Oedenburger Zeitung, 1879. Januar (Jahrgang 12, nr. 1-14)

1879-01-22 / nr. 10

Mittwoch, 22. Jänner 1879. edenburger Zeihung, (vormals „Oedenburger Radrichten.”) Organ für Politik, Handel, Indusrie und Lantwirthschaft, dann für sociale Interessen überhaupt. Motto: „Den Fortschritt zur Ehr? — Bevrücten zur Wehr? — Der Wahrheit eine Gaffe,* BETEN ETTEEERETAHRTTT EEE IETERGER SERIE EEE Daß Blatt erscheint jeden Mittwoc, Freitag und Sonntag, From­merations-Preise: kr Loce: Ganzjährig 9 Fl., Halbjährig 4 fl. 50 fl. , Bierteljährig 2 fl. 25 fl., Monatlich 1 fl.­­ Für auswärts: Ganzjährig 12 fl., Halbjährig 6 fl., Bierteljährig 3 fl. Alle für das Blatt bestimmten Sendungen, mit Ausnahm­e von in­träm­meratione­­n. Infertion d« sebüoren sind an die Nedac­ion portofrei einzusenden. XII.Jahrgang. | Aminifration, Verlag, Expedition: Grabenrunde Nr. 124. | Hotel Rose“ Nr. 19,2%. Stock, Redaktion : AAHAAHATN­en nennen dn Einzelne Nummern kosten MED Key. Nr. 10. Inserate vermitteln: Die Herren Stanfenstein , Bagler, Wal­­fihgasse 10, Wien, Budapest. %. Doppelit, I. Stubenpartei 2. Wien. Heinrich Schalet, I. Singerstrasse 8, Win. Snfertions-Hebüpr : 5 fr. für Die einspaltige, 10 Er. für die zweispaltige, is fr. für die preispaltige und 20 Er, für die durchlaufende Petitzeile­clusive der Stem­pelgebühr von 30 Er. Austritte in allen Richtungen werden bereitwilligst ertheist.­ ­ Die jüngste Mißgeburt. Oedenburg, 20. Jänner 1879. Der „Pester Lloyd“ meldet, daß der Entwurf ei­­n neuen Polizeigejegel für Ungarn, welcher bes­­eits während der Dauer der vorjährigen Neichstags­­jeffton, dur den Nechtsausschuß ausgearbeitet worden ist, demnächst dem gefeßgebenden Körper zur Genehmie­rung vorgelegt werden wird. Dieses uns also bevorstehende neue Befiß nennt das „Pester Journal“ die jüngste Mi­ßgeburt, indem «5 wieder nur Stüd» und Slidwerk sei, womit weder dem Lande, noch der Regierung irgendwie gedient sein könne. IE Die Polizei ist allerdings in jedem Rechteftante zu einem nothwendigen Uebel geworden, welches in alle Zweige der Administration eingreifen muß, sobald sie ihrer Aufgabe gerecht werden sol, aber ein Nebel bleibt die Polizei darum doc, denn je ist der Damm, womit jede freiheitliche Megung in mögligst enge Grenzen gebannt wird und vollends bri utig in Ungarn ist sie (die Polizei) da um ein Pfahl im Bleil­pe des Geiegkörpers, weil sie der nochgedrungene Uebung ihrer Gewalt fi­ nigpt selten über das Grieg stelt. Und dieser Annormalität — jaribht das vorbe­wegte Journal — ist auch durch den neuen Polizeiger­ießentwurf nicht abgeholfen, auch aus diesem erfährt Niemand, was zum Wirkungstreffe der Polizei gehört, was ihr gereglt erlaubt ist, inwieferne umb unter weißen Umständen der sie die Einschränkung des Rechskreises des Bürgers geschehen darf, sie bleibt auch ferner ein frem­der, nur Sankheit verursachender Körs­per im Organismus und der Polizeibeamte selbst er­­hält durch diesen Entwurf seinerlei Handhabe, die ihm seine Verantwortung erleichtert, er­st und bleibt auf fi­­feloft und seine Bindigkeit angewiesen. Gelingt ,6 ihm bei einer Hausdindruhung In diesen eines Ber­­biepens zu finden, wird er belohnt, mißlingt i 8 ihm wird er im Disziplinarwege wegen Verlegung eines Grundgejeges unsered Staatsretes bestraft. Und hierin besteht der Hauptfehler den Entwur­­fe6, er fehlt ihm im seiner heutigen Form jede gelip li‘pe Basis, er nimmt die heutigen­­ Polizeiverhältnisse als reptekräftig bestehend an, ordnet ohne System und organisches Zusammenfügen Gefeg und Verbot an, ver­gibt aber anzuführen, wo der Wirkungsfreid der Polte­zei beginnt und wo er endigt, wo das Einschreiten der Polizei bedingt ist und in welchen Bällen die Pol­­izei als Behörde überhaupt vorgeben darf. Man gebe