Oedenburger Zeitung, 1873. Februar (Jahrgang 6, nr. 10-17)

1873-02-26 / nr. 17

«31-. x V « Wr 32 ” \ N -·»« -nsz,»a«gsp26;TFebruar Das Blatt erfheint jeden -. Branımerationd-Preife. Bür Roco: » Gamjähtig . . E VE Jahrgang. _ “Gedenburger « kaclikiclitcti Motto: „Dem Fortschritt zur Chr’ Bevrachten zur Wehr’ Der Wahrheit eine ‚Gafse.“ (­­. Hr. ‚Im Auslande übernehmen Pränumerationen aufinserate . Die General- Agentschaft der Zeitung „Pelter Lloyd“ Raudens­teingasse Nr. 7 in Wien. Han­­fenstein & Vogler in Wien, Wall­­firchg. 10 Hamburg, Berlin, Leipz­­ig, Frankfurt a/M. Basel. Insertions-Gebühr : 5EN Tr. fire die einspaltige, LONL. für die zweispaltige, 15.NEr. für die dreispaltige und 20 Nr. für die durchlaufende Petitzeile ep Husive der Stempelgebühr von Donnerstag und Sonntag, ‚Einzelne Nummern &often 10 &r. Berlag, Expedition und Reciat­­ion und sich auf der Graben­­runde Nr. 121 in Deydenburg. — Ale für das Blatt bestimmte Sen­­dungen, mit Ausnahme von Prä­­nunvations- und Injertionsger­­ühen sind an die Redaktion, portofrei einzusenden. Organ für Han­del Industrie und Landwirthsch­aft dann für sociale Interessen überhaupt. 30 fr. Auskünfte in allen Rich­­­­tungen werden bereittwilligst ertheilt, . 6. Mr. Halbjährig 3. — ae­petg 1­. 50 fr. Monatli — 1.80 fr. Für Auswärts: Ganzjährig . . . TS 60 kr. Halbjährig 3 f. 80 f. Vierteljährig „1.90 Fr. » Uns­er neuer Handelsminister »Von sensationeller Bedeutung ist die am­ 21.­Feb­­bruar im Reichstag erhaltene Rede des gräflichen­ Han­­­­delsminister Josef 3­ich­t, die ganze ungarische Han­­delswelt sieht mit Hoffnung und Vertrauen auf den jun­­gen Staatsmann, der sich als der Mesjtad girirte, um Ungarn, wie das „N. 9. 3.“ sagt, „aus der Barbarei in die große Kette der Kulturnationen mit festen un­zerreißbaren Ringen einzuführen.“ Mag man, wie man will, Defterreihe Sheakspeared bekannte Aeußerung : „Schreien, hilft nichts, Thatsachen beweisen“ bezüglich „deö am 21. gehaltenen Speady“ des ritterlichen Grafen anwenden, so bleibt eines unbestritten, dab­ei Graf ‚Zichy den Weilen des Reichtages als ein junger Staats­­mann vorstellte, der, mit den an das Ressort gestellten Anforderungen sowohl, wie mit den so entgegenb­är­­menden Schwierigkeiten vollkommen befannt, das unge­­brochene Vertrauen befigt, das mit Kraft und Beson­­nenheit dem festen und sicherem Wollen uns uner« teihhbar it. &5 wäre wünschenswerth,­­ daß der in Ungarn so­­ beliebten Weise: „nur s­chöne Redensarten und damit — genug“, ein Ende gemacht werde, daß der mit dem vol»­lem­ Vertrauen der Jugend an die Herkulesarbeit ge­­bende­ Graf in seinem Schaffensdrange nicht erlahme, hab­­er das Vertrauen, melches ihm durch seine glän­­zende Nede nicht nur die Handelswelt Ungarns, sondern auch die des Auslandes entgegenbringt, rechtfertige, daß man am 21. Febr­uar des Jahres 18:6 in allen Gauen Ungarns rufen könne. Graf Zichy ist der Ehrenmann als der er sich vorstellte, er hat sein vor drei Jahren­­ gegebenes Wort eingelöst, er hat Ungarns Handel auf die für das staatliche Wohl bedingte Höhe gebracht.