Oedenburger Zeitung, 1873. Februar (Jahrgang 6, nr. 10-17)

1873-02-23 / nr. 16

a ) Das Blatt erscheint jeden Donnerstag und Sonnung Pråiiumekatioiisisleeise FükLoco: Ganijähkig...6fl.--kt. Halbjährtg · Witwen-aus­ Ganzjährig.· 7fl.6­sifk· Halbjährig 3si.80kt. Vierteljährig iflL90tL Ein­zelne N­ummernposten Wär. Verlag,Exedition und Redakt­­ion befindetch auf der haben­­tunde Nr-12Hi­.Oedenburg.—­­Alles ist das Blatt bestimmte Sen­­dungen mit Ausnahme von Prä­­numeration­s-und Infektionsge­­schhken,sind an die Redaktion, kottpfus einrufendem­­ Monatl­ N­edenburger sociale Interessen überhaupt. Motto: „Dem Forttritt zur Ehr’ Bebrühten zur Wehr’ Der Wahrheit eine Gasse.“ 2 ES Im Auslante übernehmen Pränumerationen auf Inserate Die General- Agentschaft der Zeitung „Peiter Lloyd“ Rauben­­steingasse Nr. 7 in Wien, Hau­­senstein - Vogler in Wien, Neuer Markt 11 Homburg, Berlin, Leip­­zig, Frankfurt /M. Basel. Aufertions-Gebühr : 5NEr. für die einspaltige, 10 Nr.­­ für die zweispaltige, 15 Nr. für die­­ preispaltige und 20 Nr. für die durclaufende Petitzeile eg. Elusive der Stempelgebühr von = HIrgan für Handel, Industrie und Landwirt­schaft dann für 30 fr. Auskünfte in allen Rich­­tungen werden bereitswilligst ertheilt, sit.— KH. et in 16.560 ff. — 80 Er. Unser Com­mu­nicationss Ministerium. Mit Spannung haben wir der Debatte über das­­ Budget des Communicationsministers entgegengesehen. Nun das Bild vor unsern Augen aufgerollt wurde, köns nen wir sagen, hab uns dasselbe manche Lehre gegeben; nur schade, dach wir die Lehre nicht dem verdanfen, was unser­ Kommunicationsminister Ludwig von Ziffa gethan, sondern dem, was er nicht gethan ; nicht dem, was wir von ihm zu erwarten, sondern dem, was wir von ihm zu berichten haben. Und dafür sind wir dem parla­­mentarischen System Dant schuldig, welches so bald die Bedeutung von Personen erkennen läht. Während es ges­schehen­ann, daß ss unter dem breiten Schatten des­­ Eurenufratismus Jahre lang Schwäche und Unbedeutende Zeit wohlergehen könnten, wandelt man nit lange uns gestraft unter den Palmen eines Ministeriums, wenn man den großen Aufgaben nit vollkommen gewad­­en ist. y kann nicht unsere Aufgabe sein, und in Mies­derholungen zu ergehen und was die lepte Stede des Kommunicationsministers im ganzen Lande und jenseits der Grenzen desselben für Eindruck gemacht hat, wurde in allen Blättern ausgesprochen. Es ist nicht blos Sy­­stemlosigkeit, die ließe sich in einem in Entwickklung begriffenen Lande, wo so vieles vom Grund aus zu sc­haffen ist, noch entschuldigen.­ Politiker, die das Rechte wollen und die auch über das zu befolgende System im Klaren sind, wie das zu Wollende durchzuführen sei, sind zu allen Zeiten rar gewesen und der Parlamenta­­rismus ist durchaus nicht die Schule, sie zu ent­wickeln. All die Systemlosigkeit wollen wir unserm Kommunik­ationsminister entschuldigen. Aber jene Un­­kenntniß heffen, was zu thun und zu schaffen ist, jene Nathlosigkeit, über die Reihenfolge, in welcher die Auf­­gaben zu töten sind und jene auffallende Oberflächlich­­keit, die nicht erkennt, wie dos einerseits Angestrebte durch das auf der andern Seite anzuwendende Princip unmöglich gemacht wird, muß strenge