sie keiner Läudung hin! In einem Lande, wie in Ungarn, wo der Polizeibehörde so viel und, seien wir offen, so gegründete A Antipathien eniger gengebracht werden, wird Diese Behörde nicht nur mit dem Publikum, sondern auch mit den anderen Behör­­den so lange Kollisionen unangenehm­ter Natur haben, bis, nicht ein Gele Die Polizei überhaupt als ungaris­che geleglige Institution einbürgern, dann aber auch ihren Wirkungskreis zweifellos genau präzisiren wird. Wir kennen zwar wo­cit genau die Bestim­­mungen des neuen Polizeigelegeni murfes, derselbe ente zieht sich mithin für heute einer eingehenden Kritik, aber so viel wir hören, sol er starr nach jenem Sy­­steme rieden, das zu Bach Zeiten, das ganze Institut und dessen Organe dem ungarifen Wolfe jo verhaßt gemacht hat. Die strenge Handhabung der Polizeigewalt in den Tagen des Bad­ischen Regimes hand in grellem Widerspruche zur Landesverfaßung, welche die oberste Leitung der öffentlichen Sicherheit in die Hände des DVicegespans legte, seinerseits wieder alle Agenden an die Stupfrichter übertrug, von denen sie an ihre Persecutoren und Panduren gelangte. Diese Polizeizustände entsprachen zwar natürlich, d­urchaus nicht den Aufbauungen einer wohlgeordneten Nectspflege in modernen Staaten, da sie der Willführ Thür und Thor öffne­­ten, allein sie waren einmal populär, Ion­carım weil der Polizei die Ausübung der Präventivjustiz entzogen war. Sie konnte nämlich begangene Berüchr­ungen wohl verfolgen, durfte aber nichts unternehmen um Gejegüberspreitungen vorzubeugen. Unter Bach wurde mit einem Dale in Ungarn der Begriff „Polizei“ nach europäischer Bedeutung gewalte­sam zur Geltung gebracht. Das hieß der bisherigen Landesverfaßung einen Stoß in’d Herz geben und Die Bollstreber der neuen Polizeimaßregeln mußten somit in kürzester Zeit nicht nur mit der öffentlichen Meinung, sondern mit Jedem, der Achtung vor dem Gehege hat, in Kollision gerathen. Man ordnete Hansourhjuhun­­gen an, trogdem das ungarische Staategejeg die Hei­­­­ligkeit de Staatsrechted proflamirt, man ließ Verdäch­­tige verhaften, trogdem in Ungarn ohne Mrtheil des einzl. Richters Niemand seiner persönlichen Freiheit beraubt werden darf, die Polizei mengte si in Alles, ohne hiezu auch nur den entferntesten Mechtetitel im Gefege zu haben, mehr noch, sie stellte si über das fünfrete Gefeg, indem sie zum Beispiel ihr mißliebige Plakate mit Beschlag legen sich, trog dem dem Gefege nach nur die Geschwornen bezeu­gt sind, über die Strafbarkeit des Berfallerd einer Drucsorte ein Urtheil zu fällen. So war ed unter Bad. Iegt fol die Gewährleistung der Freiheiten der ungarischen Nation mit den Zerros viemus ciöleithanischer Polizeinormen anmuibiz vere­quidt werden, und [old ein Gefeg fol im Parlament dem» nacht das Licht der Welt erblichen als die jüngste Michgeburt. BRTERREESEEENNENNBHESESSEDEEEIENEREEEEENENEEEI Lofal-Beitung: Auszug aus dem Protokolle über die legte­­i­­ung der Oedenburger Handels- und Gemerbe­­kammer. Nachdem die Kammer ihren, durchd Allerhöchste Verleihung des Branz-Fosefs-Ordens ausgezeichneten Vizepräsidenten, Herrn August NA zu der ihm ges­tordenen Dekorirung brglückwünscht hatte, nahm sie ein Schreiben des Gefeierten zur Kenntniß, womit derselbe aus Anlaß seiner 25-jährigen Thätigkeit als Kammer­­mitglied, der Kammer seinen Dank abstattet und, um eine kleine Erinnerung zu hinterlassen, für den Peni­tionsfond der Kammerbeamten und Diener, eine Prese­burger Grundentlastungs-Obligation Nr. 999, im No» minalwerthe von 100 fl. &.