­­ In seiner Programmrede entwickelt der Handels­­minister ein reizendes Zukunftsbild über die Betrieb­­mehrung ud Entwicklung der Industrie "Die Lösung der Bankfrage als eine Streinigkeit betrach­­tend, — die Errichtung eines Industrie-Miuseums für nothwendig darlhuend — eine anständige Betheiligung Ungarns an der Wiener Weltausstellung versprechend, betont er hauptsächlich die Bedürfnisse des ungarischen Handels, unter welchen die angekündigte Herausgabe eines Handelsgewegbuches wohl die Abhilfe eines der dringendsten Bedürfnisse involvirt, so wie auch die Ber­­teigungen auf Entrepots gar lieblich erscheinen. Die Eisenbahnverwaltungen dürften dem jungen Handelsmi­­nister ob seiner­ diesbezüglichen Stellen in s­einer Rede nicht sonderlich hold sein, da für das Versprechen gänz­­liche, Freiheit der­ fomerziellen Bewegung vom ganzen Lande mit Freuden begrübt werden wird. Im Nachfolgendem das Wesentlichste aus der Prog­­rammrede Zi hy8 miedergebend, fünnen wir nicht um De die Bemerkung zu machen, dab. wir die nur einen Einfluß anzuhoffende Abstellung des bisherigen Systems, die Städte auf Kosten des Landes bezüglich der Steuern als Melfrühe zu betrachten, vers­tiffen, und wiederholen den Win­ch, daß seinen Worten baldigit Thaten, nachfolgen mögen. Graf Zichy sagte im Wesentlichem folgendes: Das in Verhandlung befindliche Budget wurde zu einer Zeit zusammengestellt und von dem Sinamzaus- Shuffe behandert, als ich, der erst unlängst das Porter­feuille übernahm, noch seinerlei Einfluß auf das Bud­­get ausüben konnte. Wenn ich das Budget gleichwohl im Ganzen zu dem meinigen mache und mir nur bezüglich einiger­ Punkte desselben vorbehalte, meine Ansichten während der Spezialdebatte zu entwickeln, so wird mir meine Stellung wesentlich erleichtert, einerseits durch den Ume stand, daß mein Vorgänger im Amte nicht nur Mite­glied, sondern das Haupt der Regierung ist und ich jo­­nach auf seine Unterfrügung in einzelnen Fragen rechnen man, andererseits au dadurch, daß der Sinamzauscchuß bei genauerster und eingehender Prüfung an dem Bud­­get nichts Wesentliches zu ändern fand. Unleugbar liegt der Schwerpunkt unserer gesamm­­ten materiellen Produktion in der Agrikultur, wie wir denn auch, die einzelnen Gruppen unseren wirthe­nhaftlichen Fortschrittes betrachtend, gestehen müssen, daß Ungarn noch immer vorzugsweise ein Agriculturstaat ist, wenn in dessen ungeachtet zunächt die I­ndustrie ins Auge falle, so thue ich Died in der Meberzeugung dab gleich wie andere Länder eben durch die Industrie zur Höhe der Bildung und des Wohlstandes emporge­­tragen wurden, es auch der ungenügenden Pflege der Industrie hier­­zu Lande zuzusschreiben ist, wenn wir no immer von den Launen der Schredzeiten von dem Konjekturen der auswärtigen Produktionsverhältnisse ab­­­­hängen, und wenn es und no immer nicht gelang, in unserem Lande die von den firmatischen Verhältnissen, unabhängige Produktion und Arbeit zur Blüthe zu brin­­gen, die einerseits den Wohlstand vermehrt, anderseits die bürgerliche Mittelklasse Schafft, auf welcher die Naht und Stärke der modernen Staaten beruht und deren Förderung bei und überdies ein Postulat politischer Klugheit ist, sind durchsehmitte ® Unsere Bevölkerungsverhältnisse sich der industriellen Entwicklung nicht günstig. Insolange nicht durch Facherziehung der Eifer der Betreffenden genügend geweckt wird, halte ich die Ver­­mittlung des Staates für nothwendig und halte ich ," es für eine Pflicht,für die Ausbreitung des Fachunter­­­­richtes zu sorgen. In Abendkursen erhielten in Elementarkenntnissen solche Lehrlinge Unterricht,die früher eines solchen nicht theilhaftig wurden.Von einem höheren industriellen,« Fachunterricht,worauf andere vier fortgeschrittenen Staaten jährlich Tausende verwenden,ist bei uns keine Spur zu findenz Lehr-und Musterwerkstätten kennen,­­wir selbst dem Namen nach nicht;und doch müssen auch wir diese