Oedenburger Zeitung, 1879. November (Jahrgang 12, nr. 132-144)

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­ °­schöpften Körper sprach,wird die Zukunft lehren.In solchem Tone streitet man nicht um eine gerechte Sa­­che;­nur das Abpdrücken unsichtbarer Gewalten erzwingt solche Laute,um das beängstigte Gewissen gleichsam zu betäuben.Doch der Sieg steht dennoch nicht im Ver­­hältnisse zu den maßlosen Anstrengungen,diefoder­­schwenderisch aufgeboten wurden.Der Gesetzentwurf wurde angenommen, aber wie ? Mit einer Menjorität von 19 Stimmen. Hundertachtundachtzig stimmten für und Hundertneunundsechzig gegen die Negierungsvorlage. Aus welchen Elementen besteht nun diese tägliche Stimmenmehrheit? Man kann sie auf den Yingern abzählen: 8 Meinister und 11 Kroaten macht Neunzehn — Im Ganzen Hat also das S Kabinet Tiga einen Pyrrhus-Sieg errungen, der ihm noch theuer zu stehen kommen kann ; nicht,destoweniger ist das Resultat der Abstimmung tief betrübend, und wenn Szilágyi durch diese Vorlage den 1867er Ausgleich, und jelbt die konstitutionellen Grundlagen des Landes verlett sieht, so hat er damit eine Wahrheit ausgesprocen, die im ganzen Lande wiederhallt, nur nicht in der Brust jener 178 Abgeordneten, denen wir diese Seite und befragenswertheite Beiheerung verdanken, womit der ungarischen Nation faktisch der rechte Arm vers­­tümmelt wurde ; und indem sie nun vielleicht versuchen wird den Linken auszustreben um von Bosnien und der Herzegowina Besig zu ergreifen, verblutet sie ji allgemach unter dem fatalen Rufe: „Was geschrie­en, ich hab’ gewonnen!" Wiener Reitbilder. BVolitischer Kettentag. — Das demokratische Zeitalter. — Mo­­derne Wunder. — Schule und Börse. — Privilegirte Nezenz­­ionen. — Wien, 19. November 1879. Der homo novus aus nebelgrauer Ferne, wir nehmen nämlich an, daß es in St. Petersburg noch gräulicher nebelt als bei uns, hat seine Misstion bes­treits erfüllt und vollendet seine politische Aufgabe in der minder gemüthlichen Spree-Stadt, obgleich weder die offiziösen noch die unabhängigen Journale fi in die Untiefen der Kombination versenfen, um aus dem quellenden Schacht der Miosterien ihre Phantasie-Ra­­lospinthechromosrene sprühen zu lassen, gilt doch als fixed Artom die Annahme, daß es sich um feste Allianze­n­abmachungen gehandelt. — Um eines logischen Bewei­­ses dafür braucht man nur auf die Wehr-Angelegen­­heit Hinzuweisen, 800.000 kriegstaugliche Landeskinder verlangt doch seine Regierung vom Parlamente, bloi pour plaisir, oder um den Patriotismus der Volks­­vertreter auf die Probe zu stellen und wenn dem so wäre, würde das DVB erlangen auf Sicht und nicht auf zehn Jahre präleviren. — Wir verstehen die Noth­­wendigkeit zu würdigen und gönnen den mit der eiser­­nen Krone erster Staffe ausgezeichneten Oppositions­­männern, Graf Clam-Martinig, Hohenwart­hc., den Ruhm in Bezug auf unsere Machtbestrebungen, Feine Dezentralisation zu propagniren, — hoffend daß auch in anderen Fragen die V­ertheidiger der staatsrechtlichen Extrabestrebungen nicht e­nst auf allerhöchste Lichtstrah­­len warten, um dem Gemeinwohle Konzessionen zu be­willigen. — Graf Taaffe könnte seine Pläne kaum ausführen und würde au­fehnerlich die Gegner seiner Politik auf den Punkt bringen, wie er es wünsct, nämlich, daß die hervorragenden Parteiführer im fühli­­gen S Kontraste mit der Regierung ständen, es ist leichter den Boden der­­ Verständigung zu planiren als die Egalität der Knopflöcher zu bewerkstelligen. Wäh­­rend sich die rechte Partei wie die Milchstrage präsen­­tirt, beschäftigt si die Linke Seite im Parlament mit dem Sternguden und außer dem Szenawetter. Steudl u. v. a. prognostiziren die mittleren Bersönlichkeiten einen Schimmernden Nachthimmel. Die gebildete aufge­­lärte Welt, hat das Prinzip zur Geltung gebracht, daß auszeichnende Belohnung zu guten Thaten aufm­une tert, die eitlen Franzosen, welche immer um