Oedenburger Zeitung, 1877. November (Jahrgang 10, nr. 132-144)

1877-11-21 / nr. 140

X» UT arme­m Mittwoch, 21. November 1877. . Jahrgang. denburier 3 (vormals „Wedenburger Nachrichten‘.) Organ für Politik, Handel, Industrie und Landwirthschaft, dann für sociale Interesen überhaupt. Motto: „Dem Fortschritt zur Ehre? — Betrüchten zur Wehr’ — Der Wahrheit eine Gasse.“ am Blatt ersgeint jeden Mittwoch, Freitag und Sonntag. Pränumerations-Preise: Für Luca: Ganßlührig 9 fl. Halbjährig 4 fl. 5 fl. Vierteljährig 2 R. 25 keit 1 Pi « Isrcusskttkcanzishti 12 si.5«lljäkisfl. Dienerin­ tusttaesiikmUscmustimmeesdunsenj Institut-neun Julirund Oräuumentiiissmnfminnss seilirea flustnsemuciimpirnsceieiuznmsm Administration, Verlag, Expedition : Grabenrunde Nr. AA [Hotel Rose“ Nr. 19,2. Stock, Rodaktion : . Einzelne Nummern kosten MD Kreuzer. Nr. 140. Suferate vermitteln: die Herren Saafenfein , Bogler, Wall­­fu­ßgasse 10, Wien, Budapest. U. Düppelit, I. Stubenpartei 2, Wien. Heinzig Schalek, 1. Singerstrasse 8, Wien. 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Find‘ die, Ausgleichsverhand­­“lungen, zwilligenden "beiden, durch den 67er Ausgleich g haffenen Reichshälften durch Vermittlung der Kabinete isga und Amersperg im Zuge Das vorläufige­­ Ergebniß dieser Verhandlungen liegt im einer N Reihe von Stipulationen vor, welche allemady. in den Par­­lamenten Ungarns und Oesterreichs zu Zage und zur Diskussion­ kommen:: Die Vereinbarungen zwischen den­­ beiderseitigen Regierungen sind bindender Ort für diese. Mit ihnen stehen und fallen die Kabinete Tisza und­ Hwersperg. Für die Parlamente dagegen steht die Fragei so, daß jedes für sich den Ausgleich, wie er von den Ministern abgeschlossen wurde, entweder im Ganzen annehmen oder verwerfen müse. An Amen« ‚dements ist fasti nicht zu denken. Bei dieser ernsten Lage der Dinge frägt man si Die» und jenseits der Leitha­­ft­en besser,­ den er m ‘wie er vorliegt, anzus nehmen,­­ oder zu verwerfen ? und in der Aufregung Dieser Frage vwurzeln die bevorstehenden und vielleicht nur zu bald zum Ausbruch kommenden Krisen haben wand wirben. Als wir­ Ungarn im Jahre 1867 unseren wohl» berechtigten, passiven­ Widerstand gegen die dem Sesammtreib­e oftroyirte Schmerling’sche Berfassung aufe zugeben angegangen wurden, da stellten wir, selbstver­­ständliche, die unsere Cristenz, filternden Bedingungen, deren erste die Wiederherstellung unserer historisch ent­­wickelten Berfassung war, deren zweite die Auseinander­­legung mit jenem­ Theil der Monarchie betraf, der es auf andere Kosten versuchen wollte, die Errungenschaften der­ Achtundvierziger Fahre­r festzuhalten. Das war der erste Ausgleich. Ungarn war der Deal, Oesterreich doch ein Kabinet vertreten, welches mit der­ Verpflich­­tung ins Amt trat, die ungarischen Vos­schläge anzunehmen. Die Zerreibung der Mo­­narchie in zwei Hälften war also­ eigentlic­has Wert Deuts, eines österreichischen Ministerpräsiden­­ten, der gedrängt durch sein eigenes Kabinet und die Umstände Diele Zweitheilung durchführte, welche mithin ‚am alerwenigsten den Ungarn zum Vorwurf gemacht ‘werden kann.­­ Sie willigten dareim, weil sie eben eine­r Errungenschaft vorderhand nit für opportun­ierten. Daraus folgert aber ‚seineswegs, daß hier zu ‚Lande der gegenwärtige Zwiespalt des Neiches, als eine gegenbringende Grschheinung angesehen werden müsse und das man deshalb geneigt sei, Alles zu truen und zu leisten,­ um nur ja nicht das bestehende Verhältniß,­ das uns an­ die im Neichärathe vertretenen Länder knüpft, zu lodern. An­­ wenigsten jedoch­ läßt sich erwarten, doßh wenn selbst unsere Wegieru­ng mit allen Opfern einverstanden wäre, um die jenseitige zur frieden zu stellen, daß die ungarische Nation so blindligd sich am Seile führen