Bahn betreten,sonst bleiben wir zurück,wo wir doch mit doppelten Schritten bereits entwickelteren­ Staaten nacheilen müssen. Ich rechne übrigens nicht zu den größeren Opfern,­ sonder­n dien Regierungsaufgaben,daß wir alle Gat­­­­tungen des industriellen Unterrichts befördern.Als sols­ches Unterrichtsmittelin als eines der wirksamsten er­­scheint die Errichtung ein­esndustries Museums. Meine bestimmte Anschauung drücke ich aus,wenn ich spges daß ich die großen Transportanstal­­ts.f­., ten nur als Beförderer des Verkehrs berechtigt hab­e;wenn ich sage,daß sie nicht die Handels­­politik des Landes zu bestimmen,daß sie nicht die Emporien des Handels zu erwählen haben,daß sie nicht berechtigt sind,­etwelche Verkehrsmittelpunkte zu begünstigen,sondern daß der Handel,im Interesse der ON großen Gemeinschaft,der er dient,seine Emporien­ be­­­stimmt,und daß darnach den Transport einzurichten­, Aufgabe der Anstalten sei,und daß,wenn dies nicht g­­eschieht,er Aufgabe der Regierung sei,hierbei einzus­­chreiten ' « a ER BE 0 bar a aan EEE NE « re Feuilleton. Die Zabafspfeife Der liebe alte Mann: Wenn er so darak in fei­­nem Baterstuhle einem uralten Hausmöbel, die goldge­­stichte Hausmüse auf­ s linke Ohr gedrückt und aus sei­­ner aus der Mode gekommenen Porzellanpfeife rauchen, da mußte man ihm gut sein. Er hatte eined von den glücklichen Gesichtern in welchen das Geschid nur die heiteren Spuren des Glückes gelassen . Kummer und Gram wiesen unermüdlichen Lebensbegleitern war er nicht ges­­ungen das leuchtende Wohlwollen dieser Züge in Ver­ Bissenheit zu verwandeln. Und doc hatte er viel erfah­­fahren in seinem langen Leben der liebe Alte. Auch er hatte sich einst mit großen Plänen getragen, auch er fühlte den unnennbaren Drang groß und gut zu sein wie irgend­einer, den die Welt preift. Aber es war ihm nicht gelungen was Bedeutendes zu werden; — er war zu gut dazu. Für wie viele Menschen ist das, das einzige Hinderniß sich auch dem öden Nichts emporzuschwingen.­­ Arme Leute, die zu zartsinnig sind um Hammer zu sein, weil­­ anders Gilen beschadigen müßten, und lieber der thatlose Amboß bleiben auf den alles so sichlägt. Wen ein solches 2008 befriedigt, der ist glücklich; denn ed gelingt den Lebensstürmen niemals der unheilvolle RE in das rudende Herz, wenn man sich vor­ dem Sturme hütet. Vner Alter war auch Philofof, —­o ein ganz ge­wach­tiger Philofof. Weder alle Lebensfragen hatte er sich so eine eigene Meinung zurecht­gelegt. Nur wenn man ihm eine von diesen ihm lieb gewordenen Ansichten be­­streiten wollte, da konnte er in Zorn gerathen. Dann pflegte er wehmuthevoll zu jagen: Ia ja, ed gibt viele Leute auf der Welt, die gescheit halten. Eine besondere Eigenthümlichkeit hatte der gute Alte, ‘ed war der nicht zu erschütternde Glaube an eine­m dumm sind, daß sie si für stetige V­erbir­dung der Gestorbenen mit den Lebenden. ‚ etwas viel Befrered als ein Ochs oder ein Giel. Hol .“ Ich stellte häufig­ den Versuch an, ihm die innige Zur mid der — ich will nicht jagen wer — wenn ich fammengehörigkeit von Körper und Seele, ja deren volle­­ nicht lieber irgend ein Stüd Lindvieh wäre, wenn ich fammene Identität zu beweisen, um dann die Folge | dann all meine Größe und meine Bier verlieren fol­ rung zu machen, in dem Auflösen des Körpers dur | Dann wären wir Menschen alle miteinander nicht? den Tod Fünne die Seele keinerlei Selbstständigkeit mehr | andered ald ein Häuflein Unglüc. Mein |seliger Barr haben. Ich wendete all meine