Neues Pester Journal, September 1877 (Jahrgang 6, nr. 242-271)

1877-09-16 / nr. 257

7 ‘ Abonntements GanzL fl«14,halbj.fl.7-Dass-Neu« viertelj.fl.3.50,monatlich fl.,1.20. " Pester Journal" erscheint täglich, auch an Montagen. Morgen(Montag)Früher scheint wie gewöhnlich eine Nummter. Yceerstegwitzung. , »­ Sonntag, Dar­edaktion und Admini dem­ 16. September 187 vitión: i fi «Leopoldst.Kirch­npianer.2.Eus«k«ssq3a?n333«då«åkikf « Budapest,15.September. In spärlicher Anzahl und in gedrückter Stimmung habe­n sich heute die Väter des Landes wieder zusam­mengefunden.Schwerer Ernst lagerte auf den Mienen der Abgeordneten und lange,ehe die elektrische Klingel des Präsidenten sie in den Sikungssaal rief, wurde in den Couloirs die ent­­scheidungsschwere, das ganze Land beängstigende und aufregende Tagesfrage auf das Giftigste disz­­utigt. In welcher Richtung diese Diskussion sich bewegte, brauchen wir faum zu sagen. Die Negierungen politif acceptirt Faum ein Dutend Abgeordneter, welche sich entweder offen zum Standpunkte Benjamin Killay’s bekennen oder twenigstens den­selben zu teilen affektiven. Steht man von diesem winzigen, nicht RN­DE an ab, dann theilen sich Di­eordneten Hinfi ihrer Ian huws er urn ya te dj der Orientítage im atvel Drubben: in jene, m­elche die Negierungspolitik nicht verstehen, und im jene, welche sie verstehen. Jene, welche dem Ministerium am meisten ergeben sind oder­ ergeben bleiben möchten, erklären, daß sie die Regierungspolitik nicht verstehen, und ob dieser Unverständlichkeit wird auch diese wohlgesinnte Gruppe von unbesieg­­barem Mistrauen und unaufhörlicher Aufregung geplagt. Der andere Theil der Abgeordneten aber versteht die Politik unseres augwärtigen Amtes sehr wohl — er begreift, daß diese Politik eine zuffenfreundlich ist, er ist überzeugt, daß die Richtung der Österreichische ungarischen Politik keine andere ist, als­­ die, welche ihr die geheimen Stipulationen des Drei­aifer-Bundes vorschreiben,­­ Stipulationen, welche den Ausbruch des zuffi­d­­türkischen Krieges in Aussicht genommen, wie das Verhalten der verbündeten Mächte­ vor, während and nach dem Kriege genau paragraphirt haben. Im diesem Lichte betrachtet, versteht ein großer Theil der Abgeordneten die Orientpolitik der öster­­reichisch-ungarischen Monarchie bis in’S Tegte Detail. Allein es gilt,­­ diese gewonnene Leberzeugung auch öffentlich und duch konkrete Thatsachen­ zu Konstati­­ven. Zu Diesem Zwecke eben wird von dem­ Interpels­­ationsrecht Gebrauch gemacht und werden von allen Seiten die Hebel eingesetzt.Zu diesemeecke richtete Graprponyi an die Regierung die Frage,ob sie die Aktion Serbiens zugeben werde.Diese Interpella­­tion beschränkt sich zwar auf ein einzelnes Detail, aber es trifft,der Anweisung Kossuth’s folgens,einen konkreten und sehr naheliegenden,entscheidenden Punkt­ und hier wird die Regierung sich bald ent­­schließen müssen,Farbe zu bekennen,wenn der inter­­pellirende ungarische Abgeordnete nicht auf Velgxsad seine Antwort erhalten soll.Denselben Zweck verfolgt ein zweiter Interpellant, Ignaz Helfy, indem er ein auffallendes Symptom hervorhob, welches sich an den Thaten unseres auswärtigen Amtes ergibt : die Bereitwilligkeit, mit welcher sich Graf Andráffp her­­beiließ, die deutsche Demonstra­tion