Oedenburger Zeitung, 1878. Oktober (Jahrgang 11, nr. 118-130)
1878-10-25 / nr. 128
erita925.Oktpber1878» Geben Das Blatt erscheint jeden Mittwoch, Freitag und Sonntag. Pränumerations-Preise: Für Lecoz Ganzjährig 9 fl., Halbjährig 4 fl. 50 Fl., Bierteljährig 2 fl. 25 fl., Monatlich 1 fl. Ihr Auswärts: Ganzjährig 12 fl., Halbjährig 6 fl., Bierteljährig 3 fl. Alle für das Blatt bestimmten Sendungen, mit Ausnahme von Inseraten, Pränumerationd« u. Infertionsgebühren sind an die Nedacation portofrei einzusenden. xl. Zabhrgang.——..—burner 3 (Bormals „Oedenburger adrigten.”) - Organ für Politik, Handel, Industrie und Landwirtschaft, dann für sociale Interesen überhaupt. Motto: „Dem Fortschritt zur Ehr? — Betrüchten zur Wehr? — Der Wahrheit eine Gaffe.* Redaktion : Administration, Verlag, Expedition : Grabenrunde Nr. 12.Hotel „Rose“ Nr. 19,2. Stock, Einzelne Nummern kosten MED Kreuzer. Beeilung, IE EEE TIEISRRTREE ORTE SInferate vermitteln: die Herren Ganser Bein , Bogler, Wallfifßgasse 10, Wien, Budapest, U. Opyelit, I. Stubenpartei 2. Wien. Heinrich Schalek, I. Sıngerstrafie 8, Win. Snfertions-Gebühr : 5 Er. fir die einspaltige, 10 fr. I bie Ian Jese, 15 Er. für die dreispaltige und 20 Er, für die durchlaufende Petitzeile inclusive der Stempelgebühr von 30 fr. Auskünfte in allen Richtungen werden bereitwilligst erteilt k k- N exis- II I· » Arn-»Hu NEN a Ban EEE « NE ” RE Zur Beruhigung der Malkontenten. Oedenburg, am 24. Oktober 1878. &8 ist eine Flut von Vorwürfen, ein Regenguß von Anschuldigungen, die seit der Thronrede und den Erklärungen Tiha’, aus der ungarischen oppositionellen Presse über den Legieren vielgeprüfte Person (in ihrer ministeriellen, und zuweilen sogar in ihrer bürgerlichen Eigenschaft) herniederströmen und ihre Unbeshaltenheit —hinwegschlwemmen möchten. Was wird da nicht Alles gefaselt: „Koloman Tipa — so schreibt der Cine — hat die Frechheit, mit eiserner Stine sich über das Bejeggebungsrecht des ungarischen Parlamentes hinwegzufegen? Tiba bewegt sich bereit auf dem Boden der Hofkanzlei. Ia, es ist die Frage, ob die Majläth und Forgah heute nicht weit konstitutioneler sind, als Herr von Zipa, der der Reaktion ganz ungelreut in die Hände arbeitet !" „Unser Deinisterpräsident“ — ruft ein Anderer — hat dad im ihn gefegte Vertrauen shn öde mißbraucht, er hat Die Hand dazu geboten, daß unsere fauren Steuergulden auf wahnsinnige Unternehmungen vergeudet werden, unsere blühende Jugend in den Tod gejagt wird.“ Der Dritte begnügt ji damit, Tika des Mangels an Klugheit und Weitflytigkeit zu zeihen. „Bejißt denn Tika nicht so viel politische Kombinationsfähigekeit" — frägt vorwurfsvoll der Leptere — um einzustehen, daß der ganze unglückliche Heereszug nach Boh»nien ein Nejjusgewand für Ungarn ist, daß und von Bismark und Oortschkoff übergeworfen wurde, daß mit wir darinnen schmerzzerrissen zu Grunde gehen sollen ? Hat er der Blutopfer nit gedacht, die uuch das unselige Abenteuer auferlegen mußte ? War sein Geist zu lahm, um ihm das wirklich Geliehene schon von vorneherein vorzumalen? Es lag doch auf der Hand, daß die Osfupation nicht so glatt ablaufen könne und die vielen Hunderte von intelligenten, jungen Leuten die in diesem unqualifizirbaren Weldzuge gefallen, oder ihre Gesundheit eingebüßt haben, von diese allein repräsentiren einen so bedeutenden Theil des Nationalvermögens, den und der Befug Bosniens und der Herzegomwina nicht erregen kann. Und erst die vielen Tausende von Arbeitskräften, die durch Diejes Abenteuer vernichtet oder brachgelegt wurden, was bedeutet Diesen gegenüber das arbeiteichene, halbthierische, orthodore Gesindel, das zu füttern wir und nun zur Pflicht ger macht haben !? Doch genug, sattsam genug von diesen Stylproben, die sämmtlich nur ein Wort rechtfertigen sollen, das Wort der übereifrigen Pfaffen in Lessingg „Nathan": „Der Jude muß verbrannt werden" “. „TiBa muß gestürzt werden.