beurtheilt werden. Wer am der Sorge der Staatsgeschäfte steht, muß vollk­ommen im Klaren sein mit seiner Aufgabe; Dilettans tiömus oder gar allein der gute Wille, etwas Rechtes zu thun, genügt hier nun und nimmer, und ein fals­­ches Princip ist weit mehr gefährlich als gar kein Prin­­cip. Und was sollen wir von einem Communications­­minister halten, der auf der einen Seite das Wohl der Bahnen in der Susson erblicht, — im der Zufton, die freilich in gewissem Maße die Kosten der Transporte herablegt, aber feinerfal­s zu Gunsten des Han­dels und des Verfehrs, sondern zu Gun­­sten der Bahnverwaltungen zur Erzie­lung hoher Dividenden, und der, wie das Bei­­spiel anderer Länder zeigt, dann in demsselben Athem­­zuge die Koncurrenz als das Mittel zur Erzielung bil­­ligerer Tarife erkennt? Wenn der Minister dann wei­­t erhin im Bezug auf die Tarife sagt, daß hier Die Reform zu schwierig ist, da man noch seinen Tarif fand, der für den ganzen Tarifverband annehmbar gewesen wäre, so heißt das beinahe so viel, als ob sein Kollege der Justizminister die Unmöglichkeit der Schaffung ei­ ned Strafgesehen damit motiviren würde daß es bisher unmöglich war, einen Strafcoder zu verfallen, der den Herren Räubern und Moördern gefallen hätte. Denn welche Stellung der deutsche Eisenbahnverband gegen­ über allen Fragen nimmt, welche nur im Entferntesten eine­r Verbesserung des gegenwärtigen Zustandes anzus bahnen im Stande wären, weiß wol Jeder, der si mit Eisenbahnfragen befaßt, nur — wie er scheint — der Herr Gommunicationsminister nicht, denn sonst hätte er ich wol auf eine so zweifelhafte Zeugenschaft nicht be­­rufen. Der Herr GCommunicationsminister verwirft es ferner, wenn man aus Einnahmsracsichten den Tarif erhöht ohne Rücksicht auf weitere Nebenumstände. Wie stimmt dies mit der Einführung des neuen Tarifes auf der Siebenbürger Bahn überein, wo es doch der „Ne­­benumstände“ genug gab, die für den einfachen ratio­­nellen Tarif sprachen. Auch darin irrt sich der Minister entschieden, wenn er sagt, das hinsichtlich der Tariffrage zwei Strömungen einjt­ren, deren eine jeden Tarif für berechtigt hält, der die Einnahmen der Bahn vergrö­­ßert, während die andere die Bahn blos als Werkzeug des Handels betrachtet und in der Herabdrückung des Zarifs bid zum Extrem geht. Dab die erstgenannte Strömung ernltirt, bezweifeln wir nicht. Eisenbahndie­rektoren und­­ Verwaltungsräthe sind ihre Vertreter, von der zweiten Strömung fanen jedoch, wenigstens bei ung, nicht die Nede sein. 3 gibt seinen vernünftigen Kauf­­mann, der die Anforderung stellt, die Bahnen sollen auch bei Verlust die Tarife erniedrigen; wohl aber ver­­langt jeder Wolfswirth, die Bahn möge mit ihren Tar­­ifen so weit herabgehen, als es ihr möglich ist, ohne auf den landesüblichen Gewinn zu verzichten. Hierbei kommt noch ein wichtiger Umstand in Betracht. Die Einnahme einer Bahn hängt nicht allein von dem Tas rife ab, sondern ebenso sehr von der Auswägung ihres Capitals ; die Bahnen sollen danach trachten, nicht Durch Nebenladung des Handels, sondern durch Ausm­ßug ih­­rer Betriebsanlagen den nöthigen Gewinn einzubringen. St Dnd gegenwärtige System hiezu nicht geeignet, so greife man nach einem andern, aber man­ unterdrücke nicht Handel und Verfehr doch, eine falsche Tarifpoli­­tie. Wenn also der Herr Minister meint, daß insolange als zur Einbringung der Zinsen des Anlagecapitals‘ ein höherer Tarif nöthig ist, so ist das grundfalsch. Der schlechte Tarif — und schlecht mag er je troßdem er hoch ist, oder vielleicht gar eben deshalb — macht sie gerade unmöglich, daß die Bahn ihr Einkommen steigere. Wir sehen und schon hier in einem Labyrinth von Irrthümern verstrict; wir können dem Herrn Commu­nicationsminister, dem wir an andern Orten und in andern Gebieten unsere volle Achtung zeilen, diese wohl unangenehmen Bemerkungen nicht ersparen. Wir, so wer­nig wie er selbst, werden wol darin einen Trost finden, daß leider während unserer ganzen constitutionellen Aera dem Kommunicationsmin­isterium ein stiefmütterlicher os beschieden war. Werfen wir einen Blick auf unsere Fachministerien, so kann füglic behauptet werden, dab sebst die schlechte Finanzverwaltung nicht von so übern Folgen begleitet war, als der häufige Wechsel in den einzelnen Netzorts, ,­wie die Besetzung des Postens für Communicationen durch Männer,denen man bei allen au­sgezeichneten sonstigen Eigenschaften Fachkenntniß vollständig abspre­­chen muß. Solche Umstände mahnen,daß es wohl hoheseitig ist,bei Besetzung der Ministerposten die­ fachmännische­««" ‚ Bildung im Auge zu behalten, ja gerade diese den Ausschlag geben zu lassen, was bei den neuesten höchst wichtigen Vorlagen des Communicationsministeriums um so grössere Bedeutung hat. Er mag dies vielleicht in einem Lande wie England, wo der Delfgovernement Re re Be Ei M­ = A A ya wu sa 3 E 38 R: Er ? Ei is­­u Senilleton. Geflügelte Worte und — Travestieen. Mit dem Ausdruck „geflügelte Worte“ — der im Munde des Publitums gang und gebe ist, — bezeichnet man allgemein und allerorten jene stehenden Reden dars­ten und Schlagwörter, welche bestimmt nachweisbaren Ursprungs sind und, obwohl Einfälle Anderer, dazu ver­­wendet werden bei pasfender Gelegenheit als unsere Eins­fälle zu gelten. Wir wollen im Nachfolgendem eine Lese der ges bräuch­cften Lebensarten, Sprüche, Sprichwörter u.­­. w. mit ihrem Ursprunge und wo vorhanden, mit ihren Travestieen bringen. Das untrüglichste Kennzeichen eines allgemein ge­­wordenen Gitated ist die Veränderung seiner ursprüng­­lichen Form, und da man die veränderte Form auch schließlich in der Sprache des Volkes zu hören bekommt, so ist es natürlich, dab man die veränderte Form ges­wöhnlich hartnädig als die allein richtige vertheidigt ; so hört man gewöhnlich sagen: Der Mohr hat seine Schuldigkeit ge­than, der Mohr kann geben, und des fit Died aus „Die Beschwörung des Fiedco“ entnommene Gitat e ist richtig, wenn man „Arbeit“ statt „Schuldigkeit“ jegt. Wiedersinnig citi­t man aus dem „Taucher“ : Unter Larven die einzig fühlende Brust statt „ein­­zige* fühlende Brust Der Wolfemund fehnt über Dieses Gitat eine Travestie, welche häufiger noch als das Citat gebraucht wird:­­ ‚Unter &affen die einzig fühlende­ Brust“ Wir finden in der Travestie das in das Gitat und richtig übernommene Wort „einzig“ passend angewendet. „Man merkt die Absicht und man wird verstimmt" ‚ft nur in seiner falsschen Form bekannt und lautet an seinem