gegen angebliche birtische Gräuelthaten zu unterstoßen, während zur selben Zeit din­ ganz Ungarn ein Schrei der Ent­­rüstung und Empörung über die Gräutel ging, welche u russischen Zivilisatoren in­ Bulgarien verübt atten. Ein dritter Abgeordneter dagegen Yübt alle Einzelheiten bei Seite und greift die Sache fonzen­­isch an Großmacht, wie Westerreich-Ungarn, dten Augenblicke eine bestimmte, genau Volitit 3wede haben müsse, und fragt mit ironischer Skeptis, ob eine solche Politit überhaupt einft­re und welches ihre Richtung sei. Zwei andere Abgeordnete erbliden den Kernpunkt der Frage nach der Haltung der Monarchie in dem Verhältnisse Desterreich-Un­­garn zu den beiden anderen Mächten des Drei-Par­­ferbundes und und in­­er Ned­e, daß .eine in einem 10­ern­­festgestellte diesem Bunde überhaupt 5 Tragen A fi) daher auf die Existenz, ihre Die die Dauer des Drei-Paiserbündnisses, auch auf die Verpflichtungen, welche dem ungarischen Staate aus dieser Allianz oder­ aus anderen auf den Orientkrieg bezüglichen Abmachungen erwachen. In dieser Weise sind­ die­ Vertreter­­ der opposti­tionellen Fraktionen eifrig bestrebt, durch Auswügung des parlamentarischen Fragerechtes die Regierung zu BM­G zu drängen, durch welche die Grund­­haltigkeit des abschwebenden Verdachtes bestärkt oder gar evident erwiesen würde. Auffallenderweise neh­­men an diesem Streben nur oppositionelle Abgeord­­nete Theil, die Abgeordneten der Regierungspartei, gerade jene, welche zugeben, daß sie zum mindesten die Regierungspolitik nicht versiehen, enthalten sich jeder Fragestellung. 63 Liegt nicht num ein logischer Widerspruc in diesem Verfahren, sondern dasselbe jenem erwähnten lebten Briefe auch von der beengten Si­­tuation geschrieben, in welcher si da8 Untersuchungsgericht befinde, das täglich an die Kabinettkanzlei, des Kaisers einen Bericht über den Fortgang der Untersuchung erstatten­­ solle und, viel eher über eine Stedung, als über einen­ Fortgang in derselben berichten kenne, ‚weil ‚der Hauptzeuge, bessen solle in dem Progesie so start an die eines­ Mitschuldigen streife, doch das ekflusive Sicherheitsverhältniß, in welchem berstößt sogar gegen­ den althergebrachten, in alle Parlamenten geübten Brauch. Allüberall ist es im Majorität, welche in entscheidenden estet Fragen an die Regierung richtet und eine englische Majorität wü­rde zu abdizixen fürchten, wenn sie sich in einer halbwegs erheblichen Angelegenheit, ger Tzweige in einer Lebensfrage des Staates von der­ Opposition den Rang ablaufen ließe. Insere Parla­­­mentemajorität hat dafür durchaus seinen Sinnz­ bisher Hat sie­ auf jede aktive Lebensäußerung über die Negierungspolitik verzichtet und hat die Führ­­ung der Opposition überlassen. Vergebens suchen wir nach dem alten Parlamentariern, nach Den erz probten Lumpen für die Sutereffen­de Landest! Märe e3 denn eines Paul Somffih unwürdig, die, Dorientfrage zum Gegenstande einer Besprechung­­ machen? Kann es für den langjährigen Führer der­ liberalen Deákisten, für Stephan Gorove, einem­ pasfenderen Anlaß geben, aus seiner R­eserve heraus­­zutreten? S Kann es für Balthasar Horvát eine Segenstand geben, dem er seine glänzende Verehr­­samkeit mit mehr Erfolg und mit mehr Hingebung, widmen könnte, als die Frage, die jeden Patrioterm­ bevrüht? MWahrlich, sein Zeitpunkt wäre mehr ge­­­eignet für diese Koryphäen unseres Parlament, ihr­ Schweigen zu brechen, und doch schweigen sie, ohne zu bedeufen, daß, wer in diesem Augenblicke, wen auch nur schweigend, dieser Negierungspolitis zur stimmt, sich zum Mitfepuldigen derselben macht. Große Staatsmänner Lieben es, sie in „geflüz­­gelten“ Worten auszubrüchen. Auch Herr v. TiBa liebt es. Man erzählte heute von ihm fold? ein geflü­­geltes Wort: „Nun it gar [den das ganze Land vor der Narrheit befallen!” sol Herr v. Tiba geäußert haben. Wer denkt dabei nicht an das Historische Wort eines österreichischen Regenten: „Totus mundus stul­­­tizat et vult habere constitutionem?” (Die ganze Welt ist toll geworden und verlangt eine Konstitu­­tion.) In überraschend kurzer Zeit hat Herr v. Ti: sich jenen diplomatischen Dünkel zu eigen gemacht, für­ den die Quintessenz aller Weisheit nur in einen kleinen­ Sreife von Auguren zu Hause ist, und der jeden außerhalb bieted Kreites Stehenden mit dem­ Anathema de „beschränkten U­ntertanenverstandes“ belegt. Nur wer durch die Ernennung zum Mann der Krone­ in den Frei der Wissenden aufgenommen ist,­ hat das Privilegium auf politische Stil­heit und­ Meisheitz die Nation aber, die sich unterfängt, aus derer Meinung zu sein, als die privilegirten Bolitt Jhensnenstusnssnshstaheh snshensshine, [en Kohgımtet mit hallem … et ee Belange, Wiener Brief. (Orig. Feuill. des „Neuen Pester 5. newal".) — 14. September. Sortregung. E3 war nämlich für den militärdiplo­­matischen Geheim-Eroberer , der Ucdhatius Kanonen bei sei­­nem unerwünschten Erscheinen als Gast des Kaisers in dem­ Bru der Lager denn doch nicht mit dem bloßen innerlichen Unbehagen abgethan und nit­ mit der sanfte ironischen Notiz, daß ihm die kaiserliche Kabinettkanzlei ein interessantes Dokument "mittheilen werde, wie ich das am Schluffe meines lebten­ Briefes erzählt habe. E83 wurde ihm empfindlicher und unummwundener verdeut­­licht, welcher Art die Situation sei, in die er sich hins einbegeben. Der Kaiser, wird erzählt, Tenkle sein Rob zufällig nag der Richtung, wo der Italiener sich zu ferde hielt. Dieser male eine Bewegung, als ermarz­tete er, von den Monarchen angesprochen­ zu werden ; der Kaiser aber, ihn erblidend, riß sein Pferd heftig nach der Seite, und senkte ab. Und ein­ Wort soll dabei dem Schafser entfahren sein, wohl ein hartes, dad aber im nat­­ürlichen, menschlichen Empfinden seine volle Erklärung fünde, das Wort: „Und diesen Mann habe ich ausge­­zeichnet und mit Orden behangen, weil er mir wirklich lieb geworden war — man wird doch nur von Freuns, den so verrathen !" Man mag’s wohl glauben, daß bei so bewandten Umständen der betreffende Herz eine lebr­hafte Sehnsu­cht nach seiner sühlichen Heimath verspüren mag; b diese wird aber­ leider wohl eine Weile noch ungestift verbleiben müssen, weil in loco fich eine maßgebendere Sehnsucht geltend macht, den interessane­ten Gast wenigstens eine längere Weile noch hier zu behalten und sie von ihm­ einiges Nähere über seine artilleristischen Vikivajstudien erzählten zu lass mich habeJhne sieben iir ..».