“ Nur eine solche Resolution würde den Schreiern den Mund verbinden, aber hoffentlich gibt es ersprießlichere Maßnahmen und dient vielleicht schon die Eine, dab die Reservisten nun nach Hause gehen dürfen, wenigstens einigermaßen zur Beeruhbigung der Walfontenten. 68 ist no ein wahrer Glück, dab die Gruppe jener Malfontenten, die am heftigsten gegen Tiha lärmen, in der Nation wenig Glauben und Anhänger findet. Man will eben endlt einmal wieder Ruhe haben, man will si wieder für den Preis friedlicher Zustände, je manched — allerdings besser ungeschehen gebliebenes — als nun einmal vollzogene Thaitjache gefallen lassen und mit dem Unabänderlichen getroffet abfinden. Zudem hat die Gruppe der Malkontenten mit den übrigen oppositionellen Fraktionen,speziell mit der»vereinigten Opposition«keinerlei Fühlung genommen und wenn sie gegen die Ofsupation in offene Opposition treten wird, wozu sie si natürlich energiic anshicbt, dann wird es fi unfehlbar zeigen, daß ihr Auftreten, so gewichtig ed au erscheinen mag, ein isolirtes bleibt. Diese Opposition dürfte allem Anscheine nach eine Gelegenheitsopposition, eine Opposition ac hoc werden; die Mallontenten werden voraussichtlic i der Adressdebatte, und da einige derselben bei der Delegationswahl kaum zu umgehen sind, auch in der Delegation die Oisupationspolitik zu bekämpfen , fällt aber — wie heute kaum mehr anders zu erwarten steht — das Votum des Reichstags und der Delegation zu Gunsten der von Andrasfy und Ziha neu interpretirten, und durch eine ganze Neibe von unterdeß geschaffenen garten unterfrügten Politif aus, dann werden sich wohl die malfontenten Elemente vor diesem Votum beugen müssen und darauf verzichten ihren Standpunkt bis auf Weiteres fermerhin geltend zu machen. Die goldene Rückzugsbrüde baut ihnen Koloman Tipa heute bereits, indem die Parole auch gegeben wird: „Aufrechthaltung der Einheit der Partei um jeden Preis!” Diese Parole bedeutet, daß die Opposition in der Osfupationsfrage seinen Grund zum Austritte aus der Negierungspartei bilde, daß man diese Elemente in der Negierungspartei um jeden Preis festzuhalten wünscht, wenn sie auch in offener Parlarmentö Sigung ihren Zweifeln und Skrupeln mit der Osfupation als Politis Ausdruck leihen. Erinnert man sich daran, daß bei den Ausgleichefragen die Malion» tenten — indirekt wenigstend — zum Austrit aus der Negierungspartei verhalten wurden, so mag die gegenwärtige lare Prarid befremdend anmuthen; allein es bleibt zu erwägen, daß Koloman Tifa bei den Ausgleichefragen über das Stimmenverhältniß auf's gesnauelte Informirt ist, daß er weiß, mehr ald 200 ges wichtige Männer stehen an seiner Seite, die jede Gelogenheit benügen, Tipa ihr früheres Vertrauen und verfünmert au heute noch zu bethätigen und dab die bisherige Reichstagdemajorität ein schmicg«samer Zeig in seinen Händen ist, warum also sollte er nicht scheinbar für sich zeigen, zur Beruhigung der Mallontenten?! 5. RL Ten me x - -..s«.---«.c-««-. s—- .-.-T-.s-s-.