-Mize. mit der Bitte spen« det, die Widmung nit nach dem materiellen Werthe, sondern nach seiner Intention zu würdigen. Naydem Vorsigender berichtet, daß Herrn Mäg für Diese großmüthige Spende, Schriftli­cher Danf bef­reit abgestattet wurde, beschließt die Sammer diesen Dank auch noch protofollarisch auszudrücken, und die Stundentlastungs - Obligation dem Pensionsfonde zu überweisen. Herr Geheimer Rath Ercellenz U. Moser in Wien zeigt EEE Ben­­­ deuilleton. Ein großes Geheimniß. Nach den Aufzeichnungen eines Arztes von Leander Merz. (Bortregung.)­­ Gerade aus dem Punkte stehend,meine ganze Die­­nerschaft zusamm­enzuläuten,trat plötzlich John,mein Leiblatar,un’lemmer,mir einen kleinen zierlich zu­sammengelegten Brief aus goldenem Teller dar­reichend­­»Was ist?«seugtch mit der Hast der Verzweiflung. Stillschweigend hielt er mir den Brief entgegen. Johnüvernehmend,schritt ich rasch zanampe,um nach der Adresse zu schri­tt war Cllcko Schristl Jchwinkte dethener,mich zu verlassen.Dann erbrach ich ihn und dies nicht des zum Rade Verne­­theilten im Herzem lastch,wie folgt: »Ihre wiederholten Beleidigungen haben mich bes­­timmt,ihrhaus auf immer zum­ nassen Siehed­en,Lord,mehr auf die verläumderischen Worte eines anonymen Schreibens­ verweisen schluchzte.—denn auf die beinahe übermenschliche Liebe ein­glühenden ehrlichen Weibesl »Jchruseeölaut ausz einem ehrlichen Weibesl Aber eine Zeit wird kommen, in der Sie bereuen wer­­den, der armen Ella, die Sie geliebt, geliebt wie nie­mals früher ein Weib einen Dann geliebt, so viel Leid, so viel Kummer angethan zu haben. Ja, Diese Zeit wird kommen, ich fühle ed. Geben Sie sich Feine Mühe, mich zurückführen zu wollen, dinn ıe habe bei der Nähe meiner verstorbenen Eltern geschworen, die Schwelle Ihres Palastes nicht mehr zu betreten. Leben Sie wohl, Lord, und mögen Sie glücklicher werden als Ella. PES, Ich habe nur Das mitgenommen, was mein Di»­genthum war. Selbst Ihren Ehering werden Sie un­ter den Zumwelen finden.” — Der rastlosen Verzweiflung preisgegeben, warf ich mich aufs Sopha, mich zu Tode schluggend. Dann er­ bob ich mich wieder und lad nochmald den Brief und a und nochmals und so ging's eine ganze Stunde oft. Bergebend suhte ich nach einem M­örtchen der Hoffnung, vergebens rang ich nach Baffung und verge­­bens suchte ich nach einem Mittel der Rettung aus dieser peinlichen Lage. Ella’s unerschütterlicher Sinn gab mit wenig Hoffnung, sie wieder in meinem Hause zu sehen. Doc­hleic dem Ertrinkenden, der von einem Strohhalm Hilfe erwartete, hoffte auch ich noch ein Zünfchen, um nicht völlig hinabzutauchen in den Schlund der rath­­lofesten Trostlosigkeit. Früh am Morgen nach diesem für mich so mar­­tervollen Ereignisse jeßte ich meine gefammte Dieners­haft in Bewegung, Ela’s Aufenthalt zu entdecken. Bergebens ! Alles, was ich erfahren konnte, war, daß sie Lyon am Abend zuvor London verlassen, den Weg nach Dover einfglagend. Ohne mich auch eine Minute zu besinnen, ließ ich meine Koffer paden und machte mir sofort, von meinem Leibprenier gefolgt, dahin auf den Weg. Aber ac! da erfuhr ich, sie habe si bereits nach Frankreich eingeschifft. Iy war der Verzweiflung nahe. „Was thun ?“ dachte ich. Zange marterte ich mein Gehirn vergebens, endlich verfiel ich aber auf ein Mittel, das zu einem günstigen Resulte führte. Ich ding drei Agenten, versah sie mit Geld und trug ihnen auf, weder Geld noch Wende zu sparen, der Blüchtigen auf die Spur zu kommen. Sion nach­ht Tagen erhielt ich aus Straße burg Nadprid­, daß man Ella auf der Fährte sei und einige Tage darauf einen zweiten Brief folgenden kur­zen Inhaltes: „Beau ist in Salzburg, wohnt im Hotel „zum Schwan“, ruht nach einer Wohnung, um sich hier glänglich niederzulassen.” Ich gab sofort die nöthigen Befehle zur Abreise und vierzehn Tage später befand ic mich in einer und derselben Stadt mit Ella. Sie hatte ich bereits eine bescheidene Wohnung « 4

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