel wirksam unterstüßte. „An­gem­alften ist sie in ihren Impromptug,­ bemerkte Cerroni zu dem neben ihm stehenden Doktor Lenbach, was ihrer augenblicklichen Stimmung ent­spricht, ein Lied, eine Skizze, bringt sie oft meisterhaft zur Geltung. Darin leistet sie Bedeutendes, wie sie auch oft in der Komversation Worte von frappanter Origi­­nalität fallen läßt... . Für größer Angelegtes geht ihr gewissermaßen der Athen aus.“ „Das Lebtere nicht bloß in figürlichem Sinne, Monsignore,“ entgegnete Lenbach, es it mir immer peinlich sie singen zu Hören, sie dürfte es nicht thum, jeder Ton verräth dem Arzt das franse Organ. Al fünfzehnjähriges Mädchen besaß sie eine der schönsten und gefungerten Stimmen, der man ihr eine glänzende Zukunft prophezeite. Dann hieß es plößlich, sie könne seinen Ton mehr singen — ob sie figy beim Studium ü­beranstrengt hat, ob eine Krankheit die Ursache war, weiß ich nicht. Ich war erstaunt und betrübt, als ich das herrliche Organ zur Unfeintlichkeit verändert fand. Wer sie früher nicht gehört, kann sich den Unterschied nicht vorstellen. Auf meine teilnehmenden Fragen gab sie mir ausweichende Antworten, so mochte ich nicht weiter­ forschen.“ Sie wird sich nicht gern an den Beruust erin­­nern hasfen, den sie noch schmerzlich empfinden mag," verfeßte Cerroni, „mit einer Stimme, wie sie sie schildern, hätte ihr Leben jedenfalls eine glänzendere Benedikte.­ ­ Roman von H­arl Detlef. Zweiter Band. Drittes Kapitel, ——— &ertießung.­ „Was Sie hier, als gewöhnlich, nicht bemerk­en werden Sie in Deutschland als besonders hochschägen. Sie müssen sich ein italienisches Zimmer einrichten ; einige unwerthvolle Gegenstände besiten Sie bereits, es bedarf also nur einer Ergänzung. Gobelins fehlen Ihnen, mit Hilfe von Monsignore wird es nicht jeher sein, sie preiswürdig zu verschaffen.“ Cerroni antwortete, daß die Damen auf seine Bereitwilligkeit rechnen dürften, eine verarmte vornehme Familie entäußere sich eben fest, unter der Hand, eines Theiles ihrer wohlerhaltenen, aus der besten Zeit stammenden Gobeling ; doch seinen Serretair, der in­­ derlei Geschäften wohl bewandert sei, werde er sie nach den Forderungen, die man stelle, erfundigen hasfen. „Ein Stückchen Italien müssen Sie mitnehmen, Mademiselle, Sie vergessen uns sonst zu schnell.“ Benedikta rührte der warnte Antheil, der sich in jedem Wort fundgab, sie hatte nicht das Herz, diesen gefälligen Drifteifer zurückzumessen. Nirgends war sie so­ heimlsch, wie in diesem Salon, wo sie stets ein liebevoller Blid, ein Huges Wort willkommen hieß. Der Abend verlief in umgetrübter Harmonie. Die Sehnsucht nach der Geliebten [eh Marschall das Vorurtheil gegen Die vergessen, bei der er sie fand. Der Scharfblie der Gräfin hatte sich von Anfang an nicht über die geheime Antipathie getäuscht, die der in seinen äußeren Formen so verbindliche Mann gegen sie hegte; sie hütete sich daher wohl, ihn bei seinem Eintritt mit überschwenglicher Freundlichkeit zu begrü­­ßen, es sollte nicht scheinen, als ob sie sich ihm durch die Verlobung näher gerüdt fühlte. Er war und blieb für sie ein Fremder, ein Gast ihres Salons, und ihre Glühwünsche gingen nicht über den konventionellen Wärmegrad hinaus. Absichtlich vermied sie Benedikta anzureden, oder abzurufen, wenn sie sie mit ihm im Gespräch sah, und dieselbe Neserve beobachtete Cerroni. Obgleich Harry früher gewünscht, daß sich seine künf­­zige Gattin in nichts über ein bestimmtes Niveau erhe­­ben möchte, war es ihm doch nicht unangenehm zu gewahren, wie sie allseitig verehrt und bewundert wurde. Die Erregung hatte ihrem Gesicht eine Lebhaftere Fär­­bung verliehen, der Ausdruck reinsten Glückes strahlte aus ihren Augen. Kein Mann ist so frei von Eitelkeit, daß der Beifall, den die Geliebte erntet, sein Gefühl nicht Höher stimmt. Ihm gehörte sie, ihn liebte sie und mit welcher Innigkeit und Hingebung!­ls sie mit Bitten bestürmt wurde, eines ihrer italienischen Lieder zu singen und ihr Auge ihn fragend suchte, nichte er bejahend. Die jede Tarantella, die sie mit hinreißender Verve vortrug und unmilltä­rlich mit gra­­­­ziösem Wiegen des Oberkörpers begleitete, schien ihm freilich zu wild, doch die Gesellschaft war gerade von Wendung genommen.“

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