-. ERETETEREE EETER, hi Dedenburg’s commerzielle und industrielle Bedeutung. (Ein Wort in der Banffilialfrage. Bon $. Sc.) (Schluf.) Eine Sasfabrik mit einer Erzeugung von jährlichen 10.000.000 Kubisfuß Gab. Die landwirtschhaftliche Maschinenfabrikation wird in 2 Grablissements betrieben, überdies werden in einer diesen Fabriken auch Dratchstiften erzeugt. Beachtendwerth ist in Dedenburg ferner, die Ziegelerzeugung. Die Erzeugungsfähigkeit der bestehenden 9tablissements beläuft sich auf circa 12.000.000 diverse Ziegel. mann nl geuilielon. Ein Engel. Aus der Mappe eines Naturfreundes von Liseander Merz. an 4 tee, VI. (Schluß.) Früh am Morgen dieses Tages fuhr ic) bei wirklich prachtvollem Wetter in Gesellschaft eines Freundes, dr ich gelegenheitlich einer Reise in Frankreich kennen gelernt, nahe einem büleich gelegenen Dorfe in der Nähe der ungarischen Metropole, in dessen Umgebung er ausgedehnte Befigungen hatte. Die Sonne stand noch sehr niedrig, als wir bereitd an Ort und Stelle warn. Weil mein Freund Verschiedenes anzuordnen hatte, schlug er mir vor, vor dem Frühfuüde einen Heinen Spaziergang in den nahen Wald zu machen. So ließ er mir nicht zweimal jagen, nahm Stod und Hut und machte mich sofort nach dem schönen Tannenwald, der mir seiner mächtigen Stämme wegen schon bei unserer Einfahrt in den Edelhof aufgefallen. Wie ich nun so dahin ging, dem luftigen Chore der Luftbewohner laufend, vernahm ich plögli Tritte in meiner Nähe. 3ch sah mich um. Es war eine elegante, nicht allzu große Dame, die den Blick zu Boden gesenzt, nach Lenzblumen suchte. Im Antlige konnte ich sie nicht sehen, weil sie einen Strohhut trug, dessen breite Krämeren sie stark beschattete, und nur die wunderbare Boll»endung ihrer Körperformen sagte mir, dabidy’s hier mit einem Weibe zu thun haben wide, das in der Blüthe der Schönheit und Jugend stand. Die Luft zu wissen, wer sie sei, wandelte mich mit unwiderstehlicher Macht an — warum? wußte ich selbst nicht. In angenehmster Entfernung folgte ich allen iheren Schritten. Jeden Augenblick hielt sie in ihrem schwebenden Gange inne, und fich tief zur Erde badend, pflügte sie ein Beilchen und dann ein Maiblümchhen und ein Windröschen und ein Maiglödchen und wieder ein Beilschen und so ging's eine Zeitlang fort, biß sie ein schönes Sträußchen beisammen hatte. ‚Wer wohl das schöne Bouquet bekommen mag!* dachte ich, sie nicht aus den Augen lassend. Endlich schien sie mit ihrer lrieblichen Arbeit zu Ende, denn ihr Schritt verlängerte sierflich und das Auge hatte si ein Bier gewählt, ein Häuschen am Saume des Waldes. Ah wild’ ein schönes Häuschen ! Eigentlich war es sein Häuschen, es war eine allerliebste liedliche Billa im Schweizerfsgl, wie man ähneliche so viele in der Umgebung von Residenzstätten findet. Wollte man si daffelbe genau in Augenstein nehrmen, mußte man sich ihm unbedingt auf vierzig Schritte nähern, denn, von mächtigen Kastanien bee Ihattet, hatte er viel Ähnlichkeit mit einem [chönen Mähdschen, welches sich dadurch dem Auge des Geliebten zu entziehen sucht, daß «8 fi mit Schalthafter Verschämteheit hinter seinem buntbemalten Fächer verbirgt. uch, welch’ ein [hhönes Häuschen! Stand man das vor, stieg Einem unwillfürlich der Gedanke auf, er sei von Amor selbst erbaut zum Sommeraufenthalt für seine geliebte Psyche. Auf den nicht allzugroßen Benster standen Brusmen in Porzellantöpfen, Frystallene Behälter mit Gold« füchlein, vergoldete Bauer mit seltenen Bögeln, die in allen Farben schimmerten. Ver der Billa breitete sich ein gutgepflegter fleiner Garten aus, im französischen Geschmade, in dereren Mitte ein ovaler Baflin fich befand, in dem ein auf einem Suke stehender marmorner Engel einen fry« stallflaren Wasserstrahl hoc in den Lüften empor blies. Rechts und links des Garteneinganges erhoben sich zwei große Sandsteinstatuen, die eine XIhereus den Minor taurus erlegend, die andere Herkules im Kampfe mit nemäischen Löwen darstellend. Zunächst dem Thore fhlief, auf der Seite lie gend, ein mächtiger Neufundländer, neben ihm freute sie eine schwarzgestreifte graue Kape. Die Dame war endlich im Hausthore verschwunden. Einen Augenblick sang Stand ich da in starrer Bewunderung Alles heffen, was mich umgab, |