Beredsamkeit auf, dem pflegte zu sagen: Wenn ich sein Mensch wäre, wäre | Alten die neuen Theorien zugänglich zu machen, und­­ mir ganz gleichgültig was ich wäre, Punftum! ; an seinem unermüdlichen Kopfschütteln merkte ich, daß | Ich schwieg. Was hätte ich auch sagen sollen? er nichts Nechted zu entgegnen wisse. Er bhat mir leid, | Eine andere Eigenheit unseres. Alten war es, auf ı weil ich wußte dach diesem Zusammenstürzen feiner Krebs­­ feine Porzellanpfeife wie auf das theuerste Kleinod acht zu­­lingsidee ihm viel Michbehagen verursachen werde, aber­­ weil ich die Folgen seiner Schwärmerei zu fürchten ber­­­gan, wollte ich ihm einen feinen Schmerz nicht er­pa­­­­ren, um ihn vor einem voraussichtlichen Unglück zu be­­­­wahren. Im Eifer meiner Auseinanderjegend verlor ic­­h die so nöthige Vorsicht, und versuchte ed die jegt­allge ac gebräuchliche Paralelle zwischen Meenichen und­­ Thieren zu ziehen, und so meine Demonstrationen mit mit einem unwiderstehlichen Schlage zu Ende zu füh­­­­ren. Das war gefehlt. Mitten in meiner Rede fuhr er­­ aus seinem Baterstuhle empor (er war daher schon sehr­­ erzürmt) und rief: Mensch ist Mensch, und Thier ist­­ Thier! Wollt ihr mir einreden, hab ich, der ich im Leben so body über alles Vieh gestanden bin, dadurch daß sich mit mir dieselbe Veränderung dur den Tod wie mit den Thieren vollzogen, auf einmal nicht besser sein sol wie eine Schmeichfliege. Der Mensc stirbt, und das Thier stirbt. Gut! Dann ist Beider Körper todt. Wo bleibt dann aber das, was ich im Leben mehr gemesen­­ bin? Sollte denn wirklich die Schöpfung so eingerich­­tet sein, daß das vollendeteste Geschöpf doch den Tod so ungleich mehr verlöre als alle anderen Kreaturen? Das wäre ein Widerspruch wie er entjeßlicher nicht, gedacht werden kann. Wenn ich ganz so geformt bin wie ein Affe, und do­­o ungleich wie bin wie­der, wo kommt dann diesed Eimwad nach meinem Tode hin? Die Thiere sind alle gleich dumm (doch ist nicht wahr, fiel ich ein) und der Mensch, nun der ist ein Mensch, geben. Er hielt sie so blank, und pußte sie nach jedem Rauchen so wader aus, dab man sie für nen hätte hal­ten künnen. Dann sah er sie so lange wehmüthig an, seufzte, und fielte sie in einen eigens zu Diesem Zwecke bestimmten Schrank. -­­s,, Eines Tages m­achte ich meinem alten Freunde einen Besuch Ici trat ins Zimmer und blieb entsetzt "am Eingange stehen Der Anblick der sich mir bot wird mir unvergeßlich bleiben.Der Alte saß mit gräßlich» entstellten leichen fahlen Gesichte am Tische,den Kopf in» beide Händel begraben,und starrte unter Thränen auf die vor ihm liegende­ zerbrochene Porzellanpfeife- Ich sprang auf ihn zu,ich fürchtete er sei wahnsinnig geworden.Er fuhr auf,ergriff meine Hand,und sagtes im jammervollsten Tonex Sieh die schöne gute Pfeife —omir!Ja meine Anna,du sollst dich nicht lange nach mirs zu sehnen brauchen,ich komme,ich komme— bald,ganz,bald.Dann stürzte er auf seinen Stuhl und, weinte bitterlich Ich war sprachlos vor Entsetzen und Allmälich beruhigte sich der alte Mann,und an.— meine Bitte um Erklärung des Vorganges begann sei­: Ich und meine selige Anna wir haben uns schon als­" Kinder sehr liebgehabt.Wie ich dann in die Fremde­"« hinausgegangen bin,da hat sie mir diese Pfeife geschenkt,­­­und mich gebeten diese Pfeife als Andenken zu behalten, und ihr treuu bleiben-Ich hab’s versprochen und hab’sos­­gehalten. Die Pfeife ging mir über alles andere. In­­­­ Mitleiden.

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