eine Sydee voraus sind, haben diesen Grundfaß bereits realisirt. Die denkenden Deutschen finden ihre Befriedigung in srönen Titeln, Commerzienrath, Justizrath, Sanitäts­­rath zc., sind schon was Allgemeines, so wie in Wien das : Herr von. — Die Nation­aloire verlangt aber mehr als Würden, Orden, Kreuze und Medaillen, selbst die Republik vertheilt als Nachfolgerin der Napoleoni­­den die Anhängsel ihrer Anerkennung. — Der Wiener Gemeinderath als Nepublit der stadtlichen Verwaltung, vertheilt die große goldene Salvatormedaille mit mul­tifizenter Generosität. Gelegentlich der 2djährigen Holz­vertheilung ward der Herr Gemeinderat Y. %. Sin­­ger gleichfalls mit­­ dieser Ehrengabe honorirt. — Der Mann verdient eine Auszeichnung das ist nicht zu läugnen, für sein humanes Wirken, doch trägt er allein die doppelt große Ehrenmüngze heim, und die mitwir­­kenden edlen Kunstkräfte beinahe aller Theater Wiens die alljährlich zu dem unwohlthätigen Zwecke beitrugen, gehen leer aus. — Die müssen ihren Löwenantheil im stillen Bewußtsein finden und ihre Freude aus der Zeitungsnotiz herausholen. Herr Gemeinderath Singer veranstaltete blos die Kollette, die aber das Geld lieferten, bitten um stille Würdigung. Wenn uns der Standpunkt zu niedrig stehend erscheint, so mag der „Debenburger Korrespondent” die Hebungsschraube anwenden, mit Hilfe seines merikanischen Gegen Ju­gurnaut und der mikrocephalen Artefen dürfte ihm das ideale und reale Giegeswerk leicht gelingen. — Uebrigens wird Prof. Pierre gerne bereit sein,u­m mit Rath und That an die Hand zu gehen, da er gegenwärtig seine Vorlefungen an der technischen Hochsh­ule hält, aus Mangel an Hörer. Sonst sagt das Sprichwort wer nit hören will, muß fühlen ; bei dem steinharten Professor ist er umgekehrt, wer nicht fühlen will mit den vielgeprüften Studenten, der muß hören, was seine Hörer für Spektakel machen. — Benannter Herr professor trägt Phnsis vor, da kann der Oedenburger homo novus gleichzeitig anfras gen, wie man das Experiment macht, daß einem Ge­­meinderath das Geld als gebratene Taube in den Mund fliegt, fall der Professor Bierre dieses Kunststüc nicht machen lan­ı, so möge es der Prestigitateur Herrmann einmal­ versuchen. — Denn von diesem erzählt der Bank­er: „Higaro die erlogensten Wunder. An der Wiener Börse fourfich sogar das Ge­­rücht, daß Phillippart der Leiter der Bank-Europsen gar nicht einmal durchgegangen sei, sondern als „Gift­­baum‘ im botanischen Garten verzaubert wurde. — Das hat den preußischen Minister Maybach veranlagt, seine Phillippina gegen die Börse, gelegentlich der Ver­­staatlichung der Eisenbahnen, loszulassen. Jeder Stand wahrt seine Unt­reffen, er hat der Minister Necht, aber auch die Herren der Conliffe, doch wozu Hatte Herr von Maybach aber die Barabel nöthig von der Beschneidung der Wurzel? Es ist ge­nug, er beschneidet den Beschnittenen, die Dividenden. — No mehr Fehler war es, si nachträglich erst zu entschuldigen, verzeihen wird man ihm und auch dem ewn aber entschuldigen das ist zu viel vel­­angt. — Unser Herr Finanzminister Chertet schmeichelt er lange nicht so ein bei den Börsenmännern, statt das er feine Nedeblumen publizirt, erblickt er in den phantastischen Köpfen die einträglichsten Finanzblüthen. Um nur der Börsensteuer zu entgehen, heben je an­­dere Steuerpläne aus, die den unersättlichen Finanz­motor befriedigen sollen. — Die herrscende Geldnoth bringt unsere Damen mehr denn je zur Verzweiflung, sie können sich an dem Trouffeau der Zran Erzherzo­­gin Christine nicht satt sehen, aber der Wunsch ähnli­­ch zu besigen läßt sie nicht zur Ruhe kommen. Die eigenen Männer sind nicht in der Lage derartiges bei den schlechten Zeiten zu präsentiren und die Freunde so wie die V­erehrer sind seit der Affaire Busfa in s­chlechtem Kredit ; die Damen fürchten, daß sie später­­hin Unannehmlichkeiten haben könnten, wenn die freis­iebigen Spender