Sandorte in Goethes „Zaffo" ganz anders. Zaffo ‚ entgegnet daselbst, als die Prinzessin ihn wegen seines Hanges zur Einsamfeit tadelt und ihm vorwirft, dab­er Gräfin Leonore Santival nie habe näher treten wollen. So liebenswürdig sie erscheinen kann, Ich weil nicht wie es ist, konnt' ich nur Selten Mit ihr ganz offen sein, und wenn sie auch Die Absicht hat, den Freunden wohlzuthun, So fühlt man Absicht und man ist ver­­stimmt. © So findet man vielfach Gelegenheit, solche V­erän­­derungen ursprünglicher Worte zu beobachten, wie z.B. lautet die erste Strophe aus dem Gedichte: „Die Ge­­sänge“ von Seume: Wo man singet, laß dich ruhig nieder, (Ohne Furt, was man im Lande glaubt, Wo man singet, wird sein Mensch beraubt,) Bösewihler habe m seine Lieder. Der Bolfsmund nahm die erste und legte Zeile der Strophe zum Gebrauc­he und änderte den Ausdruck ‚Böswichter” in den: „Böse Menschen" während ein Wigbold folgendermaßen travertirte : „Wo man raucht da fannst du ruhig harren, * B­öse Menschen haben nie Gigarren.“ Eines der gangbarsten, aus dem „Lied von der Glode“, entnommenes GCitat : „Drum prüfe wer fi ewig bindet, Ob fich das Herz zum Herzen findet, wurde mit: „Drum prüfe, wer fich ewig bindet, Ob fich Das nöth'ge Geld auch findet“, in einer, die Neus Zeit so trefflich persiflirenden Weise travertirt. Das Gedicht „Würde der Frauen“ bietet das be­­kannte: „Shret die Frauen sie flehten und weben H­immlische Rofjen ins irdische Leben“ das minder bekannte, etwas prosatischer, aber immerhin volle Berechtigung findende travertirte Zitat lautet: „Shret die Frauen sie lebten und weben Zöpfe und Strümpfe für irdische Leben“. Eine Travestie des Gellert’schen Liedes : „Mein erst Gefühl fei Pfeif und Dan" ist weit verbreitet und heißt: „Mein erst Gefühl fei preufig Kourant“. Wer rennt nicht aus dem „Don Ziuan“ „Reich mir die Hand mein Leben" und wie drollig macht nicht ein Fragezeichen diesen Sag :J .,Reich 2 mir die Ha­nd,weniger­ exkl­­­Hans Sachs ist der Erfindi­r von­»Schlaraf­­fenland«.Das mit diesesm­ Titel übersschriebene Ge­­­­dicht machte uns mit dem so oft"gebrauchten: „Gebratene Zauben, die@inem ins Maul fliegen‘ benannt in folgenden Berjen : »Auch fliegen umb(ringet ihr glauben, Gebraknepübvey Gäns’und Tauben Der sie nicht seht (fängt), und ist so faul, Dem fliegen sie selbs in das Maul, was Goethe in den „Sprüchen in Reimen“ luftig über­treibt mit: Wer aber recht bequem ist und faul, Flög’dei­ eine gebratene Taube in’s­ Maul, Er würde höchlich sich’s verbitten, Wär’sie nicht auch geschickt zerschnitten. Eine bedeutende Fundgrube von im Volks-IFJ mundegebräuchlichen Citaten lieferten Schiller bss"««­"k Werke,so erinnern wir an: . »So willst du tre­ulos von mir scheiden?«, m­it welchen Worten der Dichter in»Die Ideale«die«­« fliehende Zeit anredet — den Schluß der zweiten Strophe des,in den,Piccolomini«der Thekla in den Mund ges» legten Gedichtes»Des Mädchenn Klage««: Ich habe genossen das irdische Glück« Ich habe gelebt und geliebet,’ sowie au­s«der Romanze:»Der Jüngling am Bader En eingeflochten in den „Parasiten‘ —­­ der | « » Ä « we .- L , t­­­­., « -.««k«.71"-. ,· BR: «.­­R A r­ er .­­. N « XII

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