«H-z(, a er fi) unter dem Schuße der diplomatischen­ Gepflogenhei­­ten verschangt halten könne, sich : der­ unmittelbaren­ Aktion des Wiener Gerichtes entziehe und dieser Aktion durch die Hinwegnahme eines so wichtigen­ Grementes, nicht blos seine Förderung, sondern im Gegentheil­ eine Hemmung­ bereite. Wenn ihn gut unterrichtet bin, hat­­ diese­ penible Situation der richterlichen Untersuchungsbehörden ihren bestimmt fore mulirten Ausdruch in einem Schriftstück gefunden, in­ welc­em die mit­ der Führung der Angelegenheit­­ betrauten Or­­gane offen und präzis erklärten, seinerlei Verantwortlichkeit übernehmen zu können, wenn die Ergebnisse der Bemühun­­gen des Civil-Strafgerichtes, die erwünschte Klarheit in die Sache­n zu bringen,­­ den gehegten Erwartungen und dem angestrebten­ Umwede nicht­­ entsprechen sollten, aber die ganze gerichtliche Prozedur müsse fragmentarisch bleiben und könne sich nicht als zwingende Kette um die Angeklagten schließen, wenn ein so unentbehrliches Mittel­­glied, wie die Aussage eines Hauptbetheiligten ja des eigentlichen­ Urhebers der begangenen That, fehle. Auch die Mitglieder der Parlamente — soll in dem bezüglichen Schriftstücke weiter ausgeführt gewesen sein — fünden unter dem Schußer einer Immunität; doch habe noch)­ sein Parlament die gerichtliche Vernehm­ung eines seiner Mit­­glieder verweigert, wo es sich um die eigene Ehre einer solchen Körperschaft handelte. So wäre es denn­­ auch vielleicht im eigenen Süntereffe des diplomatischen Korps gelegen, bei einem so ganz außerordentlichen und hoffentl­­ic Taum je­ wiederkehrenden Anlasse auf das Privilegium­, seiner Ausnahmestellung zum Mindesten bedingten Berg­sicht zu­­ Leisten, und die Vernehmung desjenigen seiner­ Mitglieder , dessen Name in der bedauerlichen Affaire ja tief, impliziet ist­, auf irgend eine Weise zu erm­öglichen. Diese Vorstellungen sollen es denn auch gewesen sein, inf­olge deren auch Intervention des auswärtigen An­tes von­ der Regierung des­ vielgenannten Militärdiplomaten, die Weisung, an ihn erwirkt‘ worden sei, vorläufig, seinen­ plößlichen Heimathäbrang Zügel anzulegen und in Wien zu­ verbleiben, so lange man hier kompetenten Orte8 Berz langen nac)­ ihm tragen . Des Kaisers persönlichstes Empfinden ist in diesen Tagen scharf und tohangefaßt worden­.Die Freude an der Stahlbronze und an dem Stolze auf hei­­mische Erfindung ist ihm vergällt und die Erstang des elektrischex­ Drahtes hat sich auch auf einem schlimmen Streicher tappen lassem Ich habemu sich von den Cen­­surbeamten der Fü­nfzigers Jahre erzählt,der einmal zwei Artikel statt blos einen durchstrich und sich hinterher da­­mit entschuldigte,daß ihm»der Rothstift aus­gefahren«sei. Daß aber einem offiziellen Telegraph­en-Bureau die ,,Elektrizität ausfährt«,und daß es mehr in die Welt hink actstelegraphirt,als es befugtermaßen sollte,das ist wohl ein Unikum in der Geschichte des amtlichen Telegraphen. Welches Gewirre von peinlichen Konsequenzen,aber hat diese,,ausgefahren­e Elektrizität«des amtlichen Apparates zur­ Folge!Welche intimste Stilgeheimnisse müssen da preis­­gegeben werden.Welcher Einblick in die Mysterien des La­­boratorium­s der Hofscilisten muß daher profanen Welt ges­­tattet werden.Es sei dem­ offiziellen Bureau eine Textabschrift bei Toaster zum Telegraphiren übergeben wo wem bevor der Toost gesprochen wurde,und darin habe sich allerdings

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