lassen­ werde. Wir leben in einem Tonstitutionellen Staate, das Bolff soll die erste Stimme haben und wenn man ihm dieses Necht Schmälern wollte, so wird ed nur, um so lauter, sich zum Worte melden. .. && ist jonady sein Wunder, daß die immer brennen» der. und aluter werdende. Brage, des Ausgleiches mit Oesterreich vor der Entscheidung den Gegenstand öffent­­licher Besprechung in­ einer großen Bolfsver­sammmlung bildet. Eine solche trat gestern in Bd peit zusammen. Wir haben in der jüngsten­ Zeit wiederholt Gel­­egenheit genommen, uns offen und­ unummanden über das mißlungene­ Sichhwert des Ausgleiches zu­ Äußern. Angesichts der im österreichischen­­ Abgeordnetenhause noch immer andauernden Debatte über die­­ Banfvor­­lage, angesichts der immer schärfer auftretenden An­feindungen gegen Ungarn, müssen die Gefühle des unga­­riischen Volkes immer erbitterter,­ trauriger werden. Nefapituliren wir in stürze, was der neue­ Ausgleich uns für Segnungen gebracht. In den Pragen, der Spiritussteuer und der Rudersteuer hat Ungarn zum großen Nachtheile seiner eigenen­ Industrie in­ jedem Punkte ‚Oesterreich nachgegeben und si selbst tiefe Wunden geschlagen. Dem Borschlage des österreichischen Ministeriums ist die beabsichtigte Einführung der Petroleumsteuer zu danken, deren nachtheilige Wire fungen,­­deren traurige Folgen für den armen Mann wir erst jüngst nachgewiesen haben. In der Bankfrage haben wir uns Gisleithanien mit gebundenen Händen überliefert, indem wir das Projekt einer­ selbstständigen Bank fallen ließen. Diese Nachgiebigkeit wird wie ein schwerer Blu in der Frage der Achtzig-Millionenschuld­­ auf uns lasten, da man wahrssheinlich die beiden An­­gelegenheiten verquiden wird. Weld' furchtbaren Schiff­bruch die Zollfrage erlitten hat, wie sie die Monarchie in so schwerer Zeit im ein mehr als gespanntes Ber­­ältung zu Deutschland gebracht hat, muß wohl nut erst weitläufiger erörtert werden. Darin besteht das Fazit langer Mühen und Plagen, unaufhörlicher Verhandlungen, angemessener Regierungs­­weißheit. Und das Ministerium kann durchaus nicht sagen, das Land hätte auch außerhalb des Neichstages seiner Meinung nicht präzisen Ausdruck gegeben. Seit dem Beginn der Ausgleichbastion sind aus allen Theilen Ungarns zahllose Petitionen eingelaufen, welche direkt für die selbstständige Bank und, für das separate Zolle­gebiet eintraten. Was nügten dieselben ?_ Gar nichts -«.sp Si -·—’--...-« if: f eul­e ON. -7--" —­—Ddek«IBpUqu-tsi Nicht weit von dem finsteren Korridore, welcher auf die Bühne des Theater Brangais führt, hinter einem ries­­igen Pfeiler, verbarg sich in dem Steinfoloß, wie das Beilchen unter den­ Blättern, der Laden oder vielmehr das Paterre der Madame Prevost. Ein ewiges Blumen- Parterre das­ es­ fürchtet: nicht die­ Kälte des Win­­ters, nicht die glühende Sonne, des Sommers, nicht Wind und Staub. Ein ewiger­ Frühling heringt in dieser massiven Steinmasse.. Unter ihrem scüpenden Schatten gefallen sich mehr als irgendwo anders die Rosen aller Jahreszeiten, die blassen Beilchen, die bes­cheidene Anemone, die prächtige Kamelie, die duftende Nelte, auf diese vier Snabratfuß schüttet die Pariser Flora jeden Morgen die Schäpe ihres Füllorns, von der Orangenblüte, welche die Stirne der Königinnen ziert, bis zum einfachen­ Berg ihmeinnicht. "Die junge Frau ‚ging, nie an diesem bescheidenen Parterre vorüber, ohne sich, jeuigend an die erste Blume­n erinnern, welche sie an ihre Brust gesteckt hatte. Hier­her fahren jeden Tag alle Schüchternen Leidenschaften von Paris, um auf­ Beute auszugehen. Dieser: Parterre Madame Prevoil’s­cchlob in sich ganz fertige Soyllen, weiche Elegien, sprechende Gedichte. Man­ fand­ hier zu­ jeder Stunde in­ den­ balsamischen­­ Blumenreichen die einzigen