ihre Gescheine zurückerlangen. Wer weiß ob alle diese Bemerkungen für ihr Lesepublik­um u­­teresse haben, Vorkommnisse aus „nöbelgrauer Ferne“ sind ja dem BVBerreter der engen Sphäre zumider, der nur immer mit Todesverachtung das alte Rathhaus betrachtet und seinen andern Vergleich zutreffend findet, als dem eines Zuchthauses, wo die weitesten der Mit­­bürger auf den Furulliiden Stühlen pratelhaft Wohl und Wehe ihren Zeitgenossen verkünden. Dem Schrei­­ber dieses gebührt mit Recht ein nicht beanstandetes monumentales Lachen, er mag seine Seelenmalerei zum Wohle der Stadt fördern und fernerhin der geistliche Anwalt, des entjegt nach Oedenburg, gekommenen verklärten Dichterfürsten Friedrich Schillers sein. — Berne leihen wir ihm unsere Schreibmaterialien, nur nicht unsere Chiffre, für seine breitspurigen Tiraden, wir fehiden ihm auch die Meininger, damit er in seiner Haffi­hen Vollmacht über dieselben so rezenfire, wie er es vom Oedenburger Theater gethan. — Diese Manier ist die richtigste, die aufdringliche Afterkunft herunterzumachen. Die Aufführung der „Herr­­mannsschlacht“ von Kleist verdient eine laute Rache. Eduard Bach. Lokales * Alerhöchste Auszeichnungen. © e. Menjestät der Kaiser und König hat dem Ef. , Präsi­­denten des Handelsgerichtes in Wien, Herrn Karl Wagner, als Ritter­ des kaiserlich österreichischen Leopold-Ordens, in Gemäßheit der Ordensstatuten, den Ritterstand mit dem Prädikate „Lungau“ und dem Statthaltereirathe und Landes-Sanitäts-Referenten in Prag, Heren Med.-Dr. Josef Franz Hofer, aus Anlag der über sein Ansuchen erfolgten Uebernahme in den bleibenden Ruhestand, in Anerkennung seiner vieljährigen und ersprießlichen Leistungen auf dem Ge­­biete des öffentlichen Sanitätsdienstes, den Orden der eisernen Krone dritter Klasse mit Nachsicht der Taxen verliehen. * Bom Dedenburger Eislaufver­eine. Der nunmehr erfolgte Wintereintritt eifert die Freunde des Eissportes an, an das Arrangement der Feste auf dem spiegelglatten Plan zu denken, in Folge dessen wird vom Ausschufse des Dedenburger Eislauf­­vereines hiemit bekannt gemacht, daß der Beginn des Eissportes in der, von der Gesellschaft gepachteten Al­ienschwimmfchule, durch das Aussteelen einer Natio­­nalfahne daseldst, und am Siepp’schen Haufe, beim Färdergäßchen, angezeigt werden wird, und daß, um auch Nichtmitgliedern die Benügung der Eisfläche zu erleichtern, Einzeln­arten & 25 fr. an der Kaffa der Schwimmschule ausgegeben werden. Das Entree für Zuschauer bei allen Festlichkeiten beträgt 10 fr. für Kinder unter 10 Jahren die Hälfte. Schließlich werden Alle jene, die dem Vereine als Gründer, oder Theilnehmer noch beizutreten wüns­chen, hiemit freundlichst erfuhr, ihren Beitritt durch Eintragung ihres Namens in den beim Herrn Vereins­­faffir & Pachhofer aufliegenden Subskriptions­­bogen zu erklären. Theilnehmer erwerben das Necht, gegen Zahlung von je 1 fl. Frau und Kinder (im Al­­ter bis zu 15 Jahren) an allen Vortheilen des Vereines partizipiren zu lassen, und i­ der Gründungsbeitrag per 5 fl. und die Einschreibegebühr per 2 fl. nur beim Eintritte zu erlegen, und fünfzighin nur der Jahresbei­­trag per 3 fl. zu entrichten, welcher zur Beneigung aller Eispräne und zur Theilnahme an allen Festlich­­keiten berertigt. . V TodesiNachricht Gestern Nachmittag wurde Herr Ignazv­ Vaniss gräflich Johann Szechenyischer Güter-Direktor in Pension unter tiefer Theilnahme seiner Anverwandten und Bekannten,zu Grabe getragen.Der Verblichene hat ein Alter von 82 Jahren erreicht. V­om Oedenburger Kaufmänni­­schen Vereine.Morgen Samstag den 2­2.No­­vember,AbendSum 1,«,9 Uhr findet im Chemie-Saale der k.ung.Staats-Oberrealschule(Schulgebäude Kasinos­seite,ebenerdig links)ein Experimental-Vortrag des an.Professor Dr­ Ignaz Wallner über die Vers­fälschung der Nahrungsmittel statt,wozu alle«Freunde des Vereines geladen sind. * Sensationelles aus Budapest. Ehe noch sonst ein vaterländisches oder österreichisches Yours wal hierüber eine Meldung bringt, versichert uns auf telegraphischem Wege einer unserer bestin­­formirten hauptstädtischen Korrespondenten, daß der Erminister des gemeinsamen Ministeriums des Neufe­­ren, Herr Julius Graf Andraffy zum Chef des ungarischen Kabinetes bestimmt sei und fügt dieser in der That überraschenden Nachricht io die Bemerkung bei, daß sich besagte Ernennung noch eher vollziehen werde, als man in unterrichteten Kreisen glaubt. Im ungarischen Abgeordnetenhause ergab sich am jüngsten Mittwoch wieder eine Szene, der am Schluffe nur das Gem­atter eines fachverständig ges­­ährten Revolverfeuers fehlte, um an die volle Höhe jener amerikanischen Auftritte hinanzureichen, denen sie mit Liebe und Sachsenntung nachgebildet war. Den äußeren Anlaß oder, richtiger gesagt, den Vorwand hatte der Antrag des Minister - Präsidenten gebildet, die Wehrv­orlagen auf die Tagesordnung der Donnerstags-Sigung zu fegen. Hierin entdeckte nun Szilágyi den Versuch einer ganz unerhörten Vergewal­­tigung der Minorität und Dank den auserlesenen, unparlamentarischen Ausdrücken, in welchen er sich über dieses Attentat aussprach, folgte jene Szene, wobei unter andern der Abgeordnete Ivanka tmverfroren erklärte, daß seitdem er dem Parlamente angehöre „Niemand eine solche Kogenmanier­ei erlaubt habe, als wie Szilágyi und Konforten“. — Der Tumult war unbeschreiblich, die Deputirten drängten sich endlich zu den Thüren­ hinaus. * Rafino-Unterhaltungen Das ver­­ehrliche Bergnügungs-Komite des h­iesigen Kasinover­­eines entwickelt eine au­ßerordentliche Rührigkeit und den lobenswerthaften Eifer, die gewiß die vollste Aner­­kennung verdienen. So wurde in der festen Giltung beschlossen, der immer um sich greifenden Syndolenz der hiesigen Gesellschaftskreise, einen Damm entgegenzufegen und die soziale Eh­elaffung aus ihrer stoischen R­ube zu rütteln. Zu dem Behufe arrangirt das oberwähnte Bergnügungs-Komits für Kasinomitglieder am 29. N­o­­vember eine Soiree, verbunden mit­ einem Tanz Kränzchen, welches ebenfalls im­ Kleinen Kasinosaale abgehalten und zu den in diesen Blättern bereits frü­­her besprocenen Bedingungen abgehalten werden wird. Diebei muß dem hiesigen „Irodalmi­kör“ (Berein für Kunst und Literatur) der Danf dafür ausgesprochen werden, daß derselbe in liebenswürdigster Weise von dem bereits gefaßten Beihluffe, ebenfalls am 29. No­­vember ein Tanzkränzchen abzuhalten, Umgang genom­­men hat. — Außerdem wird am 31. Dezember eine mit Tombola verbundene „Sylvesterfeier" und in Anbetracht des kurzen Faschings ein Ball am 28. Jänner 1880 veranstaltet werden. Sollten ss die beabsichtigten Unterhaltungen eines großen Zuspruchs und lebhafter Theilnahme erfreuen — was wohl mit Recht erwartet werden konnte — so dürfte im Laufe der Fasten jedenfalls der Tanzzirlus mit einem Scränzchen als „räadas“ gekrönt werden. * Die Jagdsaison. Im der heutigen Jagd­ faison zeigt ss der Ertrag der Feldjagden viel geringer, als dies in früheren Jahren der Fall war. Ergebung der Hafen- und Hühnerjagden beträgt um ein Drittel, ja in manchem Reviere sogar um die Hälfte weniger. Die Ursache ist sehr leicht zu ermitteln ; in­olge der häufigen Regengüfte ist der erste Sat bei Hafen und die erste Brut bei Hühnern zu Grunde ge­­gangen vom zweiten Sake und Brut hat sich nur ein Theil erhalten. Bei den Neßhühnern ist die Zahl der Hennen sehr herabgeschmolzen, noch mehr die der Hühner. Selbst in den bestgepflegten Revieren, wo nur zwei Jagden stattfinden und die Schonung sorgfältig durchgeführt wird, ist der heutige Jagdertrag viel ge­­ringer als sonst.­­ An Laden der V­iehpaffe hat der Aderbauminister in einem Erlaffe an sämmtliche Ju­­visdi­tionen zur Hintanhaltung aller Mißbräuche an­­geordnet, daß für die Ausstellung eines Viehpaffes eine Be Re

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