Oedenburger Zeitung, 1881. September (Jahrgang 14, nr. 105-117)

1881-09-16 / nr. 111

Rolle spielen­de Mitglieder iunserer Gentry kaufmann cher?Und wenn sie welche saufen,wie viele lesen sie wirklich?Wie viele Häuser gibt es hierzulan­de,welche sich zu­ den gebildeten rechnen,u­n­d in den­en die Welti­literatur durch den­kalender sind durch das Kochbuch repräsentirt wird?Man hält ein paar Zeitu­ngen,ein­ politisches für den Hausherrn­,irgendein Modeblatt fü­r die Frau­en,un­d dam­it glau­bt man,seinen Zoll an­ die Mu­sen en­trichtet zu haben.Wir errichten u­nse­­ren­ Dichtern Statuen u­nd Gedenktafeln,arrangiren bei passen­den Gelegenheiten Bankette,um die Todten zu­ feiern oder die Lebenden­ zu ehren,lesen aber ihre Werke n­­cht.Wir haben keine Zeit dazu,denn die »Bibel des Teufels«nimmt unsere freie Zeit in­ Au­s­spruch.Der­ Mann wird seiner Fam­ilie entfremdet, das Familien­leben erkaltet,die Wirthschaft wird ver­­nachlässigt,moralischer u­n­d materieller Ruin tritt an die Stelle des ein­stigen Glü­ckes.Man spüre der Quelle dieser Uebel nach und man findet sie am Spieltische. Es ist ganz richtig und zeitgem­äß,wenn­ die Professoren die Jugend an die Gefahren m­ahnen,w­elche vom­ Spiellaster herrühren­.Aber man mu­ß auch den Muth haben,der sogenannten gu­ten»Gesellschaft«zu sagen, daß ihre ethischen Grundlagen­ du­rch dasselbe Laster u­nterwttelt sind.Solange es bei uns in diesem Punkte nicht anders wird,ist eben unsere,,gute Gesellschaft« eigentlich eine ziemlich schlechte Gesellschaft. Kommunales. Aus der General-Versammlung des löbl. Hierstädt. Munizipal-Ausschusses vom 14. September 1881. Seine Durchlaugt der Obergespan eröffnete die sehr gut besuchte Sigung *­ um 3 Uhr. Die Authen­­tisatoren ernannte merkwürdigerweise, dem präsidirens den Herrn Obergespan vorgreifend, der Herr Bürgers­meister, es waren dieß die Herren: Dr. Kania,­­ 4. Kovács und M. von Szilvály­fa. Zum Beschluß wird der Dringb­­feits- Antrag des Herrn Bürgermeisters erhoben, wonach die Mauth­­gefälle-Pachtung an die bisherigen Unternehmer, Herren Gebrüder Wei, auf ein Jahr um den Betrag von 25.705 fl. zu überlassen sei. E38 wird sodann zur Wahl des Städt. Buchhalters ge­fritten und das Protokoll des Kandidations-Ausschusses, soweit er auf diese Stelle Bezug hat, verlesen; aus de­nselben geht hervor, daß 4 Kompetenzen eingeschritten sind, Einer zog sein Gesuch zurück, Einer wurde nicht be­­rücksichtigt und werden nur 2 der Kompetenten vom Kandidations-Ausschhsse zur Wahl vorgeschlagen, primo loco : Wierander Lehner, Rechnungsoffizial aus Pest, secundo loco : Stefan Am­brozy, Rechnungsrevident in Oedenburg. Was Ersteren betrifft, so konnte man die etwas verblüffende Bemerkung machen, daß dieser Herr fandidirt und wie die Abstimmung bewies, seine Wahl auch eifrig pouffirt wurde, trog dem, daß er 1600 fl. Sahresgehalt verlangte, also um 200 fl. mehr als der Salarialstatus für diese Stellung ausweist. Bei der hierauf erfolgten geheimen Abstimmung erhielt Herr Ambrözy 42 Stimmen, Herr Lechner aber nur 35, ein Zettel war leer, es ist somit Ambrözy gewählt und die Mairegelung Shopegly’s Hat die erwarteten Städ­te nicht getragen. Zweiter Gegenstand wäre fegt die Wahl des Steuereinnehmers gewesen; der Herr Bürgermeister ließ aber ein Protokoll der Finanzfektion verlesen des Anhaltes, das diese Stellung Kopegky einzunehmen habe und die Wahl in Folge dessen nicht vorzunehmen sei; dieses Protokoll erregte eine lebhafte und sehr sachart geführte Debatte. Der Sachverhalt ist folgender: Bei der allgemeinen Beamtenrestauration am 3. März war das Bestreben der Druckerpartei bdeutlich zu erkennen, die Buchalterstelle offen zu lassen, denn Kopegky, der Einzige, der um seine bisher innegehabte Stellung eins­tritt, wurde nicht kandidirt, konnte in Folge dessen auch nicht gewählt werden. Ein Antrag zu seinen unten vom Repräsentanten Abt v. Poda eingebracht, wurde von der damals siegreichen Bruderpartei niedergestimmt. Kopegky, der nicht wiedergewählte, 32 Jahre dienende Beamte reichte sein Gesuch um Pensioniwung ein, 109­ zu er nach dem Gefege forwohl, als auch nach unserem Pensionsstatut das Marfte und zweifelloseste MNecht hat, die Rechtsfektion des Munizipalausschusses [prach sich an für die P­ensionirung Kopegky’s aus. Die Finanz und Kontrolls­ektion gab den da­­rauf bezüglichen Beichluß der Necissektion dem Kerr Dr. Med. Karl Töpfer zur Begutachtung hinaus und auf Grund seines Gutachtens kam der Beichluß der Finanzsektion zu Stande, der die Degradirung Kos­verky’s und Nichtpensionirung desselben verlangte. Stadt­­fiskal Gebhard und Repräsentant Martin v. ©zil­­v&AsH sen. traten mit überzeugenden Argumenten für KRopegkfy ein ; sie wiesen mit Ziti­ung der betreffenden Pas­sagrafe nach, das man seinen Beamten zwingen künne, ein Amt anzunehmen, das mit seinem vorhergehenden nicht die gleiche oder ähnliche Qualifikation habe; als Buchhalter ist nänlich Kopegki Amtschef und Munizipalausflug-Mit­­glied, als Steuereinnehmer aber nur Subaltern-Beamter und sein Mitglied des Munizipalausschusses. Die damalige Menjorität des Munizipal-Ausschusses hat Kopegky­­ so­­zusagen gewaltsam entfernt, sie müsse auch die Folgen .) Auch die Gallerie war ziemlich belegt, ENTER TEEN TUE­RE EURER, ihrer Handlungsweise tragen und im Sinne de­ses fees und der Statuten seine Pensionirung ohne Win­­terzüge durchführen. In der hierauf erfolgten namentlichen Abstimmung sprac­hen sich 42 von den 78 Anwesenden für Pensionirung Kos­pegfy’8 aus, während der Mairegelungsbeschluß der Fi­­nanzsestion, obwohl vom Herrn Bürgermeister energicc befürwortet, nur 36 VBotas erhielt. Da gegen diesen Ber­chlag Herr Repräsentant Dr. Kepler, der Schrift­­führer der Finanzsektion, sein Separatvotum anmeldete, wurde die Wahl des Steuereinnehmers vorläufig aufge­­hoben und die Sigung getroffen. G. H. Bom Tage. O Ein Toast des Monarchen. Seine Majestät brachte in Miskolcz bei dem Hofdiner vom 13. den folgenden Trinksprug auf den Czar aus: „Wie feiern heute den Geburtstag Meines ausgezeich­­neten Freundes, des Kaisers von Maßland. Ich leere Mein Glas auf sein Wohl und auf seine vollkommene Gesundheit!“ Bei diesen Worten schwenkte der König sein Glas gegen den ihm gegenüber figenden ruffischen Atache, General Feldmann, worauf die Musikkapelle die ruffische Hymne intonirte, welche der ganze Hof stehend anhörte.­­ Standrecht. Das Zalaer Komitat hat bei der­­­egierung anläßlich des Csabrendeser Naub­­mordes um Ausdehnung des Statariums auf das Ge­­biet des Zalaer Komitats angefucht.­­ Die Rinderpest s­eint sich so weiter zu verbreiten, als es laut unserer­legten Meldung zu befürchten stand, denn das Amtsblatt gibt bekannt, das die in der Gemeinde Giigendorf, Bezirk Hernals in Untere Oesterreich ausgebrochene orientalische W­inderpest bis zur Gemeinde Drösing vorgedrungen ist und daß zum Zwecke der Verhinderung des Einschleppens dieser Seuche die strenge Grenzsperre angeordnet wurde. — Ferner gibt das Handelsministerium bekannt, das am 10. d. M. in Deveny-Ujfalu, Komitat Preßburg, die Rinderpest konstatirt wurde. Die entsprechenden V­orsichts­­mafregeln sind ergriffen worden. EUER $sofkales. * Abermals Hoftrauer. Aufa. h. Ans ordnung wird für Seine kön. Hoheit Wilhelm Fried­­rich Karl, Herzog der Niederlande, vom Montag, den 12. September angefangen, doch acht Tage Hoftrauer getragen werden. Dieselbe ist zugleich mit der für Maria Clementine, Prinzessin von Salerno angeord­­nete Hoftrauer zu tragen. * Seine Exzellenz Herr v. Tefdenm­berg, Sektionschef im auswärtigen Ministerium, eine auch im Dedenburg hochgeachtete Persönlichkeit, ist in Wien shmwer erfranst. Im verfroffenen Monat kehrte Baron Tefchenberg von seinem Urlaube Franft nach Wien zurück. Eine starre Erkältung nöthigte ihn, das Bett zu hüten, und seither hat er wiederholt Blut ge­drogen. Die Werzte finden zwar seinen Zustand nicht hoffnungslos, doch *haben sie ihm eine längere Ebhe und den Aufenthalt in einem südlichen Klima empfoh­­len. Se. Ex­zellenz dürfte in Korfu Erholung suchen. * Sichliches. Am vorigen Sonntag machten die am Mufiihor der hiesigen Stadtpfarrfire mitwir­­kenden Damen und Herren einen Ausflug nach Zinsens­dorf, und haben in der dortigen schönen Kirche um 10 Uhr ein Vok­al-Amt von Nobert Führer mit Sopran­­und Altsoto-Einlagen aufgeführt, wofü­r sie vielseitigen Dank und Anerkennung erworben haben. * Die Wahl eines evangelischen Seelsorgers an Stelle des nach Presburg abge­gangenen ehrw. Pfarrers Freitag, beschäftigte, wie man weiß, schon seit Wochen die Gemüther der hiesigen evangelischen Glaubensbesenner. Eine diesfalls abgehal­­tene Konventsfigung ist bekanntlich wegen unsorielt gewesener Stimmzettel « Abgabe, resultatios geblieben. Nun trat am 11. d., unter Borsig des Herrn Präsi­­denten, Staatsanwalts Géza v. Bognár, abermals eine Generalversammlung des Oedenburger Konventes zusammen. An erster Stelle (85 Stimmen) ist Eduard Stiegler aus Alt-Arad, an zweiter Stelle Samuel Weber aus Szepes-Dlafi (43 Stimmen) und als Dritter Pfarrer Torklos aus Leutichau in Vorschlag gebracht worden. Der Termin zur Abhaltung der Wahl ist noch nicht fetgefegt, doch findet dieselbe in den nächster Wochen statt. Die meisten Chancen hat Pfarrer Stiegler, dessen Wahl, wie und mitgetheilt wird, ald gesichert zu betragten ist. ” Die neue Fenstersteuer, deren Ein­­führung der Herr Finanzminister planen soll und wo­­rüber wir an leitender Stelle in voriger Nummer ges­chrieben haben, wird offiziös als nicht im Pro­­tekte stehend, erklärt. Wir nehmen dieses Communique zur Kenntniß, obwohl, wie die Erfahrung oft­ genug gezeigt hat, die Dementis der offiziösen Blätter nicht immer auf absolute Glaubwürdigkeit Anspruch erheben können. Wir Fonstativen, daß die Quelle, aus welcher wir unsere Information geschöpft hatten, eine solche war, an deren Lauterkeit zu zweifeln wir seinen Grund hatten. Unser Gewährsmann ist in der Lage, die­ im Finanzministerium verwaltenden Absichten, bevor sie noch in das Stadium der offiziellen Finalisirung ges­treten sind, zu Tennen. Wir müssen sonach annehmen, daß die von uns amgedeuteten Pläne im Finanzminis­­terium zwar erkltirt haben, im legten Augenblicke aber möglicerweise ganz oder theilweise fallen gelassen wurden. "Bom großen Gesangs und Mufii, festein Raab. ALS altezeit getreuer und pflicht­­fundiger Reporter lege ich ohnedem so rasch als nur möglich meine Berute vor, um aber allen Bor­s tommniffen gerecht zu werden, konnte ich doch erst dann an ihre Schilderung gehen, als der Ausflug, mit Allem, was drum und dram hängt, beendigt war. Daher Bloß bie telegraphifg Eurze Notiz, womit ich in vo­­riger Nummer der Angelegenheit gedachte. Samstag Abends in Raab angelangt, wurde deren Kapellmeister Czerny's Garde in der ihr zur getheilten Behausung untergebracht, um am Verttag Brüh mit einer Neveille herauszutreten und dem tröpfelnden Naß des Firmaments zum Troß, die Ge­­müther aufzuheitern ; die Musiker waren bei dieser Gelegenheit mit einer Nationalfofarde „Sopron városi zenekar“ geschmückt. Um 10 Uhr langte der Extrazug aus Wien mit den Gästen an. Nachdem sich ei frenetische Jubel und Trommeln und Trompetenflang gelegt, hielt Herr Häffner (ein Kernmagyar) in deutscher Sprache eine gebiegene Begrüßungsrede, die vom Heren Vor­­stand der Wiener, Heren Marczi, lebhaft erwidert wurde. Nun wurden die Banner gegenseitig befränzt. Die Damen vom „rothen Kreuz”, zu dessen Benefize die Konzerte gehalten wurden, überreichten den Wienern ein Prachtbouquet und Lorbeerfranz. Sinniger hätten die Naaber ihre Gäste mit begrüßen können, als das­felde von den schönsten Damen des Komitates erwartet wurden. Nac dem Einzug,­­ einer imposanten Huldigungs­­manifestation für die Wiener, indem sie außer­herzlich empfangen, mit Gärten von Blumen überschüttet, mit begeisternder Nede des Herrn Rozics begrüßt, liebe­­voll und freundlich einquartirt und Iukullish bewirthet wurden,­­ war im Lloyd um 11 Uhr das erste, in der Sartenlofalität Abends 5 Uhr das zweite Konzert. Das erste war ein solennes Heft, das zweite trug mehr das Gepräge gemüthliger Unterhaltung. Naums mangel verbietet mir, mehr über Beide zu äußern, als daß von der immensen Zahl der Hörer Alles mit Anime applaudirt wurde, die Wiener ihre Fertigkeit, die Naaber ihre gute Schulung, unsere Stadtkapelle ihre musikalische Leistungskraft, das Quartett Schantl feine Kelebrität, die Solisten der einzelnen Piecen das Durch»­drungensein von der Weihe des Augenblicgs an den Tag legten. — Zum Schluffe sangen die Wiener ein ungarisches Bild, das die freudige Erregung auf den höchsten Punkt brachte. Um Zanze bis halb 2 Uhr Nacht revancirten sich die Gräfte der Tags über gewoffene, ungarische Gastfreundschaft, so gut es eben ging, Blei8 daß sie der Zug von innen führte. Da die Oedenburger Stadtkapelle Montag Abends im Cafe Auer ein Konzert gab, so kann ich Ahnen erst heute berichten, daß dasselbe gut befuht war und selbst den an Kunstgenüßen verwöhnten Maaber konnte die hiesige Musil mehr Interesse abgewinnen, als vielen Dedenburgern. Z. Tintscher. . # Die Jubelfeier eines Theater du teranen Ein Mann der fast zwanzig Jahre lang unfern (Dedenburger) Musentempel mit Geldie und Ausdauer geleitet hat, verdient do gewiß auch von der hiesigen Presse, anläßlich seines gestern Donnerstag, in Baden bei Wien, gefeierten Fünfzigjährigen Jubiläums erwähnt zu werden. Wir meinen den gewe­­senen Herrn T­heater- Direktor Leopold Kottaun. Der­­selbe ist am 10. September 1814 in Wien geboren und betrat in seinem 17. Lebensjahre die Bühne, wo er als Komiker frets mit ehrenvollstem Erfolge wirkte. Seine ebenfalls meist erfolgreiche direktoriale Laufbahn begann Lottani bereits vor dem achtundvierziger Jahre. Das Theater in Dedenburg leitete er von 1847 bis 1866. Von 1855 bis 1866 führte er an die Direktion in Baden und während der vier J­ahre von 1857 bis 1860 überdies auch no die des Preßburger Theaters. Von 1867 bis 1874 fungirte er bei seinem Schwager, den Direktor Klerr, in Baden als Ober-Regisseur, Jonad) gewissermaßen als V­izedirektor. — Bei dieser Gelegen­­heit, weil wir schon vom Theater sprechen, sei hier mitgetheilt, daß Frl. v. Noftan vom 1. Oktober d. Jahres ab, in Budapest als tragische und Konversa­­tionsliebhaberin engagirt wurde, daß Frl. Anna Yä­­ger sich von der Operette gänzlic­­b und der großen Oper zugewendet hat. Sie wirkt als Opernsängerin, unter stets sich gleich­bleibendem Beifall der malen in Graz, wo auch der Komiker Herr Steinberger jegt sehr gefällt. Frl. Baule (verehliche v. Fabrizius) ist der Liebling des Berliener Publikums. Herr Amand Pohler endlich — ebenfalls bereits vermählt — ist das gefeiertste Mitglied der Preßburger Bühne, als deren erster Regisseur er an fungiert. Für dortige Blätter schreibt er außerdem wiederholt wißsprühende Feuilletons. * Programm zu der morgen Samstag, den 17. September 1. 3. im großen Kasinosaale abzuhalten­­den Liedertafel des Oedenburger Männergesang­­vereines: 1. „Erkel“: Nyitäny „Hunyady Läszlö“­­ hoz. Värosi zenekar. — 2. Bognär Ignäcz: „A szel­­löhöz, Ferfi-dalegyle. — 3. €. ©. Engelöberg:: „Waldesweife", Männergesangverein. — 4. E. Haas; NSER

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