Billebour, welche eine Frau immer annimmt, selbst in Gegenwart ihres Gatten. Im Fall der Noth hätte man bei Madame, Prevost ‚die Universalsprache finden können, nach der die Philosophen so sehr jugpen. Eines Tages sah k­ einen stattlichen Mann von ungefähr vierzig Jahren, gut gefärbt — einen verfehlten Dandy — in diesen Laden treten, der „um­ Dandy zu sein, ganz von Neuen hatte anfangen müssen, so daß er Haare, Nue­de... Hotele.. . .", sagte er,ohne zu grüßen. Und­­ zugleich warf er, mit brüpfer Manier ein Zünfs Frans. Stüd auf­ dem Til der Madame Prevost. Madame Prevost folgte diesem Menschen mit den Augen, bis­ er si im Hofe des Palais Royal verloren atte. ' Dh will ihm für sein Geld eined geben,“ sagte sie zu mir. Zu gleicher­ Zeit machte sie aus zwei, auf'8 Gerade wohl in ihrem Blumenkorb geworfenen Bouquetd, ein einziger, und fügte noch eine enorme, großblättrige Zus­cherose hinzu. „Aber wollen: Sie diese arme Dame erfu­den ?“ fragte ich. „So will sie vor den Verfolgungen eines Dumm» fopfs und­ frechen Menschen bewahren,“ erwiderte Ma«­dame Prevost. — Beruhigen Sie sih! So wenig an dieser Dame, auch sein mag, so wird sie doc dieses Bouquet beim Senfter­ hinauswerfen und denjenigen vor die Thüre fegen, der­ eb ihr Shit. Dieser Bengel will fihb an Madame de­ Melcy, ein Meines, schmächtiges Weibchen, — ein wahres Mignonfigürchen, anmachen ? ‚Tragen Sie dieses Bouquet mit der Karte des Herren, welcher da gewesen ist, zu Madame de Melcy,“ sagte sie zu einem Kommissionär. Und der Kommissionär ging, das Bouquet# zwis­­chen beiden Händen haltend. Er hatte die Karte auf welcher der Name Monsieurs mit einer Grafenfrone gra­­virt war, in die Mitte der Zuberofe gestedt. „Der Einfaltspinsel!“ sagte Madame Prévost. Sie hatte noch nicht ausgeredet, als ein unter fepter junger Mann von neunundzwanzig SIahren in Handschuhe und Stod,noch jeder Knkik­, trug. Übrigens­­ den Laden trat. Er war augensceinlic­h esser erzogen, war sein Aussehen für einen Pariser von der Provinz­­ als der andere, er war auch besser­­ als ein Pariser vom sehr gut. der Provinz,er war ein Provinzler von parit Durs­­»Tragen sie dicfes­ Bouquet zu Madamechelry den langen Aufenthalt in der Stadt hattest­ wenn nicht die Eleganz und die Orazie, jo doch wenigstens den Skeptiziemus und den Geist derselben angenommen. „Madame“ sagte er, „wollen Sie gütigst heute Abends ein Bouquet zu Madame de Mercy wirk­en. Und er entfernte sich wieder. „Wird diesen da betrifft,“ sagte Madame Peeroft zu mir, —„so werde ic ihm weder Gutes noch Bi­ jed thun. Madame de Mercy wird ein Bouquet erhals­ten, wie jede Andere, einige hübssche Dahlien und einige Blumen ohne Geruch ; sie kann er in der Hand tragen oder an die Brust stehen. Der Mensch, welcher von hier fortgegangen it, ist weder­ ein Narr no ein Einfaltspinsel;; er thut vieleicht Unrecht daran, dieser Dame, die er gewiß, nicht von ihm begehrt hat, ein Blumenbouquet zu jeiden, aber ich will mich nicht in anderer Leute Angelegenheiten bilden. Er­ möge seine feine Sache selber außfechten.* Wie gesagt, To­gethan. Madame de Mercy erhielt also ein zweites Bouquet, weniger gemein, weniger duf­­tend und viel weniger lächerlichh als das erste. Als er fort war, wollte ich mich entfernen. Da Jah ich einen schönen jungen Mann von achtzehn Jah­­ren in den Laden von Madame Prevost gleiten, aber so zitternd, so zaghaft, so erröthend, daß man sie zu den Glauben hätte versucht fühlen können er begebe sich zu der Dame seiner Gedanken. „Madame“ sagte er leise und mit bewegter Stim­­me,­­ „wollen sie Madame de Melcy einige Blumen shh­en, aber ohne zu verrathen von wen sie kommen.“ Bei diesen Worten­ gab er. Madame Prevost ei­­nen Zouisdor. (Fortlegung folgt.)

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