Neues Pester Journal, Januar 1878 (Jahrgang 7, nr. 1-31)

1878-01-29 / nr. 29

..—«» /­­ | / »k­. Abonnementhhuszk14,hatbj.sc.7, viertelj.fl.3.50,monatlich fl.1.20. Das „Ne­ue Pester Journal“ ersceint täglich, and an Montagen. Redaktion und Administration: Zeopoldft. Kirchenplat Nr. 2. Einzelne nummernam. Infernte und­ aufliegendem Garif. YeanzeynHtimmen ganzentat ««­­ s Budapest,28­ Jan­uar. Neunzehn Stimmen Majorität! das ist die Signatur­ des Tages, das it. das Wort, welches seit wenigen Stunden alle politischen Streife der Hauptstadt in Bewegung und Aufregung verjeht, welches der elektrische Draht in alle Gegenden des Landes hinausträgt, um dort die gleiche, sensatio­­nelle Wirkung hervorzubringen. Najcher und schär­­fer konnte der akute Auflösungsprozeß, dem die Regierungspartei verfallen ist, nicht zum Ausdruck gebracht werden, als­ durch­ das heutige­ Abstim­­mungsresultat, als durch den echten Pyrrhussieg, den die Regierung bei Entscheidung der formellen Vorfrage errang, ob die Ausgleichsvorlagen sofort in­­ Berathung gezogen oder bis nach Beendigung der österreichischen Ministerkrise von der Tages­­ordnung abgejebt werden sollen. Fast machte es den Eindruck, als ob der Opposition ihr eigener Erfolg — denn als ein Erfolg der Opposition muß jedenfalls Dieses Ab­­stimmungsresultat betrachtet werden — einiger­­maßen unerwartet gekommen sei. Als die unab­­hängige liberale Partei vorgestern Den Beschluß faßte, den Antrag auf Abregung von der Tages­ordnung Stellen ur Yafau, Ay­am­age o­der leben, Konsequenz willen und um Koloman Tipa mit seinen eigenen Waffen zu schlagen. Das vornehmste Argument, mit welchen Tiba Samstag den Apponyi’schen Vertagungsantrag bekämpft hatte, war, daß Die Demission­ des österreichischen Kabi­­nets noch nicht offiziell bekannt gegeben sei. Seit­­ber­­ ist diese Notifikation erfolgt und daran ge­dachten ich Die unabhängigen Liberalen zu Hammer. . So wenig. hofften Die oppositio­­nellen Fraktionen zu Beginn der Einung auf die Möglichkeit eines Erfolges, daß Anfangs unter ihnen Zwiespalt herrschte und Albert Nemeth­ sich gegen den Antrag Chorin’s auf­­ Vertagung der Ausgleichsdebatte erklärte. Erst als sich die Opposi­­tion durch approximative Zählung von dem Stim­­menverhältniß überzeugt hatte, erst da beschloß sie, mit aller Macht und mit einheitlicher Kraft vorzu­­gehen, um wenn möglich mit einem Fahnen Hand» streich) die Majorität zu erzwingen oder zum min­desten die Majorität der Regierung auf ein Mini­­mum herabzudrücken. Und das ist ihr vollauf gelun­gen, die erste durch Zählung der Stimmen konsta= tirte Abstimmung, deren Resultat allerdings nicht em­nzirt wurde, ergab eine Majorität von acht Stimmen und selbst die namentliche Absti­mmung, zu welcher die Regierungspartei Hilfstruppen requis­tirte, ergab für, dieselbe nur 19 Stimmen Ma­­jorität. In der Sache läßt sich der Standpunkt der Opposition kaum verfechten; es gibt kein ver­­nünftiges Argument, mit welchem sich die bloße Vertagung rechtfertigen ließe; alle von der Opposition zu Gunsten der Vertagung angeführten Argumente sprechen vielmehr, genau betrachtet, gegen dieselbe. Mir können uns nur zwei Standpunkte den Aus­gleichsvorlagen­­ gegenüber deuten: entweder man will dieselben ablehnen oder man will sie annehmen. Wer die Vorlagen abzulehnen wünscht, der kann dies sofort in der meritorischen Verhandlung thun; für den Botum ist dasjenige gewiß ohne jedweden Einfluß, was sich jenseits Der Leitha ereignet. Wer aber die Vorlagen annehmen will, für Den ist es sogar ein Gebot der Klugheit, es ohne Verzug zu thun und damit Oesterreich gegenüber eine voll­endete Thatsache zu schaffen, mit welcher jedes neue österreichische Kabinet rechnen muß und an welcher das Kabinet Tiba selbst nicht mehr rütteln kann. Die Vertagung der Verhandlung im Hinblick auf die österreichische Regierungstrife würde hingegen implizite die Erklärung enthalten: das ungarische Parlament zögere, sie den Weg zu weiteren Kon­­zessionen zu verschließen, er werte zu, bis Die Dies­­bezüglichen Anträge der künftigen österreichischen Regierung vorliegen werden. Und Diesen Sinn ge­­dachte Doch wohl Fein einziger von Denjenigen, welche heute für Chorin’s Antrag flimmten, mit­­ Seinem Votim­ zu verbinden. Allein nicht in den meritorischen Argumenten der Opposition liegt die Bedeutung der heutigen Abstimmung, sondern in den Ziffern des Abstim­­mungsresultates. Neunzehn Stimmen Majorität ! Ist es möglich, mit einer solchen Majorität zu re­­gieren? Und ist es überhaupt möglich, mit dieser Majorität den Ausgleich durch­zufegen ? Wird diese Majorität sich im Verlaufe der Verhandlungen nicht noch weiter verflüchtigen ? Werden den 25 bis 30 Abgeordneten, welche von der Regierungspartei ab­­fielen und mit der Opposition gemeinsame Sache machen, nicht noch andere Regierungsanhänger fol­gen? Wird nicht urpröglich bei einer entscheidenden Abstimmung die Majorität zur Minorität werden ? Diese Fragen muß sich nicht blos die Negierung vorlegen, diese Fragen legt sich ohne Zweifel auch die Krone vor. Die bestrebt ist, die‘ österreichische S Kabinetsfrise zur Lösung zu bringen. Der Krone schwebte bisher die Thatjade vor, daß der eine Kompaziszent fähig ist, seinen Verpflichtungen nach­zukommen,, 5. Jh. daß das ungarische Ministerium im Stande ist, den Ausgleich im ungarischen Par­­lament durchzuseßen. Diese Thatjahe ist seit heute gewaltig in’s Schwansen gerathen und dies kann nicht verfehlen, auf die jenseitige Krise eine fühl­­bare Rückwicklung zu äußern. Min aan din Korn une a AR den gewaltigen parlamentarischen Kämpfen­ entge­­gen. Kühn geworden durch den heutigen, kaum ge­­ahnten Erfolg, wird die Opposition scharfe Wache halten und jede Gelegenheit erspähen, um der Ne­­gierung eine Schlappe beizubringen. Die 147 Ab­­geordneten, welche heute abwesend waren, sind nicht allzu hoch zu veranschlagen ; die Propaganda einer kraftvoll aufstrebenden Opposition ist für eine im Niedergange befindliche Negierung eine gefährliche Konkurrenz und zu allem Ueberflüsse stehen seit heute an der Spite der Opposition bewährte par­­lamentarische Kämpfer, Männer, deren Namen einen guten Klang im Lande haben, denen eine mächtige Anziehungskraft nicht abgesprochen werden kanır. Wie die Dinge heute stehen, kann unversehens im Verlaufe einer Parlamentsfigung die Krise sich einstellen und Koloman Tiba wird heute wohl kaum mehr irgend­eine Bürgschaft dafür zu übernehmen vermögen, daß es ihm beschieden sein werde, den Ausgleich im Verlaufe dieser Reichstagsperiode per­­fek­ zu mache. jedem Haufe, jeder Kirche und­ Schule, und sein Einfluß, wird nach der „Befreiung“ unzerstörbar sein. Dagegen sdnken feine Kongreß:Beschlüsse. Die Neutralisirung der­ Donau ist feinen Pfifferling werth in einer Zeit, da europäische Verträge, ohne daß Europa zu machten wagt, zerrissen werden. Napland hat den Sulina-Arm, troß des PBarije Vertrages, unfahrbar gemacht und dadurch unseren Handel unermeßlichen Schaden zugefügt, und wird desgleichen thun, wenn es ihm künfzig belieben sollte. Aber einer Verminderung des den GSerbe Walachen und Montenegrinern zugedachten Gebiet­zuwachses wird es zustimmen, um den Haß dieser Krafehler gegen Oesterreich-Ungarn für immer anz­­ureizen. Graf Andrasfy hofft, seinen Cimvände auf einem europäischen Kongresse Geltung zu schaffen. Fragt sich, ob­­­ieser Kongreß zustande kommen und Rußland fi um ihn kümmern wi aber nicht fraglich ist, daß wir die Majorifir auf dem Kongresse zu erwarten haben. Was Grafen Andrasfy heute überrascht und verstimm haben wir und mit uns Millionen auf dei Ufern der Leitha längst vorausgesehen. Herr denn wirklich am Ballplape folder Nebel, daß dortigen Insassen nicht sehen konnten, was 5 einfahste Mann aus dem Wolfe erfannt hat? Mahrlih, daß Graf Andraffy jegt erst Die ruffllige Unverschämtheit erkennt, raubt uns den lekten von Vertrauen in die Zukunft. X In der morgigen Sibung des Abgeordneten­­hauses werden die Vertreter der Separatrots zum­ Zoll und Handelsbündnis, insbesondere Baron Ludwig Simonyi, Ernstt Simonyi und Graf sondere Graf Apponyi eine längere Niede vorbereitet hat, so dürfte dur die drei Neden die morgige Lisung ganz in Anspruch genommen werden. In der Dienstagsfigung wird Minister Trefort den An­griffen der Opposition entgegentreten. Die Zahl der­­jenigen Mitglieder der Liberalen Partei, welche im­­ Parteifluch gegen die Regierung gestimmt haben und mit der Opposition zu gehen entschlossen sind, wird in oppositionellen Kreisen auf 25—30 gefhärt. Dagegen glaubt die Regierung, darauf rechnen zu können, daß die Sachen in allen meritorischen Ausgleichsfragen mit der Regierungspartei stimmen werden. Wie uns berichtet wird, macht die Regierung alle Anstrengun­­gen, um von den ab­wesenden Abgeordneten, deren Die heutige Abstimmungsliste 147 aufweist, diejenigen, auf welche sie rechnen zu können glaubt, unverweilt ein­­zuberufen. Ba Budapest, 28. Januar. Ein von verläßlichster Seite kommendes Wiener Privat-Telegramm benachrichtigt uns von dem Gindrude, welchen die russischen Frie­densbedingungen auf den Grafen An­­draffy geübt haben, und den Einwendungen, welche der Minister des Auswärtigen gegen diese Bedingungen erhebt. Diese Mittheilung kommt einer Betätigung des Lirtheils glei), welches unser Blatt wiederholt über Die in Aussicht stehenden Stipula­­tionen ausgesprochen hat. Graf Andrasfy erkennt, daß das „großmüthige“, eng mit uns „befreundete” Nußland vom Balkan und der Donau her unserer Monarchie die Kehle zuschnürt, und will zwar nicht den Strich zerreißen, doch die Schlinge etwwas lodern. Er will die Autonomie Bulgariens, die Souveränität Rumäniens und Serbiens, die Ge­­bietserweiterung für all die von Nußland auf die Türken gehegten Langhunde, die vollständige Be­­festigung des türkischen Einflusses an der unteren Donau, aber er will das Alles in geringerem Maße, als Rußland es will. Er protestirt gegen jede Maß­­regel, durch welche Bulgarien dauernd oder auch nur für einen längeren Zeitraum unter rusischen Einfluß gestellt würde und verlangt die Neutrali­­sation der Donau. Das sind, unseres Erachtens, Worte und nichts weiter. Die Ossupation einer Provinz bis zur Abzahlung der Kriegskosten ist fast ein Prinzip des Völkerrechtes geworden und wenn, was wir sehr bezweifeln, Rußland fs aus Bul­­garien heraus komplimentiren ließe, so würde dadurch der Einfluß des­ Garen auf das Land nicht im Ge­­ringsten vermindert werden. Schon vor dem Striege hat General Ignatieff und nicht der Sultan die Bulgaren beherrscht. Rußland hat dort Agenten in jeder Straße, Albert Apponyi, das Wort ergreifen. Da­nisbe . Die wichtigste Mittheilung,die uns heute zur österreichischen Regierungskrise vorliegt,ist dieå)­kei­­dung eines aus verläßlicher Qu­elle stam­­enden Pri­­­vatlelegram­mes,nach welche anc.Majestät dem Dr. Rechbauer gegenüber geäußert haben soll,daß die erste Bedingung,welche die künftige Regierung auf sich zu nehmen habe,diesei,an­ den Ausgleichs­­abmachungen festzuhalten­ und dieselben­ durch­­zuführen.Indem so,dann gewinnen die Gerüchte von einer eventuellen Auflösung des österreichischen­ Abge­­ordnetenhauses einen fünfreien Hintergrund und­ in diesem Sinne läßt sich auch heute die „Montagsrenue” vernehmen, Die bekanntlich sonst für ein offiziöses Draan des Kabinets Auersperg galt. Gerade deshalb aber möchten wir die Meldung dieses Blattes, Dab von einer Resonstruirung des K­abinets Auersperg Feine Nede fei und Die damit verbundene Drohung mit einem Kabinet Hohenwart nicht allzu tragisch nehmen . Dagegen glauben wir es dem Wiener Dlatte aufs Wort, wenn D dasselbe versichert, die Demission des österreichischen Ministerium s­ei viel ernster gemeint, als jene, welche Herr v. Tipa vor knapp einem Jahre in Szene lebte, um seinen Nachzug zu massiren. Von sonstigen Meldungen verdient wohl nur Die verzeichnet zu werden, daß die Mitglieder des Kabinets Auersperg die Solidarität, welche sie während ihrer Amtsdauer bechäs­­tigt haben, auch nach derselben proflamiren; das heit­­ die Minister wollen von einer partiellen Nefonstruk­­tion des Kabinett nichts wissen: entweder treten Alle wieder in Aktivität oder Alle­in’s Privatleben zurück, Bewahrheitet sich diese Meldung, dann erhalten damit die Schauergeschichten eine merkwürdige Beleuchtung, welche ein phantasiereicher Korrespon­dent allwöchent­lich über den Zwiespalt im Kabinet Auersperg einem hiesigen Blatte zu erzählen wußte. — Gestern empfing Se. Majestät Die Vertreter des Großgrundbeu­ter- Klubs Baron Eichhof und Baron Hopfen, während Baron Kellersperg, von seinem Rechte al­ Seheimrath BEE: Die Henfige Nummer umfaßt